Protocol of the Session on October 8, 2009

Vielen Dank, Herr Präsident, das ist auf die Sekunde. Das ist ordentliche Buchführung. Ich bin sofort fertig.

Zum Abschluss.Von der Herbert-Quandt-Stiftung gibt es eine lange Schriftenreihe über die Frage „Trialog der Religionen“. Man kann vieles von dem, was in den letzten Wochen diskutiert und an Vorwürfen zwischen den beteiligten Preisträgern in der Öffentlichkeit formuliert worden ist, in diesen Büchern finden. Denn das ist nichts Neues. Das sind „lang gehegte“ Probleme, die diese Religionen miteinander haben.Deshalb glaube ich,wir sollten das Thema nicht heute beenden, sondern wir sollten es weiterführen und für einen gemeinsamen Dialog in die

sem Hause werben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Danke, Herr Rentsch. – Für die Landesregierung wird Frau Staatsministerin Kühne-Hörmann jetzt das Wort ergreifen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da sich Parlament und Fachausschuss in den letzten Wochen bereits eingehend mit der Verleihung des Hessischen Kulturpreises beschäftigt haben, erschließt sich nicht, weshalb wir heute erneut darüber diskutieren, zumal – Herr Grumbach, Sie haben es gesagt – der Kulturpreis jetzt an alle vier Preisträger verliehen werden wird. Ich behaupte, es geht Ihnen an dieser Stelle nicht um die Sache, sondern um Nebensächlichkeiten. Herr Müller hat es schon gesagt: Es werden Verdachtsmomente konstruiert,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Dann räumen Sie sie doch aus!)

ohne konkrete Anhaltspunkte,allein um den Ministerpräsidenten zu beschädigen. Ich finde, das ist nicht redlich. Das ist weder dem Preis noch den Preisträgern und schon gar nicht der Sache angemessen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

In der Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst am 3. Juni dieses Jahres ist der Dringliche Berichtsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantwortet und ausführlich diskutiert worden. Ein weiterer Antrag der Fraktion der GRÜNEN mit Datum vom 9. Juni ist in der Plenarsitzung des Hessischen Landtags am 18.Juni ebenfalls ausführlich debattiert worden.In der Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst ebenso wie im Landtagsplenum ist vonseiten der Landesregierung ausführlich Stellung genommen worden. Es gibt seitdem keinen neuen Sachverhalt.

Dem von den antragstellenden Fraktionen vorgelegten Antrag vom 8. September muss vorausgeschickt werden, dass das Kuratorium des Hessischen Kulturpreises auf Vorschlag des Hessischen Ministerpräsidenten am 3. September – Frau Sorge, ich sage es jetzt noch einmal – einstimmig beschlossen hat, dass die vier genannten Personen den Hessischen Kulturpreis erhalten. Es hat in diesen Sitzungen keinerlei Gegenvotierung gegeben. Jedenfalls hat keiner gesagt, dass es so war. Ich darf diesbezüglich aus der Presseinformation der Hessischen Landesregierung vom 3. September zitieren:

Das Kuratorium sieht sich auch durch die Schwierigkeiten der letzten Monate bestärkt darin, mit der Verleihung des Kulturpreises für die Notwendigkeit eines verständnisvollen Umgangs der Religionen miteinander auf der Basis gemeinsamer kultureller Werte einzutreten. Das sei offenkundig, jedenfalls noch, nicht ohne Spannungen möglich. Umso mehr seien die Mitglieder des Kuratoriums erfreut darüber, dass es nunmehr doch wie erhofft zu einer gemeinsamen Verleihung des Kulturpreises an Salo

mon Korn, Karl Kardinal Lehmann, Peter Steinacker und Navid Kermani komme.

Dem gibt es aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen. Ich habe bereits am 18. Juni im Landtag zum Ausdruck gebracht, dass all jene ein gemeinsames Gespräch zwischen Salomon Korn, Karl Kardinal Lehmann, Peter Steinacker und Navid Kermani begrüßen müssen, die ein wirkliches Interesse am Kulturpreis haben. Dieses Gespräch hat stattgefunden und hat zu einem überzeugenden Ergebnis geführt. Das wird hier im Hause keiner bestreiten.

Herr Grumbach, wenn Sie sagen, das Kuratorium sollte mehr Autonomie und Selbstständigkeit erhalten: Das Kuratorium hat in diesem Verfahren und den Gesprächen genau diesen Weg beschritten,der zum Erfolg geführt hat, und hat sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Dieser Erfolg spricht für sich. Insofern finde ich, das tut dem Kuratorium auch gut.

