Protocol of the Session on May 19, 2010

Ab dem Jahr 2012 kommen wegen der Verkürzung der gymnasialen Schulzeit die sogenannten Doppeljahrgänge. Das wissen Sie seit Jahren. Getan haben Sie nichts. Schon jetzt sind die Hochschulen chronisch unterfinanziert. Beispielsweise erhält die Hochschule Rhein-Main derzeit für 43 % ihrer Studierenden keine Mittel.

Frau Ministerin, dann führen Sie noch die Rücklagen der Hochschulen als Rechtfertigung für die Kürzungen ins Feld. Dabei verschweigen Sie, dass die Hälfte dieser Rücklagen an nur zwei Universitäten gebildet wurde, nämlich an der TU Darmstadt und der Stiftungsuniversität Frankfurt. Der Rest hat kaum Rücklagen gebildet.

Noch viel wichtiger aber ist: Die Rücklagen wurden für wichtige Zukunftsaufgaben der Hochschulen gebildet, nicht zur Entlastung des hessischen Landeshaushalts.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Dann brüsten Sie sich damit, dass das Exzellenzprogramm LOEWE der Landesregierung fortgesetzt wird. In der Tat: Für Eliteförderung findet die Landesregierung immer ein Töpfchen.Ich meine,das hat Prof.Frenking von der Universität Marburg bei der Demonstration sehr richtig kommentiert. Er sagte: LOEWE ist ungefähr so, wie wenn man 1.000 Hungernden sagt, fünf von euch dürfen gleich in ein Drei-Sterne-Restaurant.

Meine Damen und Herren, so funktioniert LOEWE. Die Mehrheit hat einfach nichts davon. Das ist die Stoßrichtung Ihres Hochschulpakts. Es wird nicht überall gespart: Für Exzellenz, für Eliteförderung ist Geld da – Bildungskürzung in der Breite durch eine Verschiebung von Mitteln ins Erfolgsbudget.

Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Aufstockung öffentlicher Mittel an den Hochschulen. Wir brauchen eine flächendeckende Finanzierung statt Wettbewerb und Standortkonkurrenz. Wir brauchen eine langfristige Planungssicherheit für die Hochschulen, nicht Bildung nach Konjunktur- und Kassenlage.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb muss sich auch die Klientel der FDP einmal an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben beteiligen und kann sich nicht in elitäre Parallelgesellschaften zurückziehen. Nicht überall wird gespart. Für die private Elite-Universität European Business School – Herr Rentsch – haben wir 30 Millionen c, die wir ihr in den nächsten Jahren als Anschubfinanzierung geben können. Das ist exakt der

Betrag, den wir jährlich an den öffentlichen Hochschulen streichen. Es kann doch nicht wahr sein, dass wir mit diesen Mitteln eine Hochschule fördern, die 200 Studierende im Jahrgang hat und von denen 12.000 c im Jahr an Studiengebühren bekommt. Diese Prioritätensetzung der Landesregierung ist einfach nicht hinzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Mehr Geld für Bildung – das ist eine Forderung des Bildungsstreiks, den wir als LINKE auch ausdrücklich unterstützen.

Ich komme zum Schluss. Der Hochschulpakt ist unterzeichnet. Das heißt aber nicht, dass damit schon das letzte Wort gesprochen ist.

Die Proteste gehen weiter. Gestern gab es Vollversammlungen an vielen Hochschulen. Mehr als zweieinhalbtausend Studierende kamen zusammen, um über die Konsequenzen dieses Hochschulpakts zu diskutieren.

In Marburg versammelten sich über 1.000 Studierende, Angestellte und Professoren und riefen erneut zu gemeinsamen Protesten auf. Ich habe mir sagen lassen, danach gab es eine Spontandemonstration, bei der die Marburger Stadtautobahn für eine halbe Stunde besetzt wurde.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist doch das, was Sie wollen!)

