Protocol of the Session on December 16, 2010

Damit bin ich bei dem Herrn Kollegen Schmitt, der darauf hingewiesen hat, dass man durchaus klarmachen muss, an welchen Zielen man festhalten will und wo man herumschrauben möchte. Das habe ich von Ihnen nicht gehört.

(Leif Blum (FDP): Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!)

Kehren Sie zur Sachpolitik zurück. Verabschieden Sie gemeinsam mit uns den klugen Antrag, über dessen Inhalt wir schon im März verhandelt haben. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Finanzminister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Länderfinanzausgleich hat sich aus der Sicht des Landes Hessen – unter dem Gesichtspunkt des Landeshaushalts betrachtet – in den vergangenen Jahren, insbesondere im vergangenen Jahrzehnt, zunehmend zu einem Ärgernis entwickelt. Wenn Sie sich die langfristige Ent

wicklung anschauen und insbesondere die Parameter nebeneinanderhalten – Anstieg/Entwicklung der Nettokreditaufnahme des Landes und Anstieg/Entwicklung der Zahlungen in den Länderfinanzausgleich –, erkennen Sie seit 1970 im Grunde zwei Phasen: eine Phase, die ungefähr bis in das Jahr 2001 reicht, in der die Nettokreditaufnahme, kumuliert, stärker gestiegen ist als die Einzahlungen in den Länderfinanzausgleich, und die Phase, in der wir uns in den letzten zehn Jahren befinden, die durch einen rasanten Anstieg unseres Anteils der Zahlungen in den Länderfinanzausgleich gekennzeichnet ist. So hat sich das trotz der Veränderungen entwickelt, die es zwischenzeitlich gegeben hat.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Woran das wohl liegt? – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Es geht aber wieder runter!)

Ohne diese Veränderungen, die auch schon durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erzwungen worden sind, wären unsere Einzahlungen noch ein Stück höher. Dennoch ist es richtig, sich die jetzige Regelung und die Auswirkungen dessen, was im Moment Gegenstand des Länderfinanzausgleichs ist, noch einmal anzuschauen. Das wurde sehr gründlich vorbereitet. Die Landesregierungen der ständigen Zahlerländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen haben nämlich ein Rechtsgutachten bei Prof. Seiler in Auftrag gegeben. Ich bin den FDP-Fraktionen in den betreffenden Ländern sehr dankbar, dass sie ihrerseits eine erweiterte rechtliche Expertise hinzugefügt haben, sodass wir jetzt auf einer gesicherteren rechtlichen Grundlage sehen, an welchen Stellen die Frage heißen muss: Ist das nur ein Punkt im Ausgleichssystem, den man als ungerecht empfindet, und wo ist die Grenze zur verfassungsrechtlichen Relevanz überschritten?

Wir sehen insbesondere die Forderung des Bundesverfassungsgerichts verletzt, dass der Länderfinanzausgleich abstrakten Maßstäben genügt und sich nicht nach irgendwelchen Verhandlungen richten darf, die am konkreten finanzwirtschaftlichen Ergebnis orientiert sind. Wir sehen auch, dass das Nivellierungsverbot und letztlich das Verbot der Veränderung der Finanzkraftreihenfolge verletzt werden. Wenn man die Sonderbedarfszuweisungen z. B. für die neuen Bundesländer und für andere Bereiche einbezieht, verändert sich die Finanzkraftreihenfolge so, wie es der Kollege Milde vorgetragen hat.

(Leif Blum (FDP): Kosten der Eigenstaatlichkeit!)

Frau Erfurth, in den Verhandlungen des Finanzausschusses des Bundesrats, der Länderkammer, vor einigen Wochen ging es nur um einen relativ schmalen Bereich, nämlich um die Fortsetzung der Sonderbedarfszuweisungen – Stichwort: Hartz IV – an die neuen Bundesländer. Es ist doch klar, dass kein Bundesland freiwillig auf irgendetwas verzichtet, sondern dass man mit allen Mitteln versuchen wird, bestehende Einnahmequellen so lange wie möglich zu erhalten.

