Protocol of the Session on September 3, 2013

Dann kommen wir zur Frage 905. Herr Abg. Gerling.

Ich frage die Landesregierung:

Wie beurteilt sie die derzeitigen Renteneinkünfte der hessischen Rentnerinnen und Rentner?

Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Abg. Gerling, ich nehme die Antwort vorweg: gut. Ich will auch begründen, weshalb.

Die Alterssicherung in Deutschland ist gekennzeichnet durch das Dreisäulenprinzip: die gesetzliche Rentenversicherung, die betriebliche und auch die private Alterssicherung. Alle drei Säulen zusammen stellen die Altersversorgung dar. Der individuelle Rentenanspruch richtet sich nach den Berufsjahren und der Höhe des Einkommens.

Vergleicht man aber z. B. die hessischen Zahlen mit den durchschnittlichen Altersrenten der gesetzlichen Rentenversicherung in Bundesländern wie Bayern, RheinlandPfalz oder Niedersachsen, so ist festzustellen, dass die Rentnerinnen und Rentner in Hessen höhere durchschnittliche Rentenbeträge als die in den vorgenannten Bundesländern zur Verfügung haben. Allerdings stellt die gesetzliche Rentenversicherung nur ein Standbein der Einkünfte im Rentenalter dar. Hinzu kommen in sehr vielen Fällen Betriebsrenten und im optimalen Fall auch Auszahlungen aus privater Vorsorge, unter anderem aus der Riester-Rente und sonstigen Einkünften wie beispielsweise aus Immobilien.

Der Alterssicherungsbericht der Bundesregierung zeigt eindeutig, dass auch bei der aktuellen Diskussion kleinere Renten kein geeignetes Indiz für prekäre Situationen sind.

So macht bei Beziehern einer Rente in Höhe von 250 bis 500 € pro Monat die gesetzliche Rente im Durchschnitt gerade einmal ein Sechstel des gesamten Bruttoeinkommens aus, bei Beziehern einer Rente von bis zu 700 € pro Monat lediglich ein Drittel.

Die durchschnittliche Rente wird auch in der Hinsicht nur isoliert betrachtet, als dabei nicht berücksichtigt wird, dass noch weitere Personen im Haushalt eine Rente beziehen. Dadurch stellt sich die finanzielle Situation im Schnitt wesentlich freundlicher dar, als die durchschnittliche Höhe dies möglicherweise vermuten lässt.

Die meisten Rentner befinden sich finanziell in einer komfortablen Situation. Die Generationenstudie des Instituts für Demoskopie Allensbach belegt, dass das durchschnittliche Nettohaushaltseinkommen der Rentnerinnen und Rentner in Deutschland 2.200 € beträgt. Nach Abzug von laufenden Kosten wie Miete, Kleidung und Nahrung bleibt ihnen mehr Geld zur Verfügung als den unter 65-Jährigen, und zwar quer durch alle sozialen Schichten. Die Rentnerinnen und Rentner sind sich ihres Wohlstands voll bewusst. Nur 1 % bewertet die eigene wirtschaftliche Situation als schlecht, 43 % dagegen als gut oder sehr gut.

Zusatzfrage des Fragestellers. Bitte schön, Herr Gerling.

Herr Minister, wie haben sich die Renten der hessischen Frauen in den letzten Jahren entwickelt?

Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Abgeordneter, auch die Renten der hessischen Frauen steigen. Im Zeitraum von 1993 bis 2012 haben sie sich um knapp 50 % erhöht, die der Männer im gleichen Zeitraum um 7,5 %.

Noch eine Zusatzfrage, Herr Gerling.

Herr Minister, wie beurteilt die Landesregierung die künftige Entwicklung der Erwerbsminderungsrenten?

Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Abgeordneter, die Erwerbsminderungsrenten stellen in der Tat eine Aufgabe dar, der wir uns widmen müssen. Deswegen werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Rentnerinnen und Rentner, die Erwerbsmin

derungsrenten beziehen, in den nächsten Jahren mit einer spürbaren Erhöhung rechnen können.