Ich will noch an etwas anknüpfen, was Herr Rolf Müller eben gesagt hat: Ein produktives Scheitern ist nichts Schlimmes. – In diesem Sinne freue ich mich, dass diese vier den Dialog so hinbekommen haben und dass der Kulturpreis an alle vier vergeben wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach dem, was ich ausgeführt habe, sehe ich keinen Anlass, dass sich der Ministerpräsident entschuldigen müsste.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Als Nächster hat sich Herr Grumbach für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Nach der Rede der Ministerin stehen Ihnen fünf Minuten Redezeit zur Verfügung.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist ganz spannend, wie wir das hier dargestellt bekommen. Der Punkt ist doch relativ einfach. Produktives Scheitern wäre gewesen: Der Kulturpreis wäre verliehen worden, es hätte ein Problem mit den Preisträgern gegeben, und die Preisträger hätten das Problem selbst gelöst. Das ist der Anfang und das Ende der Geschichte. Das ist doch völlig in Ordnung. Aber das ist nicht das Problem der Landesregierung.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Genau!)

Es gibt zwei Ebenen, wo ich glaube, dass die Debatte hart durcheinandergeht. Ich will beide deutlich machen, eine im Anschluss an heute Morgen. Wenn Herr Rentsch hier sagt, es sei eine kluge Idee der Landesregierung, einen Dialog zwischen Religionen zu organisieren, dann sage ich: Die Landesregierung vergreift sich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist ganz klar Eigenschaft der Religionen, dass es ihre eigene Sache ist, mit wem sie reden, wie sie reden und sonst wie. Politik hat in diesem Bereich nichts zu tun. Hier sind Sie in der Denkweise einem Irrtum aufgesessen. Ich glaube, dass wir an der Stelle klarmachen müssen: Politik hat dort nichts zu suchen, Politik ist kein Schiedsrichter zwischen Religionen. – Genau das war der Fehler in der Debatte über den Kulturpreis.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Der zweite Punkt ist: Keine Entschuldigung finde ich nicht akzeptabel. Ja, das Schicksal ist so gnädig, Herr Kermani hat keinen großen Schaden davongetragen, die Landesregierung hat einen Schaden davongetragen. Das ist richtig so.

Dennoch gehört es zu den Selbstverständlichkeiten.Wenn man einem hoch angesehenen Menschen sozusagen abspricht, dass er in der Lage ist, die Kriterien eines Preises zu erfüllen, bei dem es um hohe kulturelle Leistungen geht, wenn man das dezidiert öffentlich erklärt, dann ist es, wenn man feststellt, dass das falsch war, angemessen, zu sagen: Es tut mir leid, und ich korrigiere das. – Das ist die Pflicht des Ministerpräsidenten, und dabei bleibe ich.

(Beifall bei der SPD)

Der letzte Punkt.Es geht nicht um Schuld,es geht um Verantwortung. Ich komme auf die Aufklärung zurück; denn sie ist keine Entwicklung, die in der Zeit einer Demokratie entstanden ist, sondern in einer Zeit ganz anderer Regierungsformen. Das Spannende ist aber, dass zur gleichen Zeit, als die Debatte über die Aufklärung in Deutschland geführt wurde, ein Monarch im größten deutschen Königreich, in Preußen, entschieden hat, dass es für die Gerechtigkeit besser ist, wenn es einen Gerichtshof gibt, der über ihm steht und ihn gleich behandelt wie jeden anderen Bürger.

Jeder andere Bürger, jeder Vereinsvorsitzende, jeder Parteivorsitzende wäre moralisch verpflichtet gewesen, sich bei Herrn Kermani zu entschuldigen. Der Ministerpräsident des Landes Hessen fühlt sich in dieser Frage über diesen Verpflichtungen. An der Stelle fordere ich schlicht Gleichbehandlung und Gleichstellung ein. Wer Ministerpräsident ist, unterliegt den gleichen Regeln wie jeder Bürger dieses Landes.Bitte schön,wenn wir uns für solche Sachen entschuldigen, dann bitte auch der Ministerpräsident. Das aus der Welt zu reden verdirbt die Sitten ein bisschen.

Es gibt kein ungleiches Recht, sondern es gibt gleiches Recht für alle. Das macht den Punkt zu einem Politikum. Denn in der Tat wird hier versucht, so zu tun, als gebe es Menschen, für die andere Maßstäbe gelten. Wir fordern die gleichen Maßstäbe ein, egal welcher Religion jemand angehört, egal welche gesellschaftliche Stellung er hat, egal welche politische Stellung er hat.– Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Danke, Herr Grumbach. – Als Nächste hat sich Frau Sorge zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich will noch einmal kurz sagen, warum ich finde, dass der Ministerpräsident sich entschuldigen muss.

(Zuruf des Abg. Hugo Klein (Freigericht) (CDU) – Gegenruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Gehen Sie nach vorne, und sagen Sie öffentlich, was Sie stört!)

