nen heute diesen Gesetzentwurf vor. Er soll alle die Themen, die im Zusammenhang mit einer Regulierung überlanger Verfahren in Hessen anliegen, bearbeiten. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Verfahrensordnung des Staatsgerichtshofs, darüber hinaus um berufsgerichtliche Verfahren nach dem Heilberufegesetz.
Eine Diskussion im zuständigen Ausschuss wird uns inhaltlich weiterführen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir überweisen den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung dem Rechtsausschuss. – Dem widerspricht keiner. Dann ist das so beschlossen.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zum Zweiten Abkommen zur Änderung des Abkommens über die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten – Drucks. 18/5445 –
Das Wort hat – bei einer fünfminütigen Redezeit je Fraktion; als Orientierung für Sie, Herr Minister – der Staatsminister Grüttner.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung bringt Ihnen diesen Gesetzentwurf zum Zweiten Abkommen zur Änderung des Abkommens über die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten ein. Für den Verbraucherschutz und hier insbesondere den Patientenschutz ist im Zuständigkeitsbereich des Hessischen Sozialministeriums die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten – kurz ZLG genannt; so nenne ich sie auch zukünftig – von entscheidender Bedeutung. Sie nimmt hoheitliche Aufgaben der Länder wahr, die maßgeblich aus europäischen Verpflichtungen entstanden sind, nämlich die Benennung, die Anerkennung und die Überwachung der sogenannten benannten Stellen nach dem Medizinproduktegesetz.
Hierzu existiert ein neuer Staatsvertrag, der insbesondere aufgrund einer geänderten Gesetzeslage einer Anpassung bedurfte. Der neu gefasste Staatsvertrag ist durch die Fachministerkonferenzen und die Finanzministerkonferenz und letztendlich durch die Ministerpräsidentenkonferenz am 15. Dezember 2011 verabschiedet worden und liegt nun als Anlage zu dem heute hier in erster Lesung zu behandelnden Zustimmungsgesetz vor.
Aufgrund der Änderungen des Medizinproduktegesetzes, des Erlasses des Akkreditierungsstellengesetzes und des Inkrafttretens der EG-Verordnung zur Akkreditierung und Marktüberwachung zum 01.01.2010 ist die vorgenommene Änderung des Abkommens erforderlich.
Weiterhin sollen die Zuständigkeiten bei den nicht aktiven und den aktiven Medizinprodukten neu geordnet und bei einer Behörde, nämlich dieser ZLG, gebündelt werden. Es ist eigentlich nur historisch zu begründen, dass Teile der Medizinprodukte bei der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik angesiedelt wurden, nämlich diejenigen der aktiven – also der energetisch betriebenen – Medizinprodukte. Das sind also diejenigen, bei denen man einen Stecker und Strom benötigt.
Allerdings hat sich diese Aufteilung als nicht sinnvoll erwiesen und soll nun endlich bereinigt werden. Auf nationaler Ebene zwingt diese EG-Verordnung unter anderem zu Änderungen in dem bislang mit Akkreditierung, Anerkennung und Benennung bezeichneten Aufgabenbereich der ZLG.
Die Entscheidung über die Akkreditierung im Außenverhältnis ist aufgrund des Akkreditierungsstellengesetzes zum 01.01.2010 auf die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH übergegangen.
Der Aufgabenumfang der ZLG als Befugnis erteilende Behörde hinsichtlich Begutachtung und Überwachung ist nach dem Akkreditierungsstellengesetz jedoch unverändert geblieben. Der ZLG sind die Aufgaben kraft Gesetzes übertragen worden. Der ZLG werden die hoheitlichen Vollzugsaufgaben der Benennung und Anerkennung nach dem Medizinproduktegesetz und die Aufgaben der Befugnis erteilenden Behörde nach dem Akkreditierungsstellengesetz übertragen. Auch dieser Neuordnung wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Rechnung getragen.
An dieser Stelle will ich sagen: Wir sind der Überzeugung, dass mit diesem Gesetz eine Einheitlichkeit in Deutschland hergestellt werden kann, dass auf dieser Stelle Marktüberwachungsprogramme strukturiert und qualitätsgesichert laufen können und dass Ergebnisse an beteiligte Kreise und Behörden anderer Mitgliedstaaten kommuniziert werden können. Diese Aufgabenzuweisung an die ZLG wird nun dringender als ursprünglich gedacht.
