Protocol of the Session on June 16, 2004

Noch einmal: Die Redezeit beträgt fünf Minuten. Wenn sich die Redner etwas kürzer fassen könnten, wäre es nicht gegen das Wollen und Wünschen des Plenums. Dessen bin ich mir sicher.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die fünf Minuten Redezeit sehe ich sozusagen als Höchstgeschwindigkeit, nicht als Mindestgeschwindigkeit. Das bedeutet, dass ich in ganz kurzen, knappen Worten für meine Fraktion klarmachen möchte, warum wir diesem Staatsvertrag nicht zustimmen werden.

Es gibt unstreitige Punkte in diesem Staatsvertrag, eigentlich fast alle. Es gibt einen Punkt, der in diesen Staatsvertrag unter anderem auf Druck von Hessen aufgenommen worden ist, nämlich dass erneut festgeschrieben wird, dass man die öffentliche Bedürfnisprüfung vor jeder Lotteriezulassung machen möchte. Alle wissen: Das ist die Lex Umweltlotterie und sonst gar nichts.

Seitdem wir das letzte Mal über die Umweltlotterie hier im Plenum diskutiert haben, hat sich in diesem Zusammenhang aber einiges getan. Es gibt in NordrheinWestfalen inzwischen eine funktionierende Lotterie für Umwelt und Entwicklung. Alle Befürchtungen – Herr Kollege Müller, ich spreche Sie einmal als Sportbundpräsident an –, die vorher geäußert wurden, sind in Nordrhein-Westfalen nicht eingetreten.

Zweiter Punkt in diesem Zusammenhang. Wir glauben einfach, dass es auf die Dauer schlecht ist, wenn man denen,die eine solche Lotterie für Umwelt und Entwicklung anbieten wollen und die von der Landesregierung durch solche Regelungen ausgebremst werden, nur noch den Weg über die Gerichte weist.Denn sie werden früher oder später ein Verfahren gewinnen. Dann wird es hier kommen. Ich befürchte, wenn sie ein solches Verfahren gewinnen,wird die Tür für ganz andere Lotterieveranstaltungen aufgemacht. Deswegen glauben wir, dass das Land Hessen langfristig gut daran tun würde, eine Umweltlotterie auch hier zuzulassen und sich nicht durch verschiedenste Regelungen immer wieder davor zu drücken. Denn am Ende wird es kommen. Aber es könnte sein, dass der Preis, den wir dann dafür zahlen, dass es nicht von uns eingeführt wird, sondern dadurch, dass ein Gerichtsverfahren gewonnen wird, darin besteht, dass wir dann andere in dem System haben werden, die wir alle nicht wollen.

Deswegen werden wir diesem Staatsvertrag so nicht zustimmen können. – Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Herr Präsident, das waren ungefähr zweieinhalb Minuten.

Das waren zwei Minuten und 16 Sekunden, Herr Al-Wazir. Sie haben ein gutes Zeitgefühl, Kompliment.

Ich darf Herrn Rhein für die CDU-Fraktion das Wort erteilen. Herr Rhein, Sie können das noch toppen.

Herr Präsident, meine sehr geehrte Damen und Herren! Es ist zwar ein außergewöhnlich interessantes Thema. Aber die mehrfachen Hinweise auf die Zeit habe ich verstanden.

Wir sind uns in der Zielsetzung sehr einig. Herr Kollege Al-Wazir hat schon darauf hingewiesen: Der Staatsvertrag ist an und für sich eine sehr sinnvolle Regelung, weil er endlich Rechtssicherheit bewirkt. Knackpunkt ist § 3 Abs. 2 dieser Regelung, die Bedürfnisprüfung, die aber nichts anderes ist als die Fortsetzung der Entscheidung, die wir gemeinsam mit der SPD und der FDP, wenn auch nicht mit den GRÜNEN, 2001 getroffen haben. Es geht um die Bedürfnisprüfung. Wir sagen, die Bedürfnisprüfung ist genau der richtige Weg.Es ist ein zwingender Weg, weil es sich beim Lotterierecht um pures Polizei- und Ordnungsrecht handelt.

Der Grund hierfür ist einleuchtend. Der Gesetzgeber hat die Aufgabe, den Spieltrieb zu kanalisieren. So heißt es jedenfalls. Deswegen sagt der Europäische Gerichtshof auch – Stichworte: Zenatti, Schindler, Läärä –, wir haben eine Einschätzungsprärogative als Gesetzgeber, eine bestimmte Anzahl von Glücksspielgelegenheiten zuzulassen.Wer dann sagt – ich glaube, auch da treffen wir auf Einigkeit –, wir wollen keine Überhitzung des Glückspielmarktes wegen der damit verbundenen Fragen in wirtschaftlicher Hinsicht, in gesundheitlicher Hinsicht und in kriminologischer Hinsicht, der kommt auch nicht umhin, zu sagen: Ja, wir wollen eine Bedürfnisprüfung.

