Protocol of the Session on December 13, 2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich weiß ja nicht, wie Sie Wirtschaftspolitik sehen. Ich finde es sehr gut, wenn Gewerbegebiete sich füllen. Ich finde es auch positiv, wenn eine Stadt wie Bremerhaven in der Situation ist, dass Gewerbegebiete mittlerweile voll in Anspruch genommen sind, von denen man am Anfang nicht geglaubt hat, dass sie es einmal werden.

Dann ist es im Allgemeinen so, dass wir Gewerbegebiete weiterentwickeln, wenn Betriebe Probleme haben. Insofern verstehe ich Ihren Widerstand nicht gegenüber dem Ausbau einer Westkaje und dem Wirtschaftswachstum an dieser Stelle. Vielleicht können wir das noch einmal anderweitig klären.

(Beifall SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion der FDP mit der Drucksachen-Nummer 19/1856 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE, FDP, BIW, Abgeordneter Schä- fer [LKR], Abgeordneter Tassis [AfD])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Recht auf Schulbesuch über das 18. Lebensjahr hinaus Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 19. Dezember 2017 (Drucksache 19/1450)

Hiermit verbinden wir:

Recht auf Schulbesuch über das 18. Lebensjahr hinaus Bericht der staatlichen Deputation für Kinder und Bildung vom 7. August 2018 (Drucksache 19/1765)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Dr. Bogedan.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Rednerin hat die Abgeordnete Frau Vogt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Anlass für diese Debatte und den vorliegenden Bericht des Senats ist unser Antrag aus dem letzten Winter, in dem wir gefordert hatten, geflüchteten jungen Erwachsenen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres ein Recht auf Schulbesuch zu geben.

Wir alle wissen, dass ein vernünftiger Schulabschluss für die Chancen auf eine Integration in den deutschen Arbeitsmarkt wichtig ist. Ohne Abschluss bekommen junge Menschen keine Ausbildung. Sie werden nicht eingestellt und sie werden es kaum schaffen, dauerhaft im Arbeitsleben Fuß zu fassen. Ob junge Erwachsene ein Recht haben,

eine Schule zu besuchen und auf einen Abschluss hinzuarbeiten hängt wesentlich davon ab, ob sie vor oder nach ihrem 18. Geburtstag in Bremen ankommen.

Wer bereits 18 Jahre alt ist, hat nach Bremer Recht Pech gehabt und keinen Anspruch auf den Besuch einer Schule. Für diese Personengruppe bleibt nur die Erwachsenenschule, die aber bei Weitem nicht alle Interessierte aufnehmen kann. Das halten wir, auch aus integrationspolitischer Sicht, für fatal.

(Beifall DIE LINKE)

Unser Antrag, dieses Problem anzugehen und den jungen Menschen eine Lösung, also einen Weg zum Schulabschluss aufzuzeigen, ist mittlerweile ein Jahr alt. Getan hat sich in der Zeit nichts. Erst letzte Woche hat die GEW eine Veranstaltung zur schulischen Situation von jugendlichen Geflüchteten durchgeführt. Auf dieser wurde erneut deutlich, dass wir im Land Bremen ein massives Problem in der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen haben. Für diese fehlen Angebote und vor allen Dingen auch ein sicherer Weg, den Schulabschluss zu bekommen.

Vor diesem Hintergrund halte ich die Stellungnahme des Senats zu unserem Antrag für eine herbe Enttäuschung. Der Senat argumentiert bei der Ablehnung unseres Antrags nicht einmal in der Sache und der Text ist so sehr am Thema vorbei geschrieben, dass ich mich frage, ob der Senat unseren Antrag überhaupt gelesen hat.

(Beifall DIE LINKE – Abgeordneter Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist der Bericht der Deputation!)

Sie sprechen ausführlich darüber, dass Jugendliche die Berufsorientierungsklassen wiederholen können, wenn sie einen Anspruch auf Fortsetzung des Schulbesuchs haben, und dass diese nach den Berufsorientierungsklassen lieber arbeiten würden, statt weiter zur Schule zu gehen. Das stimmt sicher alles, ist aber in diesem Zusammenhang völlig irrelevant und geht am Inhalt unseres Antrags vorbei. Erhebliche Teile des Berichts betreffen Jugendliche, die vor ihrem 18. Geburtstag nach Bremen kommen und nicht danach. Unser Antrag bezieht sich auf die, die vom Alter her die Schulpflicht erfüllt haben.

Das, was in dem Bericht steht, ist sicher alles spannend, aber wie gesagt bezieht sich dieser Antrag auf eine ganz andere Personengruppe und für

diese Gruppe haben Sie selbst in der Deputation in einem Bericht über die Erwachsenenschule deutlich gemacht, dass es eine erhebliche Angebotslücke gibt. Statt sich auf unsere Anregungen hin ernsthaft Gedanken zu machen, wie diese konkrete Angebotslücke zu schließen ist, liefern Sie irgendeinen Text, der nichts mit dem Antrag zu tun hat. Da fühle ich mich ehrlich gesagt ein bisschen veralbert und es ist sehr ärgerlich für die vielen jungen Erwachsenen, die sich vergeblich um einen Platz in der Erwachsenenschule bemühen.

(Beifall DIE LINKE)

Die lassen wir nämlich weiterhin im Regen stehen. Auch wenn Sie unseren Antrag ablehnen, das Problem existiert. Wenn sie die Ausweitung des Rechts auf einen Schulbesuch ablehnen – ich kann mich sehr gut an die Debatten in der Deputation erinnern –, dann würde ich, wenn Sie sagen, dass unsere Idee nicht überzeugend ist, von Ihnen erwarten, dass Sie wenigstens alternative Lösung anbieten. Diese alternativen Lösungsmöglichkeiten finden wir aber weder im Bericht noch in der bisherigen Praxis des Senats.

