(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg.Jörg-Uwe Hahn und Nicola Beer (FDP))
Hinsichtlich der Sitzverteilung schlagen wir vor, das jahrelang bewährte Verfahren nach d’Hondt wieder einzuführen.
Das derzeit geltende Verteilungsverfahren nach HareNiemeyer begünstigt natürlich eher die kleinen Fraktionen.Wir sollten uns jetzt nicht streiten, was in diesem Zusammenhang klein und groß bedeutet. Die kleinen Parteien profitieren nämlich auch überdurchschnittlich durch den Wegfall einer Prozent-Hürde. Deshalb muss man ernsthaft darüber nachdenken, ob das Verfahren nach Hare-Niemeyer angemessen ist.
Der Gesetzentwurf bleibt im Hinblick auf seine Möglichkeiten hinter dem, was nötig ist. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Tätigkeiten der kommunalen Ebene muss nichts reformiert werden. Stattdessen sollte sich die Landesregierung eher um die finanzielle Ausstattung der kommunalen Ebene kümmern. In den letzten Jahren musste hingenommen werden, dass die finanzielle Ausstattung der Kommunen kontinuierlich schlechter wurde. Es kam zu Kürzungen beim Kommunalen Finanzausgleich. So ist z. B. die Kürzung der Zuschüsse zu den Betriebskosten für die Kindergärten ein trauriger Beleg für das wirklich kommunalfeindliche Handeln der Landesregierung.
Es gibt Ansatzpunkte für die Verbesserung der Verfassung der Kommunen und deren finanzieller Ausstattung. Die Beispiele dafür sind genannt. An diesen Punkten besteht Änderungsbedarf, aber nicht an den von Ihnen so genannten angeblichen Missbrauchstatbeständen. Da besteht konkreter Handlungsbedarf. Deswegen lehnen wir die vorgesehenen Änderungen der Hessischen Gemeindeordnung hinsichtlich der wirtschaftlichen Betätigung ab.
Dort, wo Reformen notwendig wären, nämlich die Modernisierung und Anpassung der Hessischen Gemeindeordnung und die Einführung von mehr Bürgerrechten, kneift diese Landesregierung. Dafür hat sie nicht ausreichend Mut in den Knochen.
Das ist also der falsche Ansatz. Wir werden eigene Vorschläge zur Gesetzesänderung ins Parlament einbringen, die zeigen, wie man ein wirklich modernes Kommunalwahlrecht gestalten kann. Damit könnte man auch wieder mehr Bürger zu ehrenamtlichem Engagement bewegen. Man muss dann aber auch den Bürgerinnen und Bürgern die Instrumente zur Mitwirkung an die Hand geben. Der Gesetzentwurf bleibt also hinter dem Möglichen zurück.– Vielen Dank.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn man Herrn Kollegen Rudolph zugehört hat, könnte man auf die Idee kommen,hinsichtlich der Frage der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen gebe es überhaupt kein Problem. Herr Rudolph, so habe ich Sie verstanden.Wenn man aber näher hinschaut, sieht man, dass es auf beiden Seiten Probleme gibt. Das betrifft sowohl die kommunale Seite als auch die Wirtschaftsverbände. Auf beiden Seiten wird seit langem darüber diskutiert, welches die jeweiligen Zuständigkeiten sein sollten und wie die gesetzlichen Rahmenbedingungen aussehen sollten, die wir für die eine und die andere Seite schaffen sollten.
Herr Kollege Rudolph, ich will vorweg sagen, dass das, was Sie bezüglich der Handwerkskammer Kassel gesagt haben, mich schon ein wenig verwundert hat. Denn zumindest Kollegen von Ihnen haben bei entsprechenden Veranstaltungen der Wirtschaftskammer Beifall geklatscht, als von Vertretern der Wirtschaft fast jedwede kommunale Betätigung kritisiert wurde.Andererseits haben Sie aber behauptet, die Handwerkskammer Kassel hätte all das ganz toll gefunden und sei eher der Meinung, man solle hier überhaupt nichts ändern. Das passt nicht ganz zusammen.
Das soll heißen: Ich halte es für durchaus legitim, dass sowohl die kommunale Seite als auch die Seite der Wirtschaft dieses Thema aufgreifen und schauen, wo wir heute stehen und wo wir hin wollen.
