Protocol of the Session on June 3, 2003

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, das Hessische Abgeordnetengesetz – das hat der Kollege Lortz schon gesagt – zeichnet sich durch Transparenz und Übersichtlichkeit aus. Ich bin mir sicher, dass das für die Gesetze der übrigen Länder in diesem Maße nicht gilt. Die Eckpunkte unseres Gesetzes sind auf der einen Seite – das wird immer herangezogen – eine im Vergleich zu anderen Bundesländern hohe zu versteuernde Entschädigung, die aber von Experten so vorgeschlagen worden ist, und eine maßvolle steuerfreie Aufwandsentschädigung, eine geringe steuerfreie Aufwandsentschädigung. Dieser Grundsatz ist so richtig, und das sagt sogar der Bund der Steuerzahler.

In der letzten Legislaturperiode hatten wir ein sehr objektives Verfahren zur Erhöhung der Diäten,und zwar gekoppelt an die durchschnittliche Einkommensentwicklung durch den so genannten Mikrozensus. Was immer wieder vergessen wird: Die Diäten sind immer für die rückwirkende Periode, also immer für ein Jahr zurück, angehoben worden. Dieses Verfahren läuft jetzt aus, das ist Ihnen bekannt. Deswegen brauchen wir eine Neuregelung für diese Legislaturperiode.Ich glaube,dies ist in diesem Hause nicht strittig, und es sollte auf der aktuellen Datenbasis, dem Mikrozensus 2000, geschehen.

Wenn man diese Einkommensentwicklung zugrunde legen würde, dann würde dies eine Anpassung um 2,87 % bedeuten. Der Gesetzentwurf geht aber von 1,4 % Steigerung aus. Dies entspricht der Inflationsrate.

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang wird von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Nullrunde verlangt. Nullrunden sind immer populär oder, deutlicher gesagt, populistisch, aber nicht sachbezogen, um auch das klar und deutlich zu sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wenn nämlich die Einstufung der Diäten so stimmt, dann ist es eine logische Konsequenz, dass man an der Einkommensentwicklung teilnimmt. Denn wer dieser Meinung nicht ist, der kritisiert im Grunde genommen die vorherige Einstufung der Diäten, um es in der Logik klar zu sagen.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Bei der Altersentschädigung für Abgeordnete waren wir bisher eng mit der Beamtenversorgung verbunden.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Das war eng miteinander verknüpft. Deshalb ist es auch nur logisch,dass wir die Absenkung,die für Beamte gilt,in einem ersten Schritt für Abgeordnete nachvollziehen. Das ist eine logische Konsequenz, und daher die schrittweise Änderung des Höchstbetrages von 75 auf 71,75 %.

Ich füge hinzu: Auch dies macht Hessen konsequent und transparent. Ein Blick nach Bayern macht das deutlich. Die senken bei der Altersentschädigung den Höchstsatz

auch auf 71,75 % ab. An der Stelle wird aber die Kappungsgrenze vergessen. Denn neben diesen 71,75 % kann man anschließend aus weiteren Versorgungen auf bis zu 100 % der Diät kommen, und erst dann gilt die Kappungsgrenze von 50 %. Dies ist eine Mogelpackung, um dies klar und deutlich zu sagen. Bei uns gilt die Kappungsgrenze von 71,75 %, und dies ist eine faire und deutliche Regelung.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen. Dieses Gesetz geht von den Kriterien aus: Inflationsausgleich und Senkung der Altersversorgung analog dem Beamtenrecht. Außerdem schaffen wir für diese Legislaturperiode durch den neuen Mikrozensus eine objektive Grundlage für die Erhöhung der Diäten im Hessischen Landtag. Meine Damen und Herren, damit bleibt sich Hessen treu in seinem transparenten Verfahren zur Diätenentwicklung. Deswegen unterstützen wir diesen Gesetzentwurf.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat Frau Kollegin Beer das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die FDP-Fraktion trägt den vorliegenden Gesetzentwurf mit, nämlich das System, das wir 1989 zur Anpassung der Diäten eingeführt haben, in dieser Legislaturperiode auf der Basis der aktualisierten Maßzahlen fortzusetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses System ist transparent, nachvollziehbar und angemessen, so wie es eben von meinen beiden Vorrednern bereits geschildert wurde. Wir tragen damit auch die Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung um 1,4 % mit, die nur die Hälfte der sich nach dem vorher geschilderten System eigentlich errechnenden Erhöhung von 2,87 % beträgt. Herr Kollege Kahl hat das eben dargestellt. Das ist unserer Meinung nach auch angesichts der aktuellen Finanzlage angemessen.

Meine Damen und Herren, das wirkliche Problem ist allerdings nicht die aktuelle Höhe der Bezüge der Abgeordneten.Ich denke,es versteht sich von selbst,auch wenn es in der Öffentlichkeit manchmal deutlicher vermittelt werden muss, dass Abgeordnete, dass Politiker für ihre Arbeit angemessen entlohnt werden müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das eigentliche Problem ist die Versorgung im Alter.

(Beifall bei der FDP)

Ich sage es noch deutlicher: Der eigentliche Stein des Anstoßes in der öffentlichen Diskussion ist die an die Beamtenpensionen angeglichene Altersversorgung der hessischen Abgeordneten. Ich meine, das ist zu Recht der Stein des Anstoßes. Hier ist einiges nicht in Ordnung.

(Beifall bei der FDP)

Wir senken jetzt zwar den Höchstruhegehaltssatz von 75 auf 71,75 % – der Kollege Kahl und der Kollege Lortz haben es dargestellt –, aber seien wir doch einmal ehrlich: Das ist ein ganz kleiner, ein winziger, wenn auch richtiger Schritt, wenn man in dem an das Beamtenrecht angepassten System bleiben will.

