Diese so genannten theoriereduzierten Ausbildungsberufe, 18 an der Zahl, die seit mehreren Jahren auf dem Verhandlungstisch liegen, müssen dringend kommen, denn von Experten wurde hochgerechnet, dass dadurch mindestens 20.000 junger Menschen ihre Ausbildung beginnen könnten.
Wenn man in den Betrieben ist, spürt man die Begeisterung. Die Betriebe haben zu dieser relativ guten Bilanz beigetragen, insbesondere im Handwerk, das seine Ausbildungsangebote sogar um 2,5 % gesteigert hat.
Zu diesem Tagesordnungspunkt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann rufe ich als Nächstes Tagesordnungspunkt 48 auf:
Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Verzögerungstaktik beenden: Der BKA-Umzug muss endlich vom Tisch) – Drucks. 16/1921 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am vergangenen Freitag hat der Bundesrat einen wichtigen Beschluss gefasst.Er hat noch einmal festgestellt,dass die Verteilung national bedeutsamer Bundesbehörden auf Standorte in den Ländern eine wesentliche Ausprägung eines föderal organisierten Bundesstaates wie der Bundesrepublik Deutschland ist.
(Beifall der Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) und Volker Hoff (CDU) sowie des Abg. Florian Rentsch (FDP))
und den Bundesnachrichtendienst von Pullach nach Berlin zu verlegen, ist kein Beitrag zur Stärkung und Förderung des Föderalismus in Deutschland.
Deshalb hat der Bundesrat mit großer Mehrheit – auch mit Stimmen aus den A-Ländern – die Bundesregierung aufgefordert, bei der Verteilung der Bundesbehörden auf
die Standorte in Berlin, Bonn und einzelnen Ländern ein ausgewogenes System herzustellen. Veränderungen an den bisherigen Verteilungsstrukturen – so in Zukunft notwendig – sollen nicht einseitig vom Bund festgelegt werden.
Über diesen Beschluss bin ich sehr froh, denn er belegt doch, dass es sich hier um kein regionales Problem dieser zweibeinigen Lebewesen aus der Provinz handelt, sondern dass es tief in unser föderales System eingreift.
Leider hat ihn unser Bundesverfassungsminister Schily bis zum heutigen Tage nicht vollzogen. Im Gegenteil, am vergangenen Freitag hat er mit der ihm eigenen Arroganz den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Wiesbaden beschimpft, weil er mit uns demonstriert und Unterschriften sammelt. Gleichzeitig hat er die Ministerpräsidenten aus der so genannten Provinz beschimpft. Seine bisherigen Äußerungen und insbesondere die Debatte im Deutschen Bundesrat haben mich einigermaßen schockiert.Sie haben erhebliche Zweifel an seinem Verständnis unseres Verfassungssystems aufkommen lassen.
Ich habe auch zunehmend den Eindruck, dass Herr Schily umso arroganter auftritt, je mehr er sich in die Enge getrieben fühlt. Ich denke nicht, dass das in der Sache hilfreich ist.
Ich finde es am bemerkenswertesten, dass er vom 6. Januar, seit der Bekanntgabe seiner Pläne, bis heute kein einziges polizeifachliches Argument für seine Pläne geliefert hat.
Vor diesem Hintergrund erscheint es mir schon mehr als zweifelhaft, ob die von ihm eingesetzte Arbeitsgruppe diese Pläne tatsächlich ergebnisoffen überprüft. Im Gegenteil, nach meinem Eindruck hat diese Arbeitsgruppe einen ganz eindeutigen Arbeitsauftrag erhalten, nach dem Motto: „In meinem Haus darf jeder tun, was ich will.“ Das haben wir in der letzten Zeit schon öfter zu hören bekommen.
Ein weiterer Beleg dafür ist die Zusammensetzung dieser Arbeitsgruppe. Wenn man die Zusammensetzung näher betrachtet, muss man feststellen, dass beispielsweise kein einziger Ländervertreter in dieser Arbeitsgruppe ist. Wenn man einen Blick in das BKA-Gesetz wirft, dann stellt sich die Frage:Warum nicht?
Ich denke, wir müssen zu dem Schluss kommen: Diese Prüfung muss beendet werden. Die Pläne müssen vom Tisch. Seit sechs Wochen besteht ein Zustand der erheblichen Verunsicherung in der Mitarbeiterschaft – dies angesichts der doch argen Bedrohungslage seit dem 11. September,die für diese Entscheidung herhalten musste.Deswegen muss man sich Sorgen darüber machen, was Herr Schily beabsichtigt. Es drängt sich zunehmend der Eindruck auf, dass er in Berlin eine Sicherheitsbehörde schaffen will. Alle Zeichen deuten darauf hin. Vor diesem Hintergrund muss man dann auch die Frage stellen, wie lange die Bestandsgarantie, beispielsweise für das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln, gilt. Wahrscheinlich gilt sie bis zu dem Tag nach der Wahl in Nord
rhein-Westfalen. Deswegen kann ich Herrn Schily nur zurufen: Lassen Sie das BKA seine Arbeit tun. Nehmen Sie die Hände weg von unserem BKA. – Ich bedanke mich.
Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Pighetti für die SPD-Fraktion. – Herr Rentsch, so liegt es mir vor.
Das akzeptiere ich schon. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir wollen hier nicht über das Alter reden. Mit der Debatte heute Morgen im Hessischen Landtag verhält es sich ein bisschen wie mit der generellen Diskussion über die Verlegung des Bundeskriminalamtes nach Berlin. Es kommen eigentlich keine neuen Argumente mehr. Da wir das Thema vor gerade drei Wochen an gleicher Stelle ausgiebig diskutiert haben, ist das auch kein Wunder.
Ich will an dieser Stelle mein Augenmerk aber nicht auf die Frage richten, ob solche Wiederholungsdebatten ohne Neuigkeitswert und über Sachverhalte, bei denen der Landtag ohnehin nur eine sehr geringe Einwirkungsmöglichkeit hat, im Sinne des Parlaments sind. Nein, die Tatsache, dass wir hier heute auf ollen Kamellen herumreiten – dieser Ausdruck passt ein bisschen in die Zeit – verdeutlicht vor allem das Problem derer, die in der Bringschuld sind. Wenn sechs Wochen nach Verkündung der Umzugspläne immer noch keine stichhaltigen Begründungen für den Zweck der Maßnahme auf dem Tisch liegen, mehr noch, wenn jetzt geradezu fieberhaft im Amt nach Gründen und Begründungen gesucht wird, dann spricht das, gelinde gesagt, nicht für die Notwendigkeit eines Umzugs nach Berlin.
Diese Vorgehensweise – eine derartige Maßnahme anzukündigen und anschließend nach Begründungen zu suchen – trägt schon groteske Züge. Das ist ein wenig so, als ob sich ein Arzt zur Operation eines Patienten entschließt und dann, während er ihn aufschneidet, darüber nachdenkt, was dem bedauernswerten Menschen wohl fehlen könnte. Das ist, gelinde gesagt, kein sinnvoller Weg.
Meine Damen und Herren, weiterhin fällt das Grundmuster auf, das der hier diskutierten Entscheidung zugrunde liegt. Es ist ein, auch in der Wirtschaft, weit verbreiteter Glaube, durch Zusammenschlüsse zu immer größeren Einheiten Synergie- und Effizienzgewinne erzielen zu können – Gewinne, die durch Reibungsverluste und zusätzlich notwendige Steuerungsebenen schon verloren sind, bevor sie erzielt sind. Ich bin mir ganz sicher, Ähnliches wäre auch im Falle einer Zusammenlegung aller drei BKA-Standorte in Berlin zu erwarten. Kosten und Nutzen stehen in keiner erträglichen Relation zueinander.
Deshalb ist es wichtig, jedwedem Zentralisierungswahn von Behörden kritisch entgegenzutreten – wo auch immer er stattfindet. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, daher freut es mich, dass wir uns heute bei der Frage des BKA einig sind. Es wäre aber noch schöner, wenn Sie die Zentralisierung von Katasterämtern, die Zusammenlegung von Forstämtern, die Schließung von Amtsgerichten und die Konzentration zahlreicher weiterer Behörden mit dem gleichen Maßstab messen würden. Dann wären Sie ein gutes Stück glaubwürdiger.
Wir haben den Mut, Falsches auch dann als falsch zu benennen, wenn es aus den eigenen Reihen und von den eigenen Leuten, in diesem Fall aus Berlin, kommt.
Dementsprechend erwarte ich aber auch von Ihnen, dass Sie nicht auf der einen Seite von Zentralisierungswahn reden, das Gleiche, wenn es von Ihrer Regierung kommt, dann aber „Operation sichere Zukunft“ nennen. Denn Zentralisierung bleibt Zentralisierung, ob sie in Berlin, in Limburg oder in Fulda erfolgt. Für diejenigen, die umziehen müssen, für die, die weitere Wege in Kauf nehmen müssen, und für diejenigen, die von unsinnigen Maßnahmen betroffen sind, ist es weiß Gott egal, wo das passiert.
Meine Damen und Herren von der CDU und ganz besonders von der Landesregierung, wer sich hier hinstellt und mit dem Finger nach Berlin zeigt, der darf nicht vergessen, dass drei Finger nach Wiesbaden und auf die eigenen Taten zurückzeigen.
Das Gleiche gilt für den Vorwurf der Arroganz und der Selbstherrlichkeit in Richtung des Bundesinnenministers. Man muss sich schon fragen, worin sich Otto Schily eigentlich von Roland Koch unterscheidet, wenn er im verborgenen Winkel Entscheidungen trifft, über Nacht verkündet und dann nicht mehr davon abzubringen ist.Nachdem Otto Schily nun wenigstens eine ergebnisoffene Prüfung des Sachverhaltes angekündigt hat, hoffe ich, dass sich der Bundesinnenminister im Gegensatz zum Ministerpräsidenten Sachargumenten gegenüber einsichtig zeigen wird und für das BKA deshalb keine düstere Zukunft in Wiesbaden anbricht. – Ich danke Ihnen.