Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben schon am Dienstag trefflich über dieses Thema geredet. Ich will aber noch einmal den Versuch unternehmen, für unseren Gesetzentwurf zu werben. Ich glaube nämlich schon, dass wir als Hessischer Landtag eine Fürsorgepflicht haben, und zwar für die Menschen, die bereit sind, durch ihre Spende anderen Menschen zu helfen.
Dazu gehört, dass die Menschen, die Geld in die Hand nehmen und sagen, sie wollen durch ihre Spende einem gewissen Zweck dienen, sie wollen gewisse Dinge befördern, sie wollen, dass ihr Geld in Afrika oder an anderen Stellen eingesetzt wird, sichergehen können, dass das
Geld, das sie zur Verfügung stellen, dem Zweck zugeführt wird, für den es eingesammelt wird. Deshalb brauchen wir dieses Gesetz, und wir brauchen eine vernünftige Spendenaufsicht, die unseriöse Anbieter am Markt im Blick hat und dafür sorgt, dass denen, die hier unseriös handeln, das Handwerk gelegt wird.
Es wundert mich schon, dass Sie unserem Gesetzentwurf nicht nur nicht zustimmen wollen, sondern dass Sie auch das geltende Sammlungsgesetz auslaufen lassen. Ich appelliere noch einmal an Sie, sich das genau zu überlegen, weil ich glaube, dass wir eine gesetzliche Regelung brauchen.
Am Dienstag ist darüber schon trefflich geredet worden. Der Innenminister hat gesagt, es gebe hier überhaupt keine Probleme, es sei alles im Lot. Wenn jemand, der Geld gespendet habe, die Vermutung oder Beweise dafür habe, dass das Geld nicht dem zugesagten Zweck zugeführt werde, dann habe er ja die Möglichkeit, die Staatsanwaltschaft einzuschalten und strafrechtlich gegen die Schuldigen vorzugehen. – Ich glaube, das ist mit der Realität nicht in Einklang zu bringen. Sie glauben doch nicht, dass jemand, der 10 c für einen bestimmten Zweck spenden will und mitbekommt, dass sein Geld zweckentfremdet wird, zur Staatsanwaltschaft geht und für diesen Betrag die Staatsanwaltschaft in Gang setzt. Das wird nicht geschehen. Deshalb müssen wir als Gesetzgeber dafür sorgen, dass wir eine vernünftige und funktionierende Spendenaufsicht haben, um unseriösen Spendensammlern das Handwerk zu legen.
Es ist gesagt worden, das sei kein Problem. Nun hat uns die Realität aber wieder eingeholt. Wir haben am Dienstag hier über das Spendengesetz diskutiert; auch der Innenausschuss hat noch getagt.
Abends lief im Fernsehen eine Sendung, die „Frontal21“ heißt. In der Sendung „Frontal21“ wurde genau über solch eine unseriöse Organisation berichtet. Da gibt es eine Honorarkonsulin, eine Prinzessin, die sich auf dem Frankfurter Parkett bewegt und dort Spenden in nicht zu vernachlässigenden Größenordnungen einwirbt. Sie hat neulich eine Gala veranstaltet, bei der sie Spenden in Höhe von 80.000 c für ein Deutsch-Afrikanisches Jugendwerk eingeworben hat.
Wenn man den Namen hört, hat man zunächst einmal nicht den Eindruck, dass das unseriös ist. Aber auf Nachfragen der Reporter von „Frontal21“ hat sich herausgestellt, dass diese Organisation z. B. beim DZI, also beim Spenden-TÜV, überhaupt nicht bekannt ist.
Sie hat auf dieser Veranstaltung damit geworben, dass die Firma Audi einen Q 5 als Spende zur Verfügung gestellt habe. Auf Nachfrage hat sich herausgestellt, dass die Firma Audi dies mitnichten getan hat. Sie haben auch erklärt, dass sie mit dem Fußballklub Schalke 04 zusammenarbeiten würden. Auf Nachfrage hat Schalke 04 gesagt, dass es keinerlei Zusammenarbeit mit der Organisation Deutsch-Afrikanisches Jugendwerk gebe, ebenso wenig eine Sponsorenschaft.
Kein Mensch weiß, was mit diesen 80.000 c passiert. Das ist ein Beweis dafür, dass es eine gesetzliche Regelung geben muss. Man kann das nicht allein der Staatsanwaltschaft überlassen. Ich möchte aber wissen, ob die Staatsanwaltschaft in diesem Fall überhaupt schon ermittelt.
