Protocol of the Session on September 16, 2009

Lassen Sie mich abschließend kurz etwas zum Steuersystem sagen. Rot und Grün haben sich Zahlen bedient, die sie aus dem Bundesfinanzministerium berechnet bekommen haben. Der Kollege Steinbrück, der auch im Wahlkampf ist,hat die Steuervorschläge von CDU und FDP einer sehr sachlichen Bewertung unterzogen und kam auf viel höhere Steuerausfälle, als es CDU und FDP berechnet haben.Allein das ist schon bezeichnend.

Wir haben bewusst gesagt, das soll in mehreren Stufen geschehen. Meine Damen und Herren der Opposition, im Moment versuchen Sie, durch eine Debatte über Steuererhöhungen die Gerechtigkeitsfrage zu diskutieren. Anders als Sie sagen wir: Die Gerechtigkeit fängt dann an, wenn ein einfaches Steuersystem existiert, das jeder Mensch versteht und das einfache, niedrige und gerechte Steuersätze hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Zur Ehrlichkeit in der Debatte gehört auch dazu, dass alle Beteiligten von Anfang an gesagt haben:Wir versprechen das nicht ins Blaue hinein, wir wollen den Bürgern ein Drittel der Steuermehreinnahmen der künftigen Jahre zurückgeben. Es geht also um ein Drittel der Steuermehreinnahmen und um nichts anderes.

Die Senkung des Steuereingangssatzes von 14 % auf 12 % wäre ein Akt der Gerechtigkeit. Genauso wäre es ein Akt der Gerechtigkeit, den Spitzensteuersatz nicht ab 52.000 c anzusetzen, also mitten in den Einkommen des Mittelstandes, des Facharbeiters, sondern bei 60.000 c. Das ist finanzierbar. Da sind wir sehr nahe bei dem, was die FDP gesagt hat.Diese Ausgaben würden wenige Milliarden c kosten und würden viele Milliarden c neue Steuereinnahmen erbringen. Außerdem würde das die Wirtschaft zum Wachsen bringen. Das wäre ein Akt der Gerechtigkeit.Jemand,der ein mittleres Einkommen hat und eine Lohnerhöhung von 100 c bekommt, soll nicht 90 c davon abgezogen bekommen. Vielmehr sollte er von seinem Geld etwas behalten können. Das sollte auch den Sozialdemokraten etwas wert sein.

(Beifall bei der CDU – Torsten Warnecke (SPD): 90 c bei einem Facharbeiter,das müssen Sie einmal vorrechnen!)

Meine Damen und Herren, Sie sollten sich das einmal anschauen. Die Änderung bei der Absetzbarkeit der Sozialversicherungsbeiträge wird das Land Hessen im nächsten Jahr allein rund 300 Millionen c bis 400 Millionen c kosten, ohne dass wir auch nur in Höhe eines Euros darauf Einfluss nehmen könnten. Wenn Sie sich das ansehen, dann wissen Sie, in welchem Umfeld wir im Moment Haushaltspolitik machen müssen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann wollt ihr noch weiter Steuern senken!)

Wir reden über ein Drittel der Steuerzuwächse, die wir den Bürgern in einem ganz speziellen Segment zurückgeben wollen,was absolut richtig wäre.Niemand von uns hat flächendeckende Steuersenkungen versprochen.

Wir haben uns in diesem Umfeld aber von Ihnen ein paar Stunden lang beschimpfen und sagen lassen müssen, wir hätten immer nur die Ausgaben gesteigert und nichts dafür getan. Ich werde nicht müde, daran zu erinnern, wie die Mitglieder dieser CDU-Fraktion im Jahr 2004 zusammengestanden haben, als es darum ging, 1 Milliarde c aus dem Landeshaushalt herauszustreichen. Da waren Sie nicht dabei. Das waren wir.

Für unseren Konsolidierungskurs haben wir in den nächsten Jahren die Unterstützung der FDP. Ich bin wirklich stolz auf diese beiden Fraktionen, die eine kluge Haushaltspolitik zum Wohle dieses Landes machen. – Meine Damen und Herren, herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abg. Kaufmann das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Kollege Milde, ich sage das jetzt zum Mitschreiben. Nehmen Sie sich Papier und Bleistift und schreiben das auf.

(Axel Wintermeyer (CDU): Oberlehrer!)

Der Länderfinanzausgleich besteht aus drei wesentlichen Teilen. Beim ersten Teil geht es um den Ausgleich zwischen den Ländern. Da geht es nach den Steuereinnahmen pro Kopf.Wenn Hessen da vorne steht, steht es nach

dem Ausgleich an derselben Stelle. Da gibt es hinsichtlich der Einnahmen keine Verschiebung in den Rängen.

Dann gibt es den zweiten Teil. Das sind die Bundesergänzungszuweisungen. Danach befinden sich die Länder immer noch in derselben Reihenfolge.

Dann gibt es noch einen dritten Teil. Das sind die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen, die sogenannten SoBEZ. Nach der Verteilung der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen ist die Finanzkraftreihenfolge etwas durcheinandergebracht. Denn dort rücken z. B. sehr kleine Länder nach vorne,weil sie z.B.vom Bund die Kosten für die Regierung in der Regel in Höhe von 500 Millionen c erstattet bekommen.

