Protocol of the Session on November 18, 2009

wie wir am Ende viele weitere Hundert Projekte haben, die im Bau sind,wie wir 1.300 haben,die in Ausschreibung sind, und sonst was. Herr Schäfer-Gümbel, um das Jahr 2010 hat sich keine Regierung in Deutschland mehr als diese Landesregierung gekümmert. Deshalb verschonen Sie mich von solchen Diskussionen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Deswegen haben wir auch zugestimmt!)

Dann müssen Sie andere Reden halten.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Günter Ru- dolph (SPD): So überheblich!)

Aber eines bleibt doch richtig. Das Jahr 2010 ist ein Jahr, dessen Entwicklung wir nicht prognostizieren können, weil wir im Augenblick nicht einmal in der Lage sind, dieses Jahr in einer auch nur knappen Größenordnung vorherzusagen.

(Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Das gehört doch neben den Debatten, die wir führen, dazu.Ich finde es auch notwendig,dass man sich das in der Politik gegenseitig zugesteht.Wir haben Entwicklungen in dem Wirtschaftswachstum gehabt, in der Prognose im März prognostiziert bis zum Ende des Jahres. Die sind in einer Dimension falsch,die normalerweise noch nicht einmal das durchschnittliche Wachstum trifft.

Wir sind im März davon ausgegangen, dass wir bis zu 6 % Minus haben können. Klammer auf: Sie müssen nicht darüber schimpfen, weil das auch teilweise großkoalitionäre Politik war. – Fest steht, dass die Bundesrepublik Deutschland bis zum heutigen Tage in der Bewältigung der Krise das ökonomisch erfolgreichste Land in Europa und über Europa hinaus ist. Weiß der Himmel, was morgen ist.

Es weiß keiner, was im Jahre 2010 ist. Allein der Unterschied zwischen der Wirtschaftsprognose im März und der Wirtschaftsprognose im Oktober liegt irgendwo zwischen 1 und 1,5 %.Das macht für das Jahr 2012 – das spannendste Jahr in der Diskussion,die Sie mit uns führen,was in der Steuerpolitik geht oder nicht – allein beim Bund einen Unterschied in den Steuern von mehr als 10 Milliarden c aus: allein der Schätzungsunterschied zwischen März und Oktober Steuermehroder -mindereinnahmen beim Bund von 10 Milliarden c.

Insofern hat man eine grobe Vorstellung davon, dass vieles von dem, was Sie hier diskutieren, die spekulative Debatte ist: „Reicht das, geht das?“, und das auf eine vernünftige Weise zu machen und in Ruhe anzugucken ist wie das die Koalition gemacht hat.

Eines bleibt jedenfalls richtig:Das Jahr 2010 ist ein Jahr,in dem wir den Menschen sagen müssen, dass unsere politische Analyse, die Zahlen gehen wieder aufwärts, noch nicht bedeutet, dass alles in Ordnung ist. Das Jahr 2010 wird ein schwieriges Jahr, weil das Wirtschaftswachstum schon wieder kommt,aber die Arbeitslosigkeit noch unter Druck bleiben wird.

Wir sind übrigens in Hessen – das will ich zum Abschluss sagen – doch in einer Situation, wo man wenigstens einmal zwei Sekunden darauf verwenden könnte. Aber ich

respektiere, dass das nicht der Oppositionsführer machen muss. Deshalb mache ich das.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Welcher Oppositions- führer?)

Unsere wirtschaftliche Entwicklung in dieser Krise ist aufgrund der Struktur, die wir in diesem Land haben, so, dass wir den Bürgern sagen können, wir kommen durchaus erträglicher weg als andere. Wir haben bessere Startchancen. Wir sind in einer Situation, in der wir mit anderen Bundesländern im Wettbewerb stehen. Nehmen Sie einmal Baden-Württemberg mit in den bisher gerechneten Zahlen bis zum dritten Quartal mit einem Rückgang des Wirtschaftswachstums von 10 %.Wir haben nur 5 %,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was erzählt der denn da?)

obwohl wir eines der exportstärksten Länder der Bundesrepublik Deutschland sind. Das heißt, wir haben zunächst einmal – –

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Zahlen von Baden-Württemberg, die wollen Sie doch nicht für sich in Anspruch nehmen!)

