Protocol of the Session on November 16, 2010

Folgendes müssen wir der Ehrlichkeit halber auch sagen: Zu dem Zeitpunkt, als diese Einladung angenommen wurde,war noch nicht bekannt,dass der Setzpunkt von Ihnen, den Sie ansprechen, auf diesen Donnerstagmorgen gelegt wird.

(Günter Rudolph (SPD): Aber die Landtagssitzung!)

Dass die Landtagssitzung da war, war bekannt. Aber dazu habe ich mich geäußert. – Es war in der Vergangenheit immer guter Brauch, dass diese Veranstaltung von den Fraktionen, von diesem Haus, von der Landesregierung besucht wurde. Ich denke, daran sollte sich im Sinne des Landes Hessen auch nichts ändern.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort hat der Herr Ministerpräsident.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Kollege Rudolph, ich habe hier eine Übersicht, wer von dem von mir geführten Kabinett wann nicht da sein kann. Das ballt sich. Das ist richtig. Ich möchte auf Folgendes hinweisen:Herr Kollege Rhein wäre eigentlich bei der Innenministerkonferenz, die ebenfalls stattfindet. Nach meiner Kenntnis ist es seit Jahrzehnten unbestritten, dass solche Konferenzen immer akzeptiert werden.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Da Sie jetzt großzügig „okay“ sagen,gehe ich einmal davon aus, dass außer mir alle Dispens haben, die irgendwo sind.

(Petra Fuhrmann (SPD): Nein! Fachministerkonferenzen!)

Das habe ich so empfunden. Ich will dann Folgendes hinzufügen. Herr Kollege Hahn vertritt mich z. B. morgen beim Deutschen Polen-Institut.

(Günter Rudolph (SPD): Das haben wir geklärt!)

Ich hatte im Vorfeld überlegt: Der polnische Staatspräsident kommt morgen zu uns.Der Bundespräsident kommt. Das Land Hessen ist der größte Geldgeber und Förderer des Deutschen Polen-Instituts. Ich hätte es außerordentlich begrüßt, wenn ich der Einladung als Hessischer Ministerpräsident hätte folgen können.Aus Respekt vor diesem Hause habe ich abgesagt. Das hat dort niemand verstanden. Ich bin nicht einmal in der Lage, den polnischen Staatspräsidenten zu empfangen, weil wir morgen über den Haushalt sprechen.

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

Ich habe immer respektiert, dass das Parlament zuerst kommt.Jetzt habe ich für den Donnerstag für die Zeit von 9 Uhr bis 10:30 Uhr um Dispens gebeten. Ich bin Schirmherr der größten Bankenmesse Europas in meinem Amt als Ministerpräsident.Diese Messe hat größte Auswirkungen auf den Finanzplatz Frankfurt und auf unser Land. Wir sind Mitveranstalter. Ich habe es für richtig gehalten, dort für das Land Hessen die Eröffnungsrede zu sprechen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, Herr Präsident, wenn die Opposition nicht bereit ist, das zu akzeptieren, dann gilt für mich:Das Parlament hat Vorrang.Ich werde dort absagen. Ich bin um 9 Uhr hier.

(Zurufe von der CDU: Eine Schande ist das! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Unglaublich! Peinlich! – Zuruf von der CDU: So etwas Kleinkariertes! – Anhaltende Zurufe von der CDU – Ministerpräsident Volker Bouffier: So sind sie!)

Meine Damen und Herren,es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Darf ich darum bitten, dass Sie jetzt für die Fragestunde aufmerksam werden? – Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Fragestunde – Drucks. 18/2943 –

Ich eröffne mit der Frage 357. Herr Abg. May, bitte.

Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung:

Welche Haltung nimmt sie zu den Vorschlägen der EUKommission ein, die Entscheidungskompetenz für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen auf die Ebene der Nationalstaaten zu verlegen, dafür aber auf EU-Ebene die Zulassungsverfahren für neue gentechnisch veränderte Pflanzen deutlich zu erleichtern?

Frau Staatsministerin Puttrich.

Herr Abg. May, der von der EU-Kommission vorgelegte Verordnungsvorschlag will den Mitgliedstaaten ermöglichen, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, die auf EU-Ebene zugelassen sind, auf ihrem Hoheitsgebiet oder Teilen davon zu beschränken oder zu untersagen. Die den Mitgliedstaaten gewährte Entscheidungsfreiheit bezieht sich dabei ausschließlich auf den Anbau, nicht aber auf das Inverkehrbringen oder den Import zugelassener gentechnisch veränderter Organismen und GVOProdukte, die daraus hergestellt werden. Ein Handel ist im Rahmen des Binnenmarktes also weiterhin ungehindert möglich. Das gilt übrigens auch für Saatgut.

Die Landesregierung hat Bedenken gegen den von der Kommission vorgelegten Vorschlag geäußert. Eine nationale Entscheidungsfreiheit über den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen läuft unseres Erachtens den Zielen einer gemeinsamen Agrarpolitik und eines harmonisierten Marktes zuwider. Außerdem sind Fragen der WTO-Konformität noch nicht geklärt. Die Bundesregierung hat sich aus diesen Gründen beim Umweltministerrat am 14. Oktober 2010 ablehnend gegenüber diesem Vorschlag geäußert.

