Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Innenminister,Ihre Bemerkung zu SAP kann so nicht unwidersprochen im Raum stehen bleiben. Herr Kollege Al-Wazir hat schon darauf hingewiesen: Uns in die Verantwortung zu nehmen für die Einführung von SAP ist ein Versuch, der aber gescheitert ist, weil es nicht den Tatsachen entspricht.
In der Übergangszeit zwischen der Regierung Eichel und der Regierung Koch gab es eine einzige Verabredung, das war die Einführung von SAP an den Hochschulen – nicht mehr und nicht weniger. Die Entscheidung, SAP flächendeckend in der Landesverwaltung einzuführen, ist alleine Ihre Entscheidung.
Deshalb ist es auch Ihre alleinige Verantwortung, dass die Kosten für die Einführung von SAP von 50 Millionen c auf 850 Millionen c gestiegen sind. Das ist die Realität. Ich sage dazu noch Folgendes:Für das Millionengrab SAP sind Sie verantwortlich. Bis zum heutigen Tag hat kein Abgeordneter erkannt oder erkennen können, dass wir mehr Transparenz erreicht haben. Das Geld ist in den Sand gesetzt worden, es gibt aber keine effektive Verbesserung. Das liegt in Ihrer Verantwortung.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Al-Wazir, Herr Kollege Kahl, das Thema SAP und NVS ist hier vergossene Milch. Wir rüsten völlig ab. Das Thema SAP hilft uns in der Debatte um die TdL kein bisschen weiter. Ich will aber noch eines sagen, und deswegen habe ich mich zu Wort gemeldet.
Das Zahlenbeispiel ist wunderbar, und ich unterstelle einmal die Richtigkeit der Zahlen. Herr Kollege Kahl hat gerade eben von einer Steigerung von 50 Millionen c auf 850 Millionen c für den Bereich SAP/NVS über einen Zeitraum von neuneinhalb Jahren gesprochen.
Jetzt will ich Ihnen die Herausforderungen dieser Debatte, die wir eben geführt haben, bevor Sie sich zu SAP und NVS geäußert haben, nennen: Da geht es um 850 Millionen c, nicht ganz, es geht um 750 Millionen c; nehmen wir die Studienbeiträge, die wir vorhin besprochen haben, von 120 Millionen c gerade noch mit drauf, dann sind wir exakt bei diesem Betrag für ein Jahr und nicht für neun oder zehn Jahre.
Das ist das Problem bei der TdL,über das wir miteinander reden müssen, wenn wir über die Übernahme sprechen. Das ist etwas, wass wir im Ausschuss noch sehr tief miteinander beraten müssen. Da sehen Sie dann einmal die Dimensionen, über die Sie sich hier unterhalten. – Vielen Dank.
Es ist vorgeschlagen,die Tagesordnungspunkte 7,8 und 16 zur weiteren Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.
Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Abschiebestopp für afghanische Staatsangehörige – Drucks. 17/22 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Erste Wortmeldung, Frau Kollegin Schott für DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrten Damen und Herren! Nach der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Februar dieses Jahres dürfen junge afghanische Männer ohne familiäre Bindung in ihr Heimatland abgeschoben werden. In anderen Bundesländern wird die Lage in Afghanistan durchaus anders bewertet, deswegen wird nicht abgeschoben.
Aus der Sicht der LINKEN ist nicht nachzuvollziehen, warum die Bundesregierung den Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan in den verschiedensten Organisationsformen wie zum Beispiel Enduring Freedom oder ISAF beschließt und regelmäßig verlängert und dazu begründet, die Bundeswehr solle im Auftrag der Vereinten Nationen die afghanische Regierung bei der Wahrung der Menschenrechte und der Herstellung und Wahrung der inneren Sicherheit unterstützen, solange afghanische Sicherheitskräfte dazu noch nicht in der Lage seien.Ziel sei, dass sowohl die afghanischen Staatsorgane als auch das Personal der Vereinten Nationen und anderes internationales Zivilpersonal, insbesondere solches, das dem Wiederaufbau und humanitären Aufgaben nachgehe, in einem sicheren Umfeld arbeiten könnten.
