Protocol of the Session on June 18, 2009

Ich hoffe, dass dieses Lied nicht nach 60 Jahren an die Stelle der Nationalhymne tritt, und komme zum Gesichtspunkt der aufgedrängten Bereicherung zurück. Das angebotene Gutachten des Hessischen Datenschutzbeauftragten zur Frage der Zusammenlegung in der gebotenen Neutralität hat einen Vorteil. Der ist aber gravierend. Es würde nichts kosten.

(Heiterkeit des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Das angebotene Gutachten würde Sie nichts kosten. Was dagegen etwas kostet, ist die Zeit. Zeit ist Geld. Schon aus Gründen der Sparsamkeit breche ich hier ab und bedanke mich für Ihre Geduld und Aufmerksamkeit.

(Allgemeiner Beifall – Heiterkeit)

Herr Prof. Ronellenfitsch, schönen Dank für Ihre Ausführungen.– Ich glaube,ich spreche im Namen aller,wenn ich Ihnen für Ihre verantwortungsvolle Arbeit von dieser Stelle aus recht herzlich danke. Herzlichen Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Bevor wir in die Beratung einsteigen, frage ich: Wird die Berichterstattung gewünscht? – Frau Faeser, bitte schön.

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Sechsunddreißigsten Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten für 2007,Drucks.16/8377, hierzu: Stellungnahme der Landesregierung betreffend den Sechsunddreißigsten Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten, Drucks. 17/662, Vorlage der Landesregierung betreffend den Einundzwanzigsten Bericht der Landesregierung über die Tätigkeit der für den Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich in Hessen zuständigen Aufsichtsbehörden, Drucks. 17/663:

Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum, den Tätigkeitsbericht zur Kenntnis zu nehmen und darüber eine Aussprache zu führen.

Der Sechsunddreißigste Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten war dem Innenausschuss am 28. April 2008 und die Stellungnahme der Landesregierung sowie die Vorlage der Landesregierung am 16. September 2008 vom Präsidenten überwiesen worden.

Der Innenausschuss hat den Sechsunddreißigsten Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten sowie die Stellungnahme und die Vorlage der Landesregierung in seiner Sitzung am 30. April 2009 behandelt und einstimmig die genannte Beschlussempfehlung an das Plenum ausgesprochen.

(Allgemeiner Beifall)

Schönen Dank, Frau Kollegin Faeser. – Wir treten in die Beratung ein. Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Reißer das Wort. Zehn Minuten Redezeit pro Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich darauf hinweisen, dass wir heute den Sechsunddreißigsten Tätigkeitsbericht für das Jahr 2007 der 16. Wahlperiode behandeln. Bedauerlicherweise haben wir wegen der hessischen Verhältnisse erst heute die Möglichkeit, darüber zu beraten.

Herr Prof. Ronellenfitsch, vorab möchte ich aber im Namen der CDU-Fraktion – ich bin sicher, auch im Namen

des ganzen Hauses – Ihnen und Ihren Mitarbeitern herzlichen Dank für die verantwortungsvolle Arbeit, die Sie an dieser Stelle für unser Land leisten, aussprechen. Herzlichen Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Ich finde es immer wieder erfrischend, dass Sie mit Ihren Redebeiträgen in diesem Hause eine Art von Farbklecksen leisten. Es ist in unserem Redealltag immer erfrischend, das zu hören.

(Petra Fuhrmann (SPD): Humor ist nicht jedermann gegeben! – Beifall)

Sicherlich, Frau Kollegin. Es wäre manchmal angebracht, dass man das hätte. – Die Hessische Landesregierung bringt dem Datenschutz eine große Wertschätzung entgegen. Das sieht man in der Stellungnahme der Landesregierung zu dem Datenschutzbericht. Dort wird deutlich, dass es in der großen Linie des Datenschutzes eine hohe Übereinstimmung gibt.

Es gibt wenige strittige Punkte. Den einen oder anderen Punkt möchte ich nicht unerwähnt lassen. So haben Sie in Ihrem Bericht in Punkt 1.2.3 erneut die Forderung nach einem Informationsfreiheitsgesetz angesprochen und auch eben wieder aufgezeigt.

