Lassen Sie mich einen Punkt anführen. Der ehemalige Lieblings-Sozialdemokrat der Union, Wolfgang Clement, hat als Erster die Bestimmung eingeführt, dass jedem unter 25-Jährigen das Angebot einer Ausbildung oder eines EinEuro-Jobs, also auf jeden Fall ein Angebot zu machen ist. Das ist keine Leistung der Union und auch keine Leistung dieser Landesregierung gewesen, Herr Kollege Dr. Bartelt.
Sie haben den Bundespräsidenten mit der Aussage zitiert, dass in diesem Land jedem ein Aufstieg möglich ist. Möglich ist er durchaus, Herr Kollege Dr. Bartelt,
das Problem ist aber, dass es nur außerordentlich wenigen gelingt. An dieser Stelle war Ihr Umgang mit der dualen Ausbildung geradezu eine Zumutung.
In Hessen nimmt die Zahl der dual ausbildenden Betriebe von Jahr zu Jahr ab. Das ist unterirdisch angesichts Ihrer desolaten Bildungspolitik, mit der Sie beim Bildungserfolg auch heute noch die soziale Differenzierung vorantreiben, anstatt sie abzuschwächen.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie retten es nicht mehr! – Peter Beuth (CDU): Es wird immer schlimmer!)
Die duale Ausbildung ist nämlich in Deutschland seit 50 Jahren der Weg, um die soziale Diskriminierung im Bildungssystem zu kompensieren und gerade denen, für die sich die Art und Weise, wie Schule stattfindet, nicht eignet, im praktischen Bezug die Integration in die Arbeit und damit in der Zukunft den eigenständigen Erwerb des Lebensunterhalts zu ermöglichen.
Herr Kollege Bartelt, deshalb ist der Zusammenhang unterirdisch, den Sie gerade an dieser Stelle herzustellen versucht haben.
Ich komme zum Schluss. – Herr Kollege Bartelt, ich habe nachvollzogen, dass Sie nicht verstanden haben, wie das geht.
Damit stehen Sie nicht ganz allein. Aber, Herr Kollege Bartelt, ich erkläre Ihnen das gern noch einmal in Ruhe. Wenn Sie mit Vertretern von Handwerksbetrieben und mittelständischen Unternehmen reden und von ihnen erfahren, dass sie mit den Lehrlingen heute nicht mehr so gut zurechtkommen wie früher und Unterstützung dabei brauchen, sind gerade Sie als Sozialpolitiker aufgefordert, deutlich zu machen,
wie Sie ihnen bei dieser Aufgabe helfen wollen, anstatt jeden Versuch, das zu machen, als Kontrolle zu diskriminieren.
(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU Vizepräsident Lothar Quanz: Herr Dr. Bartelt, Sie haben Gelegenheit zur Antwort. Bitte schön. (Peter Beuth (CDU): Sie haben das nicht gerettet! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie haben das versenkt!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Spies, Sie wissen, dass ich Sie als Kollege – in doppelter Hinsicht – außerordentlich schätze. Aber dann haben Sie Herrn Clement zitiert. Auf der Veranstaltung – das war eine Podiumsdiskussion –, an der auch Ihr Kollege Decker teilgenommen hat, hat Ihnen Herr Clement ganz schön die Leviten gelesen, und das zu Recht.
Sie sagen, wir hätten Ihren Antrag, in dem ein „triales“ Ausbildungssystem vorgeschlagen wird, nicht richtig verstanden.
Im Gegenteil, die anderen Länder – unsere Partner und Freunde in Europa – wollen das duale Ausbildungssystem ebenfalls einführen. Das ist Weltklasse. Das ist Benchmark. Vor einigen Wochen war ein Mitglied des griechischen Kabinetts hier. Er hat die Landesregierung besucht und sich bei der IHK die Umsetzung in der Praxis angeschaut, damit sie dort in der Lage sind, dieses System zu implementieren. Das sind Lösungswege aus der Krise. Das duale System wird auf der ganzen Welt verstanden; Ihr triales System versteht dagegen kein Mensch.
