Protocol of the Session on February 24, 2005

Die Frage ist, ob wir nicht festlegen müssen – Sie haben die LPR angesprochen –,wo darüber zu diskutieren ist.Es geht meines Erachtens auch darum, sicherzustellen, dass die erforderliche Programmbeobachtung tatsächlich stattfindet. Dabei müssen wir auch über Sanktionsmechanismen nachdenken, die die Anbieter selbst betreffen. Ich weiß, dass das immer seine sehr schwierige Frage ist, weil es letztlich darum geht,ob ein Programmanbieter vor dem Aus steht oder nicht.

Darüber muss man noch mehr nachdenken. Man muss sich fragen: Reicht das, was wir auf diesem Gebiet machen, aus, oder müssen wir hier nicht repressiver vorgehen? Ich neige zu Letzterem. Das setzt aber voraus, dass wir eine entsprechende Programmbeobachtung tatsächlich realisieren können.

(Beifall bei der FDP)

Frau Hinz,Sie haben zu Recht darauf hingewiesen,dass es notwendig ist, Angebote zu machen, um diejenigen, die mit Medien umgehen sollen, auch in die Lage zu versetzen, sich verantwortungsbewusst damit auseinander zu setzen. Insofern ist die Arbeit, die dort geleistet wird, sicherlich richtig.

Der Ansatz, den wir verstärken müssen, lautet also: auf der einen Seite Aufsicht und auf der anderen Seite die Durchführung von Veranstaltungen, um die Eltern in die Lage zu versetzen, sich ein Bild davon zu machen.

Das gilt auch für die Schule. Ich weiß, dass in den Schulen Verträge zwischen Lehrern und Eltern geschlossen werden, in denen sich die Eltern verpflichten, ihre Kinder nicht mehr so lange wie bisher vor der – wie es so schön heißt – Glotze sitzen zu lassen. Ich glaube, dass diese

Kleinarbeit notwendig ist, um den Eltern erst einmal bewusst zu machen, wie groß das Problem ist. In vielen Fällen liegt es nämlich an der Nachlässigkeit der Eltern, die sich mit der Frage, welche Auswirkungen der Medienkonsum haben kann, überhaupt nicht auseinander setzen.

Wir müssen über diese Frage auch im Zusammenhang mit den gesetzgeberischen Vorschriften für die privaten Rundfunkanbieter diskutieren.Wir müssen uns fragen,inwieweit wir auf die Angebote Einfluss nehmen können, um schädliche Auswirkungen zu vermeiden.

Ich möchte noch etwas zu der Antwort auf die Große Anfrage insgesamt sagen. Eine Antwort ist symptomatisch. Das werfe ich der Landesregierung aber nicht vor.Es geht um die Frage 9: Welche zusätzlichen Kontroll- und Regulierungsmechanismen erachtet die Hessische Landesregierung für notwendig? Die Landesregierung verweist auf die Evaluation und darauf, dass der Vertrag erst im Jahre 2003 in Kraft getreten ist. Der Evaluationszeitraum soll erst einmal abgewartet werden.

Ich glaube, das reicht nicht aus. Es ist eine ständige Aufgabe, zu diesen Fragen Angebote zu machen, um die Familien in die Lage zu versetzen, mit den Medien verantwortungsvoll umzugehen. Außerdem müssen wir uns damit auseinander setzen, wo wir die Sanktionsmechanismen möglicherweise verschärfen sollten.Alles in allem ist es angesagt, diesen Zeitraum zu nutzen, um zu den entsprechenden Schlussfolgerungen zu kommen.

Fazit: Wir sollten die Diskussion in den unterschiedlichsten Gremien nutzen, um darüber nachzudenken, welche Konsequenzen wir daraus ziehen können. Die Frage ist spätestens dann zu beantworten, wenn die Auswertung 2006 oder 2007 tatsächlich erfolgt ist und wir auf die staatsvertraglichen Regelungen wieder Einfluss nehmen können. In diesem Sinne dürfen wir uns recht herzlich bedanken und werden dies in den entsprechenden Gremien, insbesondere bei der Landesmedienanstalt, in die Diskussion einbringen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Herr Posch. – Herr Hoff, Sie haben für die CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt wahrscheinlich kein Thema, das sich für einen Streit zwischen Regierung und Opposition weniger eignet als dieses. Das wird im Grunde jedes Jahr dadurch dokumentiert, dass wir uns am Rande des Hessentags zu einer Gesprächsrunde treffen. Die medienpolitischen Sprecher unterhalten sich im Rahmen dieser Gesprächsrunde fast jedes zweite Jahr über die Themen „Jugendschutz in den Medien“ und „Medienkompetenz“.

