Protocol of the Session on March 29, 2007

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Es freut mich, dass Sie dies anerkennen. Das entspricht auch der Wirklichkeit. Nicht nur die Tatsache, dass wir Darmstadt als Sitz mit verpflichtet haben und konnten, sondern wir haben in einer umfänglichen Werbeaktion für diesen Standort geworben – im August in Brüssel, in Darmstadt selbst auf dem ersten deutschen Anwender

kongress. Vor wenigen Tagen habe ich gemeinsam mit Kollegen Hoff in Berlin innerhalb der Landesregierung noch einmal deutlich gemacht, welche großen Chancen sich aus diesem Projekt für die Anwendung und damit für Wachstum und Arbeitsplätze ergeben.

Allein hier rechnen wir mit zusätzlich über 1.000 Beschäftigten in Darmstadt und Hessen. Die Anwendungsmöglichkeiten sind de facto unerschöpflich – im Verkehr, im Logistikbereich, in der Telekommunikation, im Sicherheitsbereich, im Bereich der Freizeit wie im Finanzbereich. Es gibt Einsatzmöglichkeiten, die fast revolutionär sind und bisherige Prozesse weitgehend vereinfachen, sicherheitsmäßig koordinieren und damit auch optimieren können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, abschließend ein Satz. Worin besteht das Problem? Es ist ein politischökonomisches Standortproblem.Wir wissen, dass Galileo Joint Undertaking – also die Gesellschaft aus der Europäischen Union heraus,Herr Grohe,übrigens ein Deutscher, hat bisher dieses Konzept gesteuert – Verhandlungen mit privaten Konzessionären aufnehmen muss. Ein Konzessionsvertrag sollte Ende letzten Jahres abgeschlossen sein.

Das ist nicht gelungen, weil den Verantwortlichen die Frage zu schwierig erschien, zwischen ursprünglich zwei Konzessionärgruppen zu entscheiden. Diese Gruppen bestanden schon aus vier, fünf Firmen aus jeweils unterschiedlichen Ländern. Man hat gemeint, man macht es einfach und tritt niemandem auf den Fuß.Wir kennen das alte deutsche Sprichwort: Jedem Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.

Aus dieser mangelnden Entscheidungsfreudigkeit hat man eine Gruppe gebildet und noch eine deutsche Gruppe hinzugefügt. Jetzt ist es ein halbstaatlich spanisches Unternehmen, das wegen eines Standortes ähnlich Darmstadt Druck ausübt und es davon abhängig macht, ob der Konzessionsvertrag im Rahmen des Ganzen abgeschlossen werden kann. Es geht um eine Beteiligung der Privaten von 2 Milliarden c, zu denen bisher die Europäische Union mit Mitteln der Mitgliedstaaten 1 Milliarde c eingesetzt hat.

Ich bin überzeugt – damit schließe ich an den ersten Satz an –, Galileo wird nicht sterben, weil die Interessenlagen, der Nutzen Europas viel zu groß sind, weil ein Scheitern auch aus politischen Gründen überhaupt nicht akzeptabel wäre. Ich bin sicher, dass der EU-Kommissionspräsident Barroso das auch unter Mitwirkung der deutschen Ratspräsidentschaft voranbringt. Herr Tiefensee wirkt an der Spitze mit und bekommt die Unterstützung der Wirtschafts- und Verkehrsminister.Wir tagen in zwei Wochen, wo wir dieses Thema noch einmal auf der Tagesordnung haben.

Wenn diese kurze Debatte dazu geführt hat, unsere Interessenlage deutlich zu machen, den Druck verstärkt und vor allem ein Signal in Richtung Anwenderzentrum in Darmstadt gegeben hat, das wir geschaffen haben und wo sich unglaubliche Möglichkeiten gerade für junge technologische Unternehmen ergeben, dann hat diese Debatte genützt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Vielen Dank, Herr Staatsminister Dr. Rhiel. – Es gibt keine weitere Wortmeldung.

Bevor wir zum nächsten Punkt kommen, darf ich Ihnen zur Tagesordnung noch sagen, dass der Punkt 17, die Große Anfrage der Fraktion der FDP, zur abschließenden Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr und ebenfalls der Tagesordnungspunkt 26, der Antrag der FDP betreffend Unterstützung von Entschilderungsaktionen in hessischen Städten und Gemeinden, zur abschließenden Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen werden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 63 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Kein Skandal ohne Innenminister Bouffier) – Drucks. 16/7108 –

Das Wort hat der Kollege Rudolph, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In die lange Liste der Skandale um Hessens Innenminister Bouffier – heute Nachmittag haben wir den Abschlussbericht zum Korruptionsfall beim Präsidium für Logistik und Verwaltung, viele Vorgänge im Frankfurter Polizeipräsidium der letzten Jahre – hat sich in den letzten Wochen ein neuer Skandal um die Personenschützer im Bereich des PP Frankfurt eingereiht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, zum wiederholten Male hat es dieser Innenminister nicht für nötig gehalten, das hessische Parlament und damit die Öffentlichkeit zeitnah und richtig zu informieren. Stattdessen gibt es die Methode Bouffier, abzutauchen und zu verdrängen. Er ist für nichts verantwortlich – ein typischer Bouffier eben.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Nein, da nützt auch der Versuch des angestrengten Weghörens nichts, weil die Wahrheit auf den Tisch kommt. Es ist ein unglaublicher Skandal, was sich in den letzten Wochen mit Personenschützern im Bereich des Polizeipräsidiums Frankfurt entwickelt hat, Herr Innenminister.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen den Medien dankbar sein, dass sie das aufgegriffen haben. Wir hätten sonst heute noch auf die Informationen warten können. Wenn es darum geht, publikumswirksam Uniform oder Streifenwagen zu übergeben, werden Polizeibeamte abgeordnet, und jedes Ding wird einzeln übergeben. Über die wirklich interessanten und wichtigen Dinge dieses Lebens informieren Sie die Bürgerinnen und Bürger und das Parlament nicht. Das ist ein Punkt, den wir so nicht mehr durchgehen lassen. Sie müssen etwas in der Art ändern,wie Sie mit dem höchsten Parlament in Hessen umgehen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Mit dem höchsten Parlament?)

