Protocol of the Session on September 26, 2018

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tassis.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen des Hohen Hauses! Ein Einwanderungsgesetz, sehr schöne Idee. Nach 40 Jahren fällt Ihnen das ein. Es ist eine originäre Idee der Alternative für Deutschland aus dem Jahr 2013. Gleichwohl – das wird Sie nicht wundern – würden wir unter einem Einwanderungsgesetz etwas ganz anderes verstehen, als das hier Vorgelegte.

Es kann nicht richtig sein, wenn hier das Beispiel Kanada als ein Einwanderungsland genannt wird, ohne die Konsequenzen des kanadischen Einwanderungsrechts auch zu beachten. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung legt es ganz klar dar in

Beispielen und in der Konsequenz der multikulturellen Gesellschaft.

Einmal an praktischen Beispielen: Was nimmt denn ein Einwanderungsland wie Kanada für Personengruppen auf, wenn es beispielsweise einen Fernfahrermangel hat, einen arabischstämmigen Fernfahrer oder einen deutschen Assyriologen? Kanada nimmt nach seinem Punktesystem den deutschen Assyriologen, weil alle Sozialparameter einer solchen Familie aus Deutschland selbstverständlich die besseren Integrationschancen in Kanada ermöglichen beziehungsweise voraussagen.

Zweitens: Der Punkt, das Einwanderungsland Kanada, der multi-kulturellen Gesellschaft, die in Kanada eine Art Verfassungsrang genießt, liegt im Endpunkt darin, darauf kommen alle Integrationswissenschaftler und auch Studien der FriedrichEbert-Stiftung, im Endziel der Erziehung der Schüler in multikulturellen Klassen, den Stolz, Kanadier zu sein, in den Mittelpunkt zu stellen.

Einem solchen Staat würde die AfD – wenn nach solchen Parametern eine wirklich vernünftige Ausländerpolitik gemacht wird, mit einem Punktesystem und dem Ziel, in multikulturellen Klassen der Stolz, Deutscher zu werden, in den Mittelpunkt gestellt werden würde – einem Einwanderungsgesetz gern zustimmen. Einem solchen Staat würden wir zutrauen, für Einwanderung gewappnet zu sein und sie steuern zu können.

(Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Wir wollen aber nicht Ihren Staat!)

Einem Staat freilich, der das Asylrecht missbraucht und das internationale Seerecht für seine illegale Einwanderungspolitik umschreibt, dem trauen wir das nicht zu. Im vierten Punkt des Antrages wird zum Beispiel gefordert: Die in Deutschland geborenen Kinder erhalten deutlich verbesserte Bedingungen zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Dem ließe sich beistimmen, das ließe sich so lesen, als ob wir in Deutschland nicht gerade das Problem haben mit der völlig verfehlten Staatsbürgerschaftspolitik und Staatsangehörigkeitsvergabe der letzten Jahrzehnte.

Noch besser, tatsächlich überaus unterstützenswert ist der Punkt sechs, der Ausbau des deutschen Auslandsschulwesens. Aber wer soll Ihnen das denn glauben, egal ob Sie das hier beschließen oder nicht? Seit Jahrzehnten wird bei den GoetheInstituten gespart. Dieser Elite, also Ihnen allen, wahrlich von der LINKEN bis zur CDU zuzutrauen,

(Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Goethe-Institute und deutsches Auslandsschulwesen sind etwas un- terschiedliches.)

auf einmal ein deutsches Auslandsschulwesen aufzubauen, obwohl einige Staaten wie Indien die deutsche Sprache an Grundschulen, gegen den Widerstand der Bundesrepublik, aufnehmen, also ohne Unterstützung. Das glaubt Ihnen doch niemand!

Schließlich und endlich der Spurwechsel, der nun wirklich das Endversagen darstellt, die ganze illegale Politik der letzten Jahre zu legalisieren. Ganz Europa, alle umgebenden Länder, werden dabei nicht mitmachen. Die Untergrabung der nationalstaatlichen Zivilisation Europas durch die deutsche Einwanderungspolitik bleibt illegal, auch wenn Sie noch so viele Gesetzesänderungen machen, wie Sie wünschen, oder Anträge, sie bleibt illegal. Es wird das historische Urteil bleiben, dass die Grenzöffnung im Jahr 2015 ein Fehler war. Das ist wahrscheinlich auch der Grund für diesen Antrag – dieses langsame Einsehen Ihres katastrophalen Fehlers.

