Für die Hochschulen ist die Situation unerträglich. Die Zahlen sind so unseriös,dass den Hochschulen zusätzliche Kosten entstehen werden, weil sie aufgrund des Chaos und aufgrund der hohen Zahl zu bearbeitender Fälle zusätzliches Personal einstellen müssen, um des Durcheinanders Herr zu werden.
Sie stürzen die Hochschulen ins Chaos. Sie bürden ihnen zusätzliche Finanzlasten auf, und dann kauen Sie – wie man Sie so kennt – nonchalant an Ihrem Brillenbügel und tun so, als ginge Sie das alles nichts an.
Ich komme zum Ende, Herr Präsident. – Dieser Zustand ist eigentlich ein Skandal und zeigt ein weiteres Mal, dass der Minister zwar anordnet, aber keine Verantwortung übernimmt. Das ist nicht das, was wir uns unter Autonomie vorgestellt haben.
Es bleibt festzustellen, dass das Gesetz einen immensen Schaden angerichtet hat, dessen Ausmaße bis jetzt noch gar nicht zu übersehen sind. War die Entfernung von ein paar Scheinstudenten, die es tatsächlich gab, das wirklich wert? Die Scheinstudierenden haben niemanden gestört; sie waren nicht anwesend. Aber zahlreiche Studierende, die weiter studieren wollten und die Sie ihrer akademischen Zukunft beraubt haben, sind jetzt weg. Es wäre interessant, zu erfahren, wie sich Ihr Gesetz auf die Arbeitslosenzahlen und die Sozialhilfeempfängerzahlen auswirkt.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Hauptsache weg von der Hochschule, das wird bei Ihnen ganz groß geschrieben, Herr Wissenschaftsminister. Mit der Einfüh
rung des StuGuG haben Sie deutlich bewiesen, was viele schon vorher befürchtet haben. Sie interessieren sich weder für die Studierenden noch für die Hochschulen. Sie stürzen sie ins Chaos und weigern sich, die Verantwortung zu übernehmen. Sie sind kein Wissenschaftsminister, und Sie wollen auch kein Wissenschaftsminister sein. Sie sind hier auf dem Weg zu einer anderen Lebensperspektive nur zwischengeparkt.
Frau Kollegin Sorge, seien Sie mir nicht böse, ich bin Ihnen auch nicht böse.Aber machen Sie Schluss.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDPFraktion hat von Anfang an darauf hingewiesen, dass das Studiengebührengesetz der CDU-Landtagsfraktion der falsche Weg ist. Die Auswirkungen dieses Gesetzes, die wir schon nach knapp einem halben Jahr beobachten können, zeigen das nur zu deutlich.
Falsch ist schon der Grundansatz, Herr Minister, denn Sie machen die Studiengebühren an einer willkürlich gegriffenen Anzahl von Studiensemestern fest, statt, so der Vorschlag der FDP mit dem Modell der Bildungsgutscheine, die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen an den Hochschulen zur Bemessungsgrundlage zu machen.
Falsch ist dieses Gesetz auch deshalb, weil die Einnahmen, die die Hochschulen damit erzielen, nicht der Verbesserung von Forschung und Lehre an den Hochschulen zugute kommt – das wäre dringend nötig –,sondern in den allgemeinen Landeshaushalt fließen, um dort Löcher zu stopfen.
Herr Corts, das Instrument, das Sie hier anwenden, ist auch deshalb falsch, weil Sie ein absolutes Bürokratiemonstrum auf den Weg gebracht haben. Es existiert ein sehr kompliziertes Geflecht aus Regelungen betreffend Beurlaubung und Teilzeitstudium, und es existiert eine Härtefallklausel, statt ein Wahlrecht zwischen Teilzeitstudium und Beurlaubung zu gewähren oder die Semesterzahl so großzügig zu bemessen, dass die Hochschulen mit einer Ermessensklausel für Härtefälle auskommen würden.
Durch das Chaos, das Sie aufgrund der Regelungen sowohl im Gesetz als auch in der Immatrikulationsverordnung angerichtet haben, haben Sie an den Hochschulen einen sehr, sehr hohen Beratungsbedarf ausgelöst, der sich nicht auf einen effizienten Studienablauf, auf ein Vorankommen der Studierenden, sondern allein auf die Umsetzung der Bestimmungen Ihres komplizierten Gesetzes und der dahinter stehenden Verordnung bezieht.