Allein der Hinweis auf die Rechtsetzung des Bundes und anderer Bundesländer reicht unserer Meinung nach nicht aus, um ein Informationsfreiheitsgesetz auch in Hessen einzuführen. Die Diskussion hatten wir vorgestern im Landtag, und der Kollege Beuth hat darauf hingewiesen, dass die hessischen Bürger schon viele Möglichkeiten haben, sich Informationen zu beschaffen und Akten einzusehen. Wir brauchen auf der anderen Seite auch kein neues Bürokratiemonster; das ist ganz wichtig.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Das muss ausgerechnet einer sagen, der – –)

Ferner muss verhindert werden, dass Gruppierungen, wie z. B. Scientologen oder wie immer geartet, Informationsrechte missbrauchen können.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Ah!)

Wir werden dieses Thema, wie vor zwei Tagen versprochen, noch einmal sehr genau unter den unterschiedlichsten Gesichtspunkten behandeln, weil es sich sicherlich lohnt, das eine mit dem anderen abzuwägen.

Als Zweites möchte ich auf die Ausweitung der Befugnisse des Datenschutzbeauftragten hinweisen. Auch das haben Sie eben reflektiert. Konkret war im Bericht die Forderung nach der Erweiterung der Zuständigkeit für die Flughäfen Frankfurt am Main und Hahn zu lesen. Diese Forderung sehen wir in Bezug auf § 2 Abs. 3 Bundesdatenschutzgesetz sowie auf § 3 Hessisches Datenschutzgesetz etwas kritisch. Die Auslegung würde eine Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes erfordern.

Dass bereits im Jahre 2006 der Innenminister gegenüber dem Hessischen Datenschutzbeauftragten auf die Zuständigkeit des Regierungspräsidenten verzichtet hat,und zwar in dem Bereich der Daseinsvorsorge, war ein Schritt in die richtige Richtung, um dort einen Kompromiss zu schaffen. Der bringt in Teilbereichen eine gewisse Klarheit. Wir hoffen, dass wir in Zukunft in dem Bereich, den Sie vorgeschlagen haben, praktikable Lösungen finden.

Verweisen möchte ich an dieser Stelle auf das vorgestern vorgetragene Kompetenzzentrum, also die Zusammenlegung des öffentlichen und des nicht öffentlichen Datenschutzes. Hierzu möchte ich auf unseren Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP hinweisen.Wir haben zugesagt, diesen Bereich genauestens zu prüfen. Dazu sind aber noch verfassungsrechtliche Fragen in einer tieferen Diskussion zu prüfen und zu klären. Das wird geschehen, wie es in unserem Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP niedergelegt ist. Das hat eine vertiefte Diskussion notwendig, weil es verfassungsrechtliche Fragen zu klären gilt.

Ansprechen möchte ich den Datenschutzbericht im nicht öffentlichen Bereich. Hier ist dem Anliegen der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherheit, ihren Namen nicht mehr im Bericht zu erwähnen, entsprochen worden, weil es heutzutage unterschiedliche Auskunftsdateien gibt.

Die Zahl der Eingaben ist im Berichtsjahr 2007 gegenüber 2006 noch einmal von 603 auf 658 Fälle angestiegen. Insgesamt sind die Eingaben in diesem Bereich auf konstant hohem Niveau. Die zu prüfenden Anfragen werden immer komplexer, und das steigert das Arbeitsaufkommen der dort beschäftigten Mitarbeiter sehr stark.

Zu dem Thema, das Sie eben mit der Videoüberwachung erwähnt haben,sind wir der Meinung,dass im öffentlichen Bereich, also da, wo die Kommunen große Probleme mit der Sicherheit haben, weil ein großer Kriminalitätschwerpunkt besteht, auch Videokameras sehr von Nutzen sein können, um die Sicherheit für die Bürger darzustellen. Damit sollte man vernünftig umgehen. Aber sie trägt zur Sicherheit von Bürgern erheblich bei, wenn man sie unter den formulierten Bedingungen richtig einsetzt. Deswegen halten wir es für einen nachweislich richtigen Schritt,auch in bestimmten Kriminalitätsschwerpunkten auf die Videoüberwachung nicht zu verzichten.

Zu guter Letzt befasst sich der Einundzwanzigste Tätigkeitsbericht in Nummer 7.1 mit der Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes. Dass die seit Sommer 2008 aufgedeckten Fälle von illegalem Datenhandel, auch Telekom, Siemens, Lidl – all diese Schlagwörter sind uns bekannt –, im September zur Einberufung eines Datenschutzgipfels geführt haben, begrüßen wir außerordentlich.

Als Ergebnis wurde dem Bundesinnenminister der Auftrag erteilt, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der die Möglichkeit des Datenhandels einschränken soll und muss. Der entsprechende Referentenentwurf befindet sich noch in der Beratungsphase. Es gibt noch einen Abstimmungsbedarf aufseiten der Bundesregierung. Wir müssen noch etwas abwarten.