(Glocke)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

(Zuruf Abgeordneter Hinners [CDU])

Herr Hinners, man muss nicht auf alles antworten.

(Zuruf Abgeordneter Hinners [CDU])

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer zu einer Kurzintervention.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nein, man muss nicht auf alles antworten, aber man kann auch nicht alles einfach so stehenlassen, was hier von der AfD gesagt wird.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE)

Deswegen, vielen Dank Herr Hinners! Ich möchte gar nicht noch einmal auf den Antrag eingehen – das machen Sie sicherlich gleich noch einmal –, aber ich möchte einmal etwas loswerden und ich bin verwundert, Herr Tassis, dass gerade Sie, der

in Griechenland geboren und hier aufgewachsen ist, eine solche Rede halten.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE)

Nicht nur, dass es mich wirklich verwundert, dass Sie das Wort oder die Silbe „end“ vor alles setzen: ein Endziel in der Schule, ein Endversagen. Das finde ich schon bemerkenswert. Ich sage Ihnen aber – –. Ich weiß nicht, ob Sie mir hier gerade einen Vogel gezeigt haben aber das stört mich auch nicht weiter.

Sie haben aber gesagt: In Kanada wird Einwandererkindern in der Klasse beigebracht, stolz darauf zu sein, Kanadier zu sein. Meine Familie lebt in Kanada – bis auf meine Eltern und meinen Bruder, die leben in Winnipeg, Manitoba, in Calgary – und ich kann Ihnen sagen, das Ziel in der Schule ist nicht, dass die Schülerinnen und Schüler am Ende dort sitzen und sagen: Ich bin stolz eine Kanadierin oder ein Kanadier zu sein. Das Ziel ist, dass sie eine gute Ausbildung bekommen und für das Leben vorbereitet sind. Das ist das Ziel der Integration in Kanada, meine Damen und Herren,

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

und nicht das, was Sie uns hier weismachen wollen. Das kann ich nun wirklich aus meiner eigenen Familie berichten, Herr Tassis.

Wenn man Sie googelt, liest man, dass Sie Mitglied des Beirates „Einwanderer für Deutschland“ sind, dass Sie Bundesvorsitzender der „Neudeutschen Hoffnungsträger – Migranten in der AfD“ sind. Alles, was Sie uns hier gesagt haben, hat mitnichten irgendetwas damit zu tun. Sie sagen, das Asylrecht würde hier missbraucht werden. Das Recht auf Asyl ist in der Genfer Flüchtlingskonvention und im Grundgesetz festgelegt. Deswegen finde ich – und da war ich sehr froh, dass alle anderen Fraktion hier differenziert auf den Antrag eingegangen sind – das, was Sie uns hier sagen, das kann man nicht einfach so stehen lassen. Damit möchte ich, dass wir uns hier kollektiv davon distanzieren. – Herzlichen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will noch einmal auf die Rechtslage im

Asyl- und Aufenthaltsrecht eingehen, zum sogenannten Spurwechsler, den gibt es ja dort tatsächlich. Da ist die Rechtslage aber wie folgt – das ist das, was wir unter Ziffer neun beschrieben haben – aus meiner Sicht nicht richtig.

Es gibt natürlich die Möglichkeit für jeden, einen Asylantrag zu stellen, das ist auch richtig und gut so. Nach rechtskräftiger Ablehnung besteht aber die hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine freiwillige Ausreise oder Abschiebung die Folge ist. Wie soll in diesem Zusammenhang der Erwerb schulischer oder beruflicher Abschlüsse nachgewiesen werden. Das ist das, was Sie dort in Ihrer Ziffer neun eingefügt haben.

Dagegen gibt es tatsächlich den sogenannten Spurwechsler, nämlich, das ist der Asylantrag mit Anerkennung, natürlich ist in solchen Fällen der Erwerb schulischer und beruflicher Abschlüsse möglich und sollte auch vollzogen werden. – Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Ehmke.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal freue ich mich, dass es in diesem Hause eine, in seiner Breite, große Zustimmung für ein Einwanderungsgesetz und für dieses politische Vorhaben gibt, von einzelnen Beiträgen abgesehen. Ich glaube in der Tat, dass es sich hierbei um ein ganz zentrales politisches Projekt handelt.