Andererseits kommt der Hessische Verwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis, es sei angesichts seines Lebensalters und seiner Arbeitsfähigkeit nicht überwiegend wahrscheinlich, oder gar sicher, dass der Kläger deshalb dort sein Leben verlieren oder schwerste Beeinträchtigungen sonstiger wichtiger Rechtsgüter erleiden dürfte. – Ich finde diese Formulierung zynisch.
Wer dennoch reist,muss sich der Gefährdung durch terroristisch oder kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein. Trotz Präsenz der internationalen Schutztruppe ISAF kann es landesweit zu Attentaten kommen. Die Sicherheitskräfte der Regierung
sind nicht in der Lage, Ruhe und Ordnung zu gewährleisten. In ganz Afghanistan besteht das Risiko, Opfer einer Entführung zu werden. In der Hauptstadt Kabul können Überfälle und Entführungen auch tagsüber nicht ausgeschlossen werden. Im übrigen Land bestehen teilweise noch deutlich höhere Sicherheitsrisiken.Allen Deutschen vor Ort wird zu größter Vorsicht geraten. Dies gilt besonders für Überlandfahrten, die auch in vergleichsweise ruhigen Landesteilen nur im Konvoi, nach Möglichkeit bewacht, und mit ortskundiger Begleitung durchgeführt werden sollten. Die Sicherheitslage auf der Strecke muss zeitnah zur Fahrt sorgfältig abgeklärt werden. Es wird davor gewarnt, auf unsicheren Plätzen zu übernachten. In weiten Teilen besteht keine medizinische Versorgung.
Es kann wohl kaum davon ausgegangen werden, dass sich die Sicherheitslage nach der Nationalität der Betroffenen richtet. Ergo sind Afghanen genauso gefährdet wie Deutsche. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass das Pro-KopfEinkommen bei ungefähr 335 US-Dollar liegt. Davon kann man auch in Afghanistan nicht wirklich leben. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt nicht einmal 50 Jahre. Das ist eine der niedrigsten der Welt.
Uns ist bewusst, dass die Zerstörungen eines Vierteljahrhunderts Krieg und Bürgerkrieg nicht innerhalb kürzester Zeit geheilt werden. Der Wiederaufbau verlangt einen langen Atem, daher ist der weitere Einsatz von Bundeswehr, Polizei und Entwicklungshelfern notwendig.
Die Bundeswehr wirkt durch ihre deutliche, für jedermann sichtbare Präsenz. Während der Patrouillen werden zivile Lagebilder erstellt. Sie trägt zur Einschätzung der Sicherheitslage und zur Organisation der Wiederaufbauprojekte bei. Für 2008 hat der Bundestag eine Verdreifachung der Mittel auf knapp 36 Millionen c verabschiedet. Wir werden bleiben, bis sichergestellt ist, dass Afghanistan aus eigener Kraft für Frieden und Sicherheit für seine Bevölkerung sorgen kann und nicht wieder zu einem Land wird, aus dem uns Gefahr droht.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht ersichtlich, warum Menschen afghanischer Herkunft zugemutet werden kann, in ihr Heimatland zurückgeschickt zu werden. Dem Wiederaufbau des Landes ist es ebenfalls in keiner Weise dienlich, da die Situation beispielsweise in Kabul jetzt nicht mehr zu bewältigen ist.
Amnesty International weist darauf hin, dass seit Ende 2001 die Zahl der Einwohner Kabuls von 900.000 auf mehr als vier Millionen angestiegen ist. Vielen Stadtgebieten droht der Kollaps. Der enorme Bevölkerungszuwachs hat zu einem akuten Mangel an Wohnraum und zur Bildung großer Slumviertel geführt.