Herr Kollege Al-Wazir, wissen Sie, ich finde, wir sollten das Selbstbewusstsein behalten, zu sagen: Es gibt drei Länder in der Bundesrepublik Deutschland,die miteinander in permanentem wirtschaftlichen Wettbewerb stehen. Das sind Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Wir liegen vorne.Wir haben das höchste Bruttosozialprodukt. Wir haben die höchste Exportrate. Wir haben die dynamischste Wirtschaft. In Hessen haben wir – Gott sei Dank – den größten Dienstleistungsanteil.

(Zurufe von der SPD)

Klammer auf: Wir sind in Wirtschaftskrisen auch sehr gefährdet,weil wir den höchsten Logistikanteil haben.Wenn bei uns der Frankfurter Flughafen herunter geht, hat das für das Wirtschaftswachstum deutlich mehr Bedeutung, als wenn der Flughafen in Stuttgart herunter geht. Deshalb ist an dieser Stelle unser Risiko bei internationalen Wirtschaftskrisen nicht kleiner, sondern nur anders.

Deshalb darf man hier sagen: Ja, wir kommen aus dieser Krise. Das nehme ich jetzt nicht als Regierungspolitik in Anspruch;das habe ich gar nicht gemacht.Aber wir haben in dieser Krise eine Ausgangsvoraussetzung,indem wir für die Menschen in unserem Land sagen müssen: Der Einkommensrückgang wird geringer sein, der Beschäftigungsrückgang ist geringer, und wir sehen im Augenblick, dass die Aufwärtsentwicklung bei uns schneller als woanders kommt.

Das sind Unterschiede, die die Welt nicht bewegen müssen.Aber sie geben uns eine Chance und eine Verantwortung, diesen Weg weiterzugehen, auch den Weg weiterzugehen, auf die nächsten Ideen zu setzen – Verkehrsinfrastruktur auf der einen Seite, wissenschaftliche Entwicklung auf der anderen. Dass wir jetzt ein Biotechnologiezentrum haben, dass wir gerade ein medizinisches Anwendungszentrum in Mittelhessen bauen, dass wir ein Metallanwendungszentrum in Nordhessen gebaut haben, dass wir uns mit einem Raumfahrtanwendungszentrum in Darmstadt beschäftigen und dass wir jetzt ein House of Logistics and Mobility in Frankfurt gerade am Verkehrsknotenpunkt haben, sind logische Elemente einer Entwicklung, den Menschen Arbeit und Zukunft zu geben. Aber ich lese bei Ihnen Streichungsanträge,was eben wieder zeigt, auf der Oppositionsseite kriegen wir ein solches

Zukunftsmodell nicht gebacken, sondern es ist eine Aufgabe dieser Regierung und dieser politischen Mehrheit, das zu machen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,wir sind an dieser Stelle in der Frage, die Herr Schäfer-Gümbel angesprochen hat – was die Leitlinien von Politik sind –, in der Tat nicht zusammen. Das ist auch nicht schlimm, denn dafür sind Sie Opposition und wir Regierung. Der Wähler hat entschieden, wie wir nicht zusammen sind, und nicht Sie und nicht wir, sondern andere, vor denen wir Respekt haben sollten. Der Wähler hat bei kaum einer Wahl in der Geschichte dieses Landes vorher so genau gewusst, wer mit wem warum was tun will,wie bei dieser Beauftragung. In diesem Wissen hat er CDU und FDP die größte Mehrheit gegeben, die wir je gemeinschaftlich gehabt haben. Die werden wir in Verantwortung miteinander wahrnehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD – Janine Wissler (DIE LINKE): Minus 12 % haben Sie bekommen!)

