Sie haben es nicht für nötig befunden, die klaren rechtlichen Verpflichtungen zu beachten – ein weiterer offenkundiger Beleg dafür, dass Ihnen Recht und Gesetz in Ihrer Selbstherrlichkeit völlig Wurst geworden ist. Früher hieß es bei Ihnen – ich erinnere mich an Auftritte des Kollegen und jetzigen Justizministers Wagner –: Law and order, ganz vorne Recht und Gesetz. Der kleinste Verstoß sollte unnachsichtig geahndet werden. Heute sind Rechtsverstöße bei der Regierung an der Tagesordnung. Ihre Parteigänger wie Rennclub-Paul und Ferrari-Wolski sollen im Notfall sicherstellen, dass Sie ungeschoren davonkommen.
Alles wird der Huldigung von Roland Koch untergeordnet, damit er Angela ärgert und seine Altkumpel von der Tankstelle, vor allem aber sich selbst, wichtig machen kann. Das ist der Punkt, über den wir streiten. Sie kennen den Unterschied zwischen Staat und Partei längst nicht mehr. Sie machen sich den Staat zur Beute. Das muss immer wieder angeprangert werden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Justizminister hat eben in der anderen Aktuellen Stunde festgestellt: außer Spesen nichts gewesen. – Ich wandle das einmal ab:ohne Spesen dabei gewesen.– Dieser Vorgang,um den es jetzt geht, ist kein Einzelfall.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, nein, das geht so nicht! Hier wird der Bundesaußenminister als Gesocks bezeichnet! Das geht wohl nicht! – Unruhe)
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Ruhe. Im Präsidium ist überhaupt kein Zwischenruf angekommen. Es tut mir herzlich Leid. – Der Kollege Denzin hat das Wort. Ich bitte Sie um Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, lassen Sie die Uhr weiterlaufen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es vielleicht ein paar Minuten doch noch einmal normal?
Der Vorgang ist keine Einzelerscheinung. Herr Kollege Kaufmann hat es eben angesprochen. Es zeigt sich an einer ganzen Reihe von Vorgängen und Abläufen, dass Macht sehr verführt. In diesem Fall verführt sie mehr und mehr zur Selbstherrlichkeit.
Macht macht gegenüber dem immun, was gemeinhin als recht und billig empfunden wird. Macht drängt nach mehr Macht. Genau das ist es, was unser Ministerpräsident mehr und mehr zeigt und uns spüren lässt.
Es wäre auch zu erörtern, ob das Verhalten verfassungswidrig war. Das, was dazu vorgetragen wurde, ist sehr einleuchtend. Aber selbst wenn es nicht verfassungswidrig wäre, einfach aus dem Empfinden von Recht und Billigkeit heraus verbietet es sich von vornherein,eine Auswahl unter den Journalisten zu treffen, die die Politik dieses Landes Tag für Tag begleiten. Möglicherweise ging das auch noch über diese Gruppe hinaus. Unabhängig davon, nach welchem Modus das geschah, eine solche Handhabung ist unmöglich.
In Hessen folgte die Praxis dem Berliner Urteilsspruch, der Mitte der Neunzigerjahre erfolgte.Man hat die Praxis, die zuvor anders war, umgestellt. Man hat danach gesagt: Journalisten haben genauso zu bezahlen wie jeder andere Teilnehmer einer Wirtschaftsdelegation. Dabei ist es gleich, ob dies der Verlag oder der Journalist selbst zahlt.
Das ist auch recht und billig und kann gar nicht anders gehandhabt werden. Denn wenn man Rabatte gewährt, wenn man einlädt oder Journalisten umsonst mitfahren lässt, handelt man sich automatisch den Vorwurf ein, es handele sich um eine subjektive Auswahl.
Denn man kann nie alle mitnehmen, die mit wollen. Nach welchem Verfahren soll man dann also auswählen? Die einschlägigen Kommentierungen dazu haben wir eben gehört. Das muss ich nicht wiederholen.
