Protocol of the Session on December 13, 2012

Man muss wirklich mit Augenmaß sehen, wo es Fehlentwicklungen auf dem Arbeitsmarkt gibt. Da wollen wir han

deln, da haben wir die Instrumente. Wenn es Fehlentwicklungen gab, haben wir auch gehandelt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Ministerpräsident.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fand die Debatte außergewöhnlich aufschlussreich. Zunächst fand ich das Verhalten von SPD und GRÜNEN besonders aufschlussreich.

Ich will das hier noch einmal deutlich machen. Frau Kollegin Schott, Linksfraktion – ich habe mir das mitgeschrieben –, hat Ihnen vorgeworfen, es sei erklärtes Ziel von Rot-Grün gewesen, Schröder/Fischer, den Anteil der Armen durch Hartz IV zu erhöhen. Sie hätten die Strategie der Lohnsenkung verfolgt.

Stellen Sie sich einmal vor, das hätte einer von der CDU oder der FDP vorgetragen.

(Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das macht es auch nicht besser!)

Sie hätten sich doch pflichtgemäß empört. Was haben Sie gemacht?

(Wolfgang Decker (SPD): Sie haben nicht zugehört! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Langsam. – Das wollen wir dem Haus nicht vorenthalten. Rot und Grün haben still dagesessen: kein Wort, keine Empörung.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Das ist doch absurd!)

Darauf gibt es zwei ganz einfache Antworten.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Da wächst zusammen, was zusammengehört!)

Diese Antworten für jedermann in Hessen zum Mitschreiben: Entweder Sie stehen zu dem, was Sie selbst verantwortet haben

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie müssen es nötig haben!)

nicht einmal, dass Sie irgendetwas in der Weise dazu sagen können –, oder Sie wollen heute DIE LINKE nicht verärgern und freundlich mit ihnen umgehen. Das ist der Hintergrund.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Was ist das eigentlich für eine stolze sozialdemokratische Partei der Arbeit und der Gerechtigkeit, die den Vorwurf einer Lohnsenkungsstrategie still und ganz bekümmert nach unten guckend im Hessischen Landtag erträgt, ohne ein einziges Wort zu erwidern? Meine Damen und Herren, das ist eine blamable Vorstellung.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist so billig! – Wolfgang Decker (SPD): Vollkommener Blödsinn!)

Das zu Gerechtigkeit und zu sozialem Schwerpunkt. Lieber Herr Dr. Spies, erklären Sie das einmal den Menschen im Lande, dass ausgerechnet Sie nichts erwidern, wo Sie doch in diesem Haus sonst immer so munter sind. Sie bringen nicht einmal einen Zwischenruf fertig, wenn es gerade einmal nicht passt.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ein peinlicher Auftritt für einen Regierungschef! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Sache selbst. Wir streiten in diesem Hause nicht – –

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Regen Sie sich doch nicht so auf, das ist doch die Wahrheit. Ich habe es eben doch gehört. Sie hätten doch alle Chancen gehabt, sich zu äußern.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Peinlicher Auftritt für einen Ministerpräsidenten! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kommen wir zum zweiten Punkt. Wir müssen das in aller Kürze machen, wir haben in der Aktuellen Stunde nur beschränkte Redezeit.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Reden Sie, solange Sie wollen, es wird immer besser!)

Wir streiten nicht darüber, dass wir gemeinsam den besten Weg finden müssen, dass Menschen erstens eine Arbeit bekommen und zweitens einen möglichst guten Lohn.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Solche Politiker in einem so modernen Land!)

Darüber sind wir uns alle einig. Die spannende Frage ist, wie das gehen soll. Dabei unterscheiden wir uns grundlegend. Deswegen habe ich mich auch noch einmal gemeldet, weil ich glaube, dass es weiterhin eine grundlegende Debatte geben wird.

(Wolfgang Decker (SPD): Ist sie schon!)

Ist sie schon, Herr Kollege. – Ich kann alles unterstreichen, was Herr Kollege Rock gesagt hat. Was unterscheidet uns grundlegend? Sie wollen einen gesetzlichen und damit politischen Lohn. Wer einen politischen Lohn will, missachtet die Grundfunktion von Lohn und Arbeit. Die Beispiele in Griechenland, Spanien und Frankreich sind Legende.

(Zuruf von der LINKEN)

Sie könnten, wenn Sie denn an der Regierung wären, im Hessischen Landtag oder im Bundestag irgendeine Summe beschließen. Wenn Sie niemanden finden, der für die konkrete Arbeit diese Summe bezahlt, dann haben Sie einen hervorragenden Beschluss gefasst, der leider in der Praxis keinen einzigen Arbeitsplatz bringt. Das ist das, was Sie nicht verstehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb sagen wir: Die Bundesrepublik Deutschland ist gut damit gefahren. Warum sind wir denn Spitzenreiter in Europa und in der Welt?

(Zuruf des Abg. Wolfgang Decker (SPD))

Weil die Tarifpartner in eigener Verantwortung, die Arbeitnehmer und die Gewerkschaften, ihre Lohnfindung ausgehandelt haben. Das soll auch so bleiben. Stellen Sie sich einmal vor: In diesem Land wird ununterbrochen irgendwo gewählt. Wir hätten in den Parlamenten einen Wettbewerb um den politischen Lohn. Wo soll das denn enden? Ein einheitlicher gesetzlicher Lohn in Deutschland – das habe ich noch nie begriffen.

Wollen Sie in der Uckermark allen Ernstes den gleichen Lohn zahlen wie in Frankfurt am Main? Wozu soll das denn führen? In der Uckermark haben wir bald gar keine Arbeitsplätze mehr, und in Frankfurt wird zu wenig bezahlt.

(Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Ich habe im Deutschen Bundesrat das Beispiel deutlich gemacht. Die Kollegen in Mecklenburg-Vorpommern – lieber Herr Kollege Decker, das wissen Sie doch – kämpfen um das Überleben der Werften. Ich habe ihnen gesagt: Ihr seid zu teuer, niemand bestellt bei euch ein Schiff.

(Wolfgang Decker (SPD): Darüber reden wir doch!)

Ihr wollt einen gesetzlichen Mindestlohn. Dann müsst ihr doch sagen, wie ihr das Problem löst, wenn eure Waren noch teurer werden, sie euch aber niemand abkauft.

(Wolfgang Decker (SPD): Da reden wir nicht über 8,50 €, da reden wir über den Mindestlohn! Reden Sie nicht so scheinheilig! – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Anschließend ist das Ergebnis, dass die Werft schließt.

(Wolfgang Decker (SPD): Wo bleibt denn Ihr wirtschaftspolitischer Sachverstand?)

Lieber Herr Kollege Decker, ich biete Ihnen an, das einmal ausführlicher zu diskutieren. Alle Ihre Aussagen sind falsch. Warum?

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der SPD)

Sie reden von einem Mindestlohn von 8,50 €. Meine Damen und Herren, der durchschnittliche Niedriglohn in der Bundesrepublik Deutschland liegt im Oktober dieses Jahres bei 10,36 €. Wenn Sie also im Bereich des Niedriglohns etwas verändern wollen, dann müssen Sie aber wenigstens höher kommen, als der heutige Durchschnitt ist. Wer gesetzlich 8,50 € beschließt, erreicht nichts.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das ist der Durchschnitt! Haben Sie nicht begriffen, wie der Durchschnitt geht?)