Wir fordern daher, die Sicherheit aller hier lebenden Menschen aus Afghanistan zu gewährleisten – wir reden hier von ein paar Hundert Menschen, nicht von Tausenden – und zu diesem Zeitpunkt niemanden auszuweisen.
Ich bitte deshalb alle Abgeordneten, unserem Antrag auf einen Abschiebestopp für afghanische Staatsangehörige zuzustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Auch hierbei handelte es sich um die erste Rede einer Kollegin. Herzlichen Glückwunsch des Hauses.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! DIE LINKE beantragt, abweichend von dem gültigen IMK-Beschluss, eine generelle Bleiberechtsregelung und, übergangsweise, für Hessen einen Abschiebestopp.
Die CDU-Fraktion wird diesem Antrag mit seinen zwei Teilbereichen nicht folgen und schließt sich damit – Sie können sich sicher alle daran erinnern – der weit überwiegenden Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestags an.
Wir verschließen dabei nicht die Augen vor der Situation in einem Land, das sich nach 23 Jahren Bürgerkrieg bzw. kriegerischer Auseinandersetzungen in einer Phase des Wiederaufbaus befindet.Wir verkennen auch nicht die regionalen Unterschiede bezüglich der Entwicklung des Landes und der Versorgung sowie der Sicherheitslage in einzelnen Landesteilen.
Wir bedenken auch die besondere Schutzwürdigkeit einzelner Personengruppen, beispielsweise Alleinerziehender, alleinstehender Frauen und Familien mit Kindern. In dem bereits zitierten IMK-Beschluss werden gerade die Bedingungen geregelt, die erfüllt sein müssen, um gemäß § 23 des Aufenthaltsgesetzes die entsprechenden Aufenthaltserlaubnisse bzw. Aufenthaltstitel zu erteilen. Er schützt damit auch die eben skizzierten Personengruppen.
Wir wissen allerdings, dass das Auswärtige Amt, das zuständige Bundesamt, aber auch unser Ministerium und die nachgelagerten Behörden die Lage in und um Afghanistan permanent beobachten und auf Veränderungen sehr sensibel reagieren. Sie erstatten Meldung, wenn sich, beispielsweise aus humanitären Gründen,an der Abschieberegelung etwas ändern muss.
Wir wissen auch,dass bei den Personen,die zurückgeführt werden können, sehr sensible Einzelfallprüfungen vorgenommen werden. Jeder einzelne Fall wird gesondert betrachtet, und für jeden einzelnen Fall wird entschieden, ob eine Rückführung zu vertreten ist oder nicht. So sind auch die – im positiven Sinne – niedrigen Fallzahlen zu erklären. In Deutschland gab es im vergangenen Jahr 79 Rückführungen. Der Grundsatz der Individualität der Betrachtung und der Entscheidung gilt auch für den Petitionsausschuss und die Härtefallkommission.
Hinzu kommt, dass im Februar 2008 der VGH in seinem Urteil festgestellt hat, dass die Rückführung der nicht durch den IMK-Beschluss geschützten Personen zu bestätigen und insofern auch in Ordnung ist.
Wir bedenken auch, dass seit 2002 mindestens 5 Millionen Menschen sogar freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt sind. Deshalb gehen wir davon aus, dass wir, wie in der Vergangenheit, auch in der Zukunft keine Massenabschiebungen erleben werden.
Wir sind sicher, dass alle Verantwortlichen – in Berlin, in Wiesbaden oder sonst wo – auch in Zukunft die Situation in Afghanistan beobachten und sensibel reagieren werden und dass die Einzelfallprüfungen nach wie vor entscheidend dafür sind, ob eine Rückführung zu verantworten ist oder nicht.Wir sind der Überzeugung, dass die jetzige Regelung, die auch gerichtlich abgesichert ist, vertretbar und richtig ist. – Besten Dank.