Wir wissen auch, dass kleinere Gerichte vor Ort oftmals auch das kulturelle Leben am Ort bereichern, indem dort etwa Ausstellungen und Lesungen stattfinden. Sie sind vor Ort eingebunden.
Das ermöglicht es, das Gerichtsgebäude unabhängig von der Beteiligung an einem Verfahren zu betreten. Das kann zum Abbau und zur Verringerung der Hemmschwelle beitragen, die sicherlich gegenüber den Gerichten immer noch besteht. Herr Justizminister, das wissen wir alle, auch Sie.
Insbesondere in der Fläche, also in ländlichen Gebieten, werden die dann zusammengefassten Standorte nicht mehr oder nur noch unter großem Aufwand erreichbar sein. Da der Zugang zu den Gerichten dann nicht mehr gewährleistet sein wird, sehen wir durchaus, dass Garantien des Rechtsstaates damit beeinträchtigt werden.
Ich komme noch einmal auf die von Ihnen vermuteten Einsparpotenziale zu sprechen. Wenn es diese Einsparpotenziale wirklich gibt, dann – das sagen Sie ganz deutlich – sollen sie auf Kosten der normal und gering Verdienenden, der abhängig Beschäftigten und der Hartz-IVEmpfängerinnen und -Empfänger erzielt werden. Denn auf die Rechtsuchenden werden dann längere Wege und damit höhere Kosten zukommen. Das trifft gerade die Menschen mit geringem Einkommen besonders hart und führt wiederum dazu, dass ihnen der Zugang zu den Gerichten erschwert wird. Herr Justizminister, das darf so nicht sein.
Sie verwehren Menschen die Möglichkeit einer wohnortnahen Klärung von Konflikten bzw. von Unstimmigkeiten. Die Schließung und Zusammenlegung bringen zudem eine Verschlechterung auch für die Beschäftigten mit sich. Die meisten Beschäftigten werden längere Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen. Die Teilzeitbeschäftigten – und gerade unter ihnen sind es zumeist Frauen –, die bisher oftmals am Gerichtsort oder in unmittelbarer Nähe wohnten, trifft das mit höheren Fahrtkosten und höherem Zeitaufwand sehr hart.Wir vermuten, dass durchaus viele von ihnen gezwungen sein werden, ihre Tätigkeit aufzugeben. Herr Justizminister, auch daran hätten Sie denken müssen.Auch dazu hätten Sie etwas sagen sollen. So geht das nicht.
Herr Justizminister, ich bin bei Ihnen, wenn Sie sagen, es ginge nicht, dass Sie einen bestimmten Ort nicht mehr besuchen dürften. Herr Justizminister, ich finde ganz im Gegenteil, Sie sollten häufiger in diese Orte fahren, weil Sie sich dort anhören müssen,welche Reaktionen Ihr Programm vor Ort auslöst. Sie sollten sich nicht wundern, wenn Sie vor Ort mit Protesten begrüßt werden. Wir möchten ganz im Gegenteil diese Möglichkeit noch mehr Kolleginnen und Kollegen hier im Hause geben.
Deswegen werden wir hiermit namentliche Abstimmung über unseren Antrag beantragen. Sie alle haben damit Gelegenheit, sich demnächst vor Ort dafür zu rechtfertigen, wie Sie hier im Hause entweder ablehnend oder positiv den Schließungen von Gerichtsstandorten gegenüberstehen.
die Sie mir vielleicht irgendwann einmal erklären können. Sie haben in Ihrem Beitrag ausgeführt, dass Sie nicht jeden Arbeitsplatz im Gericht haben wollen, sondern – so habe ich es verstanden – zukünftig auf Heimarbeitsplätze setzen wollen. Sie haben diese Heimarbeitsplätze als „draußen bei den Menschen“ bezeichnet. Entweder bleibt es auch als Heimarbeitsplatz ein Arbeitsplatz, oder jemand ist draußen bei den Menschen. Entweder haben Sie etwas nicht verstanden, wie ein Arbeitsplatzkonzept aussieht, oder ich nicht. Ich bitte Sie, mir das einmal zu erläutern.
