Protocol of the Session on July 8, 2009

Meine Damen und Herren, wenn das mit all den guten Vorschlägen der Sozialdemokratie passiert – dass es zwar zehn Jahre dauert, aber Sie dann doch einsehen, dass wir recht haben –, dann sehen wir mit großem Interesse der Entwicklung in den nächsten Jahren entgegen, was dann noch alles in Hessen passiert. Ich beglückwünsche Sie dazu und hoffe, dass das weitergeht.

Herr Kollege Rock hat eben einen sehr zentralen Punkt angesprochen. Dazu möchte ich doch noch eine Bemerkung machen: warum wir einen hessischen Bericht brauchen.

Ja, meine Damen und Herren, wir brauchen eine Landessozialberichterstattung, weil Landessozialpolitik soziale Strukturpolitik ist, die vor allem dafür zuständig ist, soziale Infrastrukturen vor Ort und in den Regionen sicherzustellen.

Meine Damen und Herren,wir erinnern uns vielleicht alle noch an die „Operation düstere Zukunft“ des Jahres 2003 – da wurden diese Strukturen in Hessen einmal komplett abgeräumt. Wenn wir jetzt einen Bericht bekommen, der eine Grundlage dafür liefert, warum wir neue, zukunftsfähige soziale Infrastruktur entwickeln können, und wenn das mit der Bereitschaft verbunden ist, das auch zu tun, dann können wir das begrüßen.

Deshalb: Ja, wir stimmen dem geänderten Antrag zu. Ob das nun ein Gesetz oder ein Antrag ist, der die Landesregierung dazu bewegt, das ist gerade einmal egal.Wenn am Ende dabei ein ordentlicher Bericht herauskommt, dann wollen wir zufrieden sein.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

An dieser Stelle möchte ich allerdings feststellen, dass der Anspruch, dem Sie sich stellen, beachtlich ist. Die Frage der regionalen Zuordnung ist wichtig. Wir aus HessenNord wissen ganz genau, was bei uns noch nötig ist. Dass eine solche Berichterstattung natürlich die regionalen Unterschiede deutlich herausarbeiten muss, ist keine Frage.

Sie haben sich in diesem Antrag eine umfangreiche Themenliste vorgenommen. Auch da sehe ich mit großem Interesse dem Mehr entgegen, das dieser Bericht am Ende über andere Armuts- und Reichtumsberichte hinaus zustande bringen wird. Denn Mehr heißt: Das, was in anderen Armuts- und Reichtumsberichten enthalten ist, das ist hier allemal drin, und dann kommt noch etwas obendrauf.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich bin gespannt, wie Sie dieses Plus – also die Beschreibung der sozioökonomischen Lage plus soziale Strukturen – erfolgreich tun.

Meine Damen und Herren, dass daraus Handlungsempfehlungen entstehen sollen, Ziele, die die Landesregierung umsetzen soll – auch diese Kunde höre ich wohl. Ich erinnere mich aber an den berühmten Borchert-Bericht zur Familienpolitik in Hessen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ein interessanter Bericht!)

Das ist ein schöner Bericht, sehr umfangreich, auf gutem Papier – nichts davon wurde umgesetzt. Das kann nicht das Ergebnis einer hessischen Sozialberichterstattung sein.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dass Sie nun bereit sind, von Anfang an die Kirchen und Sozialverbände an der Erstellung – und das kann natürlich nur heißen: auch an der Konzeption – zu beteiligen, das möchte ich ausdrücklich loben. Das finde ich ausgesprochen mutig.

Denn wenn die Konsequenz sein soll, dass am Ende messbare, evaluierbare Zielperspektiven stehen sollen, überprüfbare Handlungsempfehlungen, und wenn Sie sich tatsächlich erlauben wollen, von Anfang an die Verbände und die Kirchen bereits an der Konzeption zu beteiligen, dann ist das ein Maß der Unterwerfung von Politik unter Sachlichkeit, die wir in Hessen nicht gewohnt sind. Mit großem Interesse sehen wir diesem Ergebnis entgegen. Wir hören die Kunde wohl,mit dem Glauben wird es noch ein bisschen dauern, bis der Bericht vorliegt. Aber wir wollen weder die Hoffnung noch die Zuversicht aufgeben, dass auch in Hessen irgendwann einmal wieder Sozialpolitik vorkommt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Das Wort hat Herr Staatsminister Banzer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich bin ich darüber froh, dass am Anfang dieses Sozialberichts so viel Übereinstimmung in diesem Landtag steht. Ein wenig überlege ich jedoch, wodurch man diese Gemeinsamkeit erreicht hat. Sicherlich durch die Form des Aufeinanderzugehens und des Miteinanderdiskutierens, und das ist auch in Ordnung.Aber falls wir das durch unseren Beschluss erreicht haben, alle unsere Wünsche und Erwartungen auf diesen Bericht zu versammeln und davon auszugehen, dass alle diese Erwartungen erfüllt werden, dann habe ich schon die Rolle, ein bisschen Wasser in diesen Wein zu gießen.

(Zurufe der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) und Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Denn man muss wissen, was ein Bericht leisten kann. Dieser Bericht wird nicht die Aufgabe übernehmen, die Entscheidung über den richtigen Weg zur Beantwortung von Schwierigkeiten in gewissen Lebenslagen zu weisen. Das wird immer Sache der parlamentarischen Debatte bleiben, und ich sage auch, das ist gut so.

