Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir leben in einer Einwanderungsgesellschaft.Die multikulturelle Gesellschaft ist Realität, gerade und insbesondere in Frankfurt. Der Islam ist inzwischen ein Teil von Deutschland, und er ist mehr und mehr eingebürgert. Meine Damen und Herren von der CDU, ob Ihnen das passt oder nicht, das ist Fakt.Auch Sie müssen lernen, damit umzugehen.
Es gibt Probleme. Frau Wagner, dies zu leugnen wäre naiv und fahrlässig.Aber gerade das tun die Frankfurter GRÜNEN nicht, ganz im Gegenteil. Der Beschluss der Frankfurter GRÜNEN setzt sich mit der aktuellen Situation und den Perspektiven für die multikulturelle Gesellschaft auseinander. Das ist genau der richtige Weg.Wenn Sie davon reden, dass wir Integration schaffen müssen, dann bedeutet das doch, dass wir ein Integrationskonzept schreiben müssen, dass wir uns Gedanken machen müssen. Wenn Sie über die Koranschulen reden und sagen, sie seien in den Hinterhöfen, dann müssen wir uns doch Gedanken darüber machen,wie sie aus den Hinterhöfen herauskommen.
Frau Wagner, wenn Sie von Imamen und von den Hasspredigern reden, dann müssen wir uns doch Gedanken darüber machen, wie wir dazu kommen, dass es Imame gibt, die an deutschen Hochschulen ausgebildet sind, die keine Hassprediger sind.
Genau das haben die Frankfurter GRÜNEN mit ihrem Beschluss getan. Meine Damen und Herren, Herr Dr. Jung, Ihre Reaktion darauf finde ich entlarvend. Sie waren es doch, die mit der Doppelpass-Kampagne Bedrohungsängste geweckt haben. Sie sind es doch, die nicht die Kraft haben, sich von Ihrem Rechtsaußen Irmer zu distanzieren. Sie sind es jetzt, die über ein bewusstes Schüren von Ängsten, durch Debatten über Leitkultur und Parallelgesellschaften alle hier lebenden Ausländerinnen und Ausländer sukzessive stigmatisieren. Herr Dr. Jung, wenn Sie hier über die Gleichheit von Religionen reden, dann kann ich nur sagen: Herr Irmer scheint sich bei Ihnen langsam durchzusetzen.
Religionsgemeinschaften, insbesondere der Islam, bedürfen der gleichberechtigten Anerkennung der rechtlichen und gesellschaftlichen Integration in Deutschland.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Im Grundgesetz sind ganz bewusst alle Religionen gleichgestellt – ganz bewusst auch zum Schutz nicht christlicher Religionen.
Die Versuche, eine bestimmte Religion oder Konfession als nationale Pflicht oder als Eigenschaft vorzuschreiben, richten sich gegen den Geist und die Bestimmung unserer Verfassung. Die Kultur der Deutschen kann immer nur die Gesamtheit der kulturellen Werte aller hier lebenden Menschen sein, sofern sie nicht im Gegensatz zu unserer Rechtsordnung stehen oder die Prinzipien von Freiheit und Gleichheit aller Menschen verletzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, es gilt uneingeschränkt das Wort des Frankfurter Integrationsdezernenten Albrecht Magen:
Es ist mein letzter Satz, Herr Präsident: „Der Politiker ist, wenn er seine Aufgabe ernst nimmt, nicht dazu da, Ängste zu schüren, sondern Ängste abzubauen.“
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es handelt sich um ein vielschichtiges Thema, das uns noch lange beschäftigen wird.Im Rahmen der Aktuellen Stunde will ich nur einige wenige Bemerkungen machen.Ich will bei Frau Kollegin Sorge beginnen.„Der Politiker ist nicht dafür da, Ängste zu schüren“, das ist vollkommen in Ordnung. Der Politiker ist aber auch nicht dafür da, die Augen vor Fehlentwicklungen zuzumachen.
Meine Damen und Herren, deswegen müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, worum es hier eigentlich geht. Hier sind verschiedenste Dinge miteinander vermischt worden.
In der mir vorliegenden mehrseitigen Pressemitteilung der Frankfurter GRÜNEN steht eine ganze Reihe von Dingen, die ich auch persönlich für richtig halte, über die man auch gern diskutieren kann.Aber der Anlass war ein anderer. Sie schreiben hier selbst: „Das Positionspapier zeigt die Perspektiven auf, wie sich die multikulturelle Gesellschaft aus grüner Sicht entwickeln muss.“ Das war der Anlass, warum Sie das gemacht haben. Sie wollen das multikulturelle Projekt sozusagen weiterentwickeln. Sie glauben daran.Andere glauben nicht daran.