Ich möchte gern mit folgenden Worten zusammenfassen. Meine Damen und Herren, auch Sie, Herr Beuth, hören Sie einmal kurz zu.
Die Schließung von Gerichten ist das Gegenteil von Bürgernähe – ich möchte anmerken: bei äußerst zweifelhaftem Einsparungspotenzial. – Ich bedanke mich.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Der entschuldigt sich jetzt für die Reform, setzt sich und sagt, es ist alles gut!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe vorhin, als Frau Kollegin Hofmann über alles Mögliche gesprochen und dann im Rahmen der Nachfrage des Kollegen Beuth noch über die Hotelmehrwertsteuergeschichten gesprochen hat, gedacht, irgendwo bin ich hier in der falschen Debatte gelandet.
Wenn der Kollege Wilken den Rechtsstaat in der Form zu verteidigen versucht, indem er die namentliche Abstimmung über einen vierzeiligen Antrag beantragt, weiß ichnicht, ob das dem Thema gerecht wird, geschweige denn, ob das überhaupt noch etwas mit dem Thema zu tun hat.
Aber wenden wir uns einfach dem Thema zu, worum es geht. Es geht nicht um das, was man zwischen den Zeilen gehört hat. – Der Herr Wilken verlässt jetzt schon den Saal.Anscheinend versucht er, sich schon einmal daran zu gewöhnen, wie er nachher abzustimmen hat, oder was auch immer.
Aber gut, es geht nicht um willkürliche Gerichtsschließung, wie es der eine oder andere Redner versucht hat, als Eindruck zu erwecken, sondern es geht ganz konkret um die Frage des Schuldenstopps ab dem Jahr 2020, um die Frage, dass in unserer Verfassung – das Grundgesetz ist mit gutem Grund geändert worden – steht, wir dürfen keine neuen Schulden mehr machen, der Staat soll keine neuen Schulden mehr machen. Wir müssen heute durchaus Konsequenzen für unser Handeln ziehen.
Herr Staatsminister Hahn hat in seiner Rede vor allen Dingen auch den Iststand dargestellt: die rund 3,4 Milliarden c neuen Schulden in diesem Jahr, und dass wir bis zum Jahr 2020 keine neuen Schulden machen dürfen. Zumindest wir, die Koalitionsfraktionen, wollen keine neuen Schulden mehr machen,
(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Das machen Sie aber seit Jahren! – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
weil es im Sinne unserer politischen Verantwortung vor den zukünftigen Generationen ist, zukünftig keine Schulden zu machen. Zumindest an der Verfassungsänderung waren Sie von der SPD damals noch mit beteiligt, Herr Schäfer-Gümbel. An der Stelle können Sie sich ein bisschen Lob auf die eigene Leiste schieben. Aber ansonsten war es das auch.
Wenn wir von den 3,4 Milliarden c neuen Schulden in diesem Jahr und null im Jahr 2020 ausgehen, haben wir nur drei Möglichkeiten. Die einen hoffen auf die massive Erholung der Wirtschaft; ganz so stark wird es vielleicht nicht ausfallen. Die anderen träumen von massiven Steuererhöhungen – ich treffe wieder auf die Resonanz der linken Seite des Hauses. Der dritte Weg ist, dass man die Ausgaben reduziert.
An dieser Stelle setzt das Projekt „Konsolidierung und Kompensation“ der Landesregierung an, und zwar an der dritten Stelle. Ich denke, das ist eine Methode, die vernünftig und verantwortbar ist.
Meine Damen und Herren, wenn Sie sich einfach einmal das Gesamtkonzept vor Augen führen, dann lautet die Devise, die dahintersteht: Wir sparen im Bereich der Justiz, aber wir sparen nicht an der hessischen Justiz. Und das ist etwas ganz Wesentliches für uns.
