Protocol of the Session on March 29, 2012

ob Ihre Beobachtungen und Schlussfolgerungen auch zutreffen.

Herr Kollege Reif, ich hatte bei Ihren Ausführungen eine Zeit lang den Eindruck, als würden Sie nicht gegen mich reden, sondern für meine Argumentation.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Herr Kollege Reif, nicht ich habe das westaustralische Modell als nicht tauglich für ganz Australien bezeichnet, sondern das war Australien selbst. Die haben gesagt, dass das, was in Westaustralien gemacht wurde, nicht übertragbar ist und nicht als Instrument für ganz Australien taugt. Das war nicht ich, sondern das war Australien selbst.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Wollen Sie nicht, oder können Sie nicht?)

Ich verstehe, dass Sie zu mir kein Zutrauen haben können, das ist politisch auch in Ordnung. Aber wenn Sie noch nicht einmal Zutrauen zu dem haben, was eine Monopolkommission voriges Jahr festgestellt hat, dass nämlich dieses Modell nicht taugt, um den Wettbewerb zu forcieren, um Wettbewerb auf dem Mineralölmarkt herzustellen, dann nehmen Sie das doch bitte zur Kenntnis.

(Beifall bei der SPD)

Ich trage doch nicht etwas vor, was ich mir ausgedacht habe. Ich bereite mich darauf vor, ich suche Fakten. Ich wäre froh im Interesse der Verbraucher, wenn es ein Instrument gäbe, von dem wir sagen könnten, dass wir davon überzeugt sind, dass es funktioniert.

Ich werfe Ihnen vor, dass Sie hier mit großem Getöse versuchen, den Leuten einzureden: Wir schaffen das, wir sorgen dafür, dass die Benzinpreise fair und transparent werden und sich auf niedrigem Niveau einpendeln werden. – Nein, ich prophezeie Ihnen, das Instrument wird die gewünschte Wirkung, die Sie prophezeit haben, nicht erzielen. Dann wird es weiterhin Ärger geben. Das ist das Problem dabei.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Warum? Sie wollen es nicht verstehen!)

Danke, Herr Frankenberger. – Als Nächster spricht Herr Caspar für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Frankenberger, Sie haben eben angeregt, dass der Wirtschaftsausschuss nach Australien reisen sollte. Ich halte das nicht für notwendig. In Zeiten des Internets kann man sich auch auf andere Art und Weise erkundigen,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Da kann Herr Reif den Fremdenführer machen!)

wobei ich durchaus verstehen kann, dass Sie gerne nach Australien fahren wollen. Das hätte für Sie auch den Vorteil, dass Sie anhand der Kängurus sehen könnten, wie man auch mit leerem Beutel große Sprünge machen kann.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP)

Insofern können Sie dadurch nur Erkenntnisse gewinnen. Wir halten es nicht für notwendig, weil wir meinen, dass es auch andere Wege gibt, sich über die Dinge zu informieren, die in Australien möglich sind.

Wir haben dabei die Überlegung, dass es nicht angehen kann, dass die Menschen in unserem Land, die das Auto nicht deshalb benutzen, weil sie nichts anderes zu tun haben, sondern die zum großen Teil darauf angewiesen sind, weil sie z. B. in Regionen leben, in denen ihr Arbeitsplatz nicht in unmittelbarer Nähe, insbesondere nicht fußläufig ist und auch nicht mit dem Fahrrad zu erreichen ist, dadurch benachteiligt werden. Uns geht es um die Menschen, von denen wir erwarten, dass sie bereit sind, nicht nur dort zu arbeiten, wo sie wohnen, sondern dass sie dorthin fahren, wo es Arbeit gibt.

Wir haben sehr großen Respekt vor den Menschen, die tagtäglich einen Arbeitsweg zurückzulegen haben. Deswegen kann man das nicht so leicht abtun, dass es egal sei, was mit den Benzinpreisen passiert. Ich meine schon, dass es verantwortliche Politik ist, sich intensiv damit zu beschäftigen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

In diesem Zusammenhang geht es uns darum, die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken. Welche Rechte haben die Verbraucherinnen und Verbraucher? Das wesentliche Recht eines Verbrauchers ist, darüber zu entscheiden, ob man ein Produkt kauft, ob man es nicht kauft oder wo man es kauft. Dazu muss man aber wissen, wie viel das Produkt kostet.