Um ein Beispiel zu nennen, das viele von Ihnen auch in der Öffentlichkeit verfolgen konnten: Durch den Skandal um die französischen Brustimplantate ist einmal mehr offensichtlich geworden, wie wichtig gute und effiziente Marktüberwachung bei den Medizinprodukten geworden ist.
Auch ein Effekt dieses Gesetzes: Die zentrale Koordinierung erlaubt es auch, die staatlichen Gesamtkosten für die Marktüberwachung in Deutschland durch Vermeidung von Doppelarbeit und Nutzung von Synergien zu reduzieren. Das hilft den Ländern auch, die auf der Grundlage des Medizinproduktegesetzes gerade vom Bundesrat verabschiedeten Verwaltungsvorschriften in Deutschland sachgerecht und möglichst effizient umzusetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Tatsächlich erweckt der trockene Titel dieses Entwurfs für ein Gesetz zum Zweiten Abkommen zur Änderung des Abkommens
über die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten auf den ersten Blick den Eindruck, hier handele es sich ausschließlich um eine verwaltungsmäßige Regelung von Zuständigkeiten.
Der Herr Staatsminister hat am Ende kurz angesprochen, über welche keineswegs banale, keineswegs kleine Frage wir an der Stelle reden. Zehntausende Frauen in Europa und der übrigen Welt sind Opfer eines Pfuschprodukts geworden. Wir müssen inzwischen davon ausgehen, dass die Brustimplantate der Firma PIP von mangelhafter Qualität waren, diese aber erst nach Zehntausenden von Operationen als solche identifiziert war. Die Implantate haben durch das austretende Silikon möglicherweise vielfältige schädliche Wirkungen, bis hin zu einer Erhöhung des Krebsrisikos.
Die betroffenen Frauen genießen keinen Schutz. Niemand haftet. Das Unternehmen PIP ist längst pleite. Keiner hilft. Wie wir wissen, gilt selbst in einem Land – da wird die Geschichte besonders pikant –, in dem die Menschen einen so hohen Grad an Sicherheit genießen wie in dem unseren, dass die betroffenen Frauen für alle Schäden selbst aufkommen müssen, weil die Beseitigung der Folgen kosmetischer Eingriffe von den Krankenkassen nicht finanziert werden. Ich finde, dieses Beispiel macht, ähnlich plastisch wie Fragen der Arzneimittelsicherheit, deutlich, wie wichtig eine geordnete Organisation der Erkennung genau solcher Probleme ist. Ich denke nur an Lipobay, das relativ schnell vom Markt genommen werden musste, und an andere Medikamente, bei denen nur durch einen hohen Grad an Aufmerksamkeit die Risiken frühzeitig erkannt wurden und schon bei geringen Evidenzraten die Sicherheit der Patienten allem anderen vorgeht.
An der Stelle würde man sich aber wünschen, dass jenseits der – wie ich vermute – am Ende konsensual zu klärenden Frage dieses Abkommens über die Zentralstelle die zugrunde liegenden Regelungen ein bisschen weiter gehen würden, als es derzeit im Patientenrechtegesetz des Bundes vorgesehen ist. An dieser Stelle gibt es nämlich noch erheblichen Handlungsbedarf, gerade was die Normen für Medizinprodukte angeht. Da ist z. B. die Frage der Registrierung. Das Beispiel PIP, also der Skandal um mangelhafte Implantate, hat gezeigt, dass man gar nicht weiß, wer ein solches Implantat im Körper hat, gar niemand gezielt angesprochen werden kann. Tausende von Frauen waren in großer Unsicherheit.
Für Medizinprodukte muss – ähnlich wie es für Arzneimittel angedacht und seit vielen Jahren streitig ist – auch der gesundheitliche Nutzen nachgewiesen werden. Das mag bei kosmetischen Produkten ein wenig anders sein. Für alle anderen Medizinprodukte darf die Zulassung aber nicht gewährt werden, wenn nicht klar ist, dass sie einen Nutzen haben, und es muss – unabhängig von den Interessen eines Herstellers – sichergestellt sein, dass ständig und unangekündigt Kontrollen der Herstellung von Medizinprodukten zur Einhaltung von Qualitätsstandards möglich sind.
