Protocol of the Session on May 30, 2012

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun zum Thema Nassauische Heimstätte.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie lautet Ihr Vorschlag?)

Es ist geradezu schäbig, wie SPD, GRÜNE, der Deutsche Gewerkschaftsbund und die LINKEN über das Land laufen und die Mieter der Nassauischen Heimstätte in Angst und Schrecken versetzen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Politik mit der Angst der Menschen zu machen ist unverantwortlich und dreist, zumal die Landesregierung von Anfang an – und auch zwischendurch – immer wieder deutlich gemacht hat, dass der Verkauf nur unter strengen Schutzauflagen für die Mieter an ein öffentlich geprägtes Unternehmen erfolgen kann. Der Kollege Milde hat das hier breit ausgeführt.

Meine Damen und Herren, Sie haben hier bezüglich der Sparkassen einen Versuchsballon gestartet. Sie befinden sich mit Ihrer Politik in einer Sackgasse und betonieren diese Sackgasse auch noch, weil Sie den Weg mit einem der möglichen Partner verschließen, bloß weil Sie Ihre populistische Politik in die Kommunen hineintragen wollen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Dann lese ich in einer Veröffentlichung der SPD-Fraktion, dass Sie den Verkauf der Nassauischen Heimstätte grundsätzlich ablehnen. Das ist ja schön. Das ist zumindest eine neue Position, denn als die SPD in der Regierungsverantwortung war, waren Sie gar nicht so genant. Damals haben Sie den Verkauf der Nassauischen Heimstätte nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern ähnliche Pläne verfolgt wie die jetzige Landesregierung.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie sehen die Pläne dieser Landesregierung aus? – Weitere Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Die Nassauische Heimstätte ist ein starkes Unternehmen. Es hat ein breites Portfolio an Wohnungen und weiteren Aufgaben, die es hervorragend leistet. Die Nassauische Heimstätte ist mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein klasse Unternehmen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Grundvoraussetzung dafür ist aber nicht, dass das Land an dem Unternehmen beteiligt ist. Nehmen Sie das doch einmal zur Kenntnis.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu dem Vorwurf, man müsse hier einen Verfassungsauftrag erfüllen: Das Land Hessen kommt seinem Verfassungsauftrag zur Herstellung gleicher Lebensverhältnisse bereits anderweitig nach. Dazu investieren wir im Rahmen der Wohnungsbauförderung jährlich mehr als 60 Millionen € in den sozialen Wohnungsbau. Zusätzlich gibt es für einkommensschwache Mieter Wohngeld. Sie werden auf diese Weise staatlich unterstützt.

Wir Liberale legen großen Wert darauf, dass eine Veräußerung der Nassauischen Heimstätte nur unter der Bedingung erfolgt, dass sie für die Mieter von Vorteil ist. Der entstandene Sanierungsstau bei der Nassauischen Heimstätte, der für die Mieter hohe Nebenkosten mit sich

bringt, kann nur mit einem leistungsfähigen Partner an der Seite behoben werden.

Sie haben in der Begründung Ihres Antrags und auch in Ihrer Rede die Mieterstruktur dargestellt. Gerade diese Mieter können am allerwenigsten hohe Nebenkosten verkraften. Verbauen Sie also nicht den Weg zu einer energetischen Sanierung, die dafür sorgt, dass die Nebenkosten sinken, sodass diesen Menschen ein bisschen mehr Einkommen übrig bleibt, über das sie frei verfügen können.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Lenders, kommen Sie bitte zum Schluss.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – SPD und GRÜNE wollen mit ihrer Wohnungsbaupolitik die Vergangenheit sozusagen in Beton gießen. Sie ist unsozial, wird dem demografischen Wandel nicht gerecht und hat auf die Entwicklungen sowohl im ländlichen Raum als auch im Ballungsgebiet keine Antwort.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die energetische Sanierung wird durch Ihre Politik erschwert. Die FDP-Fraktion wird beide Anträge ablehnen. Hören Sie damit auf, und kommen Sie endlich im 21. Jahrhundert an. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Lenders. – Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Siebel das Wort.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Was ist jetzt der Plan? – Gegenruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE): Privat vor Staat!)

Herr Lenders, ich habe gesagt, ich melde mich nur noch zu Kurzinterventionen, wenn ich mich aufrege. Nun habe ich mich aufgeregt.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)

Erste Bemerkung. Herr Lenders, Sie haben behauptet, dass die 31 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister für den Populismus von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN anfällig seien. Sagen Sie das bitte auch dem Oberbürgermeister der Stadt Wiesbaden, Herrn Müller, dem Bürgermeister der Stadt Rüsselsheim, Patrick Burghardt – unser ehemaliger Kollege –, und Herrn Möller, dem Oberbürgermeister von Fulda. Damit wollte ich nur einmal ein paar mit der anderen Hausnummer nennen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweite Bemerkung. Herr Lenders, Sie haben hier über die Fehlbelegungsabgabe fabuliert. In der Tat ist die Fehlbelegungsabgabe nicht der Kern einer gestaltenden Wohnungsbaupolitik. Aber nehmen Sie, verdammt noch mal, zur Kenntnis, dass die Anzahl der Wohnungen mit Sozial

bindung in einem Maße sinkt, dass Sie mit dem, was Sie hier vorgetragen haben, überhaupt nicht mehr nachkommen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie müssen ein Wohnungsbauprogramm auflegen, das dem gerecht wird. Ihre Bezugnahme auf Herrn Milde – auf die 60 Millionen € – signalisiert, dass Sie den jetzigen Stand beibehalten wollen. Damit können Sie in Hessen zwischen 400 und 500 Wohnungen bauen. Das ist deutlich weniger und entspricht nicht dem Ziel, das politisch formuliert werden muss, nämlich dass wir den Bestand an Sozialwohnungen erhalten müssen.

