Ich sage: Es ist sehr wohl möglich, auf diese Art und Weise mit einer öffentlich-rechtlichen Institution die zentralen Aufgaben darzustellen, die in der Zusammenarbeit von Bund und Ländern notwendig und vorgeschrieben sind.
Der entscheidende Punkt, meine Damen und Herren, lautet: Wir wollen mit dieser Informations- und Dokumentationsstelle wissenschaftlich arbeiten. Es soll mit den verschiedenen Phänomenen wissenschaftlich umgegangen werden. Das ist der Gegensatz zu konspirativ, wie jetzt durch den Verfassungsschutz.
Der Gegensatz zu dem Geheimhalten ist die Herstellung von Öffentlichkeit. Wir wollen eine öffentliche Kontrolle statt Geheimgremien an dieser Stelle durch den Beirat schaffen. Und wir wollen selbst da, wo es derzeit zwingend vorgeschrieben ist, hergehen und eine tatsächliche parlamentarische Kontrollkommission vorsehen – die ist auch im Gesetz enthalten –, die aber zumindest so groß ist, dass sie nicht nur aus fünf Personen besteht, sondern letztendlich aus 17, also dem entsprechend, was wir immer gesagt haben: Eigentlich gehört das Thema in einen Ausschuss.
Wenn überhaupt etwas zu kontrollieren ist, muss das von mehreren Leuten kontrolliert werden, damit sie auch kontrollierbar sind. Und es muss eine weitestgehende öffentliche Debatte statt Geheimniskrämerei stattfinden.
Das ist der Punkt, wo wir nicht konzessionsbereit sind. Aber ich sage noch einmal dazu: Wir laden alle ein, mit uns über unseren Gesetzentwurf konstruktiv zu diskutieren, um Fragen und Formulierungen, die im Gesetz noch konkretisierbarer sind, auch tatsächlich zu präzisieren. Aber das muss man wollen.
Wenn man es nicht will, bleibt man auf der jetzigen Ebene stehen. Dann geht es offenbar um nichts anderes als den Erhalt des Status quo, bestenfalls um Reförmchen an der bisherigen Kontrolle des Verfassungsschutzes. Meine Damen und Herren, Sie können sich nicht hierhin stellen und sagen, der Verfassungsschutz wäre auf der Grundlage dieser NSU-Morde ein Frühwarnsystem gewesen.
Herr Minister, ich kann nicht nachvollziehen, wenn Sie sagen, er sei ein Frühwarnsystem im Hinblick auf die NSU-Morde gewesen. Er war kein Frühwarnsystem. In vielen anderen Fällen, von denen wir nicht wissen, war er es offenbar nicht. Den Beleg dafür haben Sie in dieser Debatte zu erbringen und nicht wir.
Danke, Herr Schaus. – Herr Frömmrich, Sie haben Gelegenheit, für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erneut das Wort zu ergreifen.
Ich will nur an dem Punkt auf etwas eingehen, was der Innenminister vorgetragen hat. Herr Innenminister, so einfach können Sie es sich nicht machen. Ich habe eine klare Auffassung davon, was den Gesetzentwurf der Linkspartei angeht. Ich halte ihn nicht für zielführend. Ich glaube auch nicht, dass er uns in der Frage weiterhilft. Ich glaube aber, dass man sich als Innenminister nicht einfach hier vorne hinstellen und nach dem Motto sagen kann: Von euch brauchen wir keine Ratschläge, und von euch brauchen wir auch keine Initiativen; wir machen es schon selbst.
Der Beweis dafür wird uns seit Monaten geliefert. Es ist eben nicht der Fall, dass sich das System reformiert, an sich selbst arbeitet und Vorschläge erbringt, wie etwas gemacht wird. Herr Innenminister, was wir tagtäglich erleben, ist, dass immer wieder Neues in diesem Zusammenhang auf den Tisch des Hauses kommt, dass wichtige Berichte und Dokumente nicht an parlamentarische Kontrollgremien weitergeleitet werden. Wir in Hessen haben damit zu tun, dass eine parlamentarische Kontrollkommission überhaupt nicht über wichtige Ereignisse, die stattgefunden haben, und über wichtige Erkenntnisse informiert worden ist, die es im Zusammenhang mit dem Mord an Halit Yozgat in Kassel gegeben hat.