Ich werbe jetzt ganz besonders um Sie,Herr Rudolph,und die SPD-Fraktion in diesem Hause, weil ich weiß, dass wir uns in der Zielsetzung sehr einig sind. Ihre Frage danach, ob das rechtlich okay ist, ob man das machen kann, ob es möglicherweise auch gerichtsfest ist, ist durchaus berech

tigt.Darüber haben wir auch diskutiert.Ich finde aber,der Europäische Gerichtshof hat das zweifelsfrei mit Ja beantwortet. Das ist machbar. Denn er hat gesagt, es wäre nur dann anders, wenn wir eine Einschränkung aus rein fiskalischem Interesse vornehmen würden. Genau das ist nicht die Intention des Gesetzentwurfes der Landesregierung. Es geht darum, dass jemand, der für jeden Zweck eine Lotterie zulässt, in Kauf nehmen würde, was der Gesetzgeber zu verhindern hat.Es geht um die Kanalisierung der Spielleidenschaft.

Was die Frage der Werbung und der Überschusserzielung anbelangt, die Herr Kollege Al-Wazir in der Ausschusssitzung angesprochen hat, so kann man die dem System nicht anlasten oder zum Vorwurf machen. Es ist doch gerade Ziel, den Wettbewerb zu vermeiden und das Marktpotenzial abzuschöpfen. Meines Erachtens kann das nur dann geschehen, wenn für ein legales Spielangebot geworben wird. Alles andere würde zum Ausweichen auf den illegalen Markt führen. Herr Kollege Rudolph, deswegen darf ich noch einmal ganz herzlich insbesondere um Ihre Zustimmung bitten.Wir halten die Bedürfnisprüfung für einen wichtigen und fast schon zwingenden Weg im Rahmen des Lotterierechts. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Rhein. – Herr Rudolph, Sie haben das Wort für die SPD-Fraktion.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Auch für die FDP-Fraktion!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hahn, dann wäre es vielleicht gut, wenn ich für Sie reden könnte.

Wir können es kurz machen: Die Anhörung hat ergeben, dass der Staatsvertrag in den meisten Punkten unstrittig ist. Auch wir wollen keinem ungehemmten Spieltrieb Möglichkeiten geben,sich zu entfalten.Deswegen müssen entsprechende Regelungen sein. Kollege Tarek Al-Wazir hat einen Punkt aufgeworfen, den ich gerne unterstützen möchte. Herr Innenminister, im Rahmen der Bedürfnisprüfung sollten wir schon gemeinsam schauen, ob es reicht, zu sagen: „Das wollen wir nicht“, oder ob dann möglicherweise per Gerichtsentscheid doch Dinge eintreten,die wir alle nicht wollen.Der Kuchen,der dann zu verteilen ist, wird zwangsläufig noch geringer.

Aus diesem Grund vertrete ich die Meinung, wir sollten diesen Weg offensiv gemeinsam gehen, dann können Sie das auch gestaltend regulieren. Das ist der entscheidende Punkt. Es geht nicht darum, dass sich irgendwelche wirtschaftlichen Betriebe durch die Lotterien zusätzliche Einnahmen gerieren. Das wollen wir gemeinsam nicht. Das Stichwort Umweltlotterie sollten wir gemeinsam ernst nehmen.Wir kommen nur zu einer anderen Schlussfolgerung als die GRÜNEN.

Wir stimmen dem Staatsvertrag deswegen trotzdem zu, weil die Zielsetzung in Ordnung ist. Wenn Sie Herr des Verfahrens bleiben,können Sie es besser steuern.Aus diesem Grund haben wir die herzliche Bitte, in dem Verfahren nicht zu sagen: Wir wollen das nicht, Augen zu und durch. – Es muss geschaut werden, wie das vernünftig reguliert werden kann. Das ist für uns der bessere Weg, des

wegen stimmen wir zu. Das ist auch der richtige Weg. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Rudolph. – Herr Hahn, Sie haben das Wort für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die „Frankfurter Rundschau“ ist manchmal sehr klug und nach vorne schauend und hat Herrn Kollegen Rudolph heute in die FDP-Fraktion geschrieben. Der Beitrag, den er eben geleistet hat, deckt sich voll und ganz mit der Auffassung der FDP-Fraktion. Wir stimmen diesem Staatsvertrag auch zu.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Hahn. – Jetzt sind wir sehr gespannt, ob die Regierung dies auch in der Redezeit schafft. Herr Bouffier, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Landesregierung freut sich, dass das Haus der Vorlage der Landesregierung so breit zustimmen möchte. Der Staatsvertrag als solcher findet wohl allseitige Zustimmung, unsere Bedürfnisprüfung eine relativ breite. Ich will noch ein paar Bemerkungen machen.

Punkt eins: Die Zulassung der Umweltlotterie löst das Problem nicht, ob dieser Markt generell zu liberalisieren ist oder nicht. Herr Al-Wazir, insofern ist die Ableitung, die Sie hier vorgenommen haben, nicht hilfreich. Selbst wenn man sie zuließe, würde das Problem nicht gelöst, ob nicht generell auch alle anderen zugelassen werden müssten, wie das gelegentlich vertreten wird, und in einer Eilentscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs auch vorgesehen ist. Dies halte ich für falsch, wenn ich es richtig verstanden habe, auch das ganze Haus.

