Protocol of the Session on November 18, 2009

Zweitens schlägt die LINKE vor, die Förderung von Privatisierungen sowie die Privatisierung im Landesdienst endlich einzustellen und die Kommunen dort zu beraten, wo sie auf der Grundlage der Rekommunalisierung selbst in sinnvolle Wirtschaftstätigkeiten einsteigen können und wollen.Es kann nicht sein,dass das Land Hessen den Ausverkauf öffentlichen Eigentums auch noch mit über 5 Millionen c pro Jahr fördert.

Die LINKE will diesen Prozess umkehren. Sie will, dass nicht länger internationale Finanzinvestoren, sondern stattdessen regionale Wirtschaftskreisläufe, das heimische Handwerk und die Menschen vor Ort gestärkt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Um zu zeigen, was das konkret bedeutet, nehme ich ein Beispiel aus dem Energiesektor: In Deutschland, also auch in Hessen, gibt es bereits viele Beispiele dafür, dass Einwohner und Kommunen ihre Energieversorgung mit unterschiedlichen Modellen – vorwiegend über regenerative Energiegewinnung – wieder in die eigene Hand nehmen wollen. Die Vorteile bestehen darin, dass die regionale Wertschöpfung bei Arbeitsplätzen und Steuern finanzielle Spielräume für die Kommunen bringt. Die wohnortnahe flexible Versorgung mindert Kosten und Verluste, und die erneuerbaren Energien bringen Unabhängigkeit von langfristigen Preissteigerungen insbesondere bei fossilen Energieträgern.

(Beifall bei der LINKEN)

Nicht zuletzt werden mit dem Einsatz regenerativer Rohstoffe immense Zukunftsrisiken vermieden.

Vor diesem Hintergrund schlagen wir vor, dass das Land Hessen die nachhaltige, dezentrale, ökonomisch und gesellschaftlich sinnvolle Rekommunalisierung der Energieversorgung unterstützt. Die Zuschüsse und Beratungstätigkeiten für PPP-Projekte sollen gänzlich eingestellt werden.Stattdessen soll eine Koordinationsstelle Rekommunalisierung eingerichtet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens möchte ich wieder einmal auf das Thema Rechtsextremismus hinweisen, wie es auch meine Vorrednerinnen und Vorredner zum Teil gemacht haben.

(Holger Bellino (CDU): Können Sie auch etwas zum Linksextremismus sagen?)

Herr Bellino, das machen Sie doch schon. Das haben Sie heute irgendwie verpasst. Hat Ihnen etwas gefehlt? Ja, genau.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Habt ihr eine Arbeitsteilung?)

Seit ich dem Hessischen Landtag angehöre, führen wir diese Debatte immer wieder, ohne dass es dabei auch nur einen einzigen wesentlichen Schritt vorangegangen wäre. Das ist beschämend. Allein in den letzten eineinhalb Jahren ist über ein Dutzend Menschen durch neofaschistisch motivierte Gewalt, die auf das Konto der Freien Kräfte Schwalm-Eder geht, zum Teil schwer verletzt worden. Die Medien,diverse Gutachter,betroffene Bürgermeister und Landräte berichten von alarmierenden Zuständen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass Nazis zur Normalität gehören.

Wann endlich wird die Landesregierung begreifen, dass sie sich nicht länger hinter ihren Statistiken und der Arbeit des Geheimdienstes verstecken kann?

(Beifall bei der LINKEN – Holger Bellino (CDU): Verfassungsschutz heißt das!)

Wir müssen den Kampf gegen rechts ernst nehmen. Wir müssen gesellschaftlich gegensteuern, indem wir die vorhandenen zivilen Netzwerke und die Jugendarbeit stärken und ausbauen.