Von daher kann man es sich nicht so einfach machen und sagen: Es ist alles in Ordnung; wir brauchen von euch keine Nachhilfe. – Herr Innenminister, so geht es nicht.
Die Frage des Frühwarnsystems finde ich eine interessante Diskussion. Ich muss dem Kollegen Schaus ausnahmsweise einmal recht geben. Im Zusammenhang mit dem Rechtsextremismus und mit dem, was wir diskutieren, was die NSU-Morde angeht, hat dieses Frühwarnsystem versagt. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen. Das ist die Erkenntnis, die wir bisher aus den Akten und den Untersuchungsausschüssen gezogen haben.
Für andere Bereiche stimmt es ausdrücklich nicht. Ich finde, so kann man auch nicht Politik machen, Herr Kollege Schaus. Man kann sich nicht einen Extremismusbereich wie den Rechtsextremismus herausnehmen und anhand dieses Rechtsextremismus argumentieren, aber vollkommen außer Acht lassen, dass wir es mittlerweile nach dem 11. September – wir haben gerade den Jahrestag gehabt – mit extremistischen Bedrohungen islamistischer Art, salafistischer Art zu tun haben, auch mit Linksextremismus. Das darf man nicht außen vor lassen und kann nicht nach dem Motto argumentieren: Es geht im Prinzip nur um eine Richtung des Extremismus, und dafür stricken wir jetzt noch eine Dokumentationsbehörde.
Das geht nicht, und deswegen greift das ausdrücklich zu kurz. Deswegen glaube ich – das ist mein Appell an den Innenminister –, dass wir in dieser Frage gut beraten sind, die Erkenntnisse, die wir sowohl aus unserem eigenen Erleben hier in Hessen als auch aus dem haben, was die parlamentarische Kontrolle angeht und was die Arbeit des Verfassungsschutzes und die Weitergabe von Informationen anbelangt, als auch die Erkenntnisse, die in Berlin gesammelt werden, zum Anlass zu nehmen, darüber nachzudenken, was für einen Reformbedarf wir im Bereich des Verfassungsschutzes in Hessen haben.
Es sind doch nicht die Oppositionsfraktionen in Berlin, die diese Fragen und auch die Frage nach der Zukunft der Sicherheitsbehörden stellen. Schauen Sie sich die Stellungnahmen des Kollegen Binninger an, der für die CDU/ CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag der Obmann in diesem Untersuchungsausschuss ist, und wie er bewertet hat, dass die Akten vom MAD nicht herausgegeben worden sind. Das ist doch ein weiterer Beweis dafür, dass man über die grundsätzliche Aufstellung und den grundsätzlichen Geist, den diese Geheimdienste atmen und der diesem System innewohnt, einmal nachdenken muss.
Herr Greilich, selbst eine Bundesjustizministerin kommt damit, dass man den MAD abschaffen muss. Von daher ist das, was Sie in Richtung rechts-links spielen, ein bisschen kurz gegriffen. Wir sollten uns Zeit nehmen, diesen Themenkomplex ordentlich aufzuarbeiten. Das sind wir im Übrigen auch den Opfern dieser NSU-Morde schuldig. Das ist unsere Pflicht und Schuldigkeit, die wir als Parlamentarier hier zu erfüllen haben.
Danke schön, Herr Frömmrich. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Ende der ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE für ein Hessisches Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben zum Schutz der Verfassung und zur Auflösung des Landesamtes für Verfassungsschutz.
Zur Vorbereitung der zweiten Lesung soll der Gesetzentwurf an den Innenausschuss überwiesen werden. – So beschlossen.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes (HSchG) – Drucks. 18/6187 –
Ich habe eine Wortmeldung vorliegen von Frau Kollegin Ravensburg, CDU. Siebeneinhalb Minuten Redezeit.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! CDU und FDP bringen heute das Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes in den Landtag ein, das von den Eltern und Schulen mit großer Aufmerksamkeit beobachtet wird.
