Parteipolitischer Kalkül mit Blick auf die kommenden Landtagswahlen wird hier auf dem Rücken der Kinder ausgetragen.
Ja, das sind meine letzten Sätze. – Meine Damen und Herren, ich möchte zusammenfassen. Ich finde das unverantwortlich. Noch haben Sie die Chance, das zu ändern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde hat zahlreiche Facetten. Es steht nicht unbedingt die Leistung des Hessischen Sozialministeriums
Erste Facette. Frau Kollegin Ravensburg, ich glaube, dazu sollte man gleich etwas sagen. Es wird Ihnen nicht gelingen, die SPD in die Ecke derer zu stellen, die einem guten Gesetzentwurf im Bundesrat und mehr Leistungen für SGB-II-Bezieher die Zustimmung verweigern. Es wird Ihnen nicht gelingen, uns in die Ecke dieser Verweigerer zu stellen.
Ich will Ihnen eines sagen: Ihre säuselnde Sozialministerin hat seit dem 9. Februar 2010 die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen gehabt. Sie hat das verschleppt und verzögert.
Sie hat einen Gesetzentwurf auf den Tisch gelegt, der die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht erfüllt und völlig unzureichend ist.
Ich komme jetzt auf die zweite Facette dieser Aktuellen Stunde zu sprechen. Dabei geht es um die Verdienste des zuständigen Ministers im Bundesrat. Frau Ravensburg, das haben Sie mit sehr wenigen Worten gestreift. Mehr wäre auch kaum möglich gewesen. Denn wer nach den hessischen Aktivitäten im Bundesrat zur Aufnahme der Erstattung der Schülerbeförderungskosten in den Leistungskatalog des Sozialgesetzbuchs II sucht, der sucht vergebens. Es gab dazu keine Initiative des Landes Hessen, wie Sie fälschlicherweise in einer Presseerklärung behauptet haben.
Es gibt die Empfehlung nach der Beratung im Ausschuss. Da wird empfohlen, die Erstattung der Schülerbeförderungskosten in § 6a aufzunehmen. Das ist korrekt. Da Herr Grüttner Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit und Sozialpolitik ist, war er wohl auch dabei, als diese Empfehlung diskutiert wurde.
Frau Ravensburg, aber ein Hinweis auf besondere hessische Initiative oder Überzeugungskraft zum Thema Schülerbeförderung ist das nicht; es sei denn, es wäre ähnlich wie beim Thema Weiterbau der Autobahn 49 gewesen. Das haben wir diese Woche schon diskutiert. Da haben wir vom hessischen Wirtschaftsminister erfahren, dass er immer wieder mit aufopferungsvoller Hartnäckigkeit den Weg nach Berlin gesucht hat, um dort letztlich den Durchbruch zu erzielen. Mit Verlaub, mir fehlt die Vorstellungskraft, Herrn Staatsminister Grüttner als wackeren Kämpfer für arme hessische Schüler in Berlin zu sehen.
Vielmehr war wohl die Lücke in der Gesetzgebung offensichtlich. Urteile, wie z. B. das des Marburger Sozialgerichts, haben deutlich gemacht, dass nach dem Spruch des Bundesverfassungsgerichts der Zugang zu den Bildungsangeboten und damit die Erstattung der Schülerbeförderungskosten zu den unbedingt erforderlichen Teilhaberechten eines Kindes gehören. Deswegen gab es wohl
auch das Einvernehmen, das letztendlich noch in den Gesetzentwurf aufzunehmen. Es war die zuständige Bundesministerin, die drei Tage nach der Beratung im Bundesrat ankündigte, das sogenannte Bildungspaket werde um 40 Millionen € aufgestockt, um die Schülerbeförderungskosten nach Klasse 10 daraus zu finanzieren.
Ich sage es noch einmal: Trotz dieser Erweiterung bleibt das Bildungspaket weit hinter den sozialen und bildungspolitischen Erfordernissen zurück. Ihm kann deshalb insgesamt nicht zugestimmt werden. Gesellschaftliche Teilhabe und bessere Bildungschancen der Kinder können mit diesem unzureichenden Gesetzentwurf nicht sichergestellt werden.
Ich komme damit zur dritten Facette, die ich noch ansprechen will, die mit dieser Aktuellen Stunde verbunden ist. Das ist die Beschlussfassung zu dem Hessischen Ausbildungsförderungsgesetz, das die SPD-Fraktion in diesem Haus vorgestellt hat. Herr Wagner, Sie gucken so irritiert. Die CDU-Fraktion hat ihr Verhalten bei der Beschlussfassung schon angekündigt. Das Votum, das sie dazu abgeben wird, wird ein ablehnendes sein. Das haben wir heute vernommen.
Wir ziehen es deshalb nicht zurück, weil wir einen Kreis von Anspruchsberechtigten ansprechen, der durch die Regelung im SGB II nicht erfasst wird.
