Protocol of the Session on November 20, 2012

Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Abgeordneter, die Investitionsrichtlinien des Landes Hessen können nicht geändert werden, weil sie sich an

bundesrechtliche Vorgaben zu halten haben. Im Hinblick auf die Investitionsrichtlinien des Bundes haben wir zuletzt bei der Frage der Zuteilung von Mitteln auf der Grundlage der Vereinbarungen nach dem Fiskalpakt genau diese Frage diskutiert, kamen aber nicht weiter.

Meine Damen und Herren, damit schließe ich die Fragestunde für heute ab.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Warum, Herr Präsident? Wir haben um 14:30 Uhr angefangen! Warum schließen wir sie jetzt ab? – Gegenruf des Abg. Holger Bellino (CDU): 14:27 Uhr! – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Dann haben wir noch fünf Minuten!)

Ich kann auch ein bisschen früher aufhören. Ich habe mit den beiden Fragen des Kollegen Merz aufgehört und aus zeitökonomischen Gründen die nächste Frage nicht mehr aufgerufen. Insofern ist das vom Verhalten her korrekt. Aber wir können es gerne im Ältestenrat diskutieren. – Herr Wagner.

Herr Präsident, das Fragerecht des Parlaments hat einen hohen Rang in unserer Rechtsordnung und Verfassung und ist nicht disponibel. Wir haben uns im Ältestenrat auf eine Stunde verständigt. Deshalb sollten die Abgeordneten auch Gelegenheit haben, hier zu fragen. Wenn Sie das anders sehen, können wir diese Frage auch gern im Ältestenrat erläutern.

Sehr geehrter Herr Kollege Wagner, die Geschichte dieses Hauses widerspricht dem, was Sie gesagt haben. Schon immer war es so, dass man bei der Fragestunde ein bisschen früher aufgehört hat, wenn es Sinn machte, oder auch ein bisschen länger gemacht hat, wenn es Sinn machte. So haben wir hier immer gehandelt. Es wurden nie genau 60 Minuten in Anspruch genommen. Ich habe auch nichts dagegen, das im Ältestenrat zu diskutieren. Dann müssten Sie den Antrag auf Unterbrechung der Sitzung stellen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Die nächste Frage ist hochinteressant!)

Es gibt viele interessante Fragen. – Dann machen wir erst einmal weiter. Mit Sicherheit wird das auch Thema im Ältestenrat. Aber, wie gesagt, ich werde noch einmal schauen, wie viele Minuten wir in den letzten Monaten hatten, wo bis jetzt kein Mensch Widerspruch eingelegt hat. Sollten wir dazu kommen, dass wir es auf die Minute genau machen, müssen wir das entsprechend im Ältestenrat besprechen.

(Die Fragen 771, 772 und die Antworten der Lan- desregierung sind als Anlage beigefügt. Die Fragen 770 und 773 bis 781 sollen auf Wunsch der Frage- stellerinnen und Fragesteller in der nächsten Frage- stunde beantwortet werden.)

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaften im hessischen Landesrecht – Drucks. 18/6256 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Ich gebe Frau Kollegin Schulz-Asche für die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Alles andere als Gleichstellung ist Diskriminierung. So denken wir GRÜNE schon lange über die Gleichstellung Homosexueller, und so denkt mittlerweile auch ein Großteil der Bevölkerung. Auch im Deutschen Bundestag und vermutlich auch im Hessischen Landtag gäbe es eine deutliche Mehrheit für die Gleichstellungsfragen, wenn da nicht ein paar Hardcore-Konservative in den Reihen der CDU wären, die meinen, die Gleichstellung homosexueller mit heterosexuellen Paaren wäre des Teufels. Dabei wird der Ehe zwischen Mann und Frau nichts dadurch genommen, dass man sie auch für zwei Frauen oder zwei Männer öffnet.

Meine Damen und Herren, der Staat hat kein Recht, Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität zu sanktionieren. Diese Zeit ist überwunden – glücklicherweise.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich will, weil das für uns eine Grundsatzfrage ist, bewusst an den einstimmigen Beschluss des Landtags zur Rehabilitierung der Opfer des § 175 Strafgesetzbuch anknüpfen, auf den wir vor kurzer Zeit noch gemeinsam so stolz waren. Darin haben alle Fraktionen dieses Hauses bedauert, dass Homosexuelle in Deutschland bis 1994 aufgrund ihrer Liebe strafrechtlich verfolgt wurden, und Aufarbeitung verlangt. Ich glaube, es ist nur ein ganz kleiner Schritt, dann auch anzuerkennen, dass es falsch ist, diese Liebe zivilrechtlich zu sanktionieren.