Deshalb sage ich bei aller Bereitschaft zum Verhandeln: Ja, wir werden auf der Basis dieser rechtlichen Abschätzungen sicherlich weiterhin das Gespräch suchen. Aber wahr ist auch, wie wir feststellen müssen, wenn wir uns in die Rolle der anderen Bundesländer hineinversetzen, dass dort die Bereitschaft zu materiellen Zugeständnissen, die dazu führen, dass mehr von unserem Geld im Lande bleibt, statt in den Länderfinanzausgleich einzufließen, wahrscheinlich nicht sehr hoch ist. Gleichwohl muss man es machen.

Aber man muss auch entschlossen sein, die rechtlichen Unwuchten, die dort festgestellt worden sind, vor dem Bundesverfassungsgericht zu thematisieren. Ich erwarte nicht, dass das Bundesverfassungsgericht den Länderfinanzausgleich in Bausch und Bogen verdammen wird.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Es kann ihn neu ordnen!)

Aber wir hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung wichtige Leitlinien formulieren wird, die es ermöglichen, das Korsett für notwendige Verhandlungen in der Zukunft so eng zu schnüren, dass die drei Zahlerländer eine Chance haben, sich politisch gegen die Mehrheit der anderen Länder durchzusetzen. Darum geht es in der Diskussion letztlich.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das wird kein einfacher Weg sein, auch in rechtlicher Hinsicht nicht. Deswegen werden wir unsere Klage, so sie denn notwendig ist, gründlich vorbereiten. Die Kabinette von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen werden Anfang des nächsten Jahres gemeinsam zu diesem Thema tagen und das weitere Vorgehen besprechen. Es wissen nun alle, dass wir entschlossen sind, unsere hessischen Interessen zu vertreten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Sozialdemokraten, ich hoffe, dass sich Herr Wowereit als Gastredner auf Ihrem Parteitag wenigstens einmal bei den Hessen bedankt hat; denn wesentliche Teile seines Haushalts zahlen wir aus unseren Kassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Entschließungsanträge. Es ist darum gebeten worden, bei dem Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 18/3495, getrennt abzustimmen: zuerst über den ersten Absatz und dann über die Absätze zwei bis fünf. Wer dem ersten Absatz seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, FDP, SPD und GRÜNE. Gegenstimmen? – DIE LINKE. Enthaltungen? – Damit ist der erste Absatz beschlossen.

Ich lasse über die Absätze zwei bis fünf abstimmen. Wer ist dafür? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – SPD und DIE LINKE. Enthaltungen? – GRÜNE. Damit sind auch diese Absätze beschlossen.

Dann lasse ich über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/3496, abstimmen. Wer ist dafür? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das langt nicht.

(Allgemeine Heiterkeit)

Wer ist dagegen? – CDU, FDP und DIE LINKE. Wer enthält sich? – Die SPD. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 64 auf:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Verhandlungen der Landesregierung: Erfolg für Hessens Schüler – Schülerfahrtkostenerstattung für Ein- kommensschwache) – Drucks. 18/3473 –

Das Wort hat Frau Kollegin Ravensburg.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Meine Fraktion hat heute eine Aktuelle Stunde beantragt, die ihren Namen wahrlich verdient. Es geht uns nämlich darum, für die Kinder, deren Eltern die Schulbuskosten nicht aufbringen können, einen Finanzierungsweg zu finden.

Mit der Aufnahme der Schulbuskosten in das Bildungspaket der Hartz-IV-Reform ist es auf Initiative unseres Staatsministers Grüttner gelungen, eine Lösung für ein Problem zu finden, das, wie ich glaube, uns allen in diesem Hause unter den Nägeln brennt. Kein Kind darf von Bildung ausgeschlossen werden, nur weil die Eltern die Schulbuskosten nicht bezahlen können. Das ist auch unsere Meinung.