Dabei stellt sich heraus – das sollten wir hier offen eingestehen –, dass wir durchaus in der Lage sind, eine Vielzahl von Problemen zu beschreiben und zu analysieren, wodurch diese Probleme verursacht sind.Aber die Fähigkeit, Lösungswege aufzuzeigen, ist sehr begrenzt. Wir können nur sehr begrenzt sagen: Da liegt der Lösungsansatz, und dort müssen wir eine Konsequenz ziehen, die diese oder jene Wirkung haben wird.

Ich möchte mich für die CDU-Fraktion für die umfangreiche Beantwortung dieser Anfrage sehr herzlich bedanken. Sie enthält eine Vielzahl von Daten und Fakten, die einen sehr nachdenklich stimmen müssen.Wenn Sie lesen, dass knapp 40 % der 6- bis 13-jährigen Kinder über ein eigenes Fernsehgerät verfügen, wird Ihnen deutlich, dass das Fernsehgerät heutzutage offensichtlich in vielen Familien ein wesentlicher Bestandteil der Kinderbetreuung – von der Erziehung will ich gar nicht sprechen – geworden ist. Die Kinder werden schlicht und ergreifend vor dem Fernseher abgestellt,damit sie sich dort berieseln lassen.

Das darf man weder den Kindern noch den staatlichen Ebenen vorwerfen, sondern wir müssen versuchen, mit den Eltern ins Gespräch zu kommen. Überhaupt habe ich manchmal den Eindruck,dass es viel wichtiger ist,die Medienkompetenz der Eltern zu fördern bzw. überhaupt erst zu wecken.

Denken Sie z. B. an das Internet. Es wäre ein großer Schritt nach vorne, wenn die Eltern in der Lage wären, nachzuschauen – und das auch regelmäßig täten –, welche Seiten Ihre Kinder zuletzt am Computer aufgerufen haben.

(Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da gibt es heftige Familienkräche! Das kann ich Ihnen aber sagen!)

Wir stellen aber heute immer wieder fest, dass eine Vielzahl von Eltern überhaupt nicht über die Kompetenz verfügt, diese Seiten aufzurufen und anschließend mit den Kindern über deren Inhalte zu sprechen.Sie können ihren Kindern nicht im Gespräch vermitteln, welche Konsequenzen das hat. Wir befinden uns in einem echten Dilemma.

Machen wir uns nichts vor. Wir brauchen gar nicht über die Medien zu reden. Nehmen wir beispielsweise an, dass in einer Kindergartengruppe etwas vorfällt und dass daraufhin zu einem Elternabend eingeladen wird.Wenn Sie feststellen, dass von 20 betroffenen Elternpaaren nur sechs oder sieben kommen, aber 13 oder 14 dem Elternabend fernbleiben,wird Ihnen klar,wo das Hauptproblem liegt.

Frau Hinz, darin unterscheide ich mich von Ihnen: Ich will deutlich machen, dass es uns gelungen ist, gerade in den Schulen – im Vergleich zu den Verhältnissen, die vor ein paar Jahren dort herrschten – eine wesentliche Verbesserung herbeizuführen.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es wäre schlimm, wenn gar nichts passiert wäre!)

Noch vor ein paar Jahren stellten viele Schulen in Hessen sozusagen eine internetfreie Zone dar.Viele Lehrer konnten, selbst wenn die entsprechenden technischen Vorkehrungen getroffen worden waren,mit den Computern nicht so umgehen, wie sie es eigentlich hätten können müssen.

Heute können wir aber feststellen, dass diese Angebote in weiten Bereichen der hessischen Schullandschaft existieren und dass es vor allem auch qualifizierte Lehrer gibt, die versuchen, den Schülern das notwendige Wissen und die notwendige Kompetenz zu vermitteln.