Ich glaube, wir brauchen eine landesweit tätige Spendenaufsicht, die sich solche Institutionen vornimmt und genau prüft, was mit dem Geld der Menschen passiert, das diese aus gutem Grund zur Verfügung gestellt haben.
Noch eine Frage, eine Petitesse am Rande, möchte ich beantwortet haben – die Frau Kultusministerin ist nicht anwesend; vielleicht kann es der Herr Staatssekretär machen –: Wenn Sie dem Bericht aus der Sendung „Frontal21“ nachgehen und sich die Internetseite dieser Organisation anschauen, sehen Sie, dass es unter dem Button „Sponsoren“ einen Link gibt, der zu der Seite führt, auf der die Sponsoren dieses Vereins aufgeführt werden. Neben dem Hinweis auf die Stadt Frankfurt finden Sie unter anderem auch das Logo der Hessischen Landesregierung, des Kultusministeriums.
Jetzt sage ich Ihnen einmal: Ein Mensch, der meint, dass sein Geld für einen solchen Zweck eingesetzt werden soll, geht auf diese Internetseite, klickt den Button „Sponsoren“ an und sieht, dass die Hessische Landesregierung ihr Logo zur Verfügung gestellt hat. Wenn sich dann herausstellt, dass die Organisation, die diese Gelder einwirbt, sehr dubios und sehr windig ist, haben wir ein Problem, das wir lösen müssen. Daran sehen Sie auch, dass die Hessische Landesregierung bei der Zurverfügungstellung ihrer Logos etwas sorgfältiger vorgehen sollte.
Schönen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Für die FDPFraktion hat sich Herr Kollege von Zech gemeldet. Bitte schön, Herr von Zech.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Rund 40.000 Hilfsorganisationen konkurrieren in Deutschland mit weiteren etwa 14.000 gemeinnützigen Stiftungen um Zuwendungen der Bürger. Gerade die Vorweihnachtszeit ist die Hochsaison für Spendensammler. Viele Organisationen erhalten in dieser Zeit mehr als die Hälfte ihrer Spendeneinnahmen. Insgesamt bringen die Deutschen jedes Jahr rund 2 Milliarden c an Spenden auf.
Doch welche Hilfsorganisationen sind seriös, und wie viel von dem gespendeten Geld kommt überhaupt an? Wie kann man sich gegen Abzocke schützen? Man kann sich davor schützen,indem man z.B.auf das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen – DZI – achtet, das die Seriosität von Spendensammlern prüft. Doch das DZI-Spendensiegel tragen nur rund 230 Organisationen.Allein diese Zahl zeigt, dass es da eine riesengroße Spannbreite gibt.
Herr Frömmrich, gerade Ihr Einwand, dass sich das Logo der Hessischen Landesregierung auf der Homepage der betreffenden Organisation befindet, zeigt doch, dass wir uns bei einem staatlichen Genehmigungsverfahren vorsehen müssen.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es geht nicht um Genehmigung, sondern es geht um Aufsicht!)
Wir müssen vorsichtig sein, weil die Organisationen dadurch ein Prädikat erhalten, das gar nicht überprüft werden kann. Das Einsammeln von Spenden kann vom Staat kaum wirksam kontrolliert werden. Die Genehmigung einer Sammlung führt dazu, dass sich die Spender in der fragwürdigen Sicherheit wiegen, ihre Spenden würden seriös und kostengünstig verwaltet und weitergeleitet. Eine solche Kontrolle kann aber keine Genehmigungsbehörde leisten.
Am 18. Juni 2009 haben wir das Vierte Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer und Änderung befristeter Rechtsvorschriften bei Enthaltung der LINKEN gemeinsam beschlossen: Drucks. 18/724 zu Drucks. 18/391.
Hierin war das Hessische Sammlungsgesetz nicht enthalten. Dies wurde sowohl in der ersten als auch in der zweiten Lesung von keinem Redner beanstandet. Wir haben die Gesetze, bei denen eine Verlängerung der Geltungsdauer anstand, evaluiert und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass das Hessische Sammlungsgesetz auslaufen soll, da im Rahmen des Bürokratieabbaus auch bei uns auf ein solches Gesetz verzichtet werden kann.
Das hat die rot-grüne Landesregierung in NordrheinWestfalen bereits im März 2003 erkannt und umgesetzt. Neun Bundesländer haben inzwischen keine Sammlungsgesetze mehr, sodass die Kontrollen erst bei konkreten Betrugsanzeigen einsetzen.