Das Ganze zeigt noch etwas: Es besteht tatsächlich der dringende Anfangsverdacht, dass diese Hessen-Agentur von vornherein mit der Absicht gebildet wurde, als Hauptaufgabe eine Agentur der Staatskanzlei zu sein.
Man kann sich darüber wundern, dass mittlerweile fast alle Reisen mit wirtschaftlichem Hintergrund vom Ministerpräsident selbst geleitet werden. Der Herr Wirtschaftsminister tritt in diesem Metier gar nicht mehr auf. Offensichtlich wird der Aufbau dessen, was die Regierung als klassisches Instrument der Wirtschaftsförderung bezeichnet und durch Zusammenführung erreichen will, unmittelbar aus der Staatskanzlei gesteuert. Dort werden die Organisationsaufträge festgelegt. Damit zeigt sich das, was wir schon einmal, nämlich während der Beratung des Einzelplans 07 im Rahmen der Haushaltsberatungen gesagt haben: Man muss sich allmählich wirklich überlegen, ob man dieses Ministerium überhaupt noch braucht.
Vielleicht führt die Behandlung in der Aktuellen Stunde ein wenig zum Nachdenken. Das wäre wünschenswert. Unmittelbar können wir nicht eingreifen. Wir können es anprangern. Ich glaube, die Öffentlichkeit wird zunehmend für den Regierungsstil sensibilisiert.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass der Regierungssprecher meint,das Recht zu haben, Journalisten handverlesen zu einer Reise des Ministerpräsidenten einladen zu können, ist Symptom eines Problems, das man inzwischen als Morbus Metz bezeichnen könnte.
Herr Metz überschreitet immer öfter die Grenze der akzeptablen Medienarbeit. Er nimmt sich selbst so unglaublich wichtig, dass er die Bodenhaftung völlig verloren hat. Herr Ministerpräsident, Sie hätten gewarnt sein müssen. Ein Pressesprecher, der meint, immer den eigenen Kopf
ins Fernsehbild schieben zu müssen, und der von sich selbst immer den Eindruck vermittelt, Ihr Souffleur zu sein, wird irgendwann zum Risiko.
Der Regierungssprecher sieht sich nicht als Dienstleister gegenüber den Medien und als Auskunftsstelle der Regierung, sondern er versteht sich vor allem als Sprecher seiner Partei. Er will die Medien nicht möglichst gut und fair informieren, sondern sie steuern. Er schreckt auch vor Desinformation nicht zurück. Spätestens da sind nicht nur die Grenzen des Anstands und des guten Geschmacks überschritten, sondern auch die Grenze, die die zulässige Pressearbeit eines Regierungssprechers aufzeigt.
Erinnern wir uns: Folgenreich für Dirk Metz war die verhängnisvolle Botschaft, die er mitteilte, als das CDU-Präsidium seinerzeit den Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominierte. „Köhler ist raus“, so lautete seine Information, die er per SMS verbreitete.
Diese Nachricht lief anschließend über die Agenturen und sorgte für eine nachhaltige Verstimmung der Mitglieder der Bundespressekonferenz gegenüber Herrn Metz. Einige Monate später können wir zumindest für die Bundesebene im Stil einer SMS-Mitteilung,die Sie so sehr lieben, feststellen: Köhler ist drinnen, Koch ist draußen.
Heute geht es um die geplante Indienreise des Ministerpräsidenten. Herr Metz, Sie haben die Journalisten handverlesen und ausgewählt, die Herrn Koch begleiten dürfen und die in den Genuss einer massiven Subvention durch die Hessen-Agentur kommen.
Der Vorgang hat mehrere diskussionswürdige Aspekte. Der wichtigste ist der eindeutige Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es ist in einer Demokratie eine Selbstverständlichkeit, dass allen Medienvertretern der gleiche Zugang zu Informationen der Regierung gewährt wird. Dazu gehört auch die Begleitung bei Reisen. Sie unter der Hand in CDU-typischer Mauschelei zu vergeben, ist ein eklatanter Verstoß gegen diese Regel.