Zukünftig können in Hessen die Gymnasien über ihre Schulkonferenzen im Einvernehmen mit dem Schulträger genau wie bereits die kooperativen Gesamtschulen selbst entscheiden, ob sie bei G 8 bleiben oder zu G 9 zurückkehren wollen.
Meine Damen und Herren, heute stellen wir die Weichen, dass durch die Änderung des Schulgesetzes bereits ab dem kommenden Schuljahr die ersten Schulen starten können. Schon die Ankündigung dieser Möglichkeit durch Ministerpräsident Volker Bouffier auf dem Landesparteitag der hessischen CDU wurde von ganz vielen Eltern begrüßt. Die Eltern wollen auch an den Gymnasien die Wahlmöglichkeit haben, ob sie ihre Kinder in den G-8- oder G-9Bildungsgang anmelden.
Wir haben zugehört, und wir werden die Wahlmöglichkeit schaffen. Nicht erfreut von unserer Gesetzesinitiative ist allerdings die hessische SPD. Frau Habermann, da brauche ich Ihre Rede gar nicht erst abwarten.
Dass die Gymnasien zu G 9 zurückkehren können, können Sie nicht kritisieren. Also monieren Sie in Ihren Presseerklärungen, dass G 8 nicht ganz abgeschafft wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen, aber genau das wollen die hessischen Eltern nicht.
Gleichzeitig ziehen Sie, ebenso wie Ihre Kollegen der Opposition, alle Register als Bedenkenträger, was die Umsetzung der Wahlfreiheit an den Gymnasien betrifft. Die SPD ist auch nicht der Experte für Wahlfreiheit. Das kann man von einer Partei, die die Einheitsschule für alle fordert, auch nicht erwarten.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Ich wünsche mir Herrn Irmer zurück, und zwar sofort!)
Die Eltern sollen aber durch Ihre Diskussionsbeiträge nicht verunsichert werden. Deswegen werde ich die Kernaussagen, die mit dieser heute beginnenden Gesetzesänderung verbunden sein werden, zusammenfassen.
Alle Gymnasien Hessens werden zukünftig selbst entscheiden können, welchen Weg sie gehen, ob es G 8 oder G 9 sein wird. Die Gymnasien werden sich auch weiterhin für den Bildungsgang G 8 entscheiden können. Wir unterstützen das Kultusministerium und die Ministerin in der Absicht,
den Schulen überall in Hessen Hilfestellung zu geben, wie sie den G-8-Bildungsgang weiter optimieren können, um die Belastungen der Schülerinnen und Schüler zu reduzieren. Das ist uns ganz besonders wichtig. Dabei geht es z. B. um die Erteilung der Hausaufgaben oder die Einführung der Bildungsstandards.
Die CDU wird auch in Zukunft für Schulvielfalt und Wahlfreiheit der Eltern stehen. Deshalb soll es den Schulen ermöglicht werden, beide Bildungsgänge parallel laufen zu lassen, natürlich aber immer nur, wenn es die Schulgemeinde will.
Eine zweite Tatsache kommt hinzu. Viele Eltern wünschen weiterhin die Unterrichtung ihrer Kinder in G 8. Wenn aber die einzige Schule mit einem G-8-Angebot im Umkreis von 20 km auf G 9 wechselt, hätten diese Eltern und diese Kinder keine Möglichkeit mehr dazu. Deshalb wollen wir mit einem Modellversuch erreichen, dass einige Schulen beide Bildungsgänge parallel anbieten.
Das ist insbesondere dort interessant, wo die nächste Schule eben nicht, wie es in Frankfurt der Fall ist, gleich um die Ecke liegt. So werden auch die Eltern im ländlichen Raum, wo es große Entfernungen zu den Schulen gibt, weiter zwischen G 8 und G 9 wählen.
Herr Al-Wazir, Sie denken bitte auch an die Turboklassen, die wir bereits hatten, die erprobt sind und die prima funktioniert haben.