Das Skandalöse ist, dass die Hochschulen mit den zusätzlich entstehenden Kosten völlig alleine gelassen werden. Sie haben mit diesem komplizierten Gesetz bewirkt, dass auch die Prüfungsverfahren sehr kompliziert sind.An den Hochschulen sind noch keine Daten vorhanden. Die müssen erst gesammelt werden. Die für die Bearbeitung not
wendigen PC-Programme sind nicht vorhanden.Das führt dazu – Kollegin Sorge hat schon darauf hingewiesen –, dass wir eine hohe Fehlerquote bei den Gebührenbescheiden haben. Wenn bis auf 100 Bescheide alle übrigen Bescheide der Universität Frankfurt im Widerspruchsverfahren zurückgenommen werden mussten, dann zeigt das, dass außer viel Aufwand bei der Bearbeitung dieser Bescheide nicht viel herumgekommen ist. Bei den anderen Hochschulen ist die Bearbeitung noch gar nicht abgeschlossen, so kompliziert ist das in Ihrem Gesetz vorgeschriebene Verfahren.
Der hohe Verwaltungsaufwand zeigt sich auch an der hohen Zahl zusätzlicher Mitarbeiter, die in den Studierendensekretariaten eingesetzt werden müssen. Ich kann hierfür ein paar Beispiele anführen: An der TU Darmstadt sind 2,5 Stellen umgesetzt und drei Rentner reaktiviert worden; an der Universität Frankfurt mussten zwei feste Mitarbeiter umgesetzt und vier zusätzliche Hilfskräfte eingestellt werden; die Universität Kassel benötigt zwei Teilzeitbeschäftigte aus dem eigenen Haus zusätzlich im Studentensekretariat, und eine weitere Person wurde extern eingestellt. Auch an der Universität Marburg musste eine zusätzliche Referentin eingestellt werden, um das Studierendensekretariat zu verstärken. All das kostet zusätzlich Geld, das besser in die Verbesserung von Forschung und Lehre gesteckt würde.
Das sind aber Aufwendungen, von denen ich befürchte, dass sie von der vorgesehenen 10-%-Pauschale nicht abgedeckt sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit ist leider der schlechten Nachrichten noch kein Ende. Viel schlimmer wird es dort werden, wo sich die Einnahmen aus dem Studiengebührengesetz zu einem echten Rohrkrepierer entwickeln. Herr Minister, wir haben die Situation, dass an den Hochschulen, die jetzt schon überschlägige Rechnungen vorlegen können, die Einnahmen weit hinter den Erwartungen zurückbleiben, die Sie vorgegeben haben. An der Universität Frankfurt am Main sind nur 2.700 von 14.600 Bescheiden bezahlt worden. Die Universität Kassel verzeichnet bislang ganze 100 bezahlte Gebührenbescheide, und an der Musikhochschule Frankfurt – dort ist das Verfahren schon abgeschlossen – sind bei der Bearbeitung von 800 Akten ganze 47 Studierende herausgekommen, die letztlich je 500 c zahlen müssen.
Das bedeutet unter dem Strich: 1,4 Millionen c an Einnahmen nach knapp einem halben Jahr Gültigkeit dieses Gesetzes. Herr Minister, Sie haben aber 24 Millionen c eingeplant. Selbst wenn ich von dieser Summe die Hälfte für das zweite Semester in diesem Jahr abziehe, muss ich sagen, Sie haben eine ganz erhebliche Lücke bei den Einnahmen und damit im Haushalt.Hier zeigt sich schon sehr deutlich, dass dies eine reine Luftbuchung war.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss – und zwar mit der Forderung an den zuständigen Minister für Wissenschaft und Kunst: Herr Minister, zeigen Sie, ob Sie genug Gewicht im Kabinett haben, um sich vor Ihre Hochschulen zu stellen, damit die Hochschulen die Zeche nicht zahlen müssen. Zeigen Sie endlich Einsatz für Ihre Hochschulen,und zeigen Sie,dass Sie anfangen zu kämpfen,damit die Hochschulen die Luftnummersuppe, die Sie ihnen eingebrockt haben, nicht auslöffeln müssen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Von einem „Gebührenchaos“ kann überhaupt keine Rede sein.
