Protocol of the Session on June 3, 2003

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 12:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Hessischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes – Drucks. 16/177 –

Es ist keine Aussprache vorgesehen. Aber zur Einbringung des Gesetzentwurfs hat Herr Staatsminister Bouffier das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bringe für die Landesregierung den Gesetzentwurf für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Hessischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ein. Dies ist eine Materie, die normalerweise die Massen nicht fasziniert. Sie hat aber für die praktische Abwicklung des Verwaltungsrechts große Bedeutung.

Die Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass eine Reihe der Vorschriften nicht mehr mit der Wirklichkeit der Vollstreckung übereinstimmt. Im Kern geht es darum, dieses von der Praxis häufig als schwerfällig, kompliziert und unübersichtlich bezeichnete Gesetz den Anforderungen anzupassen.

Im Wesentlichen sind folgende Punkte zu nennen. Insbesondere die Kommunen haben Wert darauf gelegt, dass eine Reihe von Vorschriften vereinfacht werden soll. So soll es z. B. in Zukunft möglich sein, dass mehrere Vollstreckungsbehörden gemeinsam einen Vollstreckungsbeamten haben. Die Verwaltungskraft der einzelnen Vollstreckungsbehörde soll in Zukunft nicht mehr überstrapaziert werden. Das soll dann gemeinsam gemacht werden können.

Wir wollen, dass die Daten, deren Weitergabe durch die Abgabenordnung bisher verhindert wird, für die Vollstreckung bei den Pflichtigen verwandt werden können.

Wir sind der Auffassung, dass es richtig ist, einen Punkt aufzunehmen, der, das hat die Praxis gezeigt, besonders wichtig ist. Die Vollstreckungsbeamten sollen ermächtigt werden, in jedem Stand des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Ganz praktisch bedeutet dies, dass sie dem Pflichtigen in Zukunft Ratenzahlung einräumen können sollen. Sehr häufig haben wir die Situation, dass der Pflichtige nicht in vollem Umfang zahlen kann. Die Vollstreckung gilt damit als gescheitert. Später wird sie dann noch einmal versucht. Viel häufiger wäre es aber sinnvoller, das mittels Ratenzahlung oder Teilzahlungen zu erledigen. Das ist bisher nicht möglich.

In einem anderen Punkt geht es um die Dauerpfändung bei Arbeitsverhältnissen. Bisher ist es so, dass jedes Mal eine neue Vollstreckung begonnen werden muss, wenn das Arbeitsverhältnis kurzfristig unterbrochen wird oder ein anderes Arbeitsverhältnis begonnen wurde. Die Möglichkeit der Dauerpfändung soll in Zukunft erleichtert sein. In die gleiche Richtung geht die vorgesehene Regelung der Verzinsungspflicht für die Kosten der Ersatzvornahme.

Darüber hinaus sind die Aufhebung der Subsidiarität des Zwangsgeldes gegenüber der Ersatzvornahme und vieles andere mehr vorgesehen.

Wir haben vorgeschlagen, Mindest- und Höchstbeträge hinsichtlich der Frage festzulegen, wann die kommunalen Vollstreckungsbehörden arbeiten sollen. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, Mindestbeträge festzulegen, ab denen die Behörden dann zwangsweise vollstrecken müssen. Bisher sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, auf die Vollstreckung unterhalb eines bestimmten Betrages zu verzichten. Das hat unter anderem zu der Auswirkung geführt, dass wegen weniger Cents ein Vollstreckungsvorgang durchgeführt werden musste. Die einzige Möglichkeit, die bisher bestand, so etwas abzuwenden, war die Feststellung der Uneinbringlichkeit nach dem Abgabenrecht. Das ist eine hohe Hürde. Das Ganze soll an dieser Stelle gängiger und leichter gemacht werden.

Ein großer Block beschäftigt sich mit der Harmonisierung der Vorschriften hinsichtlich der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung.

Letztlich geht es auch darum, dass im Ergebnis die Möglichkeit eröffnet wird, die schützenswerten Interessen der Pflichtigen auf der einen Seite mit den Ansprüchen der Forderungsinhaber auf der anderen Seite in ein Verhältnis zu bringen, das dem heutigen Verständnis entspricht.