Ich bin sehr froh, dass die Bundesregierung jetzt immerhin Eckpunkte für dieses Vorhaben vorgelegt hat, wenn wir auch immer noch auf das konkrete Gesetz warten. Dieser Prozess, über den wir sprechen, der dauert schon sehr, sehr lange. Herr Zenner hat darauf hingewiesen, seit wann seine Fraktion und seine Partei ein solches Einwanderungsgesetz fordern. Das können vermutlich die meisten Fraktionen hier im Hause für ihre jeweilige Partei oder Fraktion ebenfalls tun.

Auf jeden Fall debattieren wir da schon sehr lange und nach meiner festen Überzeugung zu lange ohne Ergebnisse darüber. Deshalb bin ich froh, dass wir jetzt zumindest einen Schritt nach vorn gegangen sind und ich hoffe, dass der zweite Schritt mit der Vorlage des konkreten Gesetzentwurfes, aufbauend auf den Eckpunkten, auch folgt.

Ich will an dieser Stelle allerdings durchaus sagen, dass nach meiner Auffassung der vorliegende Antrag dennoch nicht überflüssig ist, sondern einen wichtigen Fingerzeig in der Debatte setzt, die man dann nicht unnötig verlängern muss. Wenn man aber auf die Eckpunkte schaut, wird man feststellen, dass diese Eckpunkte nicht durchgängig schlecht sind, sich in einem erheblichen Umfang auch mit den hier aufgestellten Forderungen decken, dass er aber in weiten Teilen etwas mutlos geraten ist und ein wenig unambitioniert in der Reichweite.

Das mag der aktuellen politischen Debatte im Land geschuldet sein, dass sich niemand so richtig an dieses Thema herantraut, dass man nicht bereit ist, ein offenes Bekenntnis zu einem Einwanderungsgesetz abzuliefern. Einer der Redner hat den Titel vorgelesen, da ist das mit der Einwanderung auch schon grandios versteckt, sodass man kaum merkt, was da beschlossen werden soll. Das ist möglicherweise tatsächlich ein Problem. Deshalb glaube ich, dass man diese Debatte etwas offensiver führen muss und nicht auf dem Status stehen bleiben darf, der bisher vorgelegt worden ist.

Es ist so, dass insbesondere für den Bereich der Hochqualifizierten der Vorschlag, die Eckpunkte der Bundesregierung hoffen lassen und auch ganz gute Regelungen in Aussicht stellen.

Das ist aber nicht alles und nach meiner Überzeugung greift das Gesetz, gehen die Vorschläge in dieser Frage nicht weit genug und deshalb ist es richtig, dass wir in der weiteren Debatte Genaueres erfahren. Es ist nämlich in der Tat nicht so, dass wir in Deutschland nur einen Mangel an Gehirnchirurgen oder an was weiß ich, hochqualifizierten Ingenieurberufen haben, sondern es ist doch so, dass der Fachkräftemangel viel, viel breiter ist.

Wenn man sich einmal umschaut, wie händeringend das Handwerk im Moment nach Auszubildenden sucht, dann sehen wir doch, dass wir nicht nur weltweit Leute suchen müssen, die einen Doktor in Informatik haben, sondern wir brauchen junge Leute, die bereit sind, Bildung und Ausbildung anzunehmen, zu arbeiten und ihren Beitrag hier zu dieser Gesellschaft zu leisten. Und auch die müssen wir suchen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Der Bereich der Pflege ist angesprochen worden. Wir haben einen erheblichen Mangel in der Pflege.

Für den Bereich Pflege werden wir ohne Zuwanderung wahrscheinlich keine Lösung bekommen. Frau Leonidakis hat auch auf einen anderen Bereich hingewiesen. Wir müssen bei aller Debatte über die Zuwanderung und den Fachkräftemangel aufpassen, dass wir nicht den Fachkräftemangel, den wir gesellschaftlich selbst produzieren, indem wir die Leute schlecht bezahlen, indem wir prekäre Arbeitsbedingungen darstellen, dass wir den über Zuwanderung lösen.

In der Tat, wir müssen in diesen Bereichen an die Arbeitsbedingungen heran, nur das wird den Fachkräftemangel in den sozialen Berufen nachhaltig lösen, egal ob er dann von hier Geborenen oder von Zugewanderten ausgeübt wird.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)