Protocol of the Session on December 13, 2012

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Bouffier, normalerweise ist Ihnen kein Argument zu billig, um die Fraktion DIE LINKE zu beschimpfen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Rotzfrech!)

Aber wenn Sie glauben, einen billigen, kleinkarierten Vorteil gegenüber der SPD erzielen zu können, sind die LINKEN auf einmal Ihre Kronzeugen. Herr Ministerpräsident, wie unglaubwürdig wollen Sie sich eigentlich noch machen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Nun zur Sache. Herr Ministerpräsident, wir kennen es von Ihnen, dass Sie glauben, Sie müssten sich als Regierungschef dieses Landes immer an die Klagemauer begeben und immer beschreiben, was für Zustände in unserem Land herrschen, wie schlimm und furchtbar das alles ist und wie unzureichend die Vorschläge der Opposition sind.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das Gegenteil macht er! Das ist doch gar nicht wahr!)

Herr Ministerpräsident, was ist denn Ihre Antwort darauf? Schließlich regieren Sie dieses Land.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt machen wir es einmal ganz konkret: Sie sagen, der Durchschnittslohn im Niedriglohnsektor liege bei etwas über 10 €.

(Ministerpräsident Volker Bouffier: 10,36 €!)

10,36 €. – Herr Ministerpräsident, was hilft der Durchschnittswert jemandem, der mit einem Stundenlohn von 4 oder 5 € nach Hause geht? Was hilft ihm Ihr Gerede von einem Durchschnittswert?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt machen wir es noch einmal ganz konkret.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Volker Bouffier)

Herr Ministerpräsident, ich habe das Wort. – 1,3 Millionen Menschen in unserem Land sind Aufstocker. Was heißt das? Sie gehen jeden Tag zur Arbeit. Sie versuchen, sich ihren Lebensunterhalt mit ihrer Hände Arbeit zu verdienen, und am Ende müssen sie doch aufs Amt gehen und Stütze beantragen. Von diesen 1,3 Millionen Menschen in unserem Land sind 300.000 vollzeitberufstätig. Das heißt, sie gehen den ganzen Tag arbeiten. Wir sagen ihnen aber im Moment: Herzlichen Dank dafür, trotzdem musst du aufs Amt gehen. – Das sind die sozialen Probleme, um die sich ein Ministerpräsident kümmern müsste. Er sollte sich nicht mit dem beschäftigen, was eine Abgeordnete der LINKEN der SPD gegenüber geäußert hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Ministerpräsident, was ist Ihre Antwort darauf? Sagen Sie: „Ja, wir schauen weiter zu, wie in unserem Land teilweise sittenwidrige Löhne gezahlt werden und die Menschen dann aufs Amt gehen müssen, weil wir das aus Steuergeldern aufstocken müssen“? Herr Ministerpräsident, ist das Ihre Antwort auf die Fragen dieser Menschen?

(Ministerpräsident Volker Bouffier: Sie wissen ge- nau, dass das falsch ist!)

Nein, das ist nicht falsch. Diese Menschen arbeiten.

(Ministerpräsident Volker Bouffier: Das ist pure dumme Polemik!)

Jetzt sagt der Herr Ministerpräsident, das sei pure dumme Polemik. Herr Ministerpräsident, eine solche Wortwahl richtet sich selbst.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir hatten schon Regierungschefs, die Stil hatten. Auch das ist bei Ihnen jetzt ein bisschen unter die Räder gekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Diese Menschen arbeiten den ganzen Tag und müssen dann noch aufs Amt. Das Geld, das das Amt dann auszahlt, ist Steuergeld. Ist das Ihre Antwort, dass wir in unserem Land mit Steuergeld dauerhaft teilweise sittenwidrige Löhne kompensieren? Herr Ministerpräsident, das kann doch einfach nicht wahr sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen ist es richtig, einen Mindestlohn einzuführen und zu sagen, wir kompensieren es nicht mehr mit Steuergeldern, wenn die Unternehmen zum Teil sittenwidrige Löhne bezahlen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der FDP)

Herr Ministerpräsident, kommen Sie jetzt hierher, und sagen Sie entweder, Sie finden es richtig, dass wir mit Steuergeldern sittenwidrige Löhne kompensieren, oder machen Sie endlich einen Vorschlag. Sie sind nicht als Gießener Klageweib gewählt worden, sondern als Ministerpräsident, um die Probleme unseres Landes zu lösen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Wagner, auch der Begriff „Gießener Klageweib“ ist nichts, was wir hier oben gern hören. Das wissen Sie.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe lange darauf verzichtet!)

Ja, ich habe es gemerkt. – Herr Dr. Spies hat jetzt für 1:29 Minuten das Wort.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Ministerpräsident, reden Sie doch einmal ein bisschen! – Holger Bellino (CDU): Bleiben Sie lieber sitzen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ein bisschen Mäßigung auf der Regierungsbank wäre hilfreich. Herr Ministerpräsident, die Blamage war schon groß genug.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU)

Werfen wir einen Blick auf die Zahlen, die für Hessen vorliegen. Laut des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit hat in Hessen die Zahl der im Niedriglohnsektor Beschäftigten zwischen 1999 und 2010 von 14,4 auf 19,2 % zugenommen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Hört, hört! – Lothar Quanz (SPD): Aha!)

Das ist eine Steigerung um ein Drittel. Herr Ministerpräsident, bei dem Thema wäre ich ganz, ganz leise.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Dr. Wagner, CDU-Fraktion. Sie haben viereinhalb Minuten Redezeit.

(Günter Rudolph (SPD): Der Experte für den Mindestlohn!)

Meine Damen und Herren, wir wollen uns, wenn jemand ans Rednerpult geht, ein wenig die Zurufe verkneifen. Darin waren sich doch alle Seiten einig.

(Zurufe)

Wollen Sie mich heute ärgern?

(Zurufe: Nein!)

Herr Dr. Wagner, bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es nicht anders sagen: Der Auftritt von Herrn Wagner – von den GRÜNEN – ist an Überheblichkeit und Lebensfremdheit nicht zu übertreffen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Wagner, Sie zeichnen seit Jahr und Tag und heute wieder ein Bild, das mit der Realität in Hessen nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.