Natürlich ist dazu eine Kraftanstrengung des Hessischen Landtags, der Bundesregierung und auch der Kommunen notwendig. Aber so, wie Sie beide hier geredet haben, machen Sie deutlich, dass Sie keine Impulse für eine Wohnungsbaupolitik in Hessen geben wollen.

Die Frage der Gesellschaftsorganisation ist dabei zweitrangig. Aber wer hier sozusagen so leichtbaumäßig vorgeht, hat nicht kapiert, was im Hinblick auf den demografischen Wandel – die Wohnungen müssen altengerecht umgebaut werden – wirklich passieren muss.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Siebel. – Herr Lenders, Sie haben die Gelegenheit zur Antwort.

Herr Kollege Siebel, es bleibt dabei: Sie wollen die Wohnungsbaupolitik in Beton gießen. Sie haben hier wieder einmal die Gelegenheit verpasst, zu sagen, was Sie eigentlich wollen.

Herr Kollege Siebel, wenn ich Sie eben richtig verstanden habe, liegt Ihnen der Entwurf der Landesregierung für ein Wohnungsbaufördergesetz vor. Sie können sagen, das alles reiche Ihnen nicht, und man müsse noch mehr machen. Aber Sie begeben sich mit Ihrer Politik, die sämtliche Wege zu einer modernen Wohnungsbaupolitik verbaut, in eine Sackgasse. Da machen Sie es sich viel zu einfach. Ihre Politik führt in eine Sackgasse, und aus der kommen Sie nicht mehr heraus.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Lenders. – Wir fahren in der Rednerfolge fort. Als Nächster spricht Herr Kollege Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder Mensch hat das Recht auf eine Wohnung. Die Nassauische Heimstätte/Wohnstadt ist keine veräußerbare Ressource, sondern ein wichtiger Bestandteil eines sozialen Wohnungsbaus und einer sozialen Wohnungsbaupolitik in Hessen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb fordern wir, DIE LINKE, dass der soziale Wohnungsbau mit der Nassauischen Heimstätte als Instrument massiv ausgeweitet wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Mehr als fünf Monate ist es nun her, dass Finanzminister Dr. Schäfer in einem Interview mit der „FAZ“ öffentlich bekannt gab, dass der Betrieb einer Wohnungsbaugesellschaft keine Kernaufgabe des Landes sei, und damit wieder einmal – in Hessen hat das seit 1999 eine gewisse Tradition – eine Diskussion über den Verkauf der Nassauischen Heimstätte/Wohnstadt in Gang setzte. Seit diesem Interview im Dezember blicken viele Mieterinnen und Mieter der Nassauischen Heimstätte/Wohnstadt erneut in eine schwierige Zukunft und fürchten, ihre Wohnungen zu verlieren. Zumindest aber erwarten sie, dass es durch einen Verkauf zu drastischen Mietsteigerungen kommt.

Was macht die Landesregierung, allen voran Finanzminister Dr. Schäfer? Sie wiegelt ab, hält hin und spielt auf Zeit. Es wird davon gesprochen, dass die Entscheidung über den Verkauf noch nicht gefallen sei, dass ein Verkauf an einen privatwirtschaftlichen Finanzinvestor nicht in Betracht komme – das haben die Vorredner von den Regierungsfraktionen auch bestätigt – und dass die soziale Verantwortung als das wichtigste Kriterium angesehen werde. Sie taktieren mit Ihren Beruhigungspillen – die nicht glaubwürdig sind – weiterhin auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter. Das ist ein ganz schlechter Stil, der, wie Sie wissen, bei den betroffenen Menschen zunehmend zu Unmut geführt hat.

Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, wer sich, wie Sie in den letzten 13 Jahren, zur Speerspitze der Privatisierung – Herr Lenders hat es in seinem Beitrag uns allen noch einmal vor Augen geführt – und damit zum Zerstörer einer öffentlichen Daseinsvorsorge gemacht hat, dem glaubt man nicht. Als Beispiel nenne ich nur die Privatisierung Ihres Leuchtturmprojekts, der Universitätskliniken Gießen und Marburg, und all das, was da an Schaden angerichtet wurde und noch angerichtet wird. Das sei uns ein warnendes Beispiel.

Im Gegenteil: Jeder Tag, der vergeht, erhöht die Verunsicherung und den verständlichen Unmut bei den betroffenen Menschen. Es handelt sich immerhin um 142.000 Mieterinnen und Mieter, die in Wohnungen der Nassauischen Heimstätte/Wohnstadt leben.

Um es noch einmal zu sagen: Jeder Investor, egal, für wie sozial Sie ihn halten mögen, wird seinen Kauf refinanzieren müssen. Bei Wohnungskäufen wird diese Refinanzierung nach all den Erfahrungen, die gemacht worden sind, durch die Erhöhung der Mieten und auch durch die Entlassung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorgenommen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.