Ja, hören Sie nur zu. Ich habe bewusst „Freilandhaltung“ hineingerufen. Sie wissen genau, dass die Tiere, auch die Hühner, die im Freiland gehalten werden, auch mit Di oxin belastet sind. Dioxin ist einfach in der Luft und im Boden.
Sie verschweigen hier aber einen Punkt: Seit 1990 haben wir in Deutschland die Dioxinbelastung um 80 % gesenkt – und zwar durch die Filter in den Müll- und in den Großverbrennungsanlagen. Auch das gehört dazu.
Ich kann das nicht verstehen. Wenn man sieht, welche Dioxinskandale es hier gab – Sie hängen das immer so hoch –, dann sollten Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass hier schwarze Schafe aus dem Bereich der Futtermittelherstellung gesündigt haben, nicht aber die landwirtschaftlichen Betriebe. Das waren die, die darunter gelitten haben.
Herr Wiegel, das war ja ein starkes Stück. Sie haben da wieder Dinge behauptet, die überhaupt nicht gesagt wurden. Aber es ist ja vollkommen klar, was da vor sich geht. Sie haben einfach Sorge, dass sich immer mehr konventionelle Landwirte von den GRÜNEN vertreten fühlen, nicht mehr von Ihrer Couleur.
Wenn Sie mir richtig zugehört hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass ich mit keinem Wort gesagt habe, die hessischen Landwirte – dabei habe ich gar nicht nach ökologisch oder konventionell differenziert – arbeiten nicht ordentlich. Im Gegenteil. Wir machen auch der konventionellen Landwirtschaft ein Angebot – ein Angebot, das für die hessischen Landwirte attraktiv ist: nämlich nicht nur
Exportorientierung, bei der wir gegenüber Niedersachsen schlecht dastehen, sondern wir machen ein qualitatives Angebot, das den Landwirten in Hessen eine Chance gibt, nicht nur der exportorientierten Wirtschaft in Niedersachsen.
Ein Letztes. Sie versuchen jetzt wieder, gegenüber der Bauernschaft das Schreckgespenst der bösen GRÜNEN zu malen.
Aber Ihnen sollte eigentlich klar sein: Die Bauern haben viel mehr Sorge vor der Futtermittelindustrie als vor den GRÜNEN. Lassen Sie sich das gesagt sein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sollten doch beim Thema bleiben. Der Dioxinskandal hat Hessen erreicht, und zwar offiziell am 6. Januar, nach dem derzeitigen Stand.
Zunächst war ein Schweinemastbetrieb in Hersfeld-Rotenburg betroffen. Einen Tag später gab es bereits neun weitere Verdachtsfälle im Schwalm-Eder-Kreis mit inzwischen einigen Tausend Schweinen.
Der Skandal hat sich in Hessen ausgebreitet. In diesem Moment aber war Schweigen – Schweigen der Ministerin, und zwar plötzlich. Noch zwei, drei Tage zuvor kamen Entwarnungen, Beschwichtigungen. Kaum hatten die Ermittlungen begonnen, wurde vom Ministerium am 4. Januar gesagt, es gebe keinerlei Hinweise auf Fälle in Hessen.
Meine Damen und Herren, das ist so, als ob der Tierarzt feststellen würde, die Kuh ist gesund, ohne dass er jemals im Stall war oder die Kuh aus der Nähe gesehen hat.
Das ist jedenfalls nicht das, was wir von der Ministerin für Verbraucherschutz erwarten können. Statt Prüfungen abzuwarten, wurde in Hessen bereits Entwarnung gegeben. Aber das war trügerisch.
Meine Damen und Herren, ich glaube, ich spreche für uns alle hier im Raum: Inzwischen sinkt das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher ins Bodenlose. Die Labore sind überlastet. Die Kontrolleure in den Kommunen wissen überhaupt nicht mehr, wie sie ihre tägliche Arbeit angesichts solcher Skandale auch noch schultern sollen.
Nachdem die Koalitionsfraktionen die ganze Zeit geschwiegen haben, sehe ich mir jetzt ihren Antrag an
Da wird geschrieben, dass die Belastung von Lebensmitteln mit Dioxin „so weit wie möglich minimiert werden“ soll.
Meine Damen und Herren, wo leben wir eigentlich, wenn zumindest die Forderung, dass wir Lebensmittel frei von Giftstoffen und Schadstoffen haben möchten, nicht einmal mehr aufgeschrieben wird?
Wenn Sie in Ihrem Jubelantrag schreiben, Hessen habe „schnell, koordiniert, konsequent und angemessen gehandelt“, dann sage ich Ihnen: Genau das ist schlichtweg nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, dieser Dioxinskandal ist einer der neueren Punkte in einer langen Kette von Versagen. Wir hatten BSE/Rinderwahnsinn, wir hatten Acrylamide in Keksen, Glycerin in Wein, erhöhte Dioxin- und PCBWerte in Eiern und Fleisch. All das ist nichts Neues.
Wann immer solche Schweinereien aufgedeckt und bekannt werden, wird reflexartig mitgeteilt, dass alles halb so schlimm ist. Die Frau Ministerin hat jetzt bei einer Veranstaltung gesagt, Dioxin habe der Gesundheit zu keiner Zeit geschadet. Es ist unglaublich, was Sie alles wissen, Frau Ministerin.
Von den Dioxin-Eiern gehe überhaupt keine Gefahr aus. Ein Ernährungswissenschaftler erklärt, man könne 80 mit Dioxin belastete Eier pro Woche essen. Der Staatssekretär bläst daraufhin ins gleiche Horn
Meine Damen und Herren, man möchte keine belasteten Lebensmittel essen, und solche Verharmlosungen brauchen wir nicht.
Bei dem jetzt erwischten Unternehmen sind bereits im Frühjahr letzten Jahres belastete Proben aufgefallen. Das System der Eigenkontrolle setzt Ehrlichkeit voraus, aber die können wir ganz offensichtlich nicht voraussetzen.
Offenbar wurden Kontrollen dazu benutzt, um durch Beimengungen, Vermischungen, Verdünnungen Grenzwerte noch einzuhalten bzw. zu unterschreiten. Deswegen müssen wir die staatlichen Kontrollen ausbauen. Es geht nicht, immer weiter abzubauen und zu sagen, das gehe uns nur etwas an, wenn etwas auffällt. Es muss ständig überprüft werden.
Als Verbraucher und Verbraucherinnen wollen wir Unternehmer, die sich an Spielregeln halten. Wir wollen kein Dioxin im Essen. Wir wollen keine Pestizide im Salat. Wir wollen keine Salmonellen, Bakterien oder Maden im Käse. – Das alles lässt sich zurzeit mit dem Kontrollsystem, wie wir es haben, nicht ernsthaft garantieren. Deswegen müssen wir uns Konsequenzen überlegen, und zwar alle miteinander, wie wir mehr Sicherheit gewährleisten können.
Der Kollege von den GRÜNEN hat es angesprochen: Vielen Verbrauchern ist inzwischen der Appetit auf tierische und manche pflanzliche Produkte gründlich vergangen. Immer mehr Menschen greifen zu Bioprodukten – völlig richtig. Wir wollen sichere Lebensmittel. Aber auch die Menschen, die auf preisgünstigere Lebensmittel angewiesen sind, haben ein Recht darauf, unbelastete Lebensmittel zu bekommen und nicht durch ihr Essen krank zu werden.