Protocol of the Session on March 28, 2012

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Sagen Sie: Ist das notwendig oder nicht?)

Bei allem Respekt: Das Lob in Ihrem Antrag für ein Gutachten, in dem nichts anderes gemacht wird, als Preise zu

vergleichen, ohne eine Sekunde auf die Beurteilung der Leistung zu verschwenden, die man für diesen Preis bekommt, ist ganz wenig wert.

(Judith Lannert (CDU): Eine Antwort können Sie nicht geben, oder?)

Wenn man weiß, dass diese Landesregierung die Konsolidierung seit jeher – seit dem Beschluss über die Schuldenbremse – vor allen Dingen im sozialen Sektor stattfinden lassen will, weiß man auch, wohin man damit kommt: Der Sozialetat war bei Ihnen schon immer der Steinbruch. Es ist anzunehmen, dass sich daran auch nichts ändern wird – jedenfalls nicht bis 2014. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Spies. – Als Nächster hat sich Herr Rock für die FDP-Fraktion gemeldet. Herr Rock, bitte schön.

Frau Präsidentin! Zunächst einmal: Auch ich beglückwünsche Sie zu Ihrer Wahl. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit als Präsidentin.

Zum Antrag: Ich war erst einmal erschrocken, als ich gehört habe, auf welchem Niveau das Thema beraten wird, das wir in dem Antrag aufgearbeitet haben.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist dem Kollegen Milde gegenüber nicht gerecht!)

Es sind zwei Themen. Ein großes Thema, das in diesem Antrag thematisiert wird, sind die kommunalen Finanzen. Ich muss sagen: Dass von den GRÜNEN und von der SPD nur Nebelkerzen gezündet werden und vom Thema abgelenkt wird, kann ich nachvollziehen, wenn ich mich mit dem Sachverhalt auseinandersetze.

(Beifall bei der FDP)

Die GRÜNEN und die SPD haben 2003 gesehen, dass die Rente doch nicht sicher ist. Es gibt ein Problem im unteren Bereich der Rentenempfänger: Immer mehr Menschen sind in soziale Notlagen abgeglitten. Nach dem alten Sozialhilfegesetz mussten die Angehörigen dann einspringen. Das hat ganz schwierige Situationen nach sich gezogen. Auch heute ist es so, dass die Hälfte der Menschen in der Grundsicherung nicht mehr zu Hause lebt, sondern sich in Heimen oder sonstigen Einrichtungen befindet. Das war damals eine wichtige Überlegung, die mit der demografischen Entwicklung zusammenhing.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aus diesem Grund ist eine grundsätzlich steuerfinanzierte Grundsicherung auch nicht abzulehnen. Vielmehr stellt sie eine konsequente Fortsetzung dar, wie man erkennt, wenn man sich bewusst macht, die demografische Entwicklung führt dazu, dass durch die Rente nicht mehr alles aufgefangen werden kann. Somit muss eine sozialstaatliche Absicherung der im unteren Bereich befindlichen Menschen stattfinden.

(Beifall bei der FDP)

Aber was haben Sie von Rot-Grün noch gemacht? Jetzt kommen wir zu einem Thema, das kein rein sozialpoliti

sches mehr ist. Es geht um die kommunale Finanzierung. Was haben Sie gemacht? Sie haben gesagt: Aha, wir haben ein Problem erkannt, ein Gesetz gemacht und es dann den Kommunen überlassen. – Das ist Ihre Art, mit den Kommunen umzugehen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sie haben ein Gesetz gemacht, das nicht einige Millionen oder ein paar Hundert Millionen, sondern Milliarden Euro gekostet hat. Es ist eines der Gesetze, die die Landkreise finanziell hart getroffen haben. Hier muss ich Folgendes klar sagen: Ich kann nicht nachvollziehen, warum die Bundesregierung in manchen Bereichen ein solch schlechtes Image hat. Sie hat viele Fehler korrigieren müssen, die durch die von Rot-Grün angeschobenen Maßnahmen verursacht worden sind und die von der Großen Koalition zum Teil nicht mehr repariert werden konnten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Von Hartz IV bis zur Grundsicherung: All das sind Themen, die Sie in Angriff genommen und nicht zu Ende gedacht haben. Schwarz-Gelb in Berlin musste diese Probleme lösen, und das machen sie dort ganz hervorragend. Man sieht ganz besonders, dass die größte finanzielle Entlastung, die der Bund den Kommunen je zugestanden hat, die volle Kostenübernahme der Grundsicherung im Alter ist. Das muss man auch einmal respektieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dass Sie, wenn Sie hier vorne stehen, nicht wirklich darüber reden wollen – Herr Spies geht fast gar nicht darauf ein –, kann ich verstehen. Rot-Grün hat es angezettelt und die Kommunen dann alleingelassen. Sie haben sich beklatschen lassen und dann gesagt: Aber zahlen müssen es andere. – Von denen, die dem linken Spektrum angehören, wird Politik oft so gemacht.