Frage 906, Herr Abg. Müller (Heidenrod).

Ich frage die Landesregierung:

Welche Maßnahmen hat sie nach der Aufdeckung der rechtsextremen Umtriebe eines Häftlings in der JVA Hünfeld mit welchen weiter gehenden Erkenntnissen ergriffen?

Herr Staatsminister Hahn.

Lieber Kollege Müller, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus Anlass der Aufdeckung der rechtsextremen Umtriebe des Gefangenen T. in der JVA Hünfeld stehen das Hessische Ministerium der Justiz, für Integration und Europa, das Hessische Landeskriminalamt sowie das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen in engem Informationsaustausch. Die im März 2013 eingerichtete Arbeitsgruppe arbeitet zurzeit an einem gemeinsamen Erlass des Hessischen Ministeriums der Justiz, für Integration und Europa und des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport zur Regelung der Zusammenarbeit zwischen dem Landeskriminalamt, dem Landesamt für Verfassungsschutz und allen Justizvollzugsanstalten.

Folgende konkrete Einzelmaßnahmen sind zudem bereits ergriffen worden. Seit April 2013 haben das hessische Justizministerium, das Hessische Landeskriminalamt sowie das Landesamt für Verfassungsschutz für die im Justizvollzug tätigen Bediensteten mehrere Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Rechtsextremismus in Justizvollzugsanstalten durchgeführt. Das für die Aus- und Fortbildung der im Justizvollzug tätigen Bediensteten zuständige H. B. Wagnitz-Seminar hat das Fortbildungskonzept betreffend rechtsextremistische Gefangene erheblich erweitert.

Das Landesamt für Verfassungsschutz hat im Mai 2013 zur Vorbereitung zukünftiger konkreter Einzelfallbesprechungen, an denen auch das Landeskriminalamt teilnehmen wird, die Justizvollzugsanstalten einzeln aufgesucht. Die Leiterinnen und Leiter der Justizvollzugsanstalten werden zukünftig unabhängig davon, ob die Besprechung konkreter Einzelfälle anliegt, Treffen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz und dem Landeskriminalamt abhalten.

Um unabhängig vom Vorliegen einschlägiger Verurteilungen sicherzustellen, dass Gefangene mit rechtsextremistischen Einstellungen auch als solche erkannt werden, werden seit Mai 2013 einschlägige Tätowierungen fotografisch erfasst. Die Tätowierungen dienen als Hinweis und sind Anlass für weiter gehende Prüfungen und Maßnahmen wie beispielsweise eine verstärkte Postkontrolle oder das Angebot von Ausstiegshilfen.

Ein Beispiel dazu. Ein Gefangener hat an versteckter Stelle eine kleine verblasste Hakenkreuztätowierung. Der Gefan

gene spricht von einer sogenannten Jugendsünde und gibt an, nicht mehr rechtsextrem eingestellt zu sein. Bis auf Weiteres wird der Gefangene als Verdachtsfall behandelt und unterliegt insoweit vollzuglicher Beobachtung.

Bei neuen Anlassfällen informieren sich im Übrigen die Vollzugsanstalten, das Landeskriminalamt und das Landesamt für Verfassungsschutz im Rahmen der Vorschriften zur Datenübermittlung gegenseitig und tauschen vorhandene Erkenntnisse aus. Schließlich wird aktuell das Aussteigerprogramm Rechtsextremismus „IKARus“ des Landeskriminalamtes ausgebaut. Zukünftig werden neben der Unterstützung bereits ausstiegswilliger Rechtsextremisten aktive Ansprachen erfolgen. Dies umfasst auch Ansprachen von Rechtsextremisten im Strafvollzug.

Zusatzfrage, Frau Kollegin Hofmann.

