Um aber ein Auslaufen des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes zum Ende dieses Jahres zu verhindern, haben wir die Geltungsdauer des Gesetzes im Plenum zunächst bis zum Jahr 2020 verlängert. Dies bedeutet jedoch nicht, dass in der Zwischenzeit keine Änderungen möglich sind. Es bedeutet auch nicht, dass die Änderungen in diesem Jahr erfolgen müssen oder dass die vorgelegten Entwürfe der Opposition zwingend sind.
Die Anhörung zum Thema Sargpflicht ergab, dass vor allem die kommunale Familie Bedenken hat. Die Kommunen sind diejenigen, die mit der Situation unmittelbar konfrontiert sind und die die Gesetze, die hier gemacht werden, ausführen müssen. Die Überführung des Leichnams bis zur Grabstätte soll nur in einem geschlossenen Sarg möglich sein, so, wie es in § 15 des Gesetzentwurfs geregelt ist. Frau Schweitzer, die Vertreterin des Hessischen Städtetags, hat sich in der Anhörung vom 08.11.2012 ausdrücklich gegen eine Pflicht für die Gemeinden ausgesprochen, Bestattungen ohne Sarg vorzunehmen.
Deshalb konnten wir, die Koalition, auch den Weg, der in den Oppositionsentwürfen gewählt wurde, nicht mitgehen. Die Entscheidung darüber, ob Ausnahmen im Sinne unseres Gesetzentwurfs möglich sein sollen, ist unserer Überzeugung nach den Gemeinden zu überlassen, da nur sie über Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten, der Bevölkerungsstruktur und der daraus resultierenden Bedürfnisse verfügen.
Zum Beispiel muss aufgrund der Bodenbeschaffenheit gewährleistet sein, dass eine Verwesung des Leichnams ohne Sarg erfolgt und dass keine Umweltprobleme daraus entstehen.
Unsere Gemeinden sind unterschiedlich strukturiert. Es geht hierbei auch um die Akzeptanz in der Einwohnerschaft. In größeren Kommunen gibt es heute schon muslimische Grabfelder auf den Friedhöfen. Anerkannte Religionsgemeinschaften haben ohnehin das Recht, eigene Friedhöfe zu betreiben. Hier dürfte es kein Problem darstellen, von einer Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen. In kleineren Gemeinden dagegen wird sich die Frage kaum stellen, da dort in der Regel keine abgetrennten Grabfelder vorhanden sind.
Wir sind davon überzeugt, dass wir mit unserem Gesetzentwurf eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung gefunden haben. – Vielen Dank.
Als Nächste hat sich Frau Öztürk zu einer Kurzintervention gemeldet. Aber sehr knapp, Frau Kollegin.
Herr von Zech, ich will nur festhalten: In der Anhörung ist doch, auch von uns, klar gemacht worden, dass bei den Muslimen der Transport des Leichnams zum Friedhof niemals sargfrei stattfindet. Mich hat es in der Anhörung sehr gestört, mitzubekommen, dass die Fachleute anscheinend gar keine Ahnung hatten. Dass Sie genau diesen Punkt hier erwähnen, finde ich sehr problematisch.
Nach Ihrem Vorschlag sollen die Muslime, wenn Sie eine anerkannte Glaubensgemeinschaft sind, eigene Grabfelder einrichten oder von mir aus sogar eigene Friedhöfe betreiben. Wir denken dabei doch eher an die Integration. Das bedeutet, den Menschen muslimischen Glaubens die Möglichkeit zu geben, sich auf den vorhandenen Friedhöfen bestatten zu lassen. Von daher ist das eine falsche Darstellung. Das möchte ich korrigieren.
Muslimische Menschen haben ihre Toten nie sargfrei zum Friedhof transportiert, sondern immer in einem Sarg. Wenn der Leichnam in ein 3 m langes Leinentuch eingewickelt ist, sind auch Umweltschäden ausgeschlossen. Von daher muss das hier richtig dargestellt werden. Alles andere hat nichts mit der Realität zu tun. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht hier um ein sehr ernstes, aber sicherlich auch sehr gravierendes Thema. Insofern finde ich es schon sehr kleinkariert, muss ich gestehen, wie die Fraktionen von CDU und FDP damit umgehen.