(Demonstrativer Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, dass man an dieser Stelle ein bisschen aufpassen muss.

(Zuruf von der SPD:Wir staunen!)

Sie staunen, das ist doch genauso gut.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie können jetzt alles sagen, wir hören Ihnen zu!)

Staunen und bewundern ist eigentlich noch viel besser als klatschen.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will dem vorbeugen, dass die Erwartung entsteht, dass wir in einem Bericht praktisch ex cathedra schreiben, wie man bei gewissen Lebenssituationsproblemen eine Antwort weiß, die dann quasi wissenschaftlich Politik ersetzt. Das halte ich für falsch, und das sollten wir auch nicht beanspruchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das will auch keiner!)

Natürlich ist diese Sektorisierung, die in diesem Bericht erwartet wird und die die Sache natürlich auch spannend macht, sowohl was die Lebenslagen als auch die Regionalisierung betrifft, ein sehr problematischer, aber natürlich wichtiger Aspekt, denn das wird viel Geld kosten.Wir haben gegenwärtig in vielen Bereichen noch nicht die entsprechenden Statistiken, also ein Teil der Kosten, die wir werden investieren müssen, wird in statistischen Erhebungen fließen müssen.

Das sozioökonomische Panel des Dritten Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung umfasst 11.000 Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. 7 % davon sind Hessen; das sind irgendwelche 700 bis 800 Personen, und mit dieser Zahl können wir für eine Sektorisierung gar nichts anfangen.Wir müssen also versuchen, neue Statistiken zu entwickeln. Das wird ein mühsames Geschäft werden, weil man die verschiedenen statistischen Methoden dann aufeinander abstimmen und versuchen muss, durch Abgleich von verschiedenen Analysen zu neuen Ergebnissen und Erkenntnissen zu kommen, zumal diese Lebenslagenorientierung, die ich als wirkliche Innovation für unsere heutige Beschlusslage empfinde,natürlich auch neue Definitionen und damit neue Statistiken und Sichtweisen verlangt und erforderlich macht.

Ich glaube, das wird ein spannender Prozess, bei dem ich darum bitte, dass man ihn so lange, wie es die politischen Positionen möglich machen, gemeinsam begleitet. Ich bin daran interessiert. Ich bin der Überzeugung, dass wir danach noch heftiger und engagierter diskutieren werden als vorher,vielleicht aber auch etwas fundierter.Das wäre für die Sozialdiskussion in diesem Land ein Fortschritt.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Ganz sicher!)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, damit ist die Rednerliste geschlossen,und wir kommen jetzt zu der Abstimmung, zunächst über die beiden Gesetzentwürfe.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 13, zweite Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/849 zu Drucks. 18/40, auf. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE, bei Zustimmung durch die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Ablehnung durch die Fraktionen der CDU und der FDP stelle ich fest, dass der Gesetzentwurf in zweiter Lesung keine Mehrheit bekommen hat und damit nicht beschlossen worden ist.

Nun zu Tagesordnungspunkt 14. Jetzt kommt der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE, Drucks. 18/850 zu Drucks. 18/52. Wer möchte dem Gesetzentwurf zustimmen? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Dann stelle ich fest, dass der Gesetzentwurf bei Zustimmung von SPD, GRÜNEN und LINKEN und bei Ablehnung von CDU und FDP keine Mehrheit bekommen hat und damit nicht beschlossen worden ist.

Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 67 auf: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Familie und Gesundheit zu dem Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Landessozialbericht der Hessischen Landesregierung, Drucks. 18/851 zu Drucks. 18/635. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich stelle fest: Dieser Beschluss ist einstimmig gefasst worden.

(Allgemeiner Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Sie haben ein wenig Pech gehabt. Wir treffen uns hier um 14:45 Uhr – nicht um 15 Uhr – wieder.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Oh!)

Sie müssen nicht kommen. Heute Mittag also ohne Herrn Schäfer-Gümbel. Alles klar? – Ich wünsche guten Appetit, und wir sehen uns nachher.

Der Ältestenrat tagt jetzt sofort in Raum 510 W.

(Unterbrechung von 12:45 bis 14:47 Uhr)

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen beginnen. Der Tag wird noch lang genug. Ich darf Sie alle bitten, Platz zu nehmen.

Zu Tagesordnungspunkt 85 ist eingegangen und an Sie verteilt worden ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/925, zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und FDP für ein Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes, Drucks. 18/912 zu Drucks. 18/884 zu Drucks. 18/400. Der Änderungsantrag wird dann damit aufgerufen.

(Günter Rudolph (SPD): Ist die Regierung da? – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Natürlich ist sie da! Da sitzt ein Minister!)

Die zuständigen Minister sind da.– Wir kommen jetzt zu dem Tagesordnungspunkt 50. Das ist der Setzpunkt der SPD.

(Wortmeldung des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Herr Geschäftsführer, bitte.

Herr amtierender Landtagspräsident, wir hätten gern den zuständigen Finanzminister. – Schönen Dank. Gut. Es ist die Frage, ob auch der Herr Innenminister kommt, da es auch um Kommunalfinanzen geht, oder ob Finanzminister Weimar das für die Regierung macht. Das wollen wir wissen.