Protocol of the Session on March 29, 2007

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Herr Kollege Reißer, vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Kollege Siebel für die SPD-Fraktion.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie noch einmal um etwas Aufmerksamkeit. Herr Kollege Gerling hat es an den Ohren.

(Heiterkeit des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Bitte seien Sie doch so lieb, und seien Sie etwas aufmerksam.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es noch einer Demonstration bedurft hätte, dass sich auch der Hessische Landtag gegen den Tod von Galileo stemmt,kann ich sagen,dass diese Demonstration heute mit den Reden der Frau Kollegin Wagner und des Herrn Kollegen Reißer eindrucksvoll geglückt ist. Ich werde mich in diesen Reigen der Demonstrierenden einreihen. Ich bin mir ganz sicher, dass der hessische Wirtschaftsminister das nachher auch noch tun wird.

Insofern ist der etwas alarmierende Titel dieser Aktuellen Stunde: „Galileo darf nicht sterben“, sicherlich der Tatsache geschuldet, dass es sich eben um eine Aktuelle Stunde handelt. Wir alle wissen, dass wir bei Aktuellen Stunden durchaus ein bisschen deftiger auch im Titel formulieren.

(Axel Wintermeyer (CDU): Nicht immer!)

„Nicht immer“, sagt Herr Wintermeyer. – Wir formulieren da etwas deftiger. Dies geschieht aber unabhängig davon, ob es notwendig ist oder nicht.

Wenn ich die Nachtrichten richtig lese und die Hintergrundinformationen hinzuziehe, komme ich zu dem Schluss:Galileo wird nicht sterben.– Daran haben aus der Bundesregierung Herr Verkehrsminister Tiefensee und Herr Wirtschaftsminister Glos, aber auch andere ihren Anteil. Ich glaube, wir sind da durchaus auf einem gutem Weg.

Ich kann dazu noch etwas sagen. Ich habe aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen gehört, dass, erstens, Galileo nicht sterben wird, dass aber, zweitens, der Name möglicherweise in Gefahr ist, weil es, so glaube ich, auf den Balearen eine Reisegesellschaft gleichen Namens gibt,die da also konkurriert, weshalb möglicherweise der Name geändert werden muss.

Herr Kollege Reißer, auch ich bin stolz darauf, dass wir in Darmstadt das Galileo-Zentrum haben. Es wurde Oktober letzten Jahres gegründet. Die ersten Screeninggespräche mit potenziellen Gründern wurden geführt. Es wird daran gearbeitet, ein Netzwerk aufzubauen.

Ich sage das jetzt von dem Standpunkt des Sprechers für Wissenschaft und Kunst aus. Ich bin sehr beeindruckt von den vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten, die jetzt sozusagen in aller Munde sind. Das betrifft die Wasserstandsbestimmung oder die Vorhersage von Naturkatastrophen. Es gibt auch Anwendungen für die Wirtschaft. Das betrifft etwa die Logistik. Hinlänglich bekannt ist die Nutzung für den Straßenverkehr.Auch für den Flughafen in Frankfurt ist das von Bedeutung.

Die Verunsicherung,die offenbar Auslöser für den Antrag auf Abhaltung dieser Aktuellen Stunde war,rührt von Berichten, es komme wegen der ungeklärten Kostenfrage und wegen der nicht geklärten Aufteilung des Risikos zwischen der Europäischen Union und der Industrie im Rahmen einer Public-Private-Partnership zu Verzögerungen.

Ich möchte an dem Punkt eine Anmerkung zu dem Prozess machen, den Frau Wagner auch angemahnt hat. Ich glaube,dass ein solches Projekt nicht von Anbeginn an auf der Basis einer Public-Private-Partnership realisiert werden kann. Ich glaube vielmehr, dass die Europäische Union die Infrastruktur stellen muss und dass dann private Investoren zur Realisierung konkreter Projekte einsteigen können. Frau Wagner, das hat zwei Vorteile: Das erzeugt Vertrauen und schafft Verlässlichkeit.