Herr Justizminister, wie können Sie sich erklären, dass nicht nur der Täter bekannt war, sondern darüber hinaus auch völlig unbehelligt von Hünfeld aus munter in Zeitungen inseriert und für seine Aktivitäten geworben werden konnte? Er konnte Beate Zschäpe auch brieflich kontaktieren. Was können Sie zum Sachstand des Netzwerks und der Ermittlungen sagen?

Herr Staatsminister Hahn.

Liebe Frau Kollegin Hofmann, über den ersten Teil haben wir uns ausführlich, ich glaube, in mindestens zwei, wenn nicht sogar drei Sitzungen des Rechts- und Integrationsausschusses des Hessischen Landtags unterhalten und entsprechende Berichte abgegeben. Ich kann das gern noch einmal ausführlich für alle Kolleginnen und Kollegen wiederholen, weise aber darauf hin, dass es eine sehr umfangreiche Debatte ist, die wir schon einmal in diesem Haus geführt haben.

Ja, es hat ganz offensichtlich zum einen ein Erkenntnisdefizit gegeben. Es hat zum Zweiten daran gefehlt, dass die Kommunikation nicht vollständig, nicht hundertprozentig organisiert war und so entsprechende Kontaktaufnahmen entstehen konnten.

Ich bin aber stolz darauf, dass es die Leistung des hessischen Vollzugs in enger Absprache mit den Behörden des Landeskriminalamtes und des Landesamtes für Verfassungsschutz gewesen ist, dieses vermeintliche Netz aufgedeckt, öffentlich gemacht und damit zerstört zu haben. Das ist die besondere Leistung, die der hessische Vollzug in Zusammenarbeit mit der hessischen Polizei und dem Verfassungsschutz erbringen konnte.

Frau Kollegin Hofmann, ich darf Ihnen versichern, dass das sowohl Herrn Staatssekretär Kriszeleit wie auch mir nicht die einhundertprozentige Freundschaft aller für Justizangelegenheiten zuständigen Länderkollegen erbracht hat, da der eine oder andere jedenfalls zu Beginn noch die

Auffassung hatte, dass es ein entsprechendes Netzwerk nicht gegeben habe.

Ich bin von Anbeginn an, als ich davon erfahren habe, davon ausgegangen, dass hier jedenfalls der Weg zu einem Netzwerk nicht mehr weit ist. Deshalb sind wir diesen sehr umfassenden Weg gegangen. Meine Kolleginnen und Kollegen sehen das heute auch ein. Aber zu Beginn waren sie manchmal leise missgestimmt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zusatzfrage, Herr Abg. Schaus.

Herr Minister, nach meiner Kenntnis ist das durch einen Artikel der Tageszeitung „Neues Deutschland“ aufgedeckt worden, erst dann in die Öffentlichkeit gekommen und hat erst dann Aktivitäten erzeugt. Deswegen will ich nachfragen: Sind in Ihre jetzige Überprüfung auch die Vorfälle einbezogen, die man als Kommunikationsschwierigkeiten oder Kommunikationsprobleme zwischen dem Landesamt für Verfassungsschutz und der jeweiligen JVA, in dem Fall Hünfeld, bezeichnen kann? Arbeiten Sie auch das auf?

Herr Staatsminister Hahn.

Das kann ich mit einem einfachen Ja beantworten.

(Wortmeldung der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Keine Zusatzfragen mehr von Nichtfragestellern möglich, nur Herr Müller (Heidenrod) darf noch. Zwei Fragen von Nichtfragestellern, die durch Sie und Herrn Schaus erledigt sind. Herr Müller könnte noch, aber er will nicht mehr.

Damit kommen wir zur Frage 908. Herr Kollege Bauer.

Ich frage die Landesregierung:

Wie wird das Soforthilfeprogramm zur Unterstützung der vom Hochwasser geschädigten hessischen Landwirte ausgestaltet?

Herr Staatssekretär Weinmeister.