Aber die SPD hat 2007 noch einen Anlauf unternommen, um die Finanzierung zu reduzieren. Sie haben 2007 gesagt: Wir müssen die 400 Millionen €, die wir zur Verfügung stellen, auf 170 Millionen € reduzieren. – Darüber haben wir heute noch nicht geredet. Herr Müntefering war ganz vorne mit dabei. Er hat sich überlegt, dass man den Kommunen da noch etwas wegnehmen könne.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Aber dazu haben Sie heute noch gar nichts gesagt. Da hat sich die schwarz-gelbe Bundesregierung wirklich gar nichts vorzuwerfen. Ich muss auch sagen: Das Verhältnis zu den Kommunen zeigt sich nicht darin, wie man redet, sondern darin, wie man handelt. Schwarz-Gelb hat da absolut richtig gehandelt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich kann auch dieses Gerede über unterfinanzierte Kommunen und darüber, dass es allen so schlecht geht, nicht mehr hören. Alle Staatshaushalte müssen Konsolidierungen vornehmen, ob es nun der Bund, die Länder oder die Kommunen sind. Alle müssen sich überlegen, wie sie das Geld im Interesse der Bürger sinnvoller ausgeben und ob es irgendwo Effizienzreserven gibt. Das gilt auch für die kommunale Ebene. Wir alle hier, die wir im Land aktiv sind, wissen, wie schwer uns das fällt. Da braucht keiner

auf den anderen zu zeigen; das muss nicht sein. Jeder muss seinen eigenen Kampf führen und Einsatz zeigen, um hier zum Erfolg zu kommen.

Aber man muss auch ganz klar sagen: Diese Landesregierung hat Konjunkturprogramme aufgelegt und die höchsten KFA-Zahlungen geleistet, die es je gab. Wir haben z. B. das Schlaglochprogramm aufgelegt und 3 Milliarden € zur Verfügung gestellt. Diese Landesregierung hat ganz viel für die Kommunen getan. Aber Sie schaffen es immer wieder, das schlechtzureden. Das ärgert mich.

Darum ist der Antrag so wichtig: In ihm wird klar gezeigt, dass unglaublich viel getan wird. Ihnen gelingt es immer wieder, die Maßnahmen schlechtzureden, irgendwo ein Haar in der Suppe zu finden und sich an irgendetwas aufzuhängen. In der Summe hat diese Landesregierung dafür gesorgt, dass die Kommunen mehr Geld haben. Das ist klar nachzuvollziehen und auch nachzurechnen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Um auf den zweiten Teil des Antrags einzugehen: Herr Spies, Sie haben sich vorhin hierhin gestellt und gesagt: Na ja, es gibt zwar diese vergleichende Berechnung; aber so kann man das nicht sehen. Vielmehr ist jeder Euro, den Hessen im Vergleich zu Baden-Württemberg mehr ausgibt, toll; denn er bedeutet mehr soziale Leistungen für die Bürger. – Im Grundsatz ist es das, was Sie uns hier vorzutragen versucht haben. Ich sage Ihnen, das kann man nicht pauschalisieren. Ich z. B. habe die Unterlagen noch nicht endgültig ausgewertet und kann daher noch nicht sagen, diese zwei Punkte spielen eine Rolle, und das ist der entscheidende Punkt.

(Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Im Sozialbereich – Herr Spies, das wissen Sie sicherlich auch – ist der Kinderschutz eine maßgebende finanzielle Größe. Man muss sich einmal überlegen, wie andere das geregelt haben. Wie sieht es denn mit der Effizienz in diesem Bereich aus? Wir geben viel Geld aus. Aber entspricht die Leistung, die dabei herauskommt, auch dem Geld, das wir dort hineinstecken? Die entscheidende Frage ist: Wie wird das umgesetzt?