Die Sammlungsgesetze legen mit dem Erfordernis, eine Erlaubnis für Haus- und Straßensammlungen einzuholen und eine nachfolgende Überwachung durchzuführen, den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Sammlungsträgern Pflichten auf, die heute nicht mehr zeitgemäß erscheinen. Viele hessische Städte und Landkreise, darunter die Städte Frankfurt am Main und Darmstadt, haben sich ebenfalls für die Aufhebung des Gesetzes ausgesprochen.
Der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor betrügerischen Sammlungen kann auch nach Ablauf der Geltungsdauer des Sammlungsgesetzes gewährleistet werden. Betrügerisches Verwalten kann im Wege der Strafverfolgung sanktioniert werden. Gegen Sammlungen, die gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstoßen, können Polizei und Ordnungsbehörden einschreiten. Es besteht jederzeit die Möglichkeit, kostenlos Informationen beim Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen in Berlin – www.dzi.de – sowie beim Deutschen Spendenrat e.V. – www.spendenrat.de – einzuholen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr von Zech, ich glaube, Sie haben im Ansatz nicht verstanden, was mit dem Gesetzentwurf beabsichtigt ist. Hier geht es um die Möglichkeiten der Kontrolle. Der Fall
aus Frankfurt,den der Kollege Frömmrich geschildert hat, ist wirklich evident.Genau so etwas wollen wir nicht;denn damit werden viele Tausend ehrenamtliche Sammlerinnen und Sammler in Misskredit gebracht.
Deswegen muss man dem Handeln derjenigen, die für einen Missbrauch verantwortlich sind, einen Riegel vorschieben.
Im Übrigen muss der Vorschlag, das bei einer Stelle anzusiedeln – möglicherweise bei einem RP, haben wir gesagt –, nicht zwangsläufig zu mehr Bürokratie führen. Solange Sie den Landtag mit solch „bedeutenden“ Gesetzen wie dem Gesetz zur Neuorganisation des Hessischen Landgestüts Dillenburg beschäftigen, können Sie nicht ernsthaft behaupten, Sie betreiben einen Abbau der Bürokratie.
Es geht um die Frage, wie man mit den Geldern von Menschen umgeht, die für gute Zwecke spenden wollen. Deswegen ist Ihre Ablehnung völlig unverständlich und nicht nachvollziehbar.
Herr Innenminister, des Weiteren ist auch die Art des Umgangs bemerkenswert. CDU und FDP haben gesagt, wir benötigten ein solches Gesetz nicht mehr. Sie setzen sich zusammen, und dann sagen Sie als Innenminister: „Ich habe das geprüft“, stellen dem Landtag aber die Unterlagen nicht zur Verfügung.
Was für ein parlamentarisches Verfahren ist das? Wenn es Ihnen ernsthaft darum geht, Bürokratie abzubauen, sind wir an Ihrer Seite.Aber dann wollen wir wenigstens in diesen Prüfungsprozess eingebunden werden.
Herr Bouffier, Sie sind nicht nur Minister von FDP und CDU, sondern Sie sind Minister für das gesamte Land Hessen. Daher sollten Sie die Fraktionen in diesen Prozess einbeziehen. Aber das, was Sie machen, reiht sich nahtlos in Ihr System „Was scheren uns die Oppositionsfraktionen?“ ein.
Zusammenfassend: Dieser Gesetzentwurf der GRÜNEN ist sinnvoll, und er findet unsere Zustimmung. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Im Grunde genommen hat sich seit Dienstag absolut nichts Neues ergeben, abgesehen davon, dass am Dienstagabend diese – von mir aus anderen Gründen nicht gesehene – Fernsehsendung ausgestrahlt wurde. Das war der neue Aspekt.
Ich nehme das auf, was Sie eben erzählt haben: Da gibt es eine Fernsehsendung, und Sie fragen mich allen Ernstes, ob die Staatsanwaltschaft in diesem Fall schon ermittelt. „Dubios“ und „windig“ sei das, haben Sie gesagt. Woher wissen Sie das eigentlich alles? Jeden Tag werden Hunderte von Fernsehsendungen ausgestrahlt. Was wäre,
wenn wir die Welt danach beurteilten, dass irgendein Fernsehsender irgendetwas behauptet? Man muss demjenigen doch wenigstens eine Chance geben.