Wichtig ist mir Folgendes. Wir als CDU wollen hierzu ganz deutlich sagen: Immer dann, wenn Private eine Aufgabe besser erfüllen können, sollen und müssen sie diese wahrnehmen.
Ich glaube, außerhalb der Sozialdemokratie besteht weitestgehend Konsens darüber, dass wir auch auf kommunaler Ebene zunehmend wegkommen müssen von staatlicher Regulierung und staatlichen Betrieben.
Wir haben aber auch zu berücksichtigen, dass sich dort in den letzten Jahrzehnten sehr vieles etabliert hat. Herr Fraktionsvorsitzender der FDP, da unterscheiden wir uns sehr wohl von dem, was Sie schon vor einigen Monaten eingebracht haben. Darüber können und wollen wir streiten. Denn wir sagen sehr deutlich, dass sich diese Entwicklung nicht von heute auf morgen umkehren lässt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit des Kompromisses,den wir sehen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, mit den Kommunen, aber auch mit den Unternehmen der Wirtschaft und deren Verbänden über die Frage zu sprechen, wie weit die Beschäftigung bei den Kommunen und wie weit das Wirtschaften der Kommunen zukünftig gehen soll.
Bei der Bestandsaufnahme haben wir auch noch Folgendes festzustellen: Hinsichtlich der Privatisierung und der Eröffnung des Wettbewerbs gibt es zunehmend Druck durch die Europäische Union. Herr Rudolph, davor können wir nicht die Augen verschließen. Ich sage: Mir ist es lieber,wir sagen den Kommunen frühzeitig,dass der Wettbewerb zunehmend auf sie zukommen wird – das tun wir seit Jahren in verantwortungsvoller Art und Weise –, als dass wir sie in einer falsch verstandenen Sicherheit wiegen, die am Ende dazu führen wird, dass sich die Wirtschaftspolitiker auf der kommunalen Ebene, aber auch alle Politiker auf der kommunalen Ebene nicht bewegen.
Denn man muss in dieser Debatte auch sehr deutlich machen: Die Änderungen, die in der Zukunft notwendig sein werden, werden mit sehr viel Aufwand, aber auch mit sehr vielen Härten verbunden sein. Insofern ist das, was wir jetzt in das Gesetz schreiben wollen, der erste, aber ganz entscheidende Punkt. Der Herr Minister hat schon darauf hingewiesen:Wir wollen die Beteiligung vor Ort.Wir wollen, dass sich die Parlamente vor Ort an dem Diskussionsprozess beteiligen.
Herr Rudolph, wir wollen, dass der Vorwurf, den Sie erhoben haben und den ich in der Vergangenheit manchmal auch ein wenig geteilt habe,nicht mehr stimmt.Er bestand darin,dass immer dann,wenn man gefragt hat,worin denn konkret das Problem bestehe, nicht sehr viel Information von den Wirtschaftsverbänden zu konkreten Vorgängen kam.
Da bin ich dann aber auch wieder anderer Meinung. Denn ich kenne es sehr wohl, dass viele Problemstellungen akzentuiert vorgetragen werden könnten, die teilweise auch beseitigt werden konnten. Herr Rudolph, sie konnten immer dann beseitigt werden, wenn man es auf die kommunale Ebene heruntergebrochen hat.Deswegen ist aus meiner Sicht die Einführung von Transparenz und von jährlichen Beteiligungsberichten sehr richtig und wichtig. Dann würde nämlich die kommunale Ebene gemeinsam mit Vertretern der Kammer über diese Fragen diskutieren.
Ich möchte noch eine Bemerkung machen. Frau Kollegin Zeimetz-Lorz wird noch etwas zu dem genauso wichtigen
Es sind doch die Kommunen selbst, die zunehmend dazu übergehen, Lösungen zu wählen, die mit einer Privatisierung verbunden sind. Das geschieht z. B. über Private-Public-Partnerschaft-Modelle. Im Grunde genommen haben alle die Notwendigkeit erkannt, dass es eine Tendenz dahin gibt, zusätzlich, neu und mehr zu privatisieren. Aber wir wollen,dass dieser Prozess moderiert wird.Wir wollen ihn so gestalten, dass beispielsweise die bestehenden Beschäftigungsverhältnisse nach Möglichkeit nicht so abrupt enden, dass wir keine Chance haben, das vor Ort neu zu strukturieren.