Frau Ministerin, der letzte Minister, der sich ernsthaft mit den Studierenden angelegt hat, ist heute in der Wirtschaft tätig. Seine Studiengebühren sind Geschichte. Ich sage Ihnen: Nehmen Sie die Hochschulen ernst, nehmen Sie die Studierenden ernst, nehmen Sie die Beschäftigten ernst, und unterschätzen Sie nicht die Stimmung, die Sie durch Ihr Handeln an den Hochschulen erzeugt haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Rolf Müller (Geln- hausen) (CDU): Mit so viel Schaum vor dem Mund kann man keine Politik machen!)

Danke sehr, Frau Wissler. – Ich darf Frau Staatsministerin Kühne-Hörmann das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist der Abschluss des Hochschulpakts zwischen der Landesregierung und allen Hochschulen in Hessen ein Gewinn für die hessischen Hochschulen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Er garantiert nämlich in schwieriger Zeit – und das habe ich als Sicherheitsnetz bezeichnet –, dass die Summe von 1,4 Milliarden c nicht unterschritten wird und die Planbarkeit für fünf Jahre besteht, dass dieser Betrag den Hochschulen jährlich zur Verfügung gestellt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,1,4 Milliarden c sind der zweithöchste Betrag, der in Hessen jemals für Hochschulen ausgegeben worden ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn ich höre, dass SPD und GRÜNE sich darüber beklagen und sich als Beschützer der Hochschulen hinstellen, dann will ich nur sagen: Die Aufholjagd, die wir 1999 begonnen haben, mussten wir deshalb so rapide machen, weil Rot-Grün Hochschulpolitik zu Ihren Regierungszeiten als Steinbruch missbraucht hat

(Beifall bei der CDU und der FDP)

und weil Sie es zu verantworten haben, dass die Hochschulausgaben in dieser Zeit die niedrigsten in Hessen waren. Damals war die Steuerlage besser als heute.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Oh Mann!)

Die Hochschulen haben am Ende entschieden: Was sind eigentlich die Vorteile des Hochschulpakts? – Dass Planungssicherheit besteht, bestreitet keiner. Es bestreitet auch keiner,dass es gut ist,1,4 Milliarden c zu bekommen und nicht darunter zu gehen. Es bestreitet auch keiner, dass die Programme gut sind, die wir aufgelegt haben. Die Kollegen Reißer und Büger haben es erwähnt: HEUREKA bringt bis 2020 3 Milliarden c in die Verbesserung der baulichen Infrastruktur der Hochschulen. Das Sonderinvestitionsprogramm des Landes und das vom Land kofinanzierte Konjunkturprogramm II des Bundes verstärken diese Mittel um 354 bzw. 187 Millionen c. LOEWE-Programm: unverändert 90 Millionen c. Weiterhin: 92 Millionen c zur Verbesserung der Struktur von Studium und Lehre als Ersatz für die Studienbeiträge. Dazu kommen am Ende noch Mittel für den Hochschulpakt 2020, mit dem Gelder dafür gegeben werden, dass neue Studienplätze geschaffen werden. Das Fördervolumen beträgt 300 Millionen c über die Laufzeit des Hochschulpakts 2011 bis 2015.

