Es gibt noch weitere Unterstützer. Herr Kollege Roth hat vor einigen Wochen eine Massenpetition „Stoppt den Verkauf der Nassauischen Heimstätte“ übergeben. Mit Stand 28. Mai 2012 wollen über 3.000 Petenten, davon 2.215 aus Hessen, den Verkauf verhindern.
Aufgrund seiner Anwesenheit gehe ich davon aus, dass Herr Finanzminister Schäfer für die Landesregierung zu diesem Punkt reden wird. Ich weiß nicht, ob Sie sich einmal das durchgelesen haben, was die Petenten schreiben. Ich möchte daraus einiges zitieren.
Die Leidtragenden des Verkaufs der Landesanteile der Nassauischen Heimstätte werden einmal mehr die Mieterinnen und Mieter sein. Es ist obszön, dass die CDU/FDP-Landesregierung sich weigert, die Zurverfügungstellung von preiswertem Wohnraum nicht als Kernaufgabe des Landes anzusehen.
Sozialer Wohnungsbau, Landesentwicklung, kommunale Entwicklung, Sozialmanagement und bezahlbarer Wohnraum sind schon immer Landespolitik gewesen und waren auch der Grund, warum die Nassauische Heimstätte/Wohnstadt von der Politik ins Leben gerufen wurde. Bitte in den Gründungsvertrag schauen. Danke.
Ich habe den Eindruck, die FDP will auf Teufel komm heraus ein wirtschaftliches Unternehmen zerstören, nur weil es etwas für die ärmeren Menschen tut.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Günter Ru- dolph (SPD): Genau so ist es!)
Da schütteln Sie den Kopf. Sie gehören doch der Wirtschaftspartei an. Wer sich hinstellt und sagt, er wolle ein gesundes Unternehmen, das schwarze Zahlen schreibt, zerschlagen, der muss sich auch sagen lassen, dass es bei ihm mit der wirtschaftlichen Kompetenz nicht so weit her ist.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Tarek Al-Wazir und Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Es geht um ärmere Menschen. In der Tat liegt das Durchschnittseinkommen der Mieter der Nassauischen Heimstätte bei 1.450 €. 40 % der Mieter sind älter als 60 Jahre.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das mag nicht Ihre Zielgruppe sein. Aber als Teil der Landesregierung und als Teil der sie tragenden Fraktionen haben Sie eine Gesamtverantwortung für das Land. Bei Ihrer Aktion in dieser Angelegenheit vermisse ich, dass Sie sich dieser Gesamtverantwortung für das Land stellen.
Der scheidende Wirtschaftsminister hat eh ein gebrochenes Verhältnis zum Wohnungsbau. Alles, was in den letzten Jahren veranstaltet wurde, war kontraproduktiv und hat das Land nicht weitergeführt.
Sie haben die Fehlbelegungsabgabe nach mehrmaligem Hin und Her abgeschafft. Sie haben bei den Förderbedingungen der WIBank keine Akzente gesetzt. Was man momentan zu dem Entwurf für ein hessisches Wohnraumfördergesetz hört, ist, um es einmal vorsichtig zu sagen, das Papier nicht wert, auf dem es steht.
Wohnungspolitik ist nicht Ihr Ding. Denn Sie sind nicht in der Lage, eine strukturierte und dem Gebot des Sozialstaats folgende Politik zu machen.
Der zweite Grund, warum Sie scheitern werden, ist das dilettantische Vorgehen in der Sache. Ich sagte es schon: Nachdem Finanzminister Schäfer im Dezember 2011 die Katze aus dem Sack gelassen hat, hat er sich einen Korb nach dem anderen geholt. Der Verkauf an die Helaba wurde abgelehnt. Danach kam der Finanzminister auf die Idee, dass die Erstellung eines Wertgutachtens sinnig wäre. Herr Finanzminister, wenn man einen Verkauf auch nur andenkt, ohne Kenntnis zu haben, was denn das, was man da verkaufen will, eigentlich wert ist, dann kann man, glaube ich, mit Fug und Recht sagen, dass das dilettantisches Vorgehen ist.
In den letzten Wochen überschlugen sich die Nachrichten. So wurde der Versuch, den Verkauf an den Sparkassenund Giroverband Hessen-Thüringen vorzubereiten, öffentlich. Dafür hätte die große Kreditlinie mit einer Landesbürgschaft abgesichert werden müssen.
Ich sage für die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag: Mit uns wird es keinen Verkauf auch an den Sparkassenund Giroverband Hessen-Thüringen geben.
Die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Vor wenigen Tagen gab es dann die Absage, die Frankfurter Anteile an der Nassauischen Heimstätte an die ABG Frankfurt Holding GmbH zu veräußern. Offensichtlich ist dieses Ansinnen im Magistrat der Stadt Frankfurt auch durch die Stimmen der GRÜNEN gescheitert.
Es gibt noch ein schönes Gerücht. Das wird Herrn Schmitt und andere freuen. Es gibt das Gerücht, dass die Landesregierung den Schutzschirm irgendwie finanzieren muss und deshalb die Nassauische Heimstätte verkaufen will. Meine sehr verehrten Damen und Herren, was ist denn das für ein Vorgehen, das Sie hier in Hessen präsentieren? – Das ist Dilettantismus. Deshalb sage ich: Nehmen Sie von dem Abstand, was Sie hier angerührt haben. Ihr Handeln zeugt nicht von zielgerichtetem Vorgehen.