Doch. Herr Dr. Blechschmidt, bei der Vorgeschichte, die vom Kollegen Franz korrekt dargestellt wurde, jetzt einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen, der ausschließlich das Thema Bestattung ohne Sarg regelt, und der das ganze Umfeld, das Bestandteil der Anhörung zu dem SPD-Gesetzentwurf war, ausblendet, zeigt, wie klein der kleinste gemeinsame Nenner in Ihren Fraktionen zu diesem Thema ist.
Ich glaube, das wird von allen Betroffenen sehr intensiv wahrgenommen. Wenn man sich vorstellt: Es gibt mehr als 6 Millionen Muslime in Deutschland. Ich glaube, dass die sehr genau hinschauen, wie diese Diskussion geführt wird, von wem sie geführt wird und was das Ergebnis ist.
Bestandteil Ihrer „schmalen“ Initiative ist letztendlich die Verlagerung der Entscheidungskompetenz auf die Kommunen. Ich denke schon, dass es uns als Landesgesetzgeber gut zu Gesicht steht, in dieser Frage keine Verlagerung der Verantwortung auf die Kommunen vorzunehmen, sondern selbst die Verantwortung zu übernehmen und in allen Gemeinden die Möglichkeit zu schaffen, nicht nur eine sarglose Bestattung vorzunehmen, sondern auch die Themen aufzugreifen, die richtigerweise in der Gesetzesinitiative der SPD und in der Anhörung eine Rolle gespielt haben, wie die Begräbniszeremonie und eine Neuregelung und Öffnung der Grabbelegungsdauer sowie eine Möglichkeit für die Muslime zu schaffen, die Ausrichtung der Grabstätten entsprechend vorzunehmen. Das alles ist in Ihrem Gesetzentwurf nicht enthalten.
Wenn wir davon sprechen, dass 20 % der Bevölkerung Migrationshintergrund haben, dann können und dürfen wir nicht ausblenden, dass solche Regelungen immer größere Bedeutung haben. Dem sollten wir als Landesgesetzgeber angemessen Rechnung tragen.
Insofern – das war das Ergebnis der Anhörung – haben die Experten, die Verbände auf die SPD-Initiative sehr positiv reagiert. Jetzt herzugehen und all diese Punkte in einem eigenen Gesetzentwurf nicht aufzunehmen, ist schon eine Aussage für sich.
Lassen Sie mich auch das noch sagen: Ich finde, dass es wichtig ist, in dieser Frage Ausgewogenheit herzustellen. Da es darum geht, den Betroffenen in einer schwierigen Zeit, in der Trauerzeit, nicht weiter zuzumuten, dass ihre Begräbnisse im Ausland stattfinden müssen, mit all den damit zusammenhängenden Umständen, finde ich, dass es wichtig ist, dass wir beim Thema Totenruhe – darum geht es letztendlich – angemessen und nicht in kleinkarierten rivalisierenden Auseinandersetzungen zu einem möglichst gemeinsamen Ergebnis kommen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf von CDU und FDP sieht vor, dass § 18 Abs. 2 Satz 1 geändert wird, um im Einzelfall eine Bestattung des Leichnams auch ganz ohne Sarg aus religiösen Gründen zu gestatten. Ich halte das für richtig. Ich verstehe gar nicht die Aufregung, die auf der linken Seite dieses Hauses entsteht. Ich halte es für richtig, dass wir sagen: Es gibt einen Fall, das ist aber eine Ausnahme, und wir können die Ausnahmeregelungen erweitern, und im Übrigen belassen wir es bei der grundsätzlichen Sargpflicht.
Das ist der richtige Weg. Das gilt für den Transport zur Grabstätte. Das ändert auch am Genehmigungsverfahren der Gemeinden nichts. Das halte ich für durchaus vertretbar. Die Landesregierung empfindet das als den richtigen Weg. Ich glaube, das ist ein vertretbarer Kompromiss.