Deswegen ist Ihre Behauptung, die auch der Finanzminister immer wiederholt, nämlich die, dass Rheinland-Pfalz von unserem Geld seine Kindergartengebühren bestreitet, völlig falsch.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

Das ist völlig falsch. Das bleibt es auch.Auch wenn Sie es immer wieder wiederholen, wird es nicht richtig. Das musste noch einmal gesagt werden.

Herr Kollege Dr.Wagner,ich habe meine Rede vorhin mit Physik angefangen. Ich ende jetzt auch mit Physik. Ich darf Ihnen ein Zitat von Einstein mit auf den Weg geben. Es lautet:

Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Herr Abg. Decker von der SPD-Fraktion. – Lieber Herr Decker, der Herr Kollege möchte auf Herrn Kaufmann antworten.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Er möchte sich entschuldigen!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin noch einmal nach vorne gekommen, um mich bei Herrn Kollegen Kaufmann ausdrücklich dafür zu bedanken, dass er meine Zahlen eindrucksvoll bestätigt hat. Ich will noch sagen: Genau das wollen wir ändern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Herr Kollege Decker, bitte schön.

Herr Präsident,meine Damen und Herren! Wir haben uns noch einmal zu Wort gemeldet, weil hier unserer Ansicht nach ein wichtiger Kernpunkt der verfehlten Finanzpolitik ein wenig zu kurz gekommen ist. Denn über die Kürzung in Höhe von 400 Millionen c,die auf die Kommunen

zukommen wird, wurde hier ein wenig nonchalant hinweggegangen.

Wenn eine solche Kürzung auf die Kommunen zukommt, ist es, denke ich, schon wert, dass man hierüber einige wenige Sätze verliert. Die Auswirkungen für die Kommunen sind eigentlich viel zu groß, als dass wir hier gleich zur Tagesordnung übergehen könnten.

Ich will einmal ausholen. Die Wirtschaftskrise, über die wir gestern und heute schon in vielfältiger Weise gesprochen haben, hat nicht nur Auswirkungen auf das Land, sondern das hat auch in schwerer Weise Auswirkungen auf die Kommunen.

Ich möchte Ihnen in diesem Hause einmal ein kleines Beispiel aus meiner Heimatstadt Kassel nennen. Wir werden voraussichtlich durch die Wirtschaftskrise und all das, was damit zusammenhängt, in dem laufenden Jahr rund 20 Millionen c Einnahmen weniger haben.Das wird auch im nächsten Jahr so sein. Die Spitze erwarten wir für das Jahr 2011. Dort werden es voraussichtlich weit mehr als nur 20 Millionen c sein.

Jetzt bedenken Sie bitte eines:Wenn die erste Stufe mit einer Kürzung in Höhe von 400 Millionen c zugeschlagen hat – für Kassel haben wir ca. 20 Millionen c berechnet –, dann hat das allein für diese Kommune Auswirkungen in Höhe von weit über 40 Millionen c.

Ich spreche hier nicht nur für Kassel, sondern auch für viele andere Kommunen, die in gleicher Weise betroffen sind. Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Wie sollen die Kommunen das überhaupt noch kompensieren?

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich werde noch einmal konkret. Was würde das denn bedeuten? Soll es wirklich so kommen, dass wir in die öffentliche Daseinsvorsorge eingreifen? Das beträfe dann die Kindergärten, die Schwimmbäder und die freiwilligen Feuerwehren, die gerade auf dem flachen Land eine ganz wichtige Bedeutung haben. Die haben sie aber auch in einer Großstadt wie Kassel. Oder soll es zu Eingriffen in die sozialen Leistungen, wie etwa die Jugendhilfe, kommen? Oder es kann z. B. um die Sportvereine gehen.Wir haben gestern mit Innenminister Volker Bouffier und dem „Kreis der Freunde des Sports“ zusammengesessen. Wir haben gemeinsam wieder einmal festgestellt, wie wichtig die Sportvereine in der Bundesrepublik sind. Das gilt nicht nur für Hessen.

(Beifall des Abg. Günter Rudolph (SPD) und bei Abgeordneten der FDP)

Rolf Müller weiß das. Im Klartext bedeutet das doch: Irgendwo muss das Messer angesetzt werden. Wollen wir da wirklich hineinschneiden? Das können doch wir, die Mitglieder dieses Hauses, alle nicht wollen. Das wäre aber die zwangsläufige Folge.

(Zuruf von der CDU:Wo wollen Sie denn sparen?)

Das ist kein Schreckgespenst. Das würde dann Realität.

Im Wesentlichen wird das damit begründet, dass die Einnahmen der Kommunen zugenommen hätten. Dabei wird aber außer Acht gelassen, dass auch die Aufgaben der Kommunen zugenommen haben.

(Beifall der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Vorhin haben wir über die Schulsozialarbeit geredet. Wo wird das denn hängen bleiben? – Das wird bei den Kom

munen hängen bleiben. Das sehen wir schon kommen. Das wird also auch noch obendrauf gesattelt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das waren nur einige wenige Beispiele, um deutlich zu machen, dass die SPD-Fraktion auch weiterhin hinhaltenden Widerstand leisten wird, wenn es darum geht, den Kommunen die 400 Millionen c wegzunehmen. Da stehen wir ganz eng an der Seite der Kommunalen Spitzenverbände. Wir werden alles versuchen, um das zu verhindern. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.