Ich hätte noch einige Punkte, die zeigen, was bei der Landespolitik jetzt produktiv im Hinblick auf das Wohnen geschehen müsste. Wir werden genug Möglichkeiten haben, darüber zu diskutieren. Ich sehe nicht, dass die Landesregierung die Kraft dazu hat, das alles anzupacken. Aber der erste Schritt könnte sein: Stoppen Sie den Verkauf der Nassauischen Heimstätte. – Danke schön.
Herr Kollege Siebel, vielen Dank. – Herr Klose, bevor ich Sie gleich aufrufen werde, freue ich mich, Herrn Pfarrer Weber aus Heusenstamm begrüßen zu können, der heute Morgen die Andacht hielt. Seien Sie uns willkommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Leider ist aktive Wohnungspolitik für diese Landesregierung zum Fremdwort geworden. Die Wohnungspolitik interessiert Sie immer nur an zwei Stellen: entweder wenn Sie, à la FDP, die Chance sehen, weiteren Raubbau an der sozialen Infrastruktur des Landes zu begehen, oder wenn Sie, wie im Fall der Nassauischen Heimstätte, die Gelegenheit wittern, den schnellen Euro zu machen.
Das ist aber keine Wohnungspolitik. Das ist blinde Zerstörungswut. Denn Sie entziehen sich damit der Verantwortung für die Menschen, die auf solchen bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind. Das scheint inzwischen leider auch für die Union zu gelten. Auch deshalb wird es Zeit, dass sich in diesem Land etwas dreht.
Schauen wir uns das einmal im Einzelnen an. Ich knüpfe gerne da an, wo Herr Kollege Siebel aufgehört hat. Das war die Nassauische Heimstätte/Wohnstadt.
Herr Minister Schäfer, Sie haben mit Ihrem Interview in der Vorweihnachtszeit maximalen Schaden angerichtet. Seither herrschen bei den Mieterinnen und Mietern in über 60.000 Wohnungen in rund 150 hessischen Städten und Gemeinden Angst und Unsicherheit. Das wurde eben schon angesprochen: Erst vor wenigen Wochen wurde im Landtag eine entsprechende Petition übergeben.
Angst und Unsicherheit herrschen aber auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Nassauischen Heimstätte/Wohnstadt und bei deren Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartnern.
Wissen Sie, Herr Minister Schäfer, wenn der CDU-Fraktionsvorsitzende im Frankfurter Römer, Helmut Heuser, heute in der „Frankfurter Rundschau“ sagt – ich darf zi
tieren –: „Das hat uns sehr geschadet, dass der hessische Finanzminister damals das Thema hochgespielt hat“, dann ist doch eines klar: Die Tatsache, dass Herr Rhein weiterhin an Ihrer Schokoladenseite Platz nehmen muss, hat ihren Grund doch auch in Ihrem völlig verunglückten Coup.
Da nützt es auch überhaupt nichts, dass Sie unablässig betonen, Sie wollten nicht an einen „bösen“ Finanzinvestor verkaufen. Ihr Kernproblem ist, dass dieser Landesregierung niemand mehr glaubt. Es glaubt Ihnen niemand, weil die Regierung Bouffier/Hahn ein notorisches Glaubwürdigkeitsproblem hat – und weil Sie es in einem halben Jahr nicht hinbekommen haben, endlich auf den Tisch zu legen, was Sie nun mit der Heimstätte eigentlich vorhaben.
Da wundert es mich überhaupt nicht, dass diese Landesregierung die mit Abstand unbeliebteste der gesamten Republik ist – so fahrlässig, wie Sie mit dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger umgehen.
Meine Damen und Herren, Kollege Siebel hat bereits darauf hingewiesen: 41 % der Mieterinnen und Mieter der Nassauischen Heimstätte/Wohnstadt sind älter als 60 Jahre. Ebenfalls 41 % beziehen Rente. 8 % sind auf Transferleistungen angewiesen. Das Haushaltsnettoeinkommen ist bereits angesprochen worden. Es kommt hinzu, dass in den Wohnungen der Heimstätte/Wohnstadt Menschen aus 112 Nationen leben. Ein Drittel der Mieterinnen und Mieter der Nassauischen Heimstätte/Wohnstadt hat einen Migrationshintergrund. Gleichzeitig aber würden 90 % aller Mieterinnen und Mieter die NH/Wohnstadt als Vermieterin weiterempfehlen.
An diesen Zahlen sehen Sie doch, dass die Leistungen, die das Unternehmen für das Zusammenleben in diesem Land erbringt, gar nicht genug wertzuschätzen sind. – Sie schaffen es, auch diese Fakten zu ignorieren.
Diese wenigen Daten müssten auch Ihnen zeigen, welch bedeutender Faktor die Heimstätte auf dem hessischen Wohnungsmarkt ist, gerade was preisgünstige Mietwohnungen betrifft. Denn der hessische Wohnungsmarkt gerät immer stärker in Schieflage.
Auf der einen Seite stehen in den ländlichen Regionen Nord- und Mittelhessens Häuser und Wohnungen leer, auf der anderen Seite wird bezahlbarer Wohnraum im Rhein-Main-Gebiet zur Mangelware. Das negieren Sie ganz einfach, indem Sie lapidar erklären, die Beteiligung eines Landes an einem Wohnungsunternehmen sei keine staatliche Aufgabe. In welcher Parallelwelt leben Sie eigentlich?
Im Übrigen vermisse ich an dieser Stelle bis heute klare Worte des amtierenden Wirtschaftsministers. Herr Saebisch, der letzte Wohnungsbericht, den Ihr Ministerium vorgelegt hat, spricht eine dermaßen deutliche Sprache: Die Zahl der Sozialwohnungen in Hessen ist seit 1990 von