Das ist eine politische Debatte. Dies ist unbenommen. Was mich an Ihrem Text stört, ist Folgendes: Sie haben hier auf vielen Seiten Forderungen erhoben, die ich zum Teil teile. Ich habe es noch einmal durchgelesen. Aber an keiner Stelle steht etwas darüber, was Sie von den Menschen, die hierher gekommen sind, erwarten, was diese selbst als Integrationsleistung erbringen sollen.
(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das steht in unserem hessischen Papier! – Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))
Wenn die Zukunft friedlich und erfolgreich sein soll, dann ist es doch notwendig, dass nicht nur die hier Lebenden auf die Zuwanderer zugehen, sondern dass sich auch die Zuwanderer bemühen,hier integriert zu werden.Das geht doch nur,wenn beide das wollen.Dieser letzte Punkt fehlt in Ihrem Papier völlig.
(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Natürlich! Das bestreitet niemand!)
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben es als Fraktion schon 1999 beschlossen, vor der Landesregierung!)
Ich will aus der „Frankfurter Rundschau“ von heute zitieren: „SPD wirft GRÜNEN vor, muslimische Vereine zu hofieren“. Ich finde es interessant, wenn der integrationspolitische Sprecher der SPD, Herr Turgut Yüksel, Folgendes erklärt:
Die Position der GRÜNEN unterstützt durch ihre Forderung geradezu die Entstehung von Parallelgesellschaften in der Stadt, deren Existenz die GRÜNEN leugnen.
Yüksel warf den GRÜNEN vor, dass sie Verständnis für das Fernbleiben muslimischer Mädchen vom Sportunterricht, für geschlossene Schwimmzeiten muslimischer Männer in städtischen Bädern und für die Befreiung muslimischer Schüler vom Sexualunterricht zeigten. Darin offenbare sich „falsch verstandene Toleranz“. Der Gipfel der falsch verstandenen und praktizierten Toleranz sei „die Hofierung und ideelle Unterstützung von Kulturvereinen, deren Orientierung aufgrund ihrer Exklusivität derart unklar ist, dass selbst gefährliche islamistische Tendenzen nicht erkannt werden könnten.“
So geht es weiter. Das stammt nicht von mir. Es ist aber viel Richtiges dran. Herr Kollege Al-Wazir, wir kommen doch an einigen Dingen nicht vorbei. Erstens. Die Mehrheit der hier lebenden islamischen Bevölkerung ist verfassungstreu. Das sage ich ausdrücklich.
Wir kommen aber auch nicht daran vorbei, dass wir bis zu 30.000 gewaltbereite Extremisten in diesem Land mit islamistischem Hintergrund haben.
Die Zahl ist unbestritten. Sie haben vorhin eingestreut: 200 bis 300. Deshalb habe ich mich ausdrücklich zu Wort gemeldet.
Nein, gewaltbereite Extremisten. – Es gibt keinen einzigen Innenminister in dieser Bundesrepublik der es anders sieht. Der Bundesverfassungsschutz, der Landesverfassungsschutz, der Generalbundesanwalt – alle sehen das einheitlich. Jeder Einzelne ist ein Problem. 30.000 ist eine gewaltige Zahl.
Deswegen müssen wir das auseinander nehmen. Worum geht es zum Schluss? – Ja,Herr Fromm hat in Hessen eine lange Zeit gedient.Ich schätze den Mann.Nebenbei:Er ist Sozialdemokrat. Warum soll er eine falsche Zahl veröffentlichen?
Worum geht es? Haben Sie kein Verständnis dafür, wenn sich in diesen Tagen in dieser Stadt viele Menschen mit dem Thema auseinander setzen, wenn eine islamische Gemeinde eine Moschee bauen will? Sie fordern in Ihrem Papier auf – das ist das Problem, um das es hier geht –, man möge endlich Abstand davon nehmen, den Bau von Moscheen zu behindern. Das kann man so sagen. Aber dann müssen Sie die Menschen in Wiesbaden verstehen, die sich Sorgen machen, die die Internetseiten des Vereins gelesen haben, der diese Moschee bauen will, auf denen davon die Rede ist, dass die Ungläubigen hier im Lande – das sind nämlich wir – sich nach deren Richtung ändern müssten. Dann müssen Sie doch verstehen, dass die Menschen hier im Lande Sorgen haben und ihre gewählten Politiker diese Sorgen aufnehmen.
Das können Sie doch nicht ignorieren. Eine Abgeordnete des Deutschen Bundestags, die aus dieser Stadt kommt, wurde,nachdem sie ein volksverhetzendes Blatt angezeigt hat, das allein in Hessen 11.000 Abonnenten hat