Ich denke, wir sollten uns gemeinsam ein bisschen in Zurückhaltung üben. Frau Wagner, angesichts des Titels „Galileo darf nicht sterben“ und des damit verbundenen Duktus dieser Aktuellen Stunde ist auch mir das mit der Serengeti eingefallen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Und sie lebt!)

Wir sollten in der Tat nicht vom Sterben reden. Vielmehr sollten wir von dem gemeinsamen Bemühen reden, mit dem wir an dieser Erfolgsstory weiterarbeiten.Von dieser Debatte sollen auf keinen Fall mögliche Investoren oder Beteiligte abgeschreckt werden. Das Gegenteil ist der Fall. Wir müssen gemeinsam dazu beitragen, dass die, die investieren sollen, dazu motiviert werden oder motiviert bleiben.Wenn die Aktuelle Stunde dazu einen Beitrag geleistet haben sollte, dann bin ich der antragstellenden Fraktion dafür sehr dankbar.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist das immer bei der FDP:Als Löwe begonnen und als Gazelle geendet!)

Wir Hessen können vielleicht insofern noch einen Beitrag leisten, indem wir uns im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst oder im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr von denjenigen, die kompetent sind, über den aktuellen Stand berichten lassen.Das könnten wir tun.Ich glaube,über die Befassung im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst bestünde eine Möglichkeit, mit der Hessen seinen Beitrag leisten kann. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Siebel, vielen Dank. – Das Wort erhält nun Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Sie ist keine Darmstädterin!)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Hahn, ich bin ohne Zweifel keine Darmstädterin. Vielleicht klärt das aber meinen Blick auf dieses Thema ein klein wenig.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Das ist kein Darmstädter Thema, das ist ein hessisches Thema!)

Denn hinsichtlich dieses Themas habe ich mich etwas gefragt, ob es ein Thema für eine Aktuelle Stunde ist. Ich teile den Optimismus des Kollegen Siebel nicht, der meinte, diese Aktuelle Stunde könne irgendeinen Beitrag zur Rettung von Galileo leisten.

Frau Wagner, ich fand es ziemlich problematisch, dass Sie dieses Thema zu dem Zeitpunkt ausgewählt haben, als es

wirklich erhebliche Schwierigkeiten bei diesem Projekt gab. Dann haben Sie das auch noch mit dem Titel dramatisiert: „Galileo darf nicht sterben“. Das ist nicht das, was man in dieser Situation brauchen kann. Denn da ging es um die Frage, wie es mit diesem Projekt weitergeht. Es ging um die Frage, wie man sich überhaupt einigen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die FDP ist dafür bekannt, dass sie sich generell völlig überschätzt. Sie können sich Galileo gerne auf die Sohle schreiben. Wir wissen, was letzten Endes dabei herauskommt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, es wäre in dieser Situation besser gewesen, Sie hätten geschwiegen.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Es hat mich sehr erstaunt, dass Sie offenbar von dieser Einigung noch gar nichts wissen.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Es gibt keine Einigung!)

Vielleicht hat der Wirtschaftsminister nähere Informationen. Meine Recherchen haben ergeben: Es scheint eine Einigung zu geben. – Aber Sie wissen, wie schwierig die Situation ist. Aber genau da zeigt sich das Problem. Offenbar reden Sie schon über Sachen, wenn noch gar nicht genau klar ist, wie der Stand der Dinge ist. Unsere Informationen besagen: Es hat eine Einigung gegeben. – Das wäre gut.