Das hat nichts damit zu tun, dass wir jetzt hier versuchen müssen, einen Streit zwischen Regierung und Opposition zu forcieren, sondern damit, dass inzwischen einige Zeit vergangen ist und dass der Umgang mit dem Computer und dem Internet immer mehr zu unseren alltäglichen Be

schäftigungen gehört. Dies spiegelt sich Gott sei Dank auch in dem Unterricht an unseren Schulen wider. Die Schulen können somit einen wertvollen Beitrag zur Förderung der Medienkompetenz leisten.

Wichtig ist in dem Zusammenhang die Feststellung – auch das geben die Zahlen her –, dass die Kinder offensichtlich manchmal viel vernünftiger sind als die Erwachsenen. Ich nenne nur das profane Beispiel Fernsehnutzung. Ob diese Fragen gesteuert sind, weiß ich nicht. Das glaube ich eigentlich nicht; denn es gilt der schöne Satz: Kindermund spricht Wahrheit.

Schauen Sie sich Folgendes an: Der Kinderkanal ist der mit Abstand beliebteste Sender bei den 6- bis 13-Jährigen. Die beliebtesten Sendungen bei den 6- bis 13-Jährigen sind „Die Sendung mit der Maus“, „Löwenzahn“, „Tabaluga“ usw.Das zeigt,dass wir heutzutage Medienangebote haben, die Beispiele geben können.

Gestatten Sie mir eine private Anmerkung. Sie wissen, dass ich, da ich einen kleinen Sohn habe, noch im Benjamin-Blümchen-Zeitalter lebe. „Benjamin Blümchen“ gilt als eine besonders kindgerechte Sendung. Aber mich ärgert, dass der dümmste Zeitgenosse bei „Benjamin Blümchen“ – das ist auf jeder Kassette so – der Bürgermeister der Stadt Neustadt ist. Das wird den Kindern von vornherein klargemacht. Ein ganz bestimmtes Klischee, das zu bedienen ist, wird an dieser Stelle auch bedient. Das möchte ich hier einmal sagen. Pädagogisch halte ich das für zweifelhaft angesichts dessen, was unsere Bürgermeister landauf, landab leisten.

(Christel Hoffmann (SPD): Er muss CDU-Mitglied sein! – Zuruf der Abg. Evelin Schönhut-Keil (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Kollegin Schönhut-Keil,ich bin froh,dass Sie so beratungsfähig sind. Das gilt nicht für jedes Mitglied Ihrer Fraktion. Bei Ihnen weiß ich, dass das so ist, und deshalb freue ich mich, dass wir auch an dieser Stelle übereinstimmen.

Zurück zu den ernsten Aspekten. Wir sehen an den Antworten auf die Große Anfrage, dass wir eine Menge Arbeit vor uns haben.Wir werden selbstverständlich die Ergebnisse der Evaluation abwarten müssen. Wir werden sehr genau darauf schauen müssen,was die Evaluation zutage fördert.

Meine Empfehlung ist, dass wir dieses Thema – über die Diskussion hinaus, die die medienpolitischen Sprecher einmal im Jahr am Rande des Hessentags führen – auch im Hessischen Landtag behandeln sollten, um öffentlich zu wirken und dort, wo es die Möglichkeit gibt, für die Förderung einer besseren Medienkompetenz einzutreten, unseren Beitrag zu leisten.– In diesem Sinne danke ich Ihnen sehr herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Hoff. – Herr Siebel, Sie haben sich zu Wort gemeldet. Ihnen stehen drei Minuten Redezeit zur Verfügung.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will aus dem, was wir hier gemeinschaftlich festgestellt haben – Herr Hoff, herzlichen Dank für die sehr

persönlichen Bemerkungen,die Sie hier gemacht haben –, dem Parlament einige Konsequenzen vorschlagen. Der Anlass dieser Großen Anfrage, die die SPD-Fraktion gestellt hat, war ein Besuch bei „Jugendschutz.net“ in Mainz. Wir haben dort erfahren, dass ein regelmäßiger Bericht dieser Einrichtung – der der Antwort auf die Große Anfrage beigefügt ist – jährlich an das Hessische Sozialministerium geht und dort in der Fachabteilung bearbeitet wird.

