Protocol of the Session on December 13, 2018

Der junge Mann braucht jemanden, der ihm immer wieder aufs Neue sagt, warum er Deutsch lernt, der ihm eventuell einen Praktikumsplatz besorgt und ihn motiviert,

(Zuruf Abgeordnete Leonidakis [DIE LINKE] – Un- ruhe)

trotz Sorge um seine Familie zu Hause an sich zu arbeiten und in Deutschland einen Beruf zu erlernen. Wir brauchen dringend mehr Betreuungspersonen, ehrenamtliche oder hauptamtliche, die sich quasi als Patinnen und Paten konsequent um diese Leute kümmern, sich einbringen und den Leuten nachhaltig helfen. In die gleiche Richtung geht der Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und

SPD zum Thema „Unterstützungsangebote für Geflüchtete in Wohnquartieren durch Personalverlegung ausweiten“, den wir am Dienstag behandelt haben.

Es geht um flexible und bedarfsgerechte Angebote zu Beratung und Unterstützung für unsere zugewanderten Bremerinnen und Bremer, denen unser gutes und hilfreiches System noch unübersichtlich und kompliziert erscheinen mag. Hier können auch Einzelpersonen helfen. Die Kammern können sich hier einbringen, wie zum Beispiel die Industrie- und Handelskammer, aber auch die Wohlfahrtsverbände sind in diesem Bereich schon lange aktiv. Nicht ein Recht auf Schulbesuch ist in Bremen nötig, Bildungsangebote gibt es genug. Wir müssen uns zusätzlich zur Bereitstellung von Kursen und Weiterbildungen besser kümmern und die Menschen dort abholen, wo sie sind. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir müssen alles tun, damit die Menschen, die hierherkommen, ihren Weg in unserer Gesellschaft gehen können und integriert werden. Ob Bayern dann allerdings das Vorbild ist, wie es hier von der Fraktion DIE LINKE dargestellt wird, wage ich doch sehr zu bezweifeln. In Bayern wird erst einmal sortiert, ob es eine Bleibeperspektive gibt und die Menschen hier bei uns bleiben können. Nur denen, von denen Bayern meint, dass sie hierbleiben können, wird dann die Möglichkeit für einen Schulbesuch gegeben.

Das ist ein Weg, den wir in Bremen und den Sie sich sicherlich auch nicht vorstellen wollen. Von Bayern lernen heißt hier, gar nichts lernen. Wir machen es besser, glaube ich und hoffe ich.

(Beifall FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Dann bleibt an dieser Stelle natürlich die Frage: Wie schaffen wir das mit der Integration? Dem müssen wir uns in der Tat stellen, und da ist die Frage zu Recht zu klären: Schafft das die allgemeinbildende Schule und schafft es ein allgemeinbildender Schulbesuch in der Menge, wie es von der Fraktion DIE LINKE suggeriert wird? Ich bezweifle, dass das der Fall ist. Natürlich gibt es einige, für die das der richtige Weg ist, und diese Wege müssen

dann eröffnet werden. Aber was Sie völlig verkennen ist, dass es das berufliche Bildungssystem gibt, dass es Berufsqualifizierung gibt, dass es die Verpflichtung der Agentur für Arbeit gibt, für diese Menschen zu sorgen und diese Menschen dann, weil sie älter sind, ins Berufsleben zu bringen.

Es gibt keine Schulpflicht für Erwachsene, und es gibt kein Recht, das die Menschen zwingt, dann weiter zur Schule zu gehen, sondern es gibt andere Angebote, die wahrgenommen werden sollen und können und die Bremen in breiter Menge angibt.