Meine Damen und Herren, die Kritik der Opposition bezüglich des hessischen Datenschutzes aus den letzten zwei Tagen, die Sie geäußert haben, lässt sich daher nicht nachvollziehen. Sie gehen, wenn man den Datenschutzbericht liest, einfach an der Realität vorbei. Es herrscht, was den Datenschutzbeauftragten und die Landesregierung betrifft, weitgehend Einigkeit – bis auf die von Ihnen eben erwähnten und von mir skizzierten Ausnahmen.

Wir nehmen Datenschutz ernst. Deshalb sollten wir die Anregungen, die Sie in Ihrem Bericht gemacht haben, aufnehmen und in einem ganz besonderen Bereich die Bürger weiter sensibilisieren, dass sie umsichtiger mit ihren persönlichen Daten im Internet umgehen sollten. Das ist eine wichtige Kernfrage, weil dabei von vielen Bürgern große Blauäugigkeit an den Tag gelegt wird.

Der Datenschutz ist kein Selbstzweck. Er muss gegen wichtige Interessen der Bürger, beispielsweise die Sicherheit und die Freiheit, abgewogen werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Datenschutz in Hessen befindet sich nach wie vor auf einem hohen Niveau.Auch in Zukunft wird er bei CDU und FDP von großer Bedeutung bleiben und weiterentwickelt werden.

Herr Prof. Ronellenfitsch, Ihnen noch einmal recht herzlichen Dank, sicherlich auch vom ganzen Hause.Wir werden den Datenschutz weiterhin im Fokus unserer Arbeit halten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Reißer. – Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Siebel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Prof. Ronellenfitsch, auch ich möchte damit beginnen, dass ich Ihnen persönlich und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ganz herzlich für die Vorlage dieses Datenschutzberichtes danke.Aber nicht nur dafür bedanke ich mich, sondern auch dafür, dass der Hessische Datenschutzbeauftragte gerade auch dem Parlament in einer sich beständigen verändernden Welt immer wieder mit Rat zur Seite gestanden hat. Als diejenigen, die sich für den Datenschutz verantwortlich fühlen, ist es unsere Aufgabe, nicht nur reaktiv vorzugehen, sondern – und das halte ich für relativ wichtig – aktiv gestaltend einzugreifen. Dazu haben wir einige Vorschläge gemacht, und es ist uns natürlich eine große Ehre, dass Sie unseren Gesetzentwurf hier auch mit positiven Bemerkungen bedacht haben. Dafür ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zu Beginn möchte ich mir erlauben, diesen Bericht zum Anlass für ein paar allgemeinere Bemerkungen zu nehmen, und zwar aus drei Gründen.

Erstens stehen wir am Anfang einer Legislaturperiode, und da kann man sich ruhig einmal reflektierend auf die nächsten fünf Jahre beziehen.

Zweitens sind Sie, Herr Prof. Ronellenfitsch, gerade wiedergewählt worden, und wir schätzen Ihre – wie Sie selbst gesagt haben – launischen Reden, hauptsächlich aber Ihr Grundverständnis vom Datenschutz.Das ist nach Ihren eigenen Worten nicht das eines Technikfeindes, der von Technophobie gekennzeichnet ist, sondern von jemandem, der den Datenschutz in seiner staatsrechtlichen Funktion als konkretisiertes Grundrecht sieht, das auch als Abwehrrecht des Staates geschützt werden muss.

Zum Dritten macht mir die Grunddiktion, die ich aus den Berichten der letzten Jahre herauslesen kann, persönlich Sorge. Ihre Berichte hängen sich zunehmend nicht allein an einzelnen Punkten auf, die sich in den vielen Dutzend Berichtsseiten wiederfinden. Ich sehe die Grunddiktion, dass wir mittlerweile in Hessen tief greifende Mängel zu verzeichnen haben. In einem Ihrer Datenschutzberichte haben Sie geschrieben: Hessen hat seine Vorreiterrolle auf dem Gebiet des Datenschutzes eingebüßt; die übrigen Länder und der Bund zogen insoweit nach.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir waren einmal das Musterland des Datenschutzes. Jetzt müssen wir alles tun, damit wir wieder an diese alten Zeiten anschließen. Ich hoffe, wir können dies gemeinsam tun.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist eine Tatsache, dass diese Landesregierung diesem Bericht so wenig Aufmerksamkeit entgegenbringt, dass sie zu Beginn, als Sie im Parlament gesprochen haben,

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)