Das, was wir zu erwarten haben, ist eine große Anzahl junger Erwachsener, die nach Bremen gekommen sind und tatsächlich entweder dauerhaft Sozialleistungen beziehen oder zu ganz schlechten Bedingungen arbeiten werden, die auf jeden Fall nicht vernünftig und auskömmlich sind und die außerdem, wie gesagt, in dieser Gesellschaft auch nicht richtig ankommen werden. Das hätte man heilen können. Die Erwachsenenschule kann nicht allen diese Möglichkeit geben, weil sie zu viele sind. – Dankeschön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Acar.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Deputation für Kinder und Bildung hat am 12. Juni den überwiesenen Antrag der Fraktion DIE LINKE „Recht auf Schulbesuch über das 18. Lebensjahr hinaus“ vom 19. Dezember 2017 beraten und abgelehnt. Das heißt aber nicht, dass im Land Bremen der Schulbesuch für junge Migrantinnen und Migranten nicht für sinnvoll gehalten wird. Im Gegenteil: Bremen tut viel dafür, dass die zu uns gekommenen jungen Menschen hier eine Ausbildung beginnen können oder überhaupt erstmaligen Zugang zu Schulbildung bekommen.

(Beifall SPD)

In Bremen steht, anders als zum Beispiel in Bayern, gemäß Artikel 26 der UN-Menschenrechtscharta das Recht auf Bildung im Vordergrund, das gilt unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Dieses Recht wird über Bildungsangebote wie zum Beispiel Bremer Integrationsqualifizierung und Einstiegsqualifizierung umgesetzt. Wir brauchen keinen Anspruch auf einen Schulbesuch bis zum 25. Lebensjahr.

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Das erklären Sie einmal den jungen Leuten!)

Ja. Wir bieten bereits jetzt zahlreiche Möglichkeiten für junge Menschen wie den Besuch von Kursen und Schulen. Außerdem gilt bei uns im Vergleich zu anderen Bundesländern eine lange Schulpflicht von zwölf Jahren. In Hamburg sind es zum Beispiel nur neun Jahre.

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Wir reden aber über die Älteren, die nicht mehr schulpflichtig sind! – Vizepräsident Imhoff übernimmt den Vorsitz.)

Ja. Zusätzlich kann unabhängig vom Lebensalter ein nicht mehr schulpflichtiger junger Mensch seinen schulischen Weg auch fortsetzen. Wir haben dazu sogar einen gesetzlichen Anspruch im Schulgesetz verankert.

(Beifall SPD)

Wie wir dem Bericht der Deputation entnehmen können, besteht für diejenigen, die im schulischen Übergangssystem den Abschluss nicht schaffen, sogar noch ein Anspruch auf Wiederholung des Schuljahres.

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Das betrifft aber doch eine ganz andere Altersgruppe. – Unruhe)

Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass ein wesentlicher Teil der jungen Geflüchteten gern und zügig eine Ausbildung beginnen oder arbeiten möchte. Zusätzliche sprachliche Angebote sind sinnvoll und notwendig. Integration gelingt in erster Linie durch Sprache aber eben auch durch Arbeit. Diesen Weg wollen wir weiterhin intensiv unterstützen. Jugendliche in Bremen besuchen im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung die Berufsschule. Das ist in vielen anderen Bundesländern nicht der Fall.

Außerdem haben wir auch eine Berufsschulpflicht. Alle Auszubildenden müssen eine Berufsschule besuchen. In Bayern ist das deutlich anders. Auszubildende mit Abitur müssen gar keine Berufsschule besuchen, und ansonsten gilt die Pflicht dort auch nur bis zum 21. Lebensjahr. In Summe verbringen so junge Geflüchtete mindestens sechs Jahre im berufsbildenden System. Dazu gibt es noch mehrere Möglichkeiten, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dafür stehen die Maßnahmen der Agentur für Arbeit und das Jobcenter zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, die Frage nach dem Schulbesuch ist berechtigt, aber sie wird durch die Praxis und das breite Angebot beantwortet. Was wir nun brauchen und nur gemeinsam erreichen können, ist zusätzlich die außerschulische Betreuung und Begleitung der junge Menschen, die wir ausbilden und weiterqualifizieren wollen, damit wir das Potenzial der Zugewanderten für unsere Wirtschaft und Gesellschaft fördern können.

Was wir brauchen, ist eine gemeinsame gesellschaftliche Anstrengung. Nehmen wir als Beispiel einen jungen Mann aus Eritrea, Afghanistan oder aus dem Irak.

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE] meldet sich zu ei- ner Zwischenfrage. – Glocke – Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP)

Nach einer schwierigen Zeit in einem Wohnheim schafft er es in eine eigene Wohnung, geht weiterhin regelmäßig zum Deutschkurs und könnte, sobald er genug Deutsch gelernt hat, einer der von den Betrieben dringend gesuchten Auszubildenden werden. Was er dafür braucht, sind nicht nur Sprachkenntnisse, sondern jemand, der ihm hilft, sich in unserer Gesellschaft zurechtzufinden.

Der junge Mann braucht jemanden, der ihm immer wieder aufs Neue sagt, warum er Deutsch lernt, der ihm eventuell einen Praktikumsplatz besorgt und ihn motiviert,