Ich verstehe das Thema dieser Aktuellen Stunde auch aus einem anderen Grund nicht. Wir alle wissen, wie wichtig die Realisierung von Galileo ist. In diesem Haus herrscht völlige Einigkeit darüber, dass das ein sinnvolles Projekt ist. Es herrscht vollkommene Übereinstimmung darüber, dass die Realisierung für die Arbeitsmarktsituation in Hessen gut wäre. Es herrscht allerdings auch Einigkeit darüber, dass es sich da um ein sehr kompliziertes Geflecht zwischen Europäischer Union und verschiedenen Konsortien handelt. Es gab unterschiedliche Ausschreibungen. Das ist also insgesamt eine sehr schwierige Thematik. Dass man meint, eine Aktuelle Stunde im Hessischen Landtag könne zu einer Beschleunigung der Lösung dieser Probleme beitragen, zeugt von reiner Selbstüberschätzung.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich neige nun wirklich nicht dazu, den Wirtschaftsminister oder den Ministerpräsidenten zu verteidigen. Ich glaube nicht, dass die Hessische Landesregierung darauf gewartet hat, dass die FDP sie auffordert, für dieses Projekt alles zu tun. Ich glaube, da können Sie beruhigt sein. Ich glaube, auch der Hessischen Landesregierung liegt an diesem Projekt sehr viel. Denn deren Mitglieder sind schon unterwegs, sich mit den noch nicht geschaffenen Arbeitsplätzen – –

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Woher nehmen Sie eigentlich das Selbstbewusstsein? – Weitere Zurufe)

Herr Rhiel, Sie sollten sich den nächsten Satz auch noch anhören. – Sie brüsten sich schon, obwohl die Arbeitsplätze noch gar nicht geschaffen sind. Das finde ich ein bisschen problematisch. Ich finde es aber wichtig, dass Sie sich dafür einsetzen. Ich glaube, es ist auch wichtig, realistisch einzuschätzen, welchen Einfluss man da hat.

Das mit dem Gründerzentrum bewerten wir natürlich positiv. Ich glaube aber, der Hessische Landtag ist nicht dazu da, Selbstverständlichkeiten am frühen Morgen zu erörtern und zuzuhören, was ein Mitglied der FDP an Selbstüberschätzungen mitzuteilen hat. – Vielen Dank

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Vielen Dank. – Das Wort hat der Wirtschaftsminister, Herr Staatsminister Dr. Rhiel.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage mit voller Überzeugung: Galileo wird nicht sterben, sondern wird leben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir heute Morgen in dieser Aktuellen Stunde diese Debatte führen, dann ist das für mich eine nochmalige Gelegenheit, die Bedeutung dieses Systems für Europa – deswegen sind wir für die Regionen betroffen – herauszustreichen. Es ist interessant, dass dieses Satellitennavigationssystem insgesamt exakt die Zahl von Satelliten im Gesamtkonzept benötigt – nämlich 27 –, die genau der derzeitigen Zahl der Mitgliedsländer der Europäischen Union entspricht. Wenn wir einen Schritt weitergehen und wissen, dass noch drei Reservesatelliten in den Weltraum befördert werden, dann mag das vielleicht auch ein Indiz im Hinblick auf die künftige Europäische Union sein.

Dass Europa in einer solch wichtigen Frage geschlossen auftreten muss, ist ohne Zweifel. Dieses Projekt ist wie kaum ein anderes geeignet, Europas wirtschaftliche und technologische Zukunftsfähigkeit herauszustellen. Aber wie bei allen Projekten dieser Art gibt es auch nationale Interessen. Es gibt sogar nicht nur nationale Interessen, sondern auch regionale Interessen.

Es war am Anfang für uns ein ganz entscheidender Punkt, dass wir uns einsetzen und schließlich erfolgreich eingesetzt haben, dass nicht nur für die Bundesrepublik Deutschland Oberpfaffenhofen in Bayern, sondern mit der ESA – Frau Wagner sagte es – in Darmstadt ein weiterer Standort in diesem System unmittelbar mit beteiligt ist, dabei Verantwortung trägt und Chancen für diese Region mit sich bringt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Darmstadt werden die Frühphasen und die Startphasen der Navigation der europäischen Satelliten in diesem Zusammenhang gesteuert und geleitet. Darmstadt hat sich damit einmal mehr im Rahmen von komplexen Steuerungssystemen von Satelliten im Weltall als erfolgreich und auch erfolgversprechend erwiesen. Es ist bereits gesagt worden, dass die Hessische Landesregierung alles getan hat.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)