Seit 2010 ist das nach langem Widerstand auch in Hessen beschlossen worden, allerdings leider nicht rückwirkend. Bereits damals wurde gerne darauf verwiesen, die Betroffenen der Jahre zuvor könnten ihre Rechte einklagen. Nun, genau das ist jetzt passiert. Im Juli hatte nach dem Europäischen Gerichtshof auch das Bundesverfassungsgericht entsprechend geurteilt. Im Hessischen Landtag ist seither allerdings nichts geschehen. Deshalb bringen wir GRÜNE den vorliegenden Gesetzentwurf ein, der diese ausstehende Rückwirkung endlich beinhaltet. Es ist doch völlig unzumutbar, dass Beamtinnen und Beamte ihre Rechte auf dem Klageweg durchsetzen müssen, weil die politisch Verantwortlichen ihren Pflichten nicht nachkommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Bitte verweisen Sie jetzt nicht auf das Dienstrechtsmodernisierungsgesetz. Da liegt dem Landtag bis heute nichts vor. Unser Gesetzentwurf macht es allen, die die Verfassungsgerichtsurteile endlich umgesetzt sehen wollen, ganz leicht. Sie können einfach nur zustimmen. Ich freue mich schon auf die Anhörung. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Herr Abg. Heinz für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie können vollkommen sicher sein: Auch die CDU-Fraktion wird die erforderlichen Anpassungen im Beamtenrecht vornehmen, sofern sie uns vom Bundesverfassungsgericht aufgegeben sind. Wir stellen aber schon bei Durchsicht des GRÜNEN-Entwurfs fest, dass der Entwurf rechtlich unzureichend ist. Er räumt die bestehende Benachteiligung nicht umfassend aus. Uns ist schon vor dem Gesetzgebungsverfahren aufgefallen, dass z. B. zum Umzugskostenrecht und anderen Nebengesetzen keine Regelungen enthalten sind. Wir werden deshalb als Koalition zeitnah – Frau Schulz-Asche hat es dankenswerterweise angesprochen – dem Landtag einen Gesetzentwurf für ein Zweites Dienstrechtsmodernisierungsgesetz vorlegen, in dem all diese Fragen umfassend behandelt sind. Damit springen wir nicht zu kurz, sondern präsentieren dem Landtag nach gründlicher Vorarbeit einen Gesetzentwurf, der all diese Fragen rechtlich zutreffend und umfangreich regeln wird.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was heißt „zeitnah“?)

Für uns gilt bei diesem Punkt: Gründlichkeit geht hier vor Schnelligkeit. – Beim GRÜNEN-Entwurf gilt: Er ist zwar gut gemeint, aber er ist noch nicht vollkommen gut gemacht.

In der Sache sind wir also nicht weit auseinander. Wir werden im weiteren Gesetzgebungsverfahren zwei Entwürfe nebeneinanderliegen haben und miteinander feststellen, welcher Entwurf länger trägt und welcher die Vorgaben der Verfassungsrechtsprechung in ausreichendem Maße umsetzt.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dann müssen Sie aber schnell machen!)

Dabei will ich es heute bewenden lassen. Ich stelle abschließend noch einmal fest: Auch wir halten uns an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Wir werden all das aufgreifen, was uns Karlsruhe aufgegeben hat, in einen Gesetzestext gießen und dann alles gemeinsam im Ausschuss miteinander beraten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Hofmann für die SPD-Fraktion. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist höchste Zeit, die Diskriminierung homosexueller Lebenspartnerschaften in unserem Land zu beenden. Dies gilt insbesondere in der Beamtenbesoldung und der gesamten Versorgung, wo im Landesrecht noch viele Defizite zu verzeichnen sind.

Nach vielen, vielen Jahren der Debatte gibt es immer noch keine umfassende Gleichstellung von Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern mit Eheleuten. Herr Heinz, Ihre Worte

höre ich wohl, aber mir fehlt der Glaube, dass Sie wirklich gewillt sind, eine umfassende Gleichstellung in diesem Land zu realisieren.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Das haben wir doch immer gesagt!)

Dabei wissen wir, eingetragene Lebenspartner begründen eine auf Dauer angelegte Lebens- und Schicksalsgemeinschaft. Sie wollen ihre auf Liebe gegründete Verbundenheit durch die Lebenspartnerschaft genauso verfestigen, wie dies Eheleute tun wollen. Sie versprechen sich gegenseitig Beistand, Fürsorge und Verantwortung für den gemeinsamen Lebensweg, und das wird auch durch gesetzliche Pflichten normiert.