Wir haben es zum einen mit dem Eklat rund um die Preisverleihung zu tun. Aber wir haben es vor allem mit einer Reihe von Ungereimtheiten und einer Reihe von Abläufen zu tun, die nach wie vor nicht geklärt sind und wo sowohl die Wissenschaftsministerin – sie hat gerade selbst

aufgezählt, wo überall wir die Debatte schon hatten – als auch Roland Koch die ganze Zeit zu den Vorgängen geschwiegen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich will aufzählen, was im Raume steht. Wir haben einen Ministerpräsidenten, der den Eindruck erweckt, dass Herr Lehmann ihn zu dieser Aberkennung des Preises in irgendeiner Form gedrängt habe, sage ich einmal. Herr Lehmann hat presseöffentlich ganz deutlich gesagt, dass dies nicht der Fall war. Das heißt, dies ist das Problem Nummer eins, wo wir eine Aufklärung brauchen.

Das Problem Nummer zwei ist: Der Ministerpräsident hat behauptet, Navid Kermani habe von der Aberkennung des Preises vorab erfahren. Navid Kermani selbst behauptet, er habe es durch den „FAZ“-Artikel erfahren. Hier ist das zweite Problem, wo die Staatskanzlei irgendetwas behauptet, aber andere Behauptungen im Raume stehen. Ich finde, es ist unser politischer Auftrag, hier zumindest zu klären zu versuchen, wie es genau gewesen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Axel Wintermeyer (CDU):Wenn Sie nichts Wichtigeres zu tun haben! – Hugo Klein (Freigericht) (CDU): Untersuchungsausschuss!)

Das Dritte ist das, was ich eben zitiert habe. Es ist immer wieder behauptet worden, die Ministerin hat es in der öffentlichen Sitzung des Wissenschaftsausschusses gesagt, und es ist auch in der Presseerklärung der Staatskanzlei gesagt worden,dass das Kuratorium die Aberkennung des Preises einstimmig beschlossen habe.Auch hier hören wir immer wieder Stimmen, die sagen, das sei überhaupt nicht so gewesen, und in der Presseerklärung der Staatskanzlei stehe nicht das Richtige.Auch das ist ein Punkt,wo wir auf jeden Fall als Parlamentarier oder als Öffentlichkeit das Recht haben, zu erfahren, wie es genau gewesen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Frau Ministerin, dass Sie hier nach wie vor schweigen, das ist alles andere als die Größe, die eigentlich angemessen wäre für dieses Verfahren, wo wir jetzt die Situation haben, dass die Preisträger selbst, ohne Initiative der Staatskanzlei, von alleine den Versuch gewagt haben, sich zu einigen, sich zusammengesetzt haben und diese Einigung auch hergestellt haben. Die Landesregierung und das Kuratorium haben daran überhaupt keinen Anteil.

Worauf ich auch noch einmal eingehen möchte: warum der Ministerpräsident sich persönlich entschuldigen muss.

(Frank Lortz (CDU): Na, na, na! – Hugo Klein (Freigericht) und Axel Wintermeyer (CDU): Wir warten auf Ihre Entschuldigung!)

Herr Wintermeyer, ich wüsste nicht, wofür ich mich in diesem ganzen Verfahren entschuldigen sollte.

(Leif Blum (FDP): Ich schreibe es Ihnen!)

Im Gegenteil, ich habe immer versucht, zu vermitteln und für Aufklärung zu sorgen und dafür, dass diese Entschuldigung passiert, damit der Schaden, den das Land Hessen durch diesen Eklat beim Kulturpreis erlitten hat, vom Land abgewiesen wird. Ich wüsste nicht, warum ich mich entschuldigen sollte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Axel Wintermeyer (CDU): Wegen gestern!)

Ich wollte noch einmal sagen, warum ich diese Entschuldigung auch symbolisch für wichtig halte.Zum einen halte ich sie menschlich für wichtig, insbesondere gegenüber Navid Kermani, aber auch gegenüber Herrn Dr. Reichert oder Herrn Prof. Lehmann. Ich halte sie auch symbolisch für wichtig, weil Herr Kermani hier nicht nur als Person, sondern stellvertretend auch für eine Religionsrichtung steht, die eine Minderheitenreligion in diesem Lande ist, aber wo der Anschein erweckt wurde, dass diese nicht die gleichen Rechte habe wie andere Religionen. Dieser Vorwurf einer Ungleichbehandlung steht im Raume.Sich hier symbolisch für alle Musliminnen und Muslime in diesem Land, die sich durch diesen Eklat verletzt gefühlt haben, bei Navid Kermani zu entschuldigen, das, finde ich, ist das Mindeste, was die Gesellschaft verlangen kann. – Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU)