Protocol of the Session on April 24, 2013

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das kommt immer dann, wenn Ihnen nichts anderes mehr einfällt!)

Die bayerischen Ermittlungsbehörden müssen jetzt einmal genau darlegen, wie alles gekommen ist. Ich bin da skeptisch; das hatten wir alles schon einmal, dass versucht wurde, uns mit lauen Erklärungen irgendetwas deutlich zu machen.

Hier geht es um Steuergerechtigkeit. Wie wollen Sie dem Lohnsteuerzahler noch klarmachen, dass er brav seine Steuern zahlen muss? Dies kann doch nicht das Motto sein: „Die Großen lässt man laufen; Millionen ehrlicher Bürger zahlen die Steuer.“ Das darf man Hoeneß und Co. eben nicht durchgehen lassen. Herr Dr. Schäfer, das ist nicht nur eine Frage der Moral, sondern auch der Steuergerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die grün-rote Landesregierung von Baden-Württemberg hat angekündigt, eine Gesetzesinitiative auf den Weg zu bringen, um die Verjährungsfrist für schwere Steuerhinterziehung von fünf auf zehn Jahre zu verlängern. Das sind alles richtige und notwendige Dinge.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Steuerabkommen mit der Schweiz ist zu Recht gescheitert, weil es eben viele schwerwiegende Mängel hat. Das macht der Fall Hoeneß deutlich. Deswegen war das, was Sie heute Morgen vorgeführt haben, nicht nur peinlich, sondern auch in der Sache falsch. Die FDP hat einmal 14, 16 % für das Motto erzielt: „Mehr netto vom Brutto“. Erstens ist auch das nicht eingetroffen, denn Sie haben davon nichts umgesetzt, und zweitens ist diese Ideologie völlig falsch. Wie wollen Sie dies den Steuerzahlern daher eigentlich noch deutlich machen?

Wir brauchen Steuereinnahmen zur Finanzierung von Bildungsaufgaben, für Lehrer, für Polizeibeamte und für Krankenhäuser. Wir brauchen Staatseinnahmen für ein funktionierendes Staatswesen. Meine Damen und Herren, das ist der Unterschied zur FDP.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie haben das doch im Bundesrat blockiert! Sie haben es doch verhindert! – Mario Döweling (FDP): Weil Sie das im Bundesrat immer blockieren!)

Hier geht es nicht darum, dass Einzelne immer mehr Geld scheffeln können. Wir müssen alle unseren Beitrag leisten. Unsere sozialdemokratische Philosophie ist: Entsprechend dem Einkommen darf man Steuern zahlen, auch Vermögensteuer. – Das ist aus den ganzen Diskussionen die notwendige Konsequenz. Wenn wir sagen, wir müssen über Ausgabenbegrenzung reden, dann ist das richtig. Wir müssen aber auch über die Akquirierung von ordentlichen Steuereinnahmen reden. Dazu müssen alle ihren Beitrag leisten, auch die Hoeneße dieser Welt.

Herr Rudolph, Sie müssen zum Schluss kommen, bitte letzter Satz.

Herr Dr. Schäfer, Sie haben mit den Kollegen der Länder und dem Bundesfinanzminister die Gelegenheit, dafür zu sorgen, dass wir ein ordentliches Steuerrechtsabkommen mit der Schweiz hinbekommen. Uli Hoeneß ist ein Beispiel; es wird sie immer wieder geben. Wir müssen aber alle Schlupflöcher zumachen. Der Gerechte, der Steuern zahlt, darf nicht der Dumme sein. Die Steuerhinterzieher, die asoziales Verhalten zeigen, müssen merken, dass sie am Pranger sind. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, dass Sie am Pranger sind!)

Vielen Dank, Herr Rudolph. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht nun ihr Fraktionsvorsitzender, Herr AlWazir.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister, ich habe mich ein bisschen über Ihre Rechnungen gewundert. Bevor ich aber dazu komme, möchte ich schon noch einmal sagen: Die Tatsache, dass die Aufregung über das, was über Uli Hoeneß bekannt geworden ist, so groß ist, hat einen ganz einfachen Grund. Da ist jemand, der sich mit Blick darauf, welche Steuergesetze nötig oder unnötig sind, seit Jahren als Moralapostel aufspielt, der Ihr Kronzeuge in der Ablehnung von Vermögensabgaben ist und der am Ende,

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

nachdem das Steuerabkommen mit der Schweiz gescheitert ist, offenbaren muss – das ist die spannende Frage, ob er nämlich offenbart hat, bevor es den Behörden bekannt geworden ist, oder nicht –, dass er sich seinen Pflichten entziehen wollte und entzogen hat.

Das ist derselbe Mensch, der von Fußballstadion zu Fußballstadion unterwegs ist, und jedes dieser Fußballstadien ist teilweise mit öffentlichem Geld bzw. mit Steuergeld gebaut worden. Wenn er die Infrastruktur zwischen diesen Stadien benutzt, egal, wie er unterwegs ist, benutzt er Infrastruktur, die von Steuergeldern bezahlt worden ist. Wenn das Fußballspiel stattfindet und die Polizei dafür

sorgt, dass die Sicherheit gewährleistet ist, dann werden Steuergelder dafür ausgegeben. Wenn er sich abends entspannen will und ins Theater geht, dann funktioniert das nur, weil dort auch öffentliche Mittel ausgegeben werden.

(Zuruf von der CDU: Genau so ist es!)

Das ist asoziales Verhalten,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

wenn man diese Infrastruktur und diese Leistungen nutzt, aber seinen Teil dazu nicht beitragen will.

(Zuruf von der CDU)

Ich glaube, dass Sie teilweise noch immer nicht verstanden haben, dass dies hoch kriminell und alles andere als ein Kavaliersdelikt ist, Herr Kollege Noll.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. Frank Blechschmidt (FDP))

Zweiter Punkt. Herr Finanzminister Dr. Schäfer, Sie haben hier gesagt: Wenn das Steuerabkommen mit der Schweiz in Kraft getreten wäre, hätten wir allein über die Garantiesumme 120 Millionen € in den hessischen Landeshaushalt eingenommen. – Das stimmt. Aber wir haben allein in den letzten drei Jahren durch die Selbstanzeigen, welche durch den Ankauf von Steuer-CDs ausgelöst wurden, über 350 Millionen € in den hessischen Landeshaushalt eingenommen; von Leuten, die sich selbst angezeigt haben. Jetzt raten Sie einmal, wer gegen den Ankauf dieser CDs war: CDU und FDP im Hessischen Landtag.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich schwöre Ihnen, dass die Causa Hoeneß dazu beitragen wird, dass sich immer mehr Leute selbst anzeigen. Ich schwöre Ihnen, dass der Ankauf der nächsten Steuer-CDs durch die Finanzbehörden des Landes Rheinland-Pfalz auch dazu führen wird, dass wieder hessische Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entdeckt werden, die sich ihrer Pflicht entzogen und kriminell gehandelt haben. Ich glaube, dass wahrscheinlich auch auf der von Rheinland-Pfalz angekauften CD mehr Bewohner des Taunus als des Hunsrück vertreten sind, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Jetzt schauen wir einmal, wie es weitergeht. Erst nachdem das Steuerabkommen mit der Schweiz gescheitert ist, hat der luxemburgische Finanzminister gesagt, dass er in Zukunft auch bereit sei, innerhalb der EU den automatischen Datenabgleich zwischen Banken und Steuerbehörden möglich zu machen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ab 2017!)

Das bedeutet: Hätten wir das Steuerabkommen mit der Schweiz nicht blockiert, wäre Luxemburg niemals bereit gewesen, diese Selbstverständlichkeit letztendlich auch möglich zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE))

Drei Tage nach dem luxemburgischen Finanzminister hat sich der österreichische Bundeskanzler bereit erklärt, diese Selbstverständlichkeit ebenfalls möglich zu machen. Ich schwöre Ihnen, dass dabei am Ende mehr Geld in die Kasse kommen und mehr Steuergerechtigkeit herrschen wird, als wenn wir Ihrem Abkommen mit der Schweiz zugestimmt hätten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Al-Wazir, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. – Herr Finanzminister, deswegen ist das, was Sie hier gemacht haben, weder im Interesse des Landes Hessen noch dem Ernst der Sache angemessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Al-Wazir. – Herr Staatsminister Dr. Schäfer hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Herr Al-Wazir, ein rhetorisches Stilmittel ist durchaus bekannt: Wenn man in der Sache nicht weiterkommt, weicht man auf Unwahrheiten aus.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der SPD)

Der Vortrag, dass der Ankauf von CDs vor dem Abschluss des Schweizer Steuerabkommens gegen den Widerstand von CDU und FDP, auch der Hessischen Landesregierung erfolgt sei, ist schlicht falsch. Vor dem Abschluss des Schweizer Steuerabkommens haben sich hessische Steuerbehörden selbstverständlich daran beteiligt; wir haben uns auch an den Kosten beteiligt.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe)

Um noch eines hinzuzufügen: Hessische Steuerbehörden werden, wenn jetzt Daten über hessische Steuersünder bekannt werden, diese mit der gleichen Härte und Unnachgiebigkeit verfolgen wie in all den Jahren zuvor, um auch das klar zu sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Torsten War- necke (SPD): Das ist doch selbstverständlich! Warum betonen Sie das?)

Der entscheidende Unterschied zwischen dem, was die USA in Einzelfällen nun mit der Schweiz und anderen Staaten abgeschlossen haben, und dem, was dort für die Zukunft hinsichtlich des automatischen Datenaustauschs diskutiert wird, bezieht sich immer nur auf die Zukunft. Eine Vergangenheitsabwicklung – was das Abkommen mit der Schweiz ausgezeichnet hat –, nämlich diese 700 Millionen €, die Hessen bekommen hätte, oder 10 Milliarden € oder, wenn die Zahlen von Herr Rudolph stimmen würden, 20 Milliarden €: All diese Abkommen, ob Fatca oder Ähnliches, haben immer nur eine zukunftsgerichtete Kompo

nente, niemals eine Abwicklungskomponente für die Vergangenheit. Deshalb gehen uns am Ende 10 Milliarden € oder – wenn Herr Rudolph recht hat – 20 Milliarden € für den deutschen Steuerzahler verloren, weil es dieses Abkommen nicht gibt. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Schäfer. – Wir setzen die Aussprache fort. Als Nächster hat Herr van Ooyen fünf Minuten Redezeit.

Herr Präsident! Herr Minister, Sie haben gerade eben davon gesprochen, das Ganze könnte nur zukunftsorientiert sein. Ich will Ihnen ein kurzes Beispiel aus der jüngsten Zeit nennen: In Zypern wurden im Grunde genommen die Kapitalien, die jemand ab 100.000 € hatte, einfach in die Finanzierung zukünftiger notwendiger Belastungen für Zypern bzw. das Bankensystem einbezogen. Ich will nicht sagen, dass ich dieses System für gerecht halte. Aber dass man eine solche Politik fahren kann – auch diejenigen zur Kasse zu bitten, die über große Vermögen verfügen, ohne diese steuerlich zur Verfügung gestellt zu haben –, ist offensichtlich. Solche Prozesse muss man natürlich weiter anpacken.

Es geht dabei auch um die Offshore-Leaks, die in den letzten Tagen diskutiert wurden. Hier steht das Bankensystem generell in Verdacht, solche Dinge zu bedienen, anstatt ehrlich auf die Steuersituation zu rekurrieren, die es schon gibt. Ich sage gar nicht, dass sie gerecht ist. Vorhin sagte ich, dass die Kapitalertragssteuer weit unter dem liegt, was im Grunde genommen verlangt werden kann, wenn es sich um Arbeitereinkommen handelt. Das sind für mich Vergleichszahlen, wo wir wieder hinmüssen.