Die eigentliche Frage ist aber doch:Warum haben wir ein Rentenzugangsalter von 55 Jahren? Warum ergibt sich ein Anspruch auf Altersversorgung für Abgeordnete bereits nach einer sechsjährigen Mitgliedschaft in diesem hohen Hause? Warum gibt es bei uns eine regelmäßige Steigerung in unserem Versorgungsanspruch, seien es 3 % oder – nach dem neuen Gesetzentwurf – 2,75 %?

Die FDP will daher eine grundlegende Reform. Wir wollen statt diesem, dem Beamtenrecht angenäherten, den Pensionen entsprechendem System eine vollständige Entkopplung der Altersversorgung der Abgeordneten von dem System der Beamtenversorgung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir verlangen von allen Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes eine verstärkte eigenverantwortliche Altersvorsorge. Dann müssen aber auch wir damit beginnen. Dann gilt das auch für uns Abgeordnete.

(Beifall bei der FDP)

Außerdem sind wir Liberale der Meinung, dass frei gewählte und nur ihrem Gewissen unterworfene Abgeordnete in der Ausübung ihres Mandats weit mehr mit Freiberuflern und Selbstständigen zu vergleichen sind als mit Beamten im Landesdienst. Wir Liberale wollen daher eine Versorgung der Abgeordneten, die in ihrer Struktur einer privaten Altersversorgung entspricht. Wir wollen eine Versorgung, bei der jeder Abgeordnete eigenverantwortlich selbst entscheidet,in welcher Form er für sein Alter vorsorgt. Da ist die Bandbreite der Möglichkeiten groß: von der privaten Lebensversicherung über Wertpapier- oder Immobilienbesitz bis hin zu einer Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung. Man könnte sogar an ein Versorgungswerk für Abgeordnete denken. In dieser Forderung werden wir übrigens auch vom Bund der Steuerzahler unterstützt.

(Beifall bei der FDP)

Wer eine solche grundlegende Reform der Strukturen will, der muss auch anfangen, an dieser Reform zu arbeiten. Lieber Kollege Gotthardt, deswegen wollen wir – gemeinsam mit der SPD, Herr Kollege Kahl hat es bereits dargestellt – eine unabhängige Expertenkommission einsetzen, die sich mit der Reform und der Struktur der Alterversorgung der Abgeordneten beschäftigt.

(Frank Gotthardt (CDU): Falsche Rede!)

Damit hängt zusammen, dass sich diese Kommission auch mit der Struktur der Abgeordnetenentschädigung befasst. Selbstverständlich sollen in dieser Kommission auch Abgeordnete mitwirken. Der FDP-Fraktion ist aber wichtig, dass in dieser Kommission ein unabhängiger Faktor in Form externer Experten enthalten ist. Das ist unserer Meinung nach unverzichtbar.

(Beifall bei der FDP)

Es ist schade – der Zwischenruf des Kollegen Gotthardt hat es eben noch einmal gezeigt –, dass dieser grundlegende und wichtige Punkt von CDU und GRÜNEN in einer Geschäftsordnungsdebatte in Streit gezogen wird.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie haben gestritten! – Zurufe von der CDU)

Die FDP-Fraktion hat aber die Hoffnung, nachdem der Dringliche Antrag Drucks. 16/222 hier vorgelegt wurde, dass wir CDU und GRÜNE doch noch auf den Weg einer grundlegenden Reform in dem von mir geschilderten Sinne führen können. Die Beratungen im Ältestenrat werden es zeigen.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat der parlamentarische Geschäftsführer von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herr Kaufmann.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Er ist gegen alles, nimmt aber alles mit!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Beer,wer 35 Tagesordnungspunkte zu weit springt und über ein ganz anderes Thema redet, ist gewiss nicht seiner Zeit voraus, sondern dem fehlt der Durchblick.

(Nicola Beer (FDP): Sie sind der Zeit hinterher!)

Es fällt doch auf, dass Sie immer wieder versuchen – offensichtlich deshalb, weil Sie zu dem Thema, das hier ansteht, nämlich die aktuelle Situation der Abgeordnetenentschädigung, möglichst wenig sagen wollen –, so zu tun, als ob wir und auch die CDU über die grundlegende Frage der Altersversorgung der Abgeordneten nicht reden wollten.

(Nicola Beer (FDP): Wir sind schon weiter, Herr Kollege!)

Nein, das Gegenteil ist richtig. Das muss intensiv diskutiert werden, und es liegen zwei Anträge hierzu vor. Wir werden das zu gegebener Zeit, nämlich dann, wenn diese Punkte aufgerufen werden, diskutieren und einen Vorschlag auf den Weg bringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Der Streit über die aktuellen Entschädigungsfragen ist doch sehr viel kleiner, als mit manchem Getöse hier suggeriert wird. Wir sagen – da gibt es überhaupt keine Differenzen zu den anderen Fraktionen –, es ist richtig, dass wir als Parlament – als Souverän, wie es früher hieß – die Entscheidungen selber treffen.Das machen wir seit vielen Jahren so.Wir GRÜNEN waren hier immer mit dabei.

Was die Differenz ausmacht, ist, dass wir uns an Einzelpunkten erlauben, gelegentlich eine andere Meinung zu haben als Sie, selbst eine andere Meinung als der verehrte Kollege Lortz, der noch zwei Tage Zeit hat, zu den jungen Leuten gerechnet zu werden.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Kollege Lortz, auch wenn Sie ab Donnerstag zu den alten Weisen gehören, wird es trotzdem vorkommen, dass wir gelegentlich eine andere Meinung haben als Sie.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)