(Beifall FDP – Abgeordnete Vogt [DIE LINKE] mel- det sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Die Idee ist, dass wir hier, und das vertreten wir als Fraktion der FDP, der Kollege hat es ja auch ausgeführt, etliche andere Angebote haben, und dass diese Angebote dann angenommen werden. Es gibt keine Gruppe, für die es so ist, das die Angebote, die gewünscht werden, immer vorgehalten werden, sondern manchmal muss man auch mit den Angeboten leben, die vorhanden sind. Wir als Fraktion der FDP sind der Meinung, dass die Angebote breit gefächert und ausreichend sind, um dort entsprechende Qualifizierung zu erwerben, denn es ist ja auch so, dass es darum geht, dann Berufsabschlüsse zu erwerben und im Berufsleben anzukommen.

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Deswegen braucht man einen Schulabschluss!)

Der Weg über einen Schulabschluss, und das muss man auch erkennen, ist manchmal nur ein Zwischenschritt. Man braucht auch für manche Ausbildungen keinen Schulabschluss, um einzusteigen. Die Frage ist doch nicht, wie man hineingeht in diese Ausbildung, sondern wie man sie abschließt.

(Beifall FDP)

Dann ein Aspekt, den Sie zu Recht ansprechen, und bei dem wir Ihnen natürlich zustimmen. Natürlich passieren in der Phase der Flucht Traumatisierungen und Anderes. Wir sagen in der Tat auch, dass das Angebot der psychosozialen Betreuung noch optimiert werden kann und muss. Das hat aber nicht unbedingt damit zu tun, ob diejenigen im Schulsystem sind oder nicht, sondern das hat damit zu tun, dass wir uns hier noch steigern können und müssen. Aber auch da müssen wir sehen, wie wir uns verbessern können, die Möglichkeiten su

chen und auch die Fortschritte schaffen. Das aufzubauen und Lösungen zu finden gelingt uns erst, wenn wir entsprechendes Personal haben.

(Beifall FDP)

Insofern, liebe Fraktion DIE LINKE, die Idee ist gut, dass wir den Geflüchteten helfen sollen, sich hier zu integrieren. Der Ansatz, alles auf das allgemeine Schulsystem zu setzen, ist falsch.

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Dann beantwor- ten Sie meine Frage!)

Menschen können wir auch sehr gut über das berufliche Bildungssystem integrieren. Da gilt es zu helfen und zu unterstützen, die nötigen Möglichkeiten zu schaffen, um sich nebenbei auch noch sprachlich weiterzuentwickeln.

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Kennen Sie die Bremer Vereinbarung?)

Ich kenne die Bremer Vereinbarung, ja.

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Aber Menschen, die … – Unruhe)

Herr Dr. Buhlert, machen Sie doch einfach weiter!

(Glocke)

Frau Vogt, wir hören jetzt einmal Herrn Dr. Buhlert zu, dann wissen wir auch, was er meint.

(Unruhe)

Es gibt für geflüchtete Menschen genügend Chancen –

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Nein, gibt es eben nicht!)

und Möglichkeiten und Türen, die im beruflichen Bildungssystem geöffnet werden, um im Übergangssystem Möglichkeiten zu finden. Hier wollen und werden wir auch noch weiter die Möglichkeiten des Jobcenters, der Jugendberufsagentur und anderer in Anspruch nehmen. Es muss nicht alles auf die allgemeine Bildung gesetzt werden. Das ist ein Verkennen der Leistungsfähigkeit des weiteren Systems, das die Fraktion DIE LINKE hier macht, und wir teilen diese Auffassung nicht. Deswegen werden wir den Antrag ablehnen. – Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es liegt mir im Interesse dieses Themas daran, jetzt die Schärfe aus der Auseinandersetzung, wenn es irgendwie geht, wieder herauszunehmen. Ich finde, das Anliegen der Fraktion DIE LINKE, die Thematik, das, worüber Sie reden, ist genau das, was ich sowohl in meinen Gesprächen mit den betroffenen jungen Geflüchteten als auch mit den entsprechenden Organisationen und so weiter natürlich auch immer wieder feststelle: Dass wir je nach Altersgruppe spezifische Probleme haben.