Kritisch zu sehen ist weiterhin, dass es den Mitgliedstaaten ermöglicht werden soll, den Anbau EU-weit zugelassener, gentechnisch veränderter Pflanzen in Teilen ihres Hoheitsgebietes zu beschränken oder zu untersagen. Auch der Bundesrat hat in seinem Beschluss vom 24. September dieses Jahres die Auffassung vertreten, dass Anbaubeschränkungen oder -verbote, sofern EU-einheitliche Regelungen nicht durchsetzbar sind, nur für den jeweiligen Mitgliedstaat insgesamt gelten können. Ob wiederum der vorgelegte Verordnungsvorschlag dazu beiträgt, dass auf EU-Ebene die Zulassungsverfahren für neue gentechnisch veränderte Pflanzen deutlich erleichtert werden, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht absehbar.

Zusatzfrage, Herr Abg. May.

Frau Ministerin, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, dass Sie das Eckpunktepapier für ein neues Gentechnikgesetz, das die Bundesministerin vorgelegt hat, wonach die Länder mehr Entscheidungsspielraum beim Anbau von gentechnisch veränderten Organismen bekommen sollen, ablehnen?

Frau Staatsministerin Puttrich.

Herr Abg. May, wir gehen davon aus, dass es eine EUweite Regelung geben sollte.Wenn es keine EU-einheitliche Regelung geben kann, sollte es eine bundeseinheitliche Regelung geben, keine uneinheitlichen Regelungen in den Ländern. Wir präferieren hier eine bundeseinheitliche Regelung.

Weitere Zusatzfrage, Herr Abg. May.

Das heißt, Sie werden einem solchen Gentechnikgesetz im Bundesrat Ihre Zustimmung verweigern?

Frau Staatsministerin Puttrich.

Diese Frage werde ich Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt beantworten.

Frage 360, Frau Abg. Hammann.

Ich frage die Landesregierung:

Welche Auswirkungen hätte ein terroristischer Anschlag auf das Atomkraftwerk Biblis, dessen Stahlbetonkuppeln 60 bzw. 80 cm stark sind, mittels panzerbrechender Waffen, z. B. der russischen Panzerabwehrwaffe vom Typ AT-14 Kornet-E?

Frau Staatsministerin Puttrich.

Frau Abg. Hammann, nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 wurde ein bundeseinheitlich gültiges, gestaffeltes Sicherungs- und Schutzkonzept für Kernkraftwerke erarbeitet und umgesetzt. Darin werden auch Angriffsszenarien mit panzerbrechenden Waffen – wie der Panzerabwehrwaffe vom Typ AT-14 Kornet-E – berücksichtigt. Ein terroristischer Anschlag mittels solcher Waffen, wie der Panzerabwehrwaffe des genannten Typs, führt nicht zu einer Verletzung der einschlägigen Schutzziele.Auf Details kann nicht eingegangen werden, um die Wirksamkeit des Konzepts nicht zu gefährden.

Zusatzfrage, Frau Abg. Hammann.

Frau Ministerin Puttrich, ist Ihnen bekannt, dass es ein Gutachten gibt, das genau das Gegenteil dessen aussagt, was Sie gerade dargestellt haben? Ein solcher Angriff kann sehr wohl vorgenommen werden, und die Auswirkungen wären gravierend. Weite Teile Deutschlands wären unbewohnbar,wenn es zu einem solchen Angriff kommen würde; denn diese Panzerabwehrwaffen können sehr zielgenau eingesetzt werden und Stahlbeton bis zu einer

Stärke von 3 m durchdringen. Deshalb besteht ein gravierender Unterschied zu der Aussage, die Sie hier eben getroffen haben.

Frau Staatsministerin Puttrich.

Frau Abg. Hammann, ich weiß nicht, auf welches Gutachten Sie sich beziehen. Ich beziehe mich auf das, was bundeseinheitlich geregelt wurde. Wir haben ein abgestimmtes Sicherheitskonzept. Dieses Sicherheitskonzept besagt, dass keine Gefahr von einem Angriff mit solchen Waffen ausgeht und entsprechende Vorsorge getroffen ist.

Weitere Zusatzfrage, Frau Abg. Hammann.

Dann weise ich Sie darauf hin, dass es ein Gutachten gibt – –

Frau Kollegin, Sie sollten sich wirklich um Fragen bemühen.

Herr Präsident Kartmann, es gibt ein Gutachten der Diplom-Physikerin Oda Becker, die genau das festgestellt hat. Ich möchte von Ihnen wissen: Ist Ihnen dieses Gutachten bekannt, und ist Ihnen bekannt, ob die darin enthaltenen Aussagen im Sicherungskonzept des Atomkraftwerks Biblis in irgendeiner Weise berücksichtigt wurden?

Frau Staatsministerin Puttrich.

Es gibt viele Gutachten zu vielen Gelegenheiten.Ich kann mich auf das Gutachten, das Sie gerade genannt haben, nicht beziehen. Ich wiederhole meine Aussage, dass das Sicherheitskonzept abgestimmt ist und dass nach unseren Erkenntnissen ein Schutz vor diesen Waffen besteht.