Die Landesregierung hat eine Anhörung durchgeführt,an der sowohl die Kommunalen Spitzenverbände als auch eine Reihe von Fachverbänden beteiligt wurden. In der Anhörung hat es bis auf minimale Punkte Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf gegeben. Ich bin deshalb der Auffassung, dass das Haus diesem Gesetzentwurf zustimmen kann. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Nicola Beer (FDP))

Die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Hessischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes wurde abgehalten.

Der Gesetzwurf wird dem Innenausschuss zur weiteren Beratung überwiesen.

Ich komme zu Punkt 13 der Tagesordnung:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP für ein Siebtes Gesetz zur Änderung des Hessischen Abgeordnetengesetzes – Drucks. 16/192 –

Ich vermute, dass das eine etwas spannendere Angelegenheit werden könnte. Zunächst hat Herr Lortz das Wort für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche zur Begründung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Hessischen Abgeordnetengesetzes. Das Abgeordnetengesetz erhält in der Öffentlichkeit sehr viel Aufmerksamkeit. Herr Kollege Kaufmann, deshalb wird dessen Änderung heute und auch in der zweiten Lesung, die im Juli 2003 stattfinden wird, für alle sehr transparent, sehr öffentlich und sehr überschaubar diskutiert.Dies war auch in der Vergangenheit schon der Fall.

Die 110 Abgeordneten dieses Hauses sind die Mitglieder des höchsten Verfassungsorganes unseres Landes. Sie haben einen Anspruch auf Entschädigung. Es gibt ein Urteil des Verfassungsgerichtes, das besagt, dass die Entschädi

gung der Abgeordneten so bemessen sein muss, dass ihre Unabhängigkeit gewährleistet und garantiert ist. Deshalb ist es wichtig und notwendig, dass das Hessische Abgeordnetengesetz so gestaltet und formuliert wird, dass die Abgeordneten diesem Anspruch gerecht werden können.

Wir haben die Problematik in vielen Jahren sehr breit diskutiert. Dem einen oder anderen wäre es vermutlich lieber, wenn der Hessische Landtag überhaupt nicht in dieser eigenen Sache beschließen müsste. Da es sich aber um ein Gesetz handelt, ist es unsere Aufgabe und unsere Pflicht, in eigener Sache zu beschließen. Deshalb wollen wir dies auch heute tun.

Wir haben 1999 – –

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): 1989!)

Wir haben 1989 ein neues Gesetz auf den Weg gebracht. – 1999 haben wir ein sehr transparentes Verfahren miteinander abgesprochen. Es ist also ein transparentes Verfahren und ein transparentes Gesetz. Das hat es in den meisten anderen Bundesländern nicht gegeben. Seinerzeit haben wir sehr viel von der Kritik aufgenommen und das dann in entsprechende Regelungen umgesetzt. Ich will dazu nur einen Punkt nennen. Wir haben die steuerfreie Kostenpauschale, die in allen anderen Ländern höher ist, erheblich reduziert. Damit haben wir Transparenz und Klarheit geschaffen. Wir sind damit den Angriffen, die wir aus der Öffentlichkeit erhielten,entgegengetreten.

1999 haben wir in einem vernünftigen Verfahren das Gesetz auf den Weg gebracht, das die Maßgabe enthält, dass die Entschädigung der Abgeordneten jedes Jahr auf der Grundlage eines Berichtes des Statistischen Landesamtes an den Landtagspräsidenten angepasst werden soll, der Mitteilungen über die Preissteigerung und die Einkommensentwicklung insgesamt enthält. Das ist also ein ganz normaler, sauberer, transparenter und vernünftiger Vorgang.

Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Jahr in der auch heute stattfindenden Debatte über diesen Gesetzentwurf eigentlich drei Punkte zu behandeln.

Zum einen geht es um die Anhebung der Entschädigung. Zum Zweiten geht es um die Angleichung der Kostenpauschale. Zum Dritten geht es um die Reduzierung des Anspruchs auf Altersentschädigung von 75 % – das ist gegenwärtig die Höchststufe – auf 71,75 %. Dieser Höchstbetrag ist auch im Beamtenrecht und in anderen gesetzlichen Vorschriften vorgesehen.Das heißt,wenn wir diesen Gesetzentwurf, der heute eingebracht wird, in zweiter Lesung so beschließen, wird dies für viele Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses, aber auch für ehemalige Kolleginnen und Kollegen mit Beeinträchtigungen hinsichtlich der Versorgung verbunden sein.