Zu dieser Verantwortung gehören das Wissen und die Kenntnis, dass wir einen nicht nur einfachen Weg gehen. Wir haben Jahre vor uns, die erfordern, dass wir bei Zielen und Projekten umsteuern und verändern, wie ich das Ihnen gerade beschrieben habe.

Herr Schäfer-Gümbel, es wäre eigentlich spannend, jetzt diese Debatte anzufangen. Sie haben so viel Zeit, bis Sie sich wieder um die Regierung bewerben können, dass es wirklich spannend wäre, die Debatte darum zu führen: Wie steuern wir das Land um? Wie nehmen wir den Leuten nicht nur mehr Geld für die alte Politik ab, sondern wie machen wir eine neue Politik, die den Menschen Zukunftsperspektive, Freiheit und Eigenverantwortung gibt?

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Das lohnt sich, und darum wollen wir uns in Zukunft bemühen. – Vielen herzlichen Dank.

(Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Das war keine Sternstunde!)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident Koch. – Als Nächster spricht Herr Al-Wazir, Fraktionsvorsitzender vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Obwohl diese Regierung, diese Regierungskoalition erst seit zehn Monaten im Amt ist, haben wir jetzt schon die zweite Generaldebatte zum Haushalt.

Ich glaube, nach zehn Monaten Schwarz-Gelb in Hessen und nach sechs Wochen Schwarz-Gelb im Bund kann durchaus festgestellt werden – und wenn Sie ehrlich wären, müssten Sie das auch zugeben –, dass entgegen einem landläufigen Bonmot diesem Anfang keinerlei Zauber innewohnte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielmehr erleben wir ein sehr merkwürdiges Gefühl des „Weiter so“. Herr Ministerpräsident, dafür, dass Sie am Anfang Ihrer Rede dem Kollegen Schäfer-Gümbel vorgeworfen haben, er rede nur über die Vergangenheit, haben Sie in Ihrer Rede eben erstaunlich wenig über die Zukunft gesagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Thorsten Schäfer- Gümbel (SPD): Eigentlich hat er dazu gar nichts geredet! – Zuruf der Ministerin Silke Lautenschläger)

Herr Koch, dort, wo Sie über die Zukunft geredet haben – Stichworte: Haushaltsstruktur, Kommunaler Finanzausgleich, Dienstrechtsreform –, haben Sie in der Realität noch gar nichts anzubieten, sondern dort haben Sie – vielleicht auch aus gutem Grund – Ihre Verantwortung auf überparteiliche Gremien abgegeben, Stichwort: Nachhaltigkeitskonferenz. Das muss nicht immer falsch sein.Aber wenn man die anderen so sehr beschimpft, sie hätten nichts auf der Pfanne, dann muss man sich irgendwann einmal selbst die Frage gefallen lassen, wer hier jetzt eigentlich seit zehn Jahren und sechs Monaten regiert. Herr Ministerpräsident, das sind doch Sie.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich finde es herzallerliebst, wenn Sie sagen, wir sollen einmal in andere, etwas kleinere Bundesländer schauen, um zu sehen, was dort alles möglich wäre, wenn GRÜNE mit anderen Parteien regieren. Ich finde das deshalb herzallerliebst, weil ich allen von CDU und FDP hier und auch der Hessischen Landesregierung empfehle, den Koalitionsvertrag im Saarland einmal zu lesen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das hätten Sie hier auch haben können!)

Herr Wagner, das ist die spannende Frage: ob wir das hier auch hätten haben können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU und des Abg.Wolfgang Grei- lich (FDP))

Das ist die spannende Frage.

(Zurufe)

Ganz ruhig. – Ein Koalitionsvertrag, in dem drinsteht: keine neuen Kohle-Großkraftwerke? – Ich warte auf Ihren Applaus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Ein Koalitionsvertrag, in dem steht: Ja zum Atomausstieg? – Wo ist Ihr Applaus?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))