Protocol of the Session on December 13, 2012

Herr Wagner, Sie zeichnen seit Jahr und Tag und heute wieder ein Bild, das mit der Realität in Hessen nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie behaupten, unser Ministerpräsident würde die Situation beklagen. Das Gegenteil ist die Wahrheit. Ministerpräsident Volker Bouffier sagt es, steht dafür, und wir stehen hinter ihm, dass Hessen unter seiner Regierungszeit eines der erfolgreichsten Bundesländer in Deutschland geworden ist. Das ist die Wahrheit. Das wollen wir immer wieder klar und deutlich feststellen. Ich werde Ihnen das noch einmal begründen und belegen.

Erstens. Wir haben die höchsten Durchschnittsverdienste in ganz Deutschland. Die hessischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bekommen den höchsten Durchschnittslohn in ganz Deutschland.

(Nancy Faeser (SPD): Herr Wagner, sagen Sie, woran das liegt! Am Bankenstandort Frankfurt!)

Zweitens. Wir haben eine Riesenerfolgszahl vorzuweisen. Wir haben in Hessen die niedrigste Arbeitslosenzahl seit 20 Jahren zu verzeichnen. Wir haben das höchste Wirtschaftswachstum seit 20 Jahren. Wir haben die erfolgreichste Verbrechensaufklärung nach dem Zweiten Weltkrieg mit fast 60 %.

(Norbert Schmitt (SPD): Unsinn!)

Wir haben keinen Unterrichtsausfall mehr in Hessen. Dieses Land, dieser Ministerpräsident und diese Regierungskoalition von FDP und CDU stehen für Schuldenabbau, im Gegensatz zu dem, was Sie hier machen wollen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg Norbert Schmitt (SPD) – Vizepräsident Lothar Quanz übernimmt den Vorsitz.)

Ich werde noch einen letzten Satz sagen. Mich hat schon immer überrascht und irritiert, dass sich Rot-Grün – von den LINKEN spreche ich gar nicht; die haben ihr eigenes ideologisches Weltbild –

(Zurufe der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

im Hinblick auf die Frage von Mindestlohn gar keine Gedanken mehr über die Tarifhoheit der Vertragsparteien macht, nämlich auch der Gewerkschaften.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Die fordern auch einen Mindestlohn!)

Ich dachte immer, dass Sie mit den Gewerkschaften in einem Boot sitzen. Ganz offenbar nicht. Sie tasten mit Ihren permanenten ideologischen Anwürfen die Vertragsfreiheit der Tarifvertragsparteien an.

(Zurufe der Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Norbert Schmitt und Wolfgang Decker (SPD))

Auf diese Weise beschneiden Sie auch die Rechte der Gewerkschaften. Das ist Heuchelei und reine Polemik.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Hermann Schaus (DIE LINKE): Unsinn! – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Wagner, das musste Ihnen noch einmal gesagt werden. – Ich muss zum Schluss sagen: Das Einzige, was uns beide verbindet, ist der Nachname. Sonst trennt uns alles.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Wagner. – Ich darf Herrn Ministerpräsidenten Bouffier das Wort erteilen.

(Lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Präsident, ich habe mich ausdrücklich nur gemeldet, um eine kurze Bemerkung zu dem parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE LINKE zu machen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der CDU)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Wagner, das unterstelle ich Ihnen nicht, ausdrücklich nicht.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist aber kein großer Unterschied! – Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Ich habe auch Verständnis, dass ein parlamentarischer Geschäftsführer, wenn die Debatte schiefgelaufen ist, versuchen muss, das Thema irgendwie umzudrehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Schiefgelaufen!)

Aber eines geht nicht, und das sage ich in vollem Ernst. Wenn Sie hier auf Menschen verweisen, die arbeiten und nicht hinreichend Lohn erhalten, damit sie und ihre Familie leben können, und die dann aufs Amt müssen: Es ist unsere Aufgabe, dass wir den Anteil dieser Menschen reduzieren. Da geht es um die Aufstocker. Wenn Sie einen gesetzlichen Mindestlohn verordnen, der keinerlei Rücksicht darauf nimmt, ob es eine Branche ist, der es gut geht, oder eine Branche, der es schlecht geht,