Ich komme zu meinen letzten Sätzen.Wenn es dadurch zu einer verstärkten Beteiligung von Personen aus dem Mittelstand, aus Handwerksbetrieben und auch zu einer verstärkten Beteiligung von Personen aus der Wirtschaft in den kommunalen Parlamenten kommen würde, weil dieser Personenkreis merkt, dass er dort mehr Einfluss nehmen kann, dann wäre das ein sehr wünschenswerter Nebeneffekt von dem, was wir hier versucht haben als Kompromisslösung zu erarbeiten.
Über Detailfragen können wir diskutieren.Alle sind dazu eingeladen. Das betrifft Vertreter der Wirtschaft ebenso wie die der Kommunalen Spitzenverbände. Das betrifft aber auch die Vertreter der betroffenen Unternehmen. Ich freue mich auf diesen spannenden Prozess.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade eben dachte ich schon, Herr Kollege Boddenberg sei nunmehr für jedes Thema zuständig. Herr Boddenberg, ich will Ihnen aber attestieren, dass Sie nur zu dem Aspekt der wirtschaftlichen Betätigung Stellung genommen haben.
Der Herr Staatsminister hat den Gesetzentwurf eingebracht.Herr Minister,ich kann Ihnen zu Teilen sagen,dass es keine Kompromissbereitschaft gibt. Das betrifft etwa das Gemeindewirtschaftsrecht. Das haben wir in den letzten Wochen hier auf und ab diskutiert. Da wollen Sie etwas regeln, was man nicht regeln muss. Da wollen Sie Regelungen in ein Gesetz für etwas einführen, bei dem überhaupt keine Probleme bestehen.
Herr Minister, Sie waren während der Anhörung des Innenausschusses auch nicht in der Lage, irgendwelche Verstöße zu nennen.
Hinsichtlich des kommunalen Haushaltsrechts glaube ich, dass bei einer ganzen Menge Punkte Gemeinsamkeiten bestehen.
Hinsichtlich der vorgesehenen Befugnisse der überörtlichen Rechnungsprüfung müssen wir noch einmal eine intensive Diskussion führen und auch eine Anhörung dazu abhalten.
Ich glaube, dass man das, was man bei der Änderung der Kommunalverfassung und des Kommunalwahlrechts vorhat, auch unter dem Aspekt der Realität betrachten muss. Darüber muss man in der Anhörung intensiv reden.
Meine Damen und Herren, ich darf um etwas mehr Ruhe bitten. Das betrifft alle Seiten dieses Hauses, bis hin zur Regierungsbank.
Danke schön, Herr Präsident. – Ich habe gerade schon gesagt, dass das, was hier beim Gemeindewirtschaftsrecht geregelt wird, von uns grundsätzlich abgelehnt wird. Zur Betätigung von Kommunen muss festgestellt werden,dass der Minister als Tiger gestartet und sozusagen als Bettvorleger gelandet ist. Das stellt man fest, wenn man einen Blick in den Gesetzentwurf wirft.
Nicht, dass ich das bedauere, aber es ist schon richtig, dass man das hier feststellen muss.Wir haben Ihnen seinerzeit gesagt, dass es in diesem Bereich der wirtschaftlichen Betätigung keinen Regelungsbedarf gibt. Die Anhörung zum Gesetzentwurf der FDP hat das im Übrigen bestätigt. Wir haben Ihnen im Januar schon gesagt, dass Sie in unzulässiger Art und Weise in die Autonomie der Kommunen eingreifen und dass das, was Sie hier machen, kommunalfeindlich ist.
Ich will es hier noch einmal betonen: Das, was Sie hier organisieren, wird so aussehen, dass wir demnächst in Kommunen wirtschaftliche Betätigungen dergestalt haben, dass dort, wo es defizitär läuft, die Kommunen zuständig sein werden. Aber die Bereiche, in denen man eventuell Gewinne machen kann, wird man dann privatisieren.
Meine Damen und Herren, Sie organisieren das kommunale Wirtschaftsrecht nach dem Motto: Die Rosinen verlassen den Kuchen. – Das werden wir nicht mitmachen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nein, das dürfen die Rosinen laut Gesetz nicht!)