Die Hochschulen sind derzeit dabei, die Guthaben- und Gebührenregelung umzusetzen. Die Hochschulen mussten sich der neuen Situation stellen. Ich finde, das haben sie bisher professionell und gut getan.
Den Hochschulen war ein Verfahrensspielraum bis zum Sommersemester 2004 gelassen worden, und die Hochschulen haben diesen Spielraum genutzt, um unterschiedliche Verfahren durchzuführen. Einige Hochschulen haben eine Anhörung vorgeschaltet, andere haben eindeutige Fälle vorab beschieden. Deshalb gibt es derzeit kein einheitliches Bild.
Dass bei einer so großen Umstrukturierung nicht immer alles glatt geht, ist aus meiner Sicht klar. Das zeigen auch die verschickten fehlerhaften Bescheide der Universität Marburg, bei denen wohl Karenzsemester nicht einberechnet wurden. Das war insofern ein Eingabefehler. Bei keinem Gesetz, das in Kraft tritt und sich in der Umsetzung befindet, ist es so, dass die Verwaltung schon perfekt darauf eingespielt ist. Deswegen halte ich das für ein ganz normales Verfahren,
zumal die fehlerhaften Bescheide korrigiert worden sind und den betroffenen Studierenden kein Schaden entstanden ist, da der Fehler entdeckt wurde.
Das Studienguthabengesetz hat nach allem, was wir bisher wissen – es sind ja nur vorläufige Erkenntnisse –, dazu geführt, den Missbrauch des Studentenstatus zu stoppen. Darauf haben Sie, Frau Sorge, selbst hingewiesen. Diejenigen, die den Studentenstatus missbraucht haben, sind nun nicht mehr an hessischen Universitäten eingeschrieben.
Für Langzeitstudierende sollte eine Entscheidungshilfe gegeben werden: entweder das Studium zu beschleunigen und einen Abschluss zu machen oder sich neu zu orientieren. Nach allem, was wir bisher wissen, scheint auch das gelungen zu sein.
Das Studienguthabengesetz ist in seinen einzelnen Ausprägungen ein Gesetz, das viele Einzelfälle regelt, auf viele Ausnahmen Rücksicht nimmt und dadurch gerechter ist als eine Pauschalregelung nach Semestern. Ich bin stolz darauf,dass wir ein Gesetz haben,das einmalig in der Bundesrepublik ist und die Belange der Studierenden individuell berücksichtigt.
Wir haben eine weitere positive Entwicklung aufgrund des Studienguthabengesetzes: den Anstieg der Zahl der Meldungen zum Examen. Das heißt, vielen wird die Entscheidung leichter gemacht, sich schnell zur Prüfung anzumelden und einen Abschluss zu machen.
Die Kollegin Sorge hat in der Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst alle Themen, die heute angesprochen worden sind, unter Nennung von Zahlen schon einmal nachgefragt, und wir haben darüber ausführlich diskutiert. Von „Chaos“ konnte und kann keine Rede sein. Es konnte kein einziges Beispiel für einen Fall vorgetragen werden, für den die zuständige Hochschule keine Lösung gefunden hat.
Wir haben uns darauf verständigt – und der Minister hat es zugesagt –, dass ein Abschlussbericht vorgelegt wird, sobald im September die Zahlen vorliegen. Daraus wird dann mehr ersichtlich sein. Also ein ganz normales, reguläres Verfahren, wie es bei einem neu in Kraft tretenden Gesetz nicht ungewöhnlich ist.
Deshalb sage ich abschließend: Von Chaos kann überhaupt keine Rede sein. Die Umsetzung des Studienguthabengesetzes befindet sich auf einem guten Weg.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Anfang muss ich eine veritable Begriffsverwirrung aufklären, die Sie, Frau Abg. Kühne-Hörmann, wieder vor sich her tragen. Sie reden von „Studienguthabengesetz“. In Wahrheit aber geht es doch darum, dass hier eine neue Studentensteuer eingeführt worden ist. Das ist von Ihnen zu verantworten.