Das Problem ist doch, dass die Tankstellen während des Tages laufend ihre Preise wechseln, sodass es nicht mög

lich ist, dass man z. B. im Internet oder in Kombination mit Navigationsgeräten am Morgen erfassen kann, wo im näheren Umfeld welche Tankstelle welchen Preis nimmt. Als Verbraucher hat man gar nicht die Möglichkeit, zu sagen: „Ich fahre an die oder an die Tankstelle, weil es am günstigsten ist“, weil ich doch in der Situation bin, dass, wenn ich zur Tankstelle komme, der Preis vielleicht ein ganz anderer ist und eine andere Tankstelle in der Nachbarschaft günstiger gewesen wäre.

Bei dem jetzigen Modell ist der Verbraucher de facto entmündigt. Uns geht es darum, den Verbraucher zu stärken. Das ist mit diesem Modell möglich. Das heißt, am Tag vorher sind die Preise anzugeben. Diese Preise gelten dann für den nächsten Tag. Der Verbraucher hat die Möglichkeit, sich am Morgen zu informieren, wo der günstigste Preis in seiner Nähe ist, um dann genau diese Tankstelle ansteuern zu können.

Ich kann überhaupt nicht verstehen, wieso man etwas dagegen haben kann; es sei denn, es gibt irgendwelche anderen Gründe, welche Gründe auch immer. Man kann auch Interessen der Mineralölwirtschaft vertreten. Das kann so sein. Wie auch immer, wir sehen unsere Aufgabe auf jeden Fall darin, vor allem die Interessen der Menschen, der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu vertreten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, jetzt zu dem australischen Modell. Der Fehler, den man dort gemacht hat, ist der, dass man in Australien eine bestimmte Modellregion genommen und gesagt hat: Wir probieren dort aus, ob das funktioniert. – Das hat genau dazu geführt, dass die Mineralölwirtschaft, die Angst vor diesem Modell hat, dafür gesorgt hat, dass in dieser Region hohe Preise eingestellt werden. Das war die Methode, um zu verhindern, dass dieses Modell landesweit eingeführt wird.

Wenn man weiß, dass die Mechanismen so laufen, dann weiß man, dass man so etwas nicht praktizieren kann,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Dann können sie sich doch weiterhin absprechen!)

indem man eine Modellregion nimmt, sondern man hat nur dann eine Chance, so etwas umzusetzen, wenn man das landesweit macht. Denn dann gibt es diese Ausweichmöglichkeiten nicht. Nur dann wird dieses Modell wirksam und kommt zum Tragen. Deswegen sind alle Einwände, die Sie hier gebracht haben und die der „Spiegel“ erwähnt hat, nicht von Sachkenntnis getrübt; denn sonst wäre man zu einem anderen Ergebnis gelangt.

Hier kann ganz klar werden, wie man nach diesem Modell vorzugehen hat: Es kann eben nicht so funktionieren, dass man es in zwei oder drei Landkreisen ausprobiert – denn dann hat die Mineralölwirtschaft die Möglichkeit, es zu unterlaufen und dort die Preise höher zu stellen,

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

damit nachher alle sagen: In dieser Region waren die Preise höher, also können wir das nicht einführen.

Das war der Grund dafür, warum das in Westaustralien nicht funktioniert hat. Deswegen sind wir der Meinung: Wenn man es einführt, dann nicht in einer kleinen Region, sondern das muss man dann landesweit machen. Dann wird es zum Erfolg.

Kurzum, ich halte fest: Dieses Vorhaben stärkt die Verbraucherinnen und Verbraucher. Es erhöht den Druck, Benzin zu möglichst kostengünstigen Bedingungen abzu

geben – also etwas, was eigentlich von diesem gesamten Landtag geteilt werden sollte.