Dieser Bericht zeigt einige wichtige Konsequenzen. Es wäre lohnend, wenn wir diese Konsequenzen auch in parlamentarischer Beratung behandeln könnten. Deswegen lautet unser Vorschlag, dass wir diesen Bericht jährlich in einem Gremium – im Hauptausschuss oder im Sozialausschuss – des Hessischen Landtags beraten.

Dies ist beim Datenschutzbericht üblich, dort machen wir es regelmäßig. Ich würde es für eine sehr gute und zielgerichtete Einrichtung halten, wenn wir den Bericht von „Jugendschutz.net“ zum Gegenstand nähmen, ihn regelmäßig in einem unserer parlamentarischen Gremien zu beraten.

Zweitens schlagen wir vor, dass die Einrichtung, die Jugendschutz unter einem bestimmten Aspekt begreift – das ist „Jugendschutz.net“ –,besser unterstützt und ausgestattet wird.

Frau Lautenschläger, wie Sie wissen, ist es so, dass „Jugendschutz.net“ in einem Bereich schlicht und ergreifend unterbesetzt ist, nämlich in dem Bereich, der momentan zu wenig überprüft wird, nämlich die Chats. Es gab schon Fernsehsendungen darüber, zu welch unglücklichen Situationen das führen kann. Um „Jugendschutz.net“ in eine bessere Situation der Überprüfung zu bekommen,wäre es dringend geboten, „Jugendschutz.net“ entsprechend auszustatten.

Drittens soll „Jugendschutz.net“ seine Hauptaufgabe nicht darin sehen, Angebote zu verbieten, sondern mit den jeweiligen Providern in Kontakt treten. Der Bericht sagt auch, in 70 % der Fälle führe alleine schon die Ansprache dazu, dass die entsprechenden Angebote vom Netz genommen werden.

Viertens. Ich will nachdrücklich dafür werben, dass wir dem Problem auch international begegnen. Das bedeutet, dass die internationalen Standards verbessert werden müssen.Das ist auch noch einmal mein Appell an die Landesregierung,

Herr Siebel, Sie müssen zum Schluss kommen.

Auch die in der Antwort auf die Große Anfrage zitierte Einrichtung INHOPE ist zu stärken. Das ist eine Einrichtung, die im Hinblick auf Rechtsradikalismus im Internet etwas bewirken kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Landesregierung, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dem Vorschlag zustimmten und den jährlichen Bericht, der im Sozialministerium abgeliefert wird, zum Gegenstand einer parlamentarischen Beratung machten. Dann würde auch von der Beratung der Antwort auf die Große Anfrage ein Signal ausgehen, hinter dem wir alle stehen. Dieses Thema ist allen sehr wichtig. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Siebel. – Für die Landesregierung hat sich Herr Staatsminister Grüttner zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aussprache zu der Antwort auf die Große Anfrage hat gezeigt,dass fraktionsübergreifend eines klar ist, dass nämlich jugendgefährdende Angebote in den Medien, vor allem in den traditionellen Medien wie Fernsehen, DVD, Video, aber auch das Internet auf die vielfältigen Möglichkeiten der Gefahren hin betrachtet werden müssen.

Ich möchte auf die Beantwortung der einzelnen Fragen nicht mehr eingehen. Mit der Beantwortung der Großen Anfrage ist deutlich geworden, dass man sich der Gefahren, die damit verbunden sind, bewusst ist. Auf der anderen Seite ist es nicht einfach, daraus Konsequenzen oder Lösungsvorschläge wie eine mathematische Formel zu entwickeln. Natürlich kann es nicht zufrieden stellen, wenn es 5.000 Untersuchungen gibt, die sich im Wesentlichen mit Wirkungszusammenhängen auseinander setzen und am Ende herausfinden, dass man weiß, dass es eine Wirkung gibt, diese Wirkung aber nicht genau greifen kann. Wenn man diese Wirkung genau greifen könnte, müsste eine Zielgruppe bestimmt werden. Diese Zielgruppe ist wiederum von so vielen Faktoren abhängig, dass sie für uns nicht greifbar ist. An dieser Stelle fängt Forschung an,ins Leere zu laufen.Insofern kann ich schon teilen, was Kollege Posch gesagt hat: Man muss nach anderen Instrumenten suchen, mit denen man hier ansetzen kann.