Sie können es mir wirklich glauben, dass wir diesen Vorschlag jetzt nicht einfach vom Tisch gewischt haben, sondern dass wir uns sehr ernsthaft damit auseinandergesetzt haben. Wir sind in der Abwägung aller Aspekte am Ende zu dem Ergebnis gekommen, dass wir diesen Weg, der ja im Übrigen ein bisschen von dem abweicht, was die Bayern machen, das ist ja nicht identisch, dass wir diesen Weg so nicht mitgehen wollen.

Der erste Punkt, der zwar, da es diese Regelung in Bremen noch nicht gibt, natürlich noch nicht ausgeurteilt, aber sehr wahrscheinlich ist: Wir werden kein Recht, keinen Rechtsanspruch auf Schulbesuch nur für Geflüchtete über 18 Jahre hinbekommen, sondern man muss natürlich davon ausgehen, dass das dann alle Menschen über 18 Jahre betreffen würde. Wir würden also eine Lex nur für Geflüchtete allein rechtlich gar nicht schaffen können. Sie haben ja sehr stark auf die Zielgruppe abgehoben, sowohl aus dem Antrag als auch aus der Rede geht hervor, dass es um diesen Personenkreis geht. Wir können aber keinen Rechtsanspruch nur für diese Zielgruppe verabschieden. Das ist im Prinzip unmöglich.

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Ja, aber wir ha- ben etwas anderes beantragt!)

Jetzt ist die Frage, und die Frage haben Sie ja auch zu Recht gestellt, Frau Vogt, was die Alternativen sind. Denn wenn man keine hätte, würde man vielleicht doch schauen, ob man diesem Vorschlag beitreten würde.

Ich finde, dass wir in ganz vielen Einzelfällen, ich kenne jedenfalls eine ganze Reihe davon, auch für

über 18-jährige Geflüchtete jeweils individuelle Lösung gefunden haben. Die sind in vielen Fällen noch im Schulsystem, die sind entweder in der Berufsorientierung mit Spracherwerb, die sind im beruflichen Schulsystem, die sind, wenn sie einen bestimmten Jahrgang begonnen haben, auch noch im Schulsystem. Die können auch noch einmal Klassen wiederholen.

Es gibt eigentlich gar keinen Mechanismus – und das wird, denke ich einmal, die Senatorin auch noch einmal erläutern – der sagt: Du hast heute den 18. Geburtstag, jetzt wirst du der Schule verwiesen. Dieses gibt es so nicht, sondern die individuellen Angebote an die Geflüchteten im Schulbereich, aber auch im berufsbildenden Bereich und in vielen anderen Bereichen, den Weg fortzusetzen, die sind heute schon da, und ich finde, in Bezug auf die Erwachsenenschule muss man an dieser Stelle einmal festhalten: Wir sind ganz stark dafür, dass die Erwachsenenschule gestärkt wird, dass sie mehr Personal erhält, –

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

dass sie mehr Ressourcen erhält, dass sie Schulsozialarbeiterinnen und -sozialarbeiter erhält, dass sie stärker in die Lage versetzt wird, eben auch die Menschen zu beschulen, und zwar unabhängig vom Status als Geflüchtete, die über 18 Jahre alt sind. Dafür ist die Erwachsenenschule da, und dafür brauchen wir keine gesetzliche Änderung, meine Damen und Herren.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, FDP)

Das ist gut so.

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Aber die Ange- botslücke kennen Sie auch?)

Ich glaube also, dass in ganz vielen Fällen die Annahme, dass die jungen Menschen mit dem 18. Geburtstag aus unserem System postwendend herausfallen, so nicht stimmt, sondern dass diese vielfältigen Angebote von den Schulen, von der Berufsbildung, von Betrieben, von der Arbeitsagentur, von sehr vielen Trägern eben Maßnahmen auch in diese Altersgruppe hinein fortzusetzen, bisher in sehr vielen Fällen individuelle Lösungen ermöglicht haben. Es ist auch eine Frage der Nachfrage: Ist überhaupt in der Frage des Schulsystems die entscheidende Lösung für dieses Problem?

Ich bin zum Beispiel in einem dieser netten Tandems, die der Stadtjugendring ins Leben gerufen