Mit dem Verfassungsschutz schaffen Sie all das nicht. Im Gegenteil, die Diskussionen werden im Geheimen geführt. Es wird im Geheimen analysiert, statt das Thema in die Gesellschaft zu bringen. Der Verfassungsschutz kann keinem einzigen Jugendlichen den Weg zurück in die Gesellschaft ebenen. Mir hat sich bis heute nicht erschlossen, was die Aufstockung der Mittel des Verfassungsschutzes um über ein Drittel seit 2006 überhaupt bewirkt hat.

Wir fordern daher in unserem Änderungsantrag, dass die Mittel für den Verfassungsschutz auf das Niveau von 2006 zurückgefahren werden, um die frei werdenden Mittel für Vereine und Projekte einzusetzen, die sich der Jugendausund -weiterbildung, der Förderung interkultureller Begegnung und dem zivilgesellschaftlichen Engagement gegen Rechts widmen. Das soll ganz bewusst nicht dem LKA unterstellt werden, sondern es sollen zivile Träger sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit der Beschreibung dieser drei Schwerpunkte aus unseren Anträgen habe ich versucht, die Themenauswahl für eine andere Innenpolitik darzustellen, die deutlich macht: Ein Ende des Personalabbaus und der Privatisierung sowie der Kampf gegen Neofaschismus sind dringend geboten und möglich. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Schönen Dank, Herr Schaus. – Für die Landesregierung hat jetzt der Herr Innenminister das Wort.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Hessen gehört zu den sichersten Bundesländern in Deutschland. Darüber sind wir froh. Ich bin all denjenigen dankbar, die diese Arbeit leisten. Namens der Landesregierung be

danke ich mich insbesondere auch bei den Fraktionen der CDU und der FDP dafür, dass sie das Thema Sicherheit – das mehr umfasst als nur die innere Sicherheit – zur Priorität erhoben haben und uns auch im kommenden Haushaltsjahr die Chance geben, noch besser zu werden. Ich halte das auch für notwendig.

Herr Kollege Frömmrich, ich bin wie Sie der Auffassung, dass wir nicht jedes Jahr die alten Rituale zu wiederholen brauchen. Ich bedanke mich ausdrücklich bei Ihnen, dass Sie anerkannt haben, dass wir erfolgreich arbeiten. Wir sind nicht ohne Sorgen, das ist völlig klar. Aber das, was gut läuft, sollte man erwähnen.

Frau Kollegin Faeser, deswegen sage ich: Wir liegen in Deutschland stabil auf dem viertbesten Platz, was die Erfolge bei der Kriminalitätsbekämpfung angeht. Das war nicht immer so. Ich bin sehr stolz darauf, dass es in den letzten zehn Jahren gelungen ist, hier deutlich nach vorne zu kommen. Wir haben die Aufklärungsquote jedes Jahr steigern können. Ich erinnere mich, dass wir in diesem Lande lange Zeit ganz hinten waren, was dieses Thema betraf.

Wir haben die erfasste Kriminalität zurückdrängen können, obwohl wir eine ganze Reihe neuer Fahndungsmaßnahmen eingeführt haben, die in der Regel in diesem Hause sehr streitig waren.Wir haben in sehr sensiblen Bereichen hervorragende Zahlen. Das macht uns zwar stolz, aber es ist für uns kein Grund, dass wir uns zurücklehnen. Wir stehen vor Herausforderungen, die uns in der Zukunft in ganz besonderer Weise beanspruchen werden.

Dazu müssen wir das richtige Gerüst haben. Dazu brauchen wir eine gute Ausbildung. Dazu brauchen wir eine gute Bezahlung, eine gute Technik, und wir brauchen eine klare Strategie und eine politische Priorität.

(Nancy Faeser (SPD): Genügend Personal!)

Dass die politische Priorität bei der inneren Sicherheit liegt, hat diese Landesregierung, getragen von den Fraktionen der CDU und der FDP, immer wieder unterstrichen. Das finden Sie auch in diesem Haushaltsplanentwurf.

(Nancy Faeser (SPD): Eben nicht!)