Es muss gesichert sein, dass bei Qualitätsmängeln die betroffenen Personen identifiziert werden können. Das heißt, dass Medizinprodukte angemessen zu registrieren sind. Im Unterschied zu einem Arzneimittel bleiben Medizinprodukte, z. B. Implantate, nämlich zum Teil jahrelang entweder als technisches Gerät im Gebrauch oder als Implantat im Körper eines Patienten. Hier gibt es im derzeit zu beratenden Patientenrechtegesetz des Bundes noch erheblichen Handlungsbedarf – jenseits mancher anderen Fragen.
Ich wünsche mir, dass die Landesregierung mit dem Engagement, mit dem sie den Staatsvertrag für die Überwachungsstelle vertritt und hier vorgetragen hat, auch auf die Regelungen im Patientenrechtegesetz Einfluss nimmt, um der Zentralstelle die Instrumente an die Hand zu geben, mit denen sie den Schutz von Patienten vor mangelhaften Produkten adäquat gewährleisten kann.
Ein Letztes an dieser Stelle. Jenseits der Frage, wie man Medizinprodukte, die ja eine große Gefahr der körperlichen Schädigung, bis hin zum Tod, in sich bergen, wenn sie nichts taugen, registriert und wiederfindet, ist auch die Frage der Haftungssicherung zu beantworten. Das französische Produkt hat auch gezeigt: Wenn der Unternehmer pleite ist, sind am Ende die Patienten die Gekniffenen. – Man muss eine Lösung finden, wie über den Preis eine Haftung mit Rückversicherung gewährleistet werden kann. Jedenfalls sollen nicht die Patienten die Opfer sein, wenn Medizinprodukte nicht das hergeben, was sie versprechen, denn die Patienten müssen erst recht viel hergeben – nämlich ihre Gesundheit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Abkommen der 16 Bundesländer über die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz, ZLG, stärkt die Qualitätssicherung von Medizinprodukten. Die Überwachung des Medizinproduktegesetzes ist Länderhoheit. Eine effiziente Umsetzung, die qualitätsfördernd und kostengünstig ist, erfolgt durch diese Zentralstelle mit Sitz in Bonn. Die Vereinbarung folgt einer entsprechenden EUVerordnung und wird der steigenden Bedeutung der Qualitätssicherung von Medizinprodukten gerecht. Die Übertragung der Überwachung der Medizinprodukte von der Zentralstelle für Sicherheitstechnik auf die Zentralstelle für Gesundheitsschutz ist sachgerecht.
Meine Damen und Herren, Hessen hat bei der Entwicklung und Herstellung von Medizinprodukten weltweit eine herausragende Position. 20.000 Menschen arbeiten in Unternehmen, die Medizinprodukte herstellen. Sie machen jährlich einen Umsatz von 4 Milliarden €. Von den 30 größten Unternehmen der Welt dieser Branche haben zwei ihren Hauptsitz in Hessen – in Bad Homburg und in Melsungen. Vier weitere haben ihre Europazentrale in Hessen.
Eine wirksame Qualitätssicherung in Deutschland gibt den Patienten Sicherheit und schützt die Unternehmen und die Arbeitsplätze vor unfairem Wettbewerb mit minderwertigen Produkten.
Konsument von Medizinprodukten ist fast jeder Bürger. Man denkt zwar in erster Linie an Herzschrittmacher, Gelenkersatz und Brustimplantate, aber auch das sich selbst auflösende Nahtmaterial darf sich nicht zu früh oder zu spät auflösen. Dies kann lebensentscheidend sein.
Die Erörterung über die Weiterentwicklung entsprechender Sicherheitskontrollen wird natürlich auch durch Berichte wie die, die Kollege Spies hier angesprochen hat, über massive Schädigungen von Menschen durch schlechte Medizinprodukte, wie geplatzte Brustimplan
tate oder Materialbrüche von Hüftgelenken, angestoßen. Die entsprechende Stellungnahme des Präsidenten der Landesärztekammer Hessen ist bei den weiteren Beratungen natürlich ernst zu nehmen. Man muss aber auch sehen, dass eine Verallgemeinerung dieser Missstände den Herstellern, insbesondere denen in Hessen, nicht gerecht wird. Es wird auch der Behörde ZLG und den zahlreichen TÜVs, die mit der Überwachung betraut sind, nicht gerecht, und es wird insbesondere den 20.000 hoch qualifizierten und engagierten Arbeitnehmern nicht gerecht. Man sollte z. B. einmal die Firma Braun Melsungen besuchen und sich dort einen Eindruck über die interne Qualitätssicherung verschaffen.