(Christian Heinz (CDU): Unstreitig!)

Deshalb ist die von uns favorisierte und auch vom Bundesverfassungsgericht geforderte Gleichbehandlung nur konsequent und muss endlich umgesetzt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Christian Heinz (CDU): Auch unstreitig!)

Meine Damen und Herren, Fakt ist, dass wir in Hessen dabei leider Schlusslicht sind. Das waren wir im Vergleich zu anderen Bundesländern immer. Ich will daran erinnern, dass Sie sich erst durch entsprechende Gesetzesinitiativen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD aus dem Jahr 2009 dazu haben durchringen können, 2010 ein Landesgesetz auf den Weg zu bringen. Wir als SPD haben aber bereits 2009 ein Landesgesetz auf den Weg gebracht, das zum Ersten in den einzelnen Rechtsgebieten die umfassende Gleichstellung herbeiführen wollte und zum Zweiten die Rückwirkung vorsah, nämlich für verpartnerte Beamte und Richter rückwirkend zum 03.12.2003. Warum diese Rückwirkung, warum dieses Datum? – Weil wir schon damals ausdrücklich auf die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie Bezug genommen haben, die in Art. 18 Abs. 1 eine entsprechende Vorschrift enthält und Ansprüche im Bereich der Beamtenbesoldung, der Beihilfe und des Versorgungsrechts genau für die Anspruchsberechtigten vorsieht.

Meine Damen und Herren, für uns als SPD-Fraktion gilt ganz klar: Ein bisschen gleich geht nicht. Gleich ist gleich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb unterstützen wir ausdrücklich den Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Da möchte ich an das anknüpfen, was Frau Schulz-Asche gesagt hat: Es kann doch nicht sein, dass die betroffenen Beamtinnen und Beamten ihr Recht erst vor Gericht einklagen müssen, mühevoll den Prozessweg beschreiten müssen und wir damit unsere Justiz, unsere Gerichte noch weiter belasten. Außer Absichtserklärungen und Lippenbekenntnissen ist von dieser Landesregierung in dem Bereich leider sehr wenig passiert, auch wenn Sie, Herr Heinz, jetzt etwas anderes behauptet haben.

Die Rechtsprechung hat in den letzten Jahren wegweisende Entscheidungen hervorgebracht, etwa zum Familienzuschlag oder zur Grunderwerbsteuer. Da sind der Europäische Gerichtshof und das Bundesverfassungsgericht im Einklang marschiert und haben der Politik ein bisschen vorgegeben, was sie zu tun und vielleicht auch zu unterlassen hat.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, die SPD steht für ein weltoffenes, tolerantes und diskriminierungsfreies Hessen. Mit diesem Gesetz wird die Diskriminierung von homosexuellen Menschen bestimmt nicht ganz beseitigt werden. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir mit diesem Gesetz einen Schritt in Richtung Ende der Diskriminierung vorangehen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Das Wort hat Herr Dr. Wilken für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Schwulen und Lesben in unserem Land sind die gleichen Rechte viel zu lange verwehrt geblieben und bleiben es bis heute. Es ist nach wie vor eine Frage der Zeitläufe – Vorrednerinnen haben bereits darauf hingewiesen –: Das gleiche Recht steht ihnen auch nach bundesdeutschem Recht eigentlich seit 2001 zu. Die Bundesregierung meint, seit 2003. Hessen meint, 2010 reicht. Als wir 2010 das Gesetz beraten haben, haben wir Rednerinnen und Redner von der Opposition von diesem Pult aus verlangt, dass es rückwirkend gelten muss. Sie von den Regierungsfraktionen haben das verwehrt, sodass an diesem Gesetzentwurf, den wir heute das erste Mal beraten, nur eines erstaunlich ist, nämlich dass er von den GRÜNEN kommen muss und Ihnen von den Regierungsfraktionen das zweieinhalb Jahre später immer noch keinen Gesetzentwurf wert ist.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Heinz, wenn Sie uns jetzt glauben machen wollen, dass es nicht mehr um Diskriminierung geht, sondern nur um das normale Geschäft der Hessen-CDU, alles auf die lange Bank zu schieben und zu hoffen, dass es weggeht, dann haben Sie sich getäuscht; das glauben wir Ihnen nicht.

Eine letzte Bemerkung von meiner Seite. Alles auf spätere Gesetzentwürfe zu schieben, die irgendwann einmal von Ihnen kommen und dann eventuell sogar noch der Diskontinuität anheimfallen, das wird nicht mehr gehen. Sie sind am Ende. – Danke.