Die Kollegen Bellino und Greilich haben darauf hingewiesen. Den ganzen Vormittag über – die Debatte habe ich verfolgt – ging es um die spannende Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

(Nancy Faeser (SPD): Sie haben Stellen abgebaut!)

Sie haben sich darüber unterhalten, ob und wo mehr Geld ausgegeben werden kann und wo gespart werden soll. Ich habe die mehrstündige Diskussion verfolgt. Interessant war für mich, dass die innere Sicherheit – mit Ausnahme des Kollegen Dr.Wagner – von niemandem angesprochen wurde.

(Nancy Faeser (SPD): Das stimmt nicht!)

Das zeigt doch, dass der Kurs, den wir hier fahren, und die Arbeit, die wir machen, auch aus der Sicht der Opposition im Großen und Ganzen in Ordnung sind. Das, was wir hier hören, sind doch oppositionelle Pflichtübungen.

(Petra Fuhrmann (SPD):Wer zuhören kann, ist immer im Vorteil!)

Deswegen noch einmal zum Mitschreiben: Da wir auf dem vierten Platz in Deutschland liegen und noch besser werden wollen, investieren wir erneut in all die Bereiche,

die ich genannt habe. Wir investieren auch – aus Zeitgründen muss ich mich sehr kurz fassen – in das Personal.

Wir werden in den nächsten drei Jahren netto etwa 500 Polizeivollzugsbedienstete mehr haben als im letzten Jahr. Das ist ganz einfach: Nehmen Sie die 500 Bediensteten, die wir – nicht erstmalig, sondern kontinuierlich – einstellen, und schauen Sie es sich dann an.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Erst seit 2009!)

Das ist nicht wahr, Herr Kollege. Sie müssen genau hinschauen. Schon 2008 haben wir damit angefangen. Aber das ist nicht entscheidend. Ich kann Ihnen die Zahlen hier alle herunterbeten. Entscheidend ist, wie viele in den Ruhestand gehen und wie viele hinzukommen.

(Nancy Faeser (SPD): Ja, genau!)

Nach allem, was ich sehe, werden wir in den Jahren 2012 bis 2013 netto 500 Bedienstete mehr haben.

Wenn Sie die 150 Wachpolizisten noch hinzunehmen, dann werden Sie sehen, dass wir dort einen Schwerpunkt gesetzt haben. Wenn Sie die 30 Spezialistenstellen hinzunehmen, dann sehen Sie, dass wir dort einen Schwerpunkt gesetzt haben.

(Nancy Faeser (SPD): Nein!)

Frau Kollegin Faeser, das will ich nur ganz kurz für Sie sagen. Sie hätten Gelegenheit gehabt, das zu erfragen. Ich will das hier im Plenum noch einmal kurz erwähnen.

Die Stellen, die wir gestrichen haben, sind z. B.Altersteilzeitstellen. Das sind allein 82 Leerstellen. 45 Stellen sind von den anderen. Wenn Sie das zusammenzählen, erkennen Sie, dass da kaum noch etwas übrig bleibt.

Wir diskutieren seit vielen Jahren über die spannende Frage, wie viele Stellen da sind. Unser Ziel ist es – das ist auch Gegenstand der Koalitionsvereinbarung –, die Polizei nachhaltig in ihrem Bestand zu erhalten und zu stärken, und zwar auch und gerade dann, wenn Einsparbemühungen unumgänglich sind. Darin liegt der Schwerpunkt dieser Politik. Der ist auch richtig.

(Nancy Faeser (SPD): Das ist nicht wahr!)

Frau Kollegin Faeser, wir haben im Gegensatz zu allen Regierungen von Rot und Grün auch mit diesem Haushaltsentwurf deutlich gemacht, dass wir differenzieren und Prioritäten setzen.Wir werden nicht überall erhöhen. Aber wir werden hier erhöhen. Das ist auch richtig so.