Wir wollen, dass einkommensschwache Familien unterstützt werden, deren Kinder aus finanziellen Gründen genauso, wie es bei den SGB-II-Beziehern der Fall ist, Probleme haben, wenn sie eine gymnasiale Ausbildung in der Oberstufe anstreben.
Deswegen werden wir unseren Gesetzentwurf aufrechterhalten. Alle Anzuhörenden, die bei diesem Gesetzentwurf beratend zur Seite gestanden haben, haben dem zugestimmt.
Die Mitglieder der Regierungskoalition waren sprachlos. Ich denke, aus dieser Sprachlosigkeit sollten Sie lernen. Es wäre besser, mit uns gemeinsam das umzusetzen, was die Experten für richtig halten. Mit dem nächsten Schuljahr sollte dieses Gesetzesvorhaben in Hessen Realität werden. – Herzlichen Dank.
Frau Habermann, vielen Dank. – Ich freue mich, an dieser Stelle einen Ehrengast auf der Besuchertribüne begrüßen zu dürfen. Seien Sie uns herzlich willkommen, Herr Botschafter des Vereinigten Königreichs Großbritannien und
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch in der Aktuellen Stunde muss man gönnen können. Das ist generell ein gutes Prinzip in der Politik.
Deshalb sagen wir ausdrücklich herzlichen Glückwunsch, dass es in Berlin zu dieser Regelung der Schülerbeförderungskosten gekommen ist. Wenn Herr Grüttner daran einen Anteil hat, dann bricht man sich doch keinen Zacken aus der Krone, wenn man sagt, diesen Punkt hat er gut gemacht, dass wir jetzt diese Regelung haben. Man muss auch gönnen können. Das ist doch gar keine Frage.
Wir würden uns wünschen, dass dieses „Man muss auch gönnen können“ dann auch für die Fraktionen im Landtag gelten würde. Meine Fraktion war es, die mit Datum vom 26.08. diese Idee, die sich jetzt in Berlin durchgesetzt hat, in das parlamentarische Verfahren eingebracht hat. Wenn jetzt alle gönnen können, können jetzt auch alle klatschen, dass das so war.
Vielen Dank. – Die GRÜNEN hatten eine gute Idee, die sie in dieses Parlament am 26. August eingebracht haben, die in der Drucks. 18/2715 nachzulesen ist. Wir hatten im September eine sehr gute Debatte zu diesem Thema. Dann hat Herr Grüttner das auf Bundesebene verhandelt. Das ist doch einmal etwas, wie Politik über die Parteigrenzen hinweg sein soll – die bessere Idee hat sich durchgesetzt. Das ist ein schöner Erfolg für die Schülerinnen und Schüler, für die bislang der Weg zur Schule an den Fahrtkosten gescheitert ist, und insofern sehr gut.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Reinhard Kahl (SPD))
Wir sollten das nicht ins parteipolitische Klein-Klein bringen. Genauso wie es ein gemeinsamer Erfolg war, bringt es jetzt auch nichts, aus dem gemeinsamen Erfolg mit Blick auf die Verhandlungen zwischen Bundesrat und Bundestag eine parteipolitische Münze zu machen. Wir haben, was die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II angeht, für die Schülerbeförderung eine gute Lösung gefunden.
Meine Damen und Herren, das sagt aber überhaupt nichts über die anderen Bereich aus, die derzeit zu regeln sind, bei denen uns das Bundesverfassungsgericht aufgegeben hat, die Hartz-IV-Sätze zu regeln. Zu diesem Thema sagt das alles nichts. Deshalb sollte man diese beiden Debatten nicht verbinden.
Es bleibt die Frage auf Bundesebene. Es lohnt, darum zu ringen und nicht zu sagen, die Bundesländer oder die so regierten Länder machen etwas falsch. Das bringt nichts. Es geht um die Frage – das ist auf Bundesebene noch nicht abschließend geklärt –, wie hoch die Hartz-IV-Regelsätze nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sein müssen, wie hoch die Berechnungsgrundlage für die Hartz-IV-Regelsätze nach der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung sein muss, welche zusätzlichen Sachleistungen zu den Hartz-IV-Regelsätzen zu machen sind und wie wir es hinbekommen, dass unsere staatlichen Institutionen so gut sind, dass auch die staatlichen Institutionen ihren Beitrag leisten, dass keiner von unserer Gesellschaft ausgeschlossen wird.
Diese drei Sachen müssen wir gleichwertig behandeln. Man darf sie nicht gegeneinander ausspielen. Wenn wir uns einig sind, dass die Übernahme der Schülerbeförderungskosten eine gute Sachleistung ist, dann ändert das überhaupt nichts daran, dass der Hartz-IV-Regelsatz das Existenzminimum in unserem Land sichern muss. Es gibt erhebliche Fragen, ob das derzeit mit der Erhöhung um 5 € erreicht ist.