(Zurufe der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Hans-Jürgen Irmer (CDU))

der keinerlei Rücksicht darauf nimmt, ob es eine Gegend ist, die brummt, oder eine Gegend, die es wirtschaftlich schwer hat, dann werden Sie immer das Problem haben, dass Sie dem Aufstocker zwar einen wunderbaren Anspruch geben, aber leider Gottes sein Arbeitsplatz fällt. Dann hat der Aufstocker kein eigenes Einkommen mehr, sondern er ist nur noch vom Amt abhängig. Genau das ist es, was der Kollege Rock vorhin gesagt hat. Das unterscheidet uns grundlegend. Das will ich hier noch einmal festhalten. Unsere Politik bezieht sich auf mehr als nur auf das Geld. Arbeit hat auch eine sinnstiftende Funktion und ist wichtig für den Charakter.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Ja! – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Meine Damen und Herren, deshalb ist es mir lieber, jemand hat einen Arbeitsplatz und bekommt noch etwas dazu – am liebsten ist mir, er kann allein von seiner Arbeit leben –, aber es ist mir lieber, als dass er einen im Deutschen Bundestag beschlossenen Anspruch auf einen Lohn hat, den ihm leider niemand zahlt. Dann sitzt er zu Hause, dann fühlt er sich in der Gesellschaft nicht gebraucht. Dann fühlt er sich nicht angenommen. Das ist viel schlimmer.

Wenn Sie sich jenseits der Parteitagslyrik und -beschlüsse z. B. die Situation in unserem Nachbarland Thüringen, in unserem Nachbarland Sachsen-Anhalt und in Mecklenburg-Vorpommern anschauen – um nur diese zu nennen –, dann können Sie diesen Mechanismus tausendfach besichtigen. Deshalb werbe ich dafür, bei allem Verständnis für Ihre Ausputzerfunktion: Gehen Sie nicht an sämtlichen Realitäten vorbei.

Ich mache noch eine zweite, sehr persönliche Bemerkung. Ich habe hier – Herr Dr. Wagner hat es gesagt – die Situation in Hessen vorgetragen. Die ist besser als in nahezu jedem anderen Land.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich habe im politischen Meinungsstreit zu akzeptieren, dass man auch andere Wege gehen kann. Darüber streiten wir. Was ich nicht akzeptiere, sind Ungezogenheiten und Ungehörigkeiten. Hier spricht nicht die Gießener Klagemauer. Ich akzeptiere schon gar nicht den Vorwurf, ich hätte keine Vorschläge gemacht. Deshalb war ich so sauer. Sie wissen es, und weil Sie es besser wissen, ist es eine Ungehörigkeit.

Zu dem Thema Lohnuntergrenze und verbindliche Vereinbarung durch die Tarifpartner habe ich mich zigmal geäußert, hier und auf dem Bundesparteitag, in allen Zeitungen nachzulesen.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das können Sie für die falsche Position halten. Was nicht zulässig ist: im Hessischen Landtag einen solchen Auftritt abzuliefern, wie Sie ihn geliefert haben. Das will ich deutlich sagen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Das haben Sie nicht zu beurteilen!)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Ende der Aussprache zur Aktuellen Stunde der Fraktion der SPD: Auch Hessen braucht den Mindestlohn – Lohnuntergrenze à la CDU hilft den Menschen nicht.

Mit aufgerufen ist der Tagesordnungspunkt 80:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Streben nach Gerechtigkeit ist kein „Gelaber“ – Drucks. 18/6791 –

Ich komme zur Abstimmung. Wer diesem Dringlichen Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Wer ist dagegen? – Die beiden Regierungsfraktionen CDU und FDP. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Meine Damen und Herren, ich darf mitteilen, dass Ihnen ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Rechtsextremismus auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen bekämpfen vorliegt. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist so. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 84 und könnte nach Tagesordnungspunkt 72,

der Aktuellen Stunde zum gleichen Thema, aufgerufen und dann abgestimmt werden. – Dann können wir so verfahren. Vielen Dank.

Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 72 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Verbot verdrängt kein Gedankengut – extre- mistische Gesinnungen müssen auch in Hessen weiter politisch bekämpft werden) – Drucks. 18/6770 –

Ich rufe dazu den Tagesordnungspunkt 83 auf, weil anschließend darüber abgestimmt wird:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend NPD-Verbot endlich auf den Weg bringen – Drucks. 18/6795 –

Anschließend Tagesordnungspunkt 84, wie soeben beschlossen: