Protocol of the Session on December 15, 2010

(Zuruf des Abg. Mario Döweling (FDP))

Da Ihnen die Menschen so am Herzen liegen: Durch Fahrverbote für Lkw könnte man auch die Lärm- und Schadstoffbelastung für die Anwohnerinnen und Anwohner reduzieren. Das wäre z. B. ein konkreter Punkt, über den Sie sich einmal Gedanken machen könnten.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, was wir brauchen, ist eine dringende Kehrtwende in der Verkehrspolitik. Die Landesregierung privilegiert den Straßenbau und die Luftfahrt. Während der verkehrsbedingte CO2-Ausstoß in anderen Bundesländern sinkt, ist er in Hessen weiter gestiegen.

Die Landesregierung geht in den ganzen Verfahren nach einem schrecklich einfachen und starren Schema vor. Annahme eins ist: Wenn wir ein Verkehrsproblem haben, bauen wir eine neue Straße.

Annahme zwei ist ebenso schlicht und lautet: Neue Straßen verbessern die Infrastruktur für die anliegenden Unternehmen im Wettbewerb, wie Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben. Aber die Erfahrung der letzten Jahrzehnte ist eben nicht, dass die stetige Landschaftsversiegelung durch den Straßenbau zu einer Reduzierung des Verkehrs oder auch nur zu einer Entlastung der einzelnen Straßen geführt hätte. Genau das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei der LINKEN)

Straßenneubauten bringen immer nur kurzfristige Entlastungen. Wenn wir als Transitland Hessen nachhaltig etwas gegen den Verkehrskollaps tun wollen, vor dem viele Verkehrsverbände warnen, dann geht das langfristig nur über Verkehrsvermeidung und vor allem über den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. Dafür sollten Sie Millionen Euro bereitstellen, statt immer wieder neue Straßen zu bauen.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Wissler. – Zu einer Kurzintervention erhält Herr Sürmann das Wort. Herr Sürmann, Sie haben zwei Minuten Redezeit.

Vielen Dank. Ich werde meine Redezeit nicht ausnutzen. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was Frau Wissler gerade vorgetragen hat, ist ein Pamphlet. Sie tut so, als ob diese Autobahn nicht gebaut werden dürfe, weil der Artenschutz nicht beachtet worden sei.

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass der Weiterbau genehmigt wurde, weil der Artenschutz hervorragend berücksichtigt wurde, weil alles abgearbeitet wurde, was notwendig ist, und dass deswegen der Weiterbau genehmigt wurde. Das nehmen Sie nicht zur Kenntnis, sondern tun einfach so, als ob über die Dinge hinweggesprungen worden wäre. Das Ministerium hat hingegen sehr gut, sehr

sauber gearbeitet, sonst wäre der Weiterbau gar nicht möglich.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Herr Sürmann. – Frau Wissler, Sie haben die Möglichkeit, zu antworten.

Herr Sürmann, in der gebotenen Kürze, Sie haben ja nicht viel gesagt: Ich bin der Meinung, auch die dritte Kurzintervention der FDP kann diesen Setzpunkt nicht mehr retten.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir reden hier über ein totales Versagen des hessischen Verkehrsministeriums. Sie wollen seit elf Jahren eine Autobahn bauen. Sie haben es nicht geschafft, sie zu bauen. Ich habe Ihnen gerade noch einmal dargelegt, warum Ihr Vorhaben ökologisch und ökonomisch vollkommen sinnlos ist. Das können Sie abstreiten. Erklären Sie das den Menschen in der Region. Ich glaube, dass Sie mit diesem Thema heute und hier nicht punkten können. Das müssen Sie jetzt so hinnehmen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Wissler. – Es spricht jetzt Herr Staatsminister Posch.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte einige wenige Bemerkungen machen. Die A 49 ist in der Tat ein Verkehrsprojekt, das den Hessischen Landtag mehrfach befasst hat. Wenn wir einmal versuchen, zusammenzufassen, dann bedeutet das, dass wir ein Konglomerat unterschiedlicher Probleme in Verbindung bringen müssen, wenn es um die Planungsgeschichte der A 49 geht.