Um was geht es eigentlich? – Personenschützer haben rechtsextremes Gedankengut verbreitet, sich in SS-Uniformen abgebildet, eine Führerurkunde entworfen und Nazigut in den PC eingestellt. Meine Damen und Herren, das hat bei der Polizei nichts zu suchen. Menschen mit

solch rechter Gesinnung haben in der hessischen Polizei nach unserer Auffassung keinen Platz.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass diese Verfahren nach unserer Auffassung allzu schnell eingestellt wurden, will ich an dieser Stelle deutlich machen. Die Begründung, diese Aktivitäten hätten nicht das Licht der Öffentlichkeit erblickt, halte zumindest ich für stark diskussionsbedürftig. Was uns gemeinsam sehr nachdenklich stimmen muss, auch wenn das möglicherweise in Privaträumen, aber auch in Diensträumen war: Es waren andere Polizeibeamte dabei, und die haben es nicht zur Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gebracht oder gegenüber Vorgesetzten deutlich gemacht. – Deswegen ist es kein Kavaliersdelikt und kein Einzelfall. Es muss uns gemeinsam Sorge machen, wie solch rechtsextremes Gedankengut Verbreitung finden kann. Dagegen müssen wir gemeinsam angehen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Meine Damen und Herren, dass zwei dieser Beamten noch monatelang bei den Staatsschutzabteilungen eingesetzt wurden, zeigt: Da haben Fachleute im Bereich des Landespolizeipräsidiums, aber auch in Frankfurt jegliches Fingerspitzengefühl verloren. Leute beim Staatsschutz einzusetzen, die offensichtlich rechtsextremes Gedankengut verbreiten, ist unerträglich.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der Innenminister ist für all das nicht verantwortlich. Der ist für nichts verantwortlich, wenn es schlecht ist. Allerdings ist er da für vieles verantwortlich. Er sagt: Ja, ich habe meine Mitarbeiter und wusste von dem nichts. – Herr Bouffier, seit Juli/August 2005 – Ihr Pressesprecher hat es gestern gegenüber den Medien bestätigt – gab es zumindest deutliche Hinweise. Da ging es um Holocaustvorwürfe.

Darüber informierten Sie nicht das Parlament, nicht den Innenausschuss, noch nicht einmal die Obleute vertraulich.Teilweise wird über jeden Firlefanz öffentlich medial wirksam berichtet – am Tag eine Presseerklärung nach der anderen –, aber über einen solchen handfesten Skandal kein Wort. Herr Minister, Ihre Art und Weise, wie Sie mit der Öffentlichkeit umgehen, ist unerträglich.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Damit das klar ist, denn gelegentlich neigen Sie dazu, zu sagen, die SPD würde alle Polizeibeamten verteufeln: 99,9 % der hessischen Polizeibeamten haben eine verantwortungsvolle Tätigkeit, der sie nachgehen.

(Zuruf der Abg. Birgit Zeimetz-Lorz (CDU))

Dem zollen wir ausdrücklich hohen Respekt. Aber diejenigen, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes und der Hessischen Verfassung stehen,die rechtsextremes Gedankengut verbreiten, gehören nicht in den Staatsdienst – damit das an der Stelle genauso deutlich und klar ist.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir, vor allem Sie, müssen bei solchen Vorfällen Konsequenzen ziehen.Wie reagiert man auf ernst zu nehmende Hinweise? Was tut man im Rahmen der Prävention? –

Das ist kein Kavaliersdelikt.Das waren Polizeibeamte,die eine entsprechende Ausbildung gehabt haben. Es gehört Zivilcourage dazu, solche Dinge unter Kollegen zur Anzeige zu bringen. Da hilft kein Wegtauchen bei Beamten. Da hilft auch kein Wegtauchen bei diesem Innenminister. Der Rechtsextremismus ist eine Bedrohung für unsere Demokratie, und dagegen müssen wir angehen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Rudolph, Sie müssen zum Schluss kommen.

Herr Innenminister, wie hat eine Zeitung dieser Tage geschrieben? „Bouffier entwickelt sich zu Kochs neuem Sicherheitsrisiko.“ Er ist in der Tat nicht nur der Skandalminister.Viele Menschen sehen das so. Die Arbeitsbedingungen bei der hessischen Polizei werden immer schlechter. Die hessischen Polizeibeamten haben das nicht verdient. Hessens Bürgerinnen und Bürger werden deshalb einen anderen Innenminister bekommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank,Herr Kollege Rudolph.– Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit schließe ich diese Aktuelle Stunde.

(Lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Es tut mir leid. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Stunde geschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 64 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Endlich handeln beim Kli- maschutz: konkrete Schritte statt klimapolitischer Null- emissionen des Umweltministers) – Drucks. 16/7109 –

Das Wort hat Frau Kollegin Hammann.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)