Wenn man sich dann Baden-Württemberg ansieht, stellt man fest, dass es bestimmt kein Land ist, wo die Menschen sagen: Hier ist es schlimm zu leben. Hier ist der soziale Notstand ausgebrochen. In Baden-Württemberg geht es uns ganz schlecht. Ich muss sofort weg nach Hessen. – So ist es in Baden-Württemberg wahrscheinlich nicht; und die geben deutlich weniger aus. Es ist auch nicht so, dass die Kommunalen Spitzenverbände schreiend weggelaufen sind, sondern es macht doch Sinn, einmal genau zu schauen: Wo sind Probleme? Wo sind Möglichkeiten, finanzielle Spielräume, die man vielleicht aufgrund von Effizienzhebungen hat? – Da muss man sich doch nicht gleich wieder hinter der großen Fahne des Sozialstaates verstecken und sagen: „Jeder Euro, der hier weniger ausgegeben wird, verändert maßgeblich etwas an der Qualität des Sozialstaats“, sondern wir müssen in vielen Bereichen, auch im sozialen Bereich, einfach einmal effizienter werden. Das ist aus meiner Sicht ganz klar.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Dr. Thomas Spies (SPD): Es ist in der Tat schon mutig, Anträge zu etwas zu schreiben, das Sie gar nicht kennen!)

Dann muss ich auch sagen: Wir haben den Kommunen nicht vorgeschrieben, was sie tun sollen. Wir haben einen Sachverhalt beschrieben und unsere Hilfe angeboten. Wir

haben auch nicht behauptet, wir könnten den Kommunen schon heute sagen, wahrscheinlich vor allem den Landkreisen, wo denn in der Jugendhilfe entsprechende Probleme entstanden sind oder entstehen, sondern wir haben Hilfe angeboten. Das ist, glaube ich, der Unterschied zu Ihnen. Sie wissen in der Regel immer alles besser und wollen es dann von oben über die Kommunen stülpen. – Frau Schulz-Asche hat gesagt: „Wir müssen vom Land her die kommunalen Sozialetats retten.“ Ich bin der Meinung, die Kommunen müssen in der Lage sein, ihre Aufgaben auch selbstständig zu erfüllen. Das ist die Grundlage. Darauf müssen wir hinarbeiten, und das ist der Inhalt dieses Antrags.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Zum Abschluss möchte ich auch noch einmal einen Appell an die Kommunen richten – das ist eben wirklich keine Besserwisserei, sondern es ist sozusagen erlebte Politik als Sozialpolitiker –: Wir haben in den letzten zehn Jahren in Deutschland politisch auch neue Schwerpunkte gesetzt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Schwerpunkt, den es in Deutschland früher so nicht gab. Das ist einer der größten Kostentreiber im kommunalen Bereich. Es ist aber auch klar, dass es die Gesellschaft nicht einer Ebene überlassen kann, das zu stemmen. Alle Bereiche müssen da etwas dazugeben.

(Norbert Schmitt (SPD): Eben!)

Aber man muss auch seine Aufgabenstruktur verändern. Man muss vor Ort Prioritäten setzen. Man muss auch einmal sagen: Ich nehme jetzt einmal das eine oder andere zurück, was bis jetzt vielleicht alles super war, weil ich eine neue politische Priorität gesetzt habe. – Ich kann nicht immer nur obendrauf satteln, sondern ich muss mir dann auch überlegen, ob man in anderen Bereichen

(Norbert Schmitt (SPD): Beispiele!)

vielleicht der Vereinsförderung –

(Zurufe von der SPD: Ach!)

einmal sagt: Da muss ich vielleicht ein bisschen weniger machen. Vielleicht muss ich auch die Beiträge ein bisschen anheben; vielleicht muss ich auch überlegen, welche Bereiche ich verändern kann. Vielleicht kann ich besser mit anderen Kommunen zusammenarbeiten. – Da gibt es ganz viele Vorschläge, die man sich vor Ort anschauen kann.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Entweder akzeptieren Sie, dass man in der Politik Prioritäten setzt, oder Sie werden mit den Finanzen sowieso nie auskommen. Das sehen wir eben anders.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Ja, Gebührenerhöhungen!)