Punkt zwei: Ich will das Haus darüber unterrichten – Herr Kollege Rudolph, das geht insbesondere auch an Sie –, dass zurzeit kein einziger Antrag vorliegt. Ich bleibe bei meiner Position, aber es besteht auch kein aktueller Handlungsbedarf.Aus diesem Grund sollten wir uns jetzt gemeinsam aufmachen,den Staatsvertrag auf die Reise zu bringen. Wie die Bedürfnisprüfung dann im Einzelfall zu vollziehen ist, dazu ist genügend Raum, dies im Ausschuss miteinander zu diskutieren.

Im Übrigen weise ich darauf hin, dass der Erhalt der Bedürfnisprüfung das Ergebnis einer sehr intensiven dreijährigen Verhandlung ist. Dies ist nicht zuletzt aus hessischem Interesse passiert, auch aus dem Interesse derer, die hier als Destinatäre dieser Lotterieausspielungen profitieren.Aus diesem Grund gab es eine sehr einhellige Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. – Ich bedanke mich für die allseitige Zustimmung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Danke sehr, Herr Bouffier. – Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Aussprache in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland.

Wer diesem Gesetzentwurf die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP. – Wer ist dagegen? – Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Lesung angenommen und die Zustimmung zum Staatsvertrag gegeben.

Meine Damen und Herren, die Geschäftsführer haben sich geeinigt, den Dringlichen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Druck auf Kommunen zur Erhöhung der Kindergartenbeiträge als dringlich anzuerkennen. Der Dringliche Antrag wird morgen Abend als Tagesordnungspunkt 89 zum Schluss der Debatte, etwa gegen 17 Uhr, aufgerufen.

Dann darf ich Tagesordnungspunkt 32 aufrufen:

Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP betreffend die Geschäftsordnung des Hessischen Landtags – Drucks. 16/2333 –

Vereinbarungsgemäß darf ich Herrn Präsidenten Kartmann das Wort erteilen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Sollen wir aufstehen?)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu der Frage des Aufstehens, wenn der Präsident im Saal erscheint, hat Frau Kollegin Ruth Wagner einmal einen guten Vorschlag unterbreitet. Ich werde ihn demnächst beraten lassen. Er besagt, dass morgens um 9 Uhr oder mittags um 14 Uhr das Parlament wie im Bundestag dem amtierenden Präsidenten huldigt.

(Frank Gotthardt (CDU): Ist das ein Antrag zu Geschäftsordnung? – Allgemeine Heiterkeit)

Herr Kollege, wenn wir bis 14 Uhr Zeit hätten, könnten wir auch das noch besprechen. Bei solchen Dingen muss ich den Parlamentariern erst in die Augen sehen, um zu wissen, wie die Reaktionen sind.

Meine Damen und Herren, als Ergebnis der Beratungen der Fraktionen bringe ich die Vorschläge zur Novellierung unserer Geschäftsordnung ein.

Dieses Thema ist, im Vergleich zum vorangegangenen Tagesordnungspunkt, kein Lotteriespiel, sondern die Festlegung dessen, wie wir unsere Verhandlungen führen. Dass es dabei auch Ermessensspielräume gibt, ist klar. Es besteht jedoch der Versuch, die Regeln so eng wie möglich zu beschreiben, damit so wenig wie möglich Konflikte daraus entstehen können.

Der Hessische Landtag hat sich im Jahr 1993 eine neue Geschäftsordnung gegeben, das ist jetzt elf Jahre her. In der Zwischenzeit wurden auf der Grundlage von Beschlüssen des Ältestenrats und Vereinbarungen zwischen den parlamentarischen Geschäftsführern zahlreiche abweichende Regelungen für die Parlamentspraxis getroffen und auch praktiziert. Dabei handelt es sich auch um einvernehmlich getroffene Auslegungen von unklaren Regelungen.

Es war gemeinsamer Wille aller Fraktionen, zu Beginn dieser Legislaturperiode eine Anpassung der Geschäftsordnung an die gängige Praxis vorzunehmen. Des Weiteren haben die neuen Mehrheitsverhältnisse seit der letzten Landtagswahl eine Anpassung der Redezeitregelungen nahe gelegt.

Probeweise wurde vor einigen Jahren das Instrument der Regierungsbefragung eingeführt. Die erhofften Effekte dieser Maßnahme sind aber nur sehr bedingt eingetreten.

(Nicola Beer (FDP):Was man ändern könnte!)

Daher wird in Zukunft auf die Regierungsbefragung verzichtet.

(Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Dies ist nicht einmütig gewesen, es gab auch Abgeordnete, die dieses Instrument gerne weiter behalten hätten. Wir haben es jetzt erst einmal so geregelt. Dafür werden wir in der nächsten Zeit die so genannte Kurzintervention erproben.