(Beifall bei der CDU)

Daher ist es richtig und sinnvoll, die Schülerbeförderungskosten in das Bildungs- und das Teilhabepaket bei der Hartz-IV-Reform aufzunehmen. Wir halten das für den einzig sinnvollen und einzig tragbaren Weg, um schnell und möglichst ohne viel zusätzliche Bürokratie die Mittel zielgerichtet denjenigen zugutekommen zu lassen, die die Fahrtkostenübernahme dringend brauchen, nämlich unsere bedürftigen Familien.

Frau Habermann, die SPD-Fraktion will jetzt sicherlich sagen: Wir haben einen Entwurf für ein Ausbildungsförderungsgesetz eingebracht. – Die CDU-Fraktion ist der Auffassung, dass eine kluge Sozialpolitik dazu dienen muss, diejenigen zu unterstützen, die das aus eigener Kraft nicht finanzieren können. Ein Füllhorn mit pauschalen Mitteln für alles und jedes über die Leute auszuschütten bringt der SPD zwar vielleicht viel Applaus von denjenigen ein, die für die Finanzen nicht sorgen müssen, hat aber nichts mit verantwortungsvoller Finanzpolitik zu tun.

Ich kann mich nur wundern, wie weit die SPD da von der tatsächlichen Umsetzung der Schuldenbremse entfernt ist.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, glauben Sie tatsächlich noch an das Luftschloss und meinen, dass Ihr Fraktionsvorsitzender, Herr Kollege SchäferGümbel, in Berlin innerhalb der SPD eine Mehrheit für seine Position bei der Steuersatzdebatte finden wird?

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Abwarten!)

Ich finde, es ist im Brüder-Grimm-Land Hessen durchaus legitim, an die Sterntaler zu glauben.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU))

Ich hätte es gern Herrn Schäfer-Gümbel selbst gesagt. Es ist nur ein schönes Märchen, wenn man glaubt, man könne alle Probleme mit einem Steuersatz von 60 % beheben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Vizepräsident Lothar Quanz übernimmt den Vorsitz.)

Die GRÜNEN im Hessischen Landtag haben das ebenso wie unser Koalitionspartner, die FDP, erkannt. Sie haben die Initiative unseres Sozialministers Stefan Grüttner unterstützt. Seiner Initiative im Bundesrat ist es zu verdanken, dass in Berlin die Erstattung der Schulbuskosten

für die Kinder im Bundesrat und im Bundestag Aufnahme in das Bildungspaket gefunden hat.

Morgen sind wir jedoch an folgender Stelle angelangt: Wer A sagt, muss auch B sagen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): So ist es!)

Deshalb bitte ich heute noch einmal die Mitglieder der SPD, aber auch die der GRÜNEN, auf ihre Kollegen im Bundesrat einzuwirken, damit morgen der Weg durch den Bundesrat frei gemacht wird. Wir wollen, dass die Kinder in Deutschland ab dem 1. Januar 2011 vom Bildungspaket profitieren können und dass die Kosten für den Schulbus bezahlt werden.

Dass dann aber von den Parteigenossen in Berlin Druck auf den Vorsitzenden der saarländischen GRÜNEN, Hubert Ulrich, ausgeübt wird, um morgen die Zustimmung des Saarlandes zu verhindern, finde ich einfach unverantwortlich. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Bundestag, Herr Oppermann, vermutet, es gebe einen „schmutzigen Deal“ der GRÜNEN mit Frau von der Leyen. Das ist kein Stil, der zu vernünftigen Entscheidungen führt.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Ich habe den Eindruck – am Beifall meiner Kollegen sehen Sie deren Zustimmung –, dass hier gezielt Politik zulasten der bedürftigen Familien in Deutschland gemacht wird. Hier wird aus wahltaktischen Gründen wider besseres Wissen die Zustimmung zu einem wegweisenden Gesetzesvorhaben verhindert. Wenn es zum 1. Januar 2011 Gesetz würde, könnte es die Bildungschancen auch der hessischen Kinder deutlich verbessern. Die Auszahlung ab dem 1. Januar 2011 ohne ein Gesetz zu ändern, wie Frau Scheel das heute gefordert hat, ist, wie ich finde, der Gipfel der Unverschämtheit.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)