Wenn Sie das alles zusammennehmen, müssen Sie feststellen, den hessischen Hochschulen ist es finanziell nie besser gegangen als heute.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Da wird immer wieder gesagt, wir sparen bei den Hochschulen.– Die Hochschulen haben den letzten Pakt unterschrieben und haben mit ihrer Unterschrift unter den letzten Hochschulpakt, der bis Ende dieses Jahres geht, mitgetragen, dass die Einnahmen, die sie zugewiesen bekommen, an die Steuereinnahmen gekoppelt sind. Darin steht sinngemäß, wenn die Steuereinnahmen steigen, bekommen die Hochschulen 1,5 % mehr Einnahmen; wenn die Steuereinnahmen sinken, 1,5 % weniger. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Pacta sunt servanda. Drei Jahre waren gut, da haben sie 1,5 % mehr bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Zwei Jahre sind nicht gut, da werden jetzt 1,5 % eingefordert. Wir als Landesregierung fordern es jetzt ein, ganz normal nach Vertragslage, nicht mehr und nicht weniger. Wir fordern 30 Millionen c ein, nicht 34 Millionen c, die wir einfordern könnten. Insofern haben die Hochschulpräsidenten sehr genau gewusst, was auf sie zukommt, und konnten das auch berechnen. Sie haben aber anscheinend nicht daran geglaubt, dass wir es je vollziehen werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn jetzt dieser Betrag von 30 Millionen c an allen Hochschulen ein

gespart wird, dann sind das 2,2 %. Alle Hochschulen sehen am Ende bei diesen Summen in schwieriger Zeit dieses gute Angebot. Wir werden keinem anderen im Land fünf Jahre Planungssicherheit in dieser Höhe anbieten, nur den Hochschulen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Richtig!)

Ich will mit aller Deutlichkeit zurückweisen, dass die Hochschulen erpresst worden seien.Wir haben den Hochschulen dieses Angebot gemacht, und es lag an den Hochschulen, das Angebot anzunehmen.

(Lachen bei der SPD – Janine Wissler (DIE LINKE):Was wäre passiert, wenn sie es nicht angenommen hätten?)

Frau Wissler, dadurch, dass Sie schreien, wird es nicht besser.Sie sind am Ende selbst Haushaltsgesetzgeber,und Sie müssten inzwischen eigentlich wissen, wenn es keine Planungssicherheit gibt,dass das ganz normale Haushaltsrecht für jedes Jahr gilt. Das ganz normale Haushaltsrecht bedeutet, dass in jedem Haushalt für jede Hochschule der Betrag im Haushalt beschlossen werden muss und es keine Garantien gibt,keine Garantie nach unten und auch keine Garantie von 1,4 Milliarden c,wenn jedes Jahr Verhandlungen stattfinden. Das ist das ganz normale gesetzliche Verfahren.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Da es das ganz normale gesetzliche Verfahren ist, hat das auch überhaupt nichts mit Erpressung zu tun. Frau Wissler, wenn Sie von Erpressung reden, dann kann ich mir schon vorstellen, was Sie sich wünschen würden, wie man Hochschulen erpresst. Das ist Ihre Form der Autonomie: Hochschulen zu gängeln.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der LINKEN: Oh!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Hochschulen haben am Ende entschieden, dass es für sie eine echte Chance ist, Planungssicherheit zu haben, dass sie einen hohen Betrag von 1,4 Milliarden c garantiert bekommen und alle Programme, die wir in Millionenhöhe auflegen, weiter fortbestehen.

(Axel Wintermeyer (CDU): Genau so ist es!)

Ich will dazusagen, dass die Hochschulpräsidenten – auch wenn Sie glauben, man könnte das machen – viel zu selbstständig und viel zu intelligent sind, als dass sie sich von einer Landesregierung erpressen lassen würden. Auf der Pressekonferenz haben Herr Prof. Müller-Esterl, der Vertreter der Konferenz der hessischen Universitäten, und Herr Prof. Grabatin für die Fachhochschulen erklärt, dass dieser Pakt in dem, was garantiert wird, echte Chancen bietet.

(Axel Wintermeyer (CDU): So ist es!)

Aber man kann auch nicht verhehlen, dass es bei all den Steigerungen, die die Hochschulen in den letzten Jahren bekommen haben – seit 1999 hat es nämlich nur Steigerungen gegeben,

(Axel Wintermeyer (CDU): Richtig, 40 %!)

40 % Steigerung –, natürlich keine Freude auslöst, wenn auch einmal eine Absenkung kommt.Auch das muss man verstehen.