Protocol of the Session on June 28, 2012

In Hessen werden monatlich 18,5 Millionen € verspielt. Das ist ein Fakt, den hier keiner ernsthaft bestreitet. Da erhebt sich die Frage: Wie gehen wir mit der Problematik um?

In den letzten Jahren ist da in den Städten viel passiert. Denn die rechtlichen Rahmenbedingungen waren so, dass die Ordnungsämter der Städte die Genehmigung teilweise gar nicht verweigern konnten. Das geschah dann mit all den entsprechenden Konsequenzen. Ich glaube, darüber besteht im Hause Einvernehmen. Man muss da die Rahmenbedingungen verändern.

Sie haben ein Beispiel genannt. Damit kann man offen umgehen. Natürlich gibt es auch in kleineren Kommunen einen Verdrängungswettbewerb. Die sagen: Da kann ich Gewerbesteuereinnahmen rekrutieren. – Ja, das ist ein Problem. Die Folgen tragen wir dann alle.

Ich würde das heute auch anders angehen, als ich es damals gemacht habe. Wenn ich mir die Zahlen anschaue, die zeigen, was sich in den letzten fünf oder sechs Jahren entwickelt hat, komme ich zu dem Ergebnis, dass das so nicht mehr hinnehmbar ist. Das ist selbst dann der Fall, wenn das ein einzelner Gemeindevertreter oder Stadtverordneter vor Ort möglicherweise anders sieht. Zu der Diskussion gehört auch dazu, dass man aus den Fehlentwicklungen lernt.

Deswegen bleibt es dabei: Der Gesetzentwurf ist falsch.

(Zuruf des Abg. Helmut Peuser (CDU))

Herr Peuser, ja, daraus muss man lernen. Ich finde es nicht schlimm, dass Politiker bereit sind, ihre Meinung zu ändern. Das ist ein Zeichen des Einverständnisses und der Vernunft. Das vermisse ich auf Ihrer Seite dazu.

Ich will das noch einmal sehr deutlich machen. In der „Frankfurter Rundschau“ von heute wird über die Debatte am Dienstag berichtet. Das befindet sich auf der Seite R 4. Auf der Seite R 5 findet sich eine „schöne“ Anzeige. Da steht:

Neueröffnung – Das Casino der Superlative

(Minister Boris Rhein: Aber nicht bei uns!)

Erleben Sie Spielvergnügen auf höchstem Niveau und das rund um die Uhr.

Wir müssen einmal schauen, ob das überhaupt zulässig ist.

Zutritt ab 21 Jahren.

Das ist in Diedenbergen. Ich nehme an, das ist WiesbadenDiedenbergen. Ich glaube, Geschäftsführer ist der ehema

lige Bundesligaschiedsrichter Lutz Wagner. Was will ich damit sagen?

(Zurufe)

Einverstanden. – Es ist egal, wo das liegt.

(Weitere Zurufe)

Hier steht Diedenbergen. Das ist jetzt egal. – Diedenbergen steht als Beispiel dafür, dass es da ein Problem gibt. Das wollte ich für die, die es beim ersten Mal noch nicht verstanden haben, damit dokumentieren. Das Problem ist: Wir müssen die Voraussetzungen bekämpfen, damit sich die Spielhallen nicht weiter ausbreiten.

Der Gesetzentwurf der Landesregierung wurde an einer Stelle etwas verändert. Bisher war eine Übergangsklausel von 15 Jahren vorgesehen. Jetzt sagen Sie, es soll einen Bestandsschutz für fünf Jahre geben, und in Ausnahmefällen sollen es weiterhin 15 Jahre sein.

Wir haben nachgefragt, was denn die Ausnahmefälle sind. Der Vertreter der FDP-Fraktion hat dann gesagt, man müsse aufpassen, dass das nicht sittenwidrig sei. Es könnten langfristige Mietverträge abgeschlossen worden sein. – Wahrscheinlich wird die Ausnahme die Regel sein. Denn in aller Regel gibt es keine kurzfristigen Mietverträge. Das ist also keine echte Verbesserung.

Nahezu alle Experten waren sich einig, dass der vorgelegte Gesetzentwurf der Landesregierung nicht dem Ansatz gerecht wird, die Spielsucht einzudämmen. Wir müssen das Spielen in Spielhallen unattraktiver machen. Wir brauchen deswegen einheitliche Rahmenbedingungen, damit kein Wettbewerb der Kommunen untereinander stattfindet.

Deswegen gibt es nur eine folgerichtige Konsequenz: Den schlechten Gesetzentwurf lehnen wir ab. Das ist der der Landesregierung, die von CDU und FDP getragen wird. Dem Gesetzentwurf der Fraktion der GRÜNEN stimmen wir zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Rudolph, vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Hermann Schaus für die Fraktion DIE LINKE.