Man muss doch nicht so tun, als hätten in der Anhörung alle gesagt, es ist richtig, was die SPD, die GRÜNEN oder die Linkspartei sagen. Ganz im Gegenteil, das ist so nicht gewesen. Insoweit muss man einen Kompromiss finden. Jetzt so zu tun, als sei die Sargpflicht der Dreh- und Angelpunkt der Integration
und alles andere würde keine Rolle mehr in der Integrationsdebatte spielen: Das ist doch Unsinn. Denn es ist falsch, dass der Islam ausschließlich eine Bestattung ohne Sarg vorschreiben würde und dass jede andere Form ein Verstoß gegen die Glaubensvorschriften wäre. Das stimmt nicht. Das ist eine falsche Aussage.
Auch das ist in der Anhörung ganz klar und deutlich gesagt worden. Die Vertreter der Ahmadiyya haben in der mündlichen Anhörung gesagt, dass eine Bestattung ohne Sarg nicht zwingend erforderlich ist.
Darüber hinaus hat Herr Prof. Rohe, der Direktor des Erlanger Zentrums für Islam und Recht, in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass manche Muslime es – ich zitiere – nicht störe, dass es eine Einsargung des Leichnams gebe, dass die sarglose Bestattung in einem weißen Tuch eine weithin fest verwurzelte religiös-kulturelle Sitte sei, dass aber diese Tradition – ich sage es nun mit anderen Worten – weder ein allgemein verbindliches Glaubensgebot noch eine allgemein geübte Praxis sei. Das hat er gesagt. Verehrte Frau Öztürk, da brauchen Sie nicht den Kopf zu schütteln.
Insoweit will ich es noch einmal geraderücken: Man muss nicht so tun, als gäbe es nur eine Meinung, und das wäre die richtige Meinung,
und alle anderen, die etwas anderes erzählen, sind zurückgebliebene Konservative, die keine Ahnung haben, was in anderen Kulturen der Welt los ist.
Deswegen sage ich das noch einmal sehr deutlich: Der Gesetzentwurf von CDU und FDP ist ein Angebot an die Muslime in Hessen. Dieses Angebot halte ich für richtig und vertretbar. Das ist ein Angebot an die Muslime in Hessen, bei dem man im Ergebnis auch feststellen muss, dass im Einzelfall ein anerkennenswerter religiös motivierter Bedarf für eine Bestattung ohne Sarg besteht. Das bestreitet niemand. Das ist ein im Einzelfall anzuerkennender Bedarf, von dem wir sagen: Jawohl, dem muss nachgekommen werden.
Ich finde, das bietet einen hinreichenden Anlass für die vorgeschlagene Gesetzesänderung. Es ist ein wirklich sehr kluger Weg, den CDU und FDP hier gewählt haben, weil damit die Gemeinden die Realisierbarkeit der Ausnahmeregelungen im Rahmen ihres Entscheidungsermessens berücksichtigen können. Auch das ist richtig. Deswegen sind weder rechtliche noch sachliche Gründe ersichtlich, die der vorgeschlagenen Änderung des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes entgegenstehen. Wir als Landesregierung begrüßen den Gesetzentwurf von CDU und FDP ausdrücklich.
Die erste Lesung ist durchgeführt. Dies ist ein Gesetzentwurf der Landesregierung und wir überweisen ihn an den Innenausschuss zur Vorbereitung der zweiten Lesung. – Dem widerspricht keiner. Dann ist das so beschlossen.
Ich stelle zunächst im Hinblick auf die Tagesordnung fest, dass vereinbart worden ist, dass Tagesordnungspunkt 11:
a) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzverbände (Tier- schutzVMG Hessen) – Drucks. 18/6729 zu Drucks. 18/4376 –
b) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz über das hessische Tierschutzklagerecht und die Mitwirkungsrechte für anerkannte Tierschutzorganisationen – Drucks. 18/6730 zu Drucks. 18/4511 –