Ich möchte kurz auf die drei wesentlichen Punkte zu sprechen kommen. Der erste sind die Arbeitsgerichte. Es ist angesprochen worden; bereits im Jahr 2005 hat der Hessische Rechnungshof in seinen Bemerkungen hierzu Feststellungen gemacht.Ich begrüße Herrn Prof.Eibelshäuser auf der Tribüne recht herzlich. Ich glaube, er erlebt im Moment wieder eine Debatte, in der bisher viele erzählt haben: Ja, ja, sparen muss sein, aber bitte nicht in diesem Bereich, bitte nicht dort, bitte nicht hier und bitte überall woanders.
Meine Damen und Herren, so funktioniert Politik nicht. Das ist nicht Verantwortung für unsere Gesellschaft, sondern das ist einfache und billige Polemik. Das ist das Herunterbeten der Redezeit, aber hat nichts mit der Sache zu tun.
Wir reduzieren die Anzahl der Arbeitsgerichte auf sieben. Das ist bereits angeführt worden.Es sind auch alle Städtenamen ausführlich mehrfach gewürdigt worden. Ich bin dem Kollegen Dr. Jürgens insofern dankbar dafür, als er darauf hingewiesen hat, dass Hessen nicht gerade erst seit gestern sieben Sozialgerichte hat und wir mit dieser Zahl sieben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gut gefahren sind.
Ganz wesentlich bei der Verringerung der Zahl der Gerichte – das geht nicht nur die Arbeitsgerichtsbarkeit an – ist, dass keine einzige Richterstelle wegfallen wird. Es ist das Entscheidende für den Rechtsuchenden, dass er immer noch die gleiche Anzahl Richter als Ansprechpartner zur Verfügung hat, ich sage einmal: als die Gesichter der Justiz. Die Richter bleiben erhalten.
Was wir als Regierungsfraktionen und als Regierung tun, ist, dass wir die Strukturen verändern und die Neben- und Hintergrundkosten senken, aber für den Rechtsuchenden an der Struktur nach außen nichts ändern. Wir heben Synergieeffekte, die unzweifelhaft vorhanden sind. Das ist das Richtige, weil der Bürger ein Anrecht darauf hat, dass wir effizient mit den Steuergeldern, und zwar mit jedem Euro, umgehen. Hiermit versuchen wir, die Effizienz noch zu steigern, so gut es geht.
Meine Damen und Herren, ordentliche Gerichte sind ebenfalls angesprochen – die Kleinstgerichte mit drei und weniger Richterplanstellen. Einmal ganz ehrlich, wenn Sie es sich vor Augen führen: Ein Gericht mit 2,5 Stellen, wie wir es zum Teil haben – einer ist krank, einer in Urlaub, und die dritte halbe Stelle soll die Vertretung für die anderen beiden übernehmen –, da müssen Sie selbst mer
ken, wie absurd Ihre Argumentation ist, dass es ein Problem darstellen würde, wenn wir diese Gerichtsstandorte schließen.
Eines sei deutlich gesagt. Wir haben bisher deutlich gemacht, welche Gerichte wir schließen. Aber auch Herr Hahn hat am Rande angesprochen, dass wir auf die regionalen Besonderheiten bei dem Neuzuschnitt der Zuständigkeiten achten werden,dass wir darauf schauen werden, dass die Wege, wohl wissend, dass sie für den einen oder anderen länger werden, in den Extremfällen nicht zu lang werden. Wir schauen darauf, wie die neuen Gerichtszuständigkeitsbezirke zusammengeschnitten werden.
Das ist aber der zweite Schritt. Wir sind im Moment den ersten Schritt gegangen. Dann gehen wir den zweiten Schritt. Wir machen das meist so, dass wir einen Schritt nach dem anderen gehen. Es gibt Fraktionen in diesem Hause, die wollen alle Schritte auf einmal gehen – wahrscheinlich in der Realität am Ende eher nach hinten anstatt nach vorne.Aber das überlasse ich Ihnen auf der linken Seite des Hauses selbst.