Ich finde es ein wenig zynisch, wenn Sie auf der einen Seite Berater in die Betriebe schicken wollen und diese dauernd kritisieren und auf der anderen Seite sagen, die mittelständische Wirtschaft werde von Ihnen unterstützt. Fragen Sie einmal die Leute selbst, ob sie sich durch solche Anträge unterstützt sehen. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Peter Beuth (CDU): Man kann Herrn Spies keinen Vorwurf machen! Er hat wirklich alles versucht!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Bartelt, wir haben heute Frühlingsanfang. Aber das, was Sie heute zu dem Thema „Jugend und Ausbildung“ gesagt haben, entsprach der tiefsten Steinzeit.
Ich bin mittelschwer entsetzt darüber, dass es Ihnen in Ihrem zehnminütigem Redebeitrag und in Ihrer zweiminütigen Kurzintervention gelungen ist, keine einzige Antwort auf die Frage zu geben, wie wir mit diesen Jugendlichen umgehen wollen.
Herr Dr. Bartelt, Ihr Redebeitrag ist noch hinter die Ausführungen in der Diskussion zurückgefallen, die wir vor drei Jahren darüber geführt haben. Ich habe im Wortprotokoll die Beiträge zu der Diskussion über die Ausbildungsplatzsituation nachgelesen, die wir hier vor drei Jahren geführt haben. Die Wortbeiträge von Ihrer Seite waren um einiges deutlicher und empathischer; denn Sie haben wenigstens anerkannt, dass es eine Gruppe von Jugendlichen gibt, die keine Ausbildung haben, und dass Tausende von Jugendlichen in Übergangssystemen und in unnötigen Warteschleifen sitzen.
Ich hätte von Ihnen gern gehört, dass Sie wenigsten ein Problembewusstsein entwickelt haben. Selbst das haben Sie nicht gemacht. Was für ein fataler Niedergang.
Nein, es ist in der Tat so, wie es die SPD in ihrem Antrag beschreibt: Eine gute Ausbildung ist für jeden Jugendlichen eine zwingend notwendige Grundlage für den Einstieg ins Berufsleben und damit für ein selbstständiges Leben in unserer Gesellschaft. Auch wir GRÜNE wollen deshalb, dass alle Jugendlichen eine Ausbildung abschließen.
Dieses Ziel ist nicht nur ein bildungspolitisches und ein sozialpolitisches, sondern auch ein gesellschaftliches Muss. Wir müssen feststellen, wir haben dieses Ziel noch nicht erreicht. Herr Dr. Bartelt, wer also nicht alles unternimmt, um dieses Ziel zu erreichen, muss sich fragen lassen, ob
Ich möchte Ihnen einige Zahlen aus dem Berufsausbildungsbericht des Wirtschaftsministeriums nennen. Das sind die Zahlen Ihres Ministeriums, Ihrer Landesregierung. Dort wird festgestellt, dass sich 25.000 Jugendliche – eine konstant hohe Zahl übrigens – im Übergangssystem befinden. Das steht auf Seite 85 des Berichts; Sie können das gern nachlesen. Das sind nicht die Zahlen einer verzweifelten Opposition, sondern Regierungszahlen. 25.000 Jugendliche befinden sich in unnötigen Warteschleifen oder im Übergangssystem. Diesen Menschen fehlt eine Ausbildung. Herr Dr. Bartelt, liebe Mitglieder der CDU, was ist Ihre Antwort darauf?
Seite 70 des Berufsausbildungsberichts des Wirtschaftsministers: Wir haben 43.000 Ausbildungsplatzangebote und 47.000 Ausbildungsplatzsuchende. Ergo besteht ein Defizit von 4.000 Ausbildungsplatzangeboten: 4.000 Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz finden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, ich frage Sie: Was ist Ihre Antwort darauf?