Die Kooperation der Länder dient allen Bürgern, insbesondere den Gebrauchern von Medizinprodukten, und stärkt den guten Ruf dieser Unternehmen in Hessen.
Wir werden das Thema ernsthaft, wie es dem Anliegen geboten ist, im Ausschuss beraten und werden dem Gesetzentwurf zustimmen, der sich sehr technisch anhört, aber in der Praxis weitreichende Auswirkungen zum Wohle der Patienten hat.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute in der ersten Lesung eine Gesetzesvorlage zu beraten, in der es um einen Staatsvertrag der Bundesländer betreffend die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten geht.
Ich sehe bei dieser Vorlage eigentlich keinen großen Widerspruch. Es werden Gesetzesänderungen des Bundes, EU-Vorgaben umgesetzt, und zudem wird eine Bündelung verschiedener Aufgaben bei der Zentralstelle der Länder empfohlen. Das halten wir eigentlich für einen richtigen Schritt.
Wichtig ist aber auch, zu bedenken, dass wir gerade in der letzten Zeit eine breite Debatte über die Qualität bestimmter Formen von Medizinprodukten und über den Patientenschutz, gerade bei Implantaten, haben. Von daher glaube ich, dass es richtig ist, sich auch Gedanken darüber zu machen, wie man die Interessen von Patientinnen und Patienten sehr viel stärker, als es bisher der Fall ist, in den Vordergrund stellen kann.
Um ein paar Probleme anzureißen: Die Einstufung von Medizinprodukten in verschiedene Klassen der Gefährlichkeit ist den Herstellern überlassen. Das ist gerade bei Implantaten eine doch sehr oberflächliche Vorgehensweise. Eine echte Kosten-Nutzen-Bewertung oder RisikoNutzen-Bewertung findet bei den meisten Produkten nicht statt. Auch das finde ich im Sinne von Patientenrechten und Patientenschutz ein diskussionswürdiges Problem, wo man darangehen muss.
Wir haben einmal selbst nachgeprüft, wie es mit den bisherigen Zulassungsverfahren für Implantate aussieht. Da stellt sich heraus, dass es doch eine große Menge an zurückgerufenen Medizinprodukten gibt. Zwischen 2009 und 2011 sind jährlich 30 bis 70 Implantate zurückgerufen
worden. Das macht offensichtlich, dass es sich nicht nur um Einzelfälle handelt, sondern dass wir es hier unter Umständen doch mit größeren Risiken für Menschen zu tun haben, die mit Implantaten leben müssen. Wir wissen, dass diese Implantate nicht nur aus Schönheitsgründen, sondern gerade auch nach Brustoperationen eingesetzt werden. Gerade die Gruppe der Frauen, die von Brustkrebs betroffen sind, ist auf den besonderen Schutz der Gesellschaft angewiesen, und das hat natürlich auch mit der Regelung für Medizinprodukte zu tun.
Ich hatte schon gesagt, dass wir im Moment keinen Anlass sehen, uns besonders gegen das Gesetz zu stemmen. Aber für 2012 ist eine weitere Revision von drei EU-Medizinprodukterichtlinien geplant, sodass man auch noch einmal schauen muss, welche Auswirkungen dies am Ende haben wird. Wenn diese EU-Richtlinien überarbeitet werden, werden wir fordern, dass sie doch sehr viel mehr als bisher an die Arzneimittelstudien angelehnt werden, d. h. auch entsprechende Prüfverfahren zu durchlaufen haben, dass es eine zentrale Zulassung solcher Produkte gibt, insbesondere der Klasse 3, die mit erheblichen Eingriffen verbunden sind, und dass es auch bei den Gesundheitsgefahren eine Anpassung an das Arzneimittelrecht gibt.
Im Zusammenhang mit dem Skandal um Brustimplantate, mit dem wir es gerade zu tun hatten, sind Fragen offen geblieben, die zu stellen sind: wie die Abläufe waren, wie es über so lange Zeiträume zu solchem kriminellen Vertrieb von Implantaten kommen konnte. Das muss meiner Meinung nach aber auf der Bundesebene geregelt werden.