Herr Frankenberger, Sie haben eingeräumt, welche Probleme hier bestanden. Das hat so manchen Abgeordneten in große Konflikte gebracht. Es war nicht nur mein Kollege Rausch, mit dem ich diese Frage häufig diskutiert habe. Auch bei den Sozialdemokraten ist ein früherer Kollege in die Situation gekommen, dass er im Kreistag des Schwalm-Eder-Kreises für die A 49 gestimmt hat und im Hessischen Landtag aufgrund der Koalitionsräson das Gegenteil tun musste. Auch das gehört zur Geschichte der A 49. Ich stelle das nur dar, weil ich damit deutlich machen will, welche Probleme wir hatten. Wenn wir 16 Jahre danach jetzt endlich weiterbauen, dann ist das ein großer Erfolg. Deshalb lohnt es sich, wenn die Koalitionsfraktionen dies hier zum Thema machen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Frau Kollegin Wissler, zur Redlichkeit gehört auch, zu sagen: Die Hessische Landesregierung hat am vergangenen Montag den Regionalplan Mittelhessen genehmigt. Wissen Sie, warum das so lange gedauert hat? Weil wir wegen des Vorkommens hoch prioritärer Arten im Bereich der A 49 eine positive Stellungnahme der Europäischen Kommission brauchten. Ich will jetzt nicht darüber streiten, dass mir das zu lange gedauert hat. Wir haben aber die höchsten „Sicherheitsstufen“ – was den Artenschutz anbelangt – bei der A 49 sichergestellt. Behaupten Sie deshalb hier nicht, wir würden den Artenschutz mit Füßen treten. Das ist schlicht und ergreifend die Unwahrheit.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Man muss einfach bestimmte Dinge zur Kenntnis nehmen. Es ist eine berechtigte Frage, ob das, was wir an Regelwerk haben, richtig oder nicht richtig ist, ob wir es ändern sollten.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Sie kritisieren doch das Regelwerk!)

Darüber können wir zu gegebener Zeit diskutieren. Ich lasse mir aber nicht vorwerfen, wir würden den Artenschutz mit Füßen treten, wenn genau das Gegenteil bewiesen worden ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Sie wollen die Regeln aufweichen!)

Herr Kollege Kaufmann, ich kenne Ihre Position. Es ist zwar etwas untergegangen, aber ich habe es gehört. Sie haben eben gesagt: „Wir haben ein Vierteljahrhundert erfolgreich gegen diese Maßnahme gekämpft.“ – Ich will Ihnen antworten: Das ist eine Verhöhnung all der Menschen, die in der Region wohnen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir diskutieren seit fast einem Jahr über die Frage, ob wir die B 252 für Lkw sperren, weil dort die Grenzwerte überschritten werden, was fast dazu geführt hätte, dass diese Bundesstraße im Raum Marburg von schwerem LkwVerkehr hätte freigestellt werden müssen. Nach einem Jahr ist es uns gelungen, mit vielen Initiativen sicherzustellen, dass die Verkehre dort wieder fließen – allerdings unglaublich eingeschränkt, nämlich mit Fahrverboten zu bestimmten Zeiten und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h für Lkw. Meine Damen und Herren, wenn wir die A 49 längst hätten, dann hätten wir dieses Problem an der B 252 nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dann hätten wir auch die Probleme an der B 3 nicht. Meine Damen und Herren, deswegen sage ich sehr offen: Es gibt ein Konglomerat aus unterschiedlichen Problemen, das auch zu politischen Brüchen und Kontroversen geführt hat. Sich heute als LINKE und GRÜNE aber hierhin zu stellen und sich zu brüsten, dass man das 25 Jahre lang verhindert habe, ist eine unglaubliche Unverfrorenheit gegenüber dieser Region.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Herr Kaufmann, es ist schlicht und ergreifend falsch, wenn Sie behaupten, dass wir die Auffassung vertreten, dass der Straßenbau die Grundvoraussetzung für wirt