Als Zahl wurden 2,87 % ermittelt. Dies wurde unbestechlich ermittelt. Denn die Zahl wurde vom Statistischen Landesamt erhoben. Nach den Kriterien, die wir in der letzten Legislaturperiode angelegt haben, wäre dies der Prozentsatz gewesen, nach dem man die Anpassung hätte vornehmen müssen.

Dies wäre auch logisch und klar gewesen. Es gab auch viele in diesem Haus, die die Meinung vertreten haben, dies hätte man so machen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Nun hat es in vielen Gesprächen und Diskussionen eine andere Regelung, einen anderen Vorschlag gegeben, der heute von CDU, SPD und FDP eingebracht wird, der be

sagt: Die Entschädigung soll nicht um den eigentlich gegebenen Betrag von 2,87 % erhöht werden, sondern nur um 1,4 %, um zum einen 1 % unter der Erhöhung im öffentlichen Dienst zu bleiben und auf der anderen Seite ein Signal zu geben, dass wir gerade die Hälfte von dem, was statistisch errechnet ist, hiermit anstreben.

Bei der Kostenpauschale geht es um eine Erhöhung um 1,1 %, und in der Versorgung gibt es, wie gesagt, eine Reduzierung von 75 % auf 71,75 %.

Ich möchte noch einmal sehr deutlich zum Ausdruck bringen, dass sich kein Abgeordneter in diesem Haus für die Regelungen, die in diesem Gesetz stehen, verstecken muss.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Abgeordne- ten der SPD)

Dies ist eine Selbstverständlichkeit. Ich sage ganz deutlich, die Legislative, diese 110 Abgeordneten, und nicht die Exekutive ist das höchste Verfassungsorgan dieses Landes. Wir sollten uns ab und zu selbst dessen bewusst sein,dass wir dieses höchste Verfassungsorgan dieses Landes sind. Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir in dieser Debatte den flapsigen Ausdruck: Nur wer sich selbst imponiert, imponiert auch anderen.

(Nicola Beer (FDP): Damit hat er kein Problem!)

Damit habe ich kein Problem, als junger Mann, der ich noch einige Tage bin.

(Heiterkeit)

Deshalb bitte ich Sie ganz herzlich darum, dass wir diesen Gesetzentwurf so, wie er heute eingebracht ist, nach weiterer Beratung in der zweiten Lesung im Juli verabschieden, um erneut als Hessen beispielhaft zu sein und einen vernünftigen Beitrag zur weiteren Regelung der Entschädigung der Abgeordneten zu leisten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Abgeordne- ten der SPD)

Ich habe meinem Kollegen Vizepräsidenten einen kleinen Bonus, was die Redezeit angeht, gewährt. Ich gehe davon aus, dass es dem Thema angemessen und im Interesse des Hauses vielleicht auch sinnvoll war. Dem jungen Mann gratuliere ich. Bis Mittwochabend können wir darüber reden.Ab Donnerstagmorgen ist das etwas schwieriger.

(Heiterkeit)

Das Wort hat Herr Kahl für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der gemeinsame Gesetzentwurf von CDU, SPD und FDP beinhaltet Änderungen des Abgeordnetengesetzes, die jetzt notwendig sind. Grundsätzliche Änderungen und Anpassungen – ich möchte klar darauf verweisen –, insbesondere bezüglich der grundlegenden Umstellung der Altersversorgung, müssen wir dagegen im Laufe der Legislaturperiode anpacken. Dies muss gut überlegt sein, und dies sollte und wird geschehen. Dazu haben wir gemeinsam mit der Fraktion der FDP die Einsetzung einer Expertenkommission beantragt. Ich glaube, dies ist ein richtiger und wichtiger Weg.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Es muss klar gesagt werden: Bei dieser Umstellung brauchen wir Zeit, und das muss solide gemacht werden. Unser Fraktionsvorsitzender Jürgen Walter hat schon darauf hingewiesen, dass wir in dieser Gesellschaft eine grundlegende Reform der Alterssicherungssysteme brauchen. Hier müssen die Abgeordneten einbezogen werden, um das klar und deutlich zu sagen. Es geht um eine generelle Reform der Alterssicherungssysteme im Sinne von Generationengerechtigkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)