(Zurufe)

Ich will das jetzt auch einmal für das Protokoll festhalten: Diedenbergen gehört zu Hofheim, Main-Taunus-Kreis, Hessen, Bundesrepublik Deutschland, Europa.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was Herr Kollege Rudolph vorgetragen hat, ist in der Tat so. Das macht noch einmal deutlich, dass das Problem der Spielhallen und der Spielhallenkomplexe in der Tat eines ist, das mit dem Gesetz bekämpft werden soll und auch bekämpft werden muss.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Der verehrte Herr Innenminister hat in der Debatte zur zweiten Lesung vor zwei Tagen in sehr anschaulicher Weise dargestellt, welchen Wildwuchs es derzeit schon bei den Spielhallen gibt. Er hat das am Beispiel der Gemeinde Edermünde gemacht. Dort gibt es einen Komplex mit 48 Spielgeräten. Das sind quasi vier Spielhallen in einem Ge

bäude. Er hat das zu Recht hier sehr detailliert dargestellt und kritisiert.

Meine Damen und Herren, anschließend hatten wir Ausschussberatung. Natürlich hat mich diese Ernsthaftigkeit, haben mich diese eindringlichen Worte des Herrn Innenministers so beeindruckt, dass ich der Meinung war, man müsse nochmals genau in den Gesetzentwurf hineinschauen, um diesen Zustand, den er zu Recht beschrieben und kritisiert hat, nicht weiter zu ermöglichen. Denn in dem jetzt uns vorliegenden Gesetzentwurf ist sehr wohl die Möglichkeit gegeben, solche Komplexe weiter zu betreiben und aufrechtzuerhalten – genauso, wie es möglich ist, durch eine Entscheidung der betroffenen Kommunen den schon sehr geringen Mindestabstand von 300 m noch weiter zu unterschreiten.

Nach den eindringlichen Worten des sehr verehrten Innenministers bin ich eigentlich davon ausgegangen,

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

dass im Ausschuss alle der von mir beantragten Änderung zustimmen, wonach den Kommunen in Zukunft nicht mehr das Recht gegeben werden sollte, solche Zustände durch Ausnahmegenehmigungen herzustellen bzw. weiter zu erhalten.

Meine Damen und Herren, wenn Sie es erlebt hätten, wie da von Regierungsseite argumentiert wurde – Herr Bauer, es war wirklich bühnenreif, in welcher Art und Weise plötzlich die Selbstverwaltung der Kommunen bemüht werden musste, um es zu rechtfertigen, dass diese Möglichkeit der Ausnahmegenehmigung im Gesetz erhalten bleibt. Das war für mich sehr entlarvend.

Deshalb sage ich: Sie schaffen hier absichtsvoll ein Gesetz, das Reglementierungen enthält, die in vielen Fällen – nicht in allen, aber in vielen – letztendlich durch Entscheidungen der Kommunen unterlaufen werden können. Das ist die Qualität Ihres Gesetzes. Das haben Sie neu ins Gesetz hineingeschrieben.

Mit anderen Worten: Die Automatenindustrie hat doppelt gesiegt. Öffentlich verkünden Sie eine Verschärfung des Gesetzes und eine Bekämpfung der Spielsucht – realiter aber, das haben Sie in der Diskussion unter Beweis gestellt, findet das gar nicht statt.

Meine Damen und Herren, das findet auch deshalb nicht statt, weil Sie eine Übergangsregelung von 15 Jahren vorgesehen haben. Das heißt, wenn man es genau betrachtet, greift dieses Gesetz frühestens nach 16 Jahren. Erst dann kann es dazu führen, dass die jetzige Spielhallendichte verringert wird – was doch tatsächlich wünschenswert ist.

Meine Damen und Herren, einem solchen Gesetz können und wollen wir nicht zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist jetzt aber sehr bedauerlich!)

Herr Bauer hat das völlig falsch dargestellt. Deshalb will ich hier nochmals einen wichtigen Aspekt aufzeigen.

Ich habe nachgefragt, inwieweit dieses Gesetz tatsächlich umgesetzt werden wird, wenn es zum 1. Juli in Kraft tritt. Herr Bauer, ich habe keinen Antrag im Sinne der Automatenindustrie gestellt, dieses Gesetz später in Kraft treten zu lassen.

Herr Schaus, Sie müssen zum Schluss kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Das ist schlichtweg die Unwahrheit, was Sie hier gesagt haben.

(Minister Boris Rhein: Ojojoj!)

Das weise ich mit Entschiedenheit zurück.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schaus. – Das Wort hat der Abg. Greilich, Vorsitzender der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde jetzt nicht alles das vortragen, was wir schon mehrfach debattiert haben, zuletzt vor rund 48 Stunden. Ich werde mich auf das beschränken, was sich seitdem getan hat.

Kollege Rudolph hat darüber berichtet, dass er im Ausschuss noch einige Fragen gestellt hat, leider aber die Antwort nicht – akustisch oder wie auch sonst – richtig wahrgenommen hat. Deswegen will ich es hier noch einmal erläutern.