schaftliche Prosperität sei. In diesem Lande ist noch nie so viel für den öffentlichen Personennahverkehr ausgegeben worden wie unter dieser Landesregierung.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir wissen sehr wohl, dass wir mit neuen Maßnahmen kaum etwas erreichen können, weil wir in einem dicht besiedelten Land leben und nicht mehr beliebig viele Verkehrsadern bauen können. Hier geht es aber im Wesentlichen um nichts Neues, sondern um minimale Verkehrslückenschlüsse, die zwingend notwendig sind. Wenn das zu einer Streckenverkürzung um 12 km führt und dazu beiträgt, dass die Lkw nicht mehr über die Berge fahren müssen, dann ist das eine Verbesserung der gesamten Lebenssituation der Menschen in diesem Raum. Es sorgt gleichzeitig für wirtschaftliche Prosperität. Sie sind vielleicht ein klein wenig neidisch, dass wir in Nordhessen seit Juni die beste Arbeitsmarktstatistik in ganz Hessen haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe und Widerspruch bei dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist die Realität. Ich kann nachvollziehen, dass Sie das ärgert. Aber solche Maßnahmen, wie der Bau der A 49, sind Teilaspekte einer Regionalpolitik, die dieser Region dient.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Nun will ich Ihnen noch etwas sagen. Es war die frühere Bundesregierung, es war der sozialdemokratische Verkehrsminister Tiefensee, der, mit Verlaub gesagt, eine Position vertreten hat, dass man mit einer Maßnahme erst beginnen könne, wenn sämtliche Planfeststellungsbeschlüsse bestandskräftig sind. Wenn die zwei noch ausstehenden Planfeststellungsbeschlüsse erst im nächsten Jahr kommen, dann deswegen, weil ich die Zustimmung der Europäischen Kommission einhole.

Wir haben es mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen € zu tun. Herr Kaufmann ist Haushaltspolitiker. Er müsste eigentlich wissen, dass wir immer nur Tranchen in mehreren Haushalten beschließen und nicht in einem Haushalt 500 Millionen € für alles einplanen. Das wissen Sie ganz genau. Reden Sie doch nicht so kompletten Unsinn, um damit die Absurdität der Maßnahme aus Ihrer Sicht zu begründen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich bedanke mich bei allen Fraktionen, die den Weiterbau der A 49 unterstützen – trotz aller Kontroversen, die es in der Vergangenheit insbesondere bei den Sozialdemokraten gegeben hat. Bei dieser Maßnahme geht es nicht nur um die wirtschaftliche Entwicklung dieses Raumes, sondern dahinter steht auch die Glaubwürdigkeit von Politik. Meine Damen und Herren, es ist ein Problem, wenn 30 Jahre lang über eine Maßnahme diskutiert wird und wir nur Stück für Stück weiterkommen. Der Grund, verehrte Frau Wissler, warum ich dafür kämpfe, dass Planfeststellungsverfahren und Genehmigungsverfahren künftig schneller abgeschlossen werden müssen, ist, ein Stück Glaubwürdigkeit für die Politik zurückzugewinnen. Es wäre schön, wenn wir uns gemeinsam auf diesen Weg machen würden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Posch. – Wir sind am Ende der Aussprache zu dem Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Weiterbau der A 49 über die Region hinaus von zentraler Bedeutung.

Der Antrag soll zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen werden. – Das ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 43 auf – Setzpunkt der SPD –:

Antrag der Abg. Dr. Spies, Decker, Müller (Schwalm- stadt), Merz, Roth (SPD) und Fraktion betreffend Kürzungen bei den Eingliederungsmitteln zurücknehmen – Langzeitarbeitslose brauchen Qualifizierung – Ar beitsmarkt braucht qualifizierte Fachkräfte – Drucks. 18/3445 –