Ich meine, deswegen gibt es überhaupt keinen Grund, diesem Antrag, den CDU und FDP gestellt haben, nicht zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Danke, Herr Caspar. – Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Kollegin Wissler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was derzeit an den Tankstellen passiert, kann man in der Tat nur als dreiste Abzocke bezeichnen. Die Menschen ärgern sich völlig zu Recht über steigende Benzinpreise und über die schamlose Bereicherung der Mineralölwirtschaft.

Ich will nur eine Zahl nennen: Allein BP hat im Jahr 2011 unvorstellbare 7,6 Milliarden US-Dollar Gewinn gemacht. Der Benzinpreis für Super hingegen hat mittlerweile die Marke von 1,70 € überschritten. Wenn die Preissteigerungen so weitergehen wie in den letzten Monaten, dann ist die Forderung der GRÜNEN von 5 DM pro Liter aus dem Jahr 1998 wirklich bald erfüllt – das zeigt die Dimension, über die wir reden.

Die Leidtragenden sind natürlich vor allem die vielen Pendler, die auf ihr Auto angewiesen sind. Die müssen eben anderswo sparen, um die immer höheren Benzinpreise bezahlen zu können und so die Ölmultis noch reicher zu machen, als sie ohnehin schon sind.

(Zuruf des Abg. Jan Schneider (CDU))

Der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes erklärt dazu, man habe zwar Verständnis für den Ärger der Kunden über die schwankenden Preise, aber Wettbewerb und schwankende Preise seien untrennbar miteinander verbunden.

Nun haben diese Preissteigerungen aber rein gar nichts mit Wettbewerb zu tun, sondern viel mehr mit dem Kalender. Vermutlich werden wir in den nächsten Tagen wieder einen Anstieg der Preise erleben. Das hat nichts mit den Rohölmärkten zu tun, auch nichts mit dem Wettbewerb, sondern das hat einzig und allein damit zu tun, dass die Osterferien beginnen und dann besonders viele Menschen besonders weite Strecken mit dem Auto zurücklegen.

Auch außerhalb der Ferienzeit verläuft die Preisentwicklung nach einem festen Schema. Der durchschnittliche Kraftstoffpreis liegt an Freitagen wundersamerweise immer deutlich höher als an Montagen. Fast die Hälfte der Preiserhöhungsrunden beginnt von Montag bis Donnerstag um exakt 18 Uhr. Sie werden von Aral oder Shell initiiert, und exakt drei Stunden, nachdem einer der beiden die Preise erhöht hat, folgt das jeweils andere Unternehmen. Das ist nach Angaben des Kartellamtes in etwa 90 % der Fälle so. Fünf Stunden später folgen die anderen.

Das Kartellamt kann den Konzernen keine Preisabsprachen nachweisen. Die sind aber auch gar nicht nötig, denn die Unternehmen müssen nur einen Blick auf die Anzeigetafeln der anderen Unternehmen werfen. Zu Feiertagen und vor Ferienbeginn sind diese Erhöhungen ohnehin

eingespielte Praxis und bedürfen überhaupt keiner Absprache mehr.

Es gibt keinen Wettbewerb auf dem Mineralölmarkt. Das sieht auch das Bundeskartellamt so. Dessen Arbeitskreis Kartellrecht hat diesem Thema im letzten Jahr eine ganze Tagung gewidmet. Auch dort wurde festgestellt: Der Markt wird von einem Oligopol beherrscht, das aus fünf Konzernen besteht: Aral, Shell, Esso, Total und Jet. Sie beherrschen etwa 80 % des Kraftstoffabsatzes und haben Einfluss auf etwa zwei Drittel aller Tankstellen.

(Zuruf des Abg. Jan Schneider (CDU))

Die Konzerne sind auch untereinander verflochten. Sie beliefern sich gegenseitig und betreiben gemeinsame Raffinerien und Pipelines.

An dieser Stelle will ich auch sagen: Natürlich sind auch die freien Tankstellen nicht frei. Sie verfügen über keine eigenen Raffineriekapazitäten. Sie erhalten ihr Benzin auch von den großen Konzernen. Es gibt immer wieder darüber Beschwerden, dass die freien Tankstellen mehr für das Benzin zahlen müssen als die eigenen Tankstellen der großen Konzerne.