Wir halten es für selbstverständlich, dass die Selb ständigkeit Bremens angemessen ausgestattet werden muss und wir nicht das Griechenland an der Weser sind, sondern ein prosperierender, wirtschaftsstarker Standort mit einem Verteilungsproblem im Bundesfi nanzausgleich. Dafür muss man aber um Verständnis werben; im Rest der Republik wird das nicht unbe dingt so gesehen.
Ich weiß, dass das in dem Prozess, der über sechs Jahre gedauert hat, alle in diesem Parlament getan haben, die jenseits von Achim-Ost unterwegs gewe sen sind. Ich weiß, dass die Fraktionsvorsitzende der LINKEN in Gremien der Linkspartei dafür geworben hat. Ich weiß, dass es bei den Grünen passiert ist. Kollege Röwekamp, ich weiß auch, dass Sie das bei der CDU gemacht haben. Die FDP war in der letzten Legislaturperiode nicht vertreten und hatte deshalb nicht die Möglichkeit, daran mitzuwirken. Ich würde Ihnen gern dafür danken, dass alle Bremerinnen und Bremer egal welcher Couleur, Partei oder Fraktion dafür gesorgt haben, dass Bremens besondere Lage und Notwendigkeiten deutlich gemacht und vertreten worden sind. Es hätte nicht gereicht, wenn das eine reine Regierungsgeschichte gewesen wäre, deshalb herzlichen Dank auch der Opposition!
Der Bürgermeister hat auch der Zivilgesellschaft gedankt. Es bedarf der Unterstützung der Handels kammer, der Universität und vieler anderer, die in ihren Gremien jeweils sagen: Bremen ist nicht das Griechenland von der Weser, sondern ein Standort, der den Transformationsprozess im Wesentlichen geschafft und ein hohes Bruttoinlandsprodukt pro Kopf hat. Es geht um Verteilungsfragen. Wenn sich nicht alle Bremerinnen und Bremer, die jenseits von Achim-Ost unterwegs sind, dafür eingesetzt hätten, dann hätte es nicht so geklappt. Auch dafür herzli chen Dank!
Am Ende einer solchen Teamleistung muss jemand den Ball ins Tor schießen. Ich weiß, wie lange die Verhandlungen geführt wurden: bis tief in die Nacht. Ich bedanke mich ganz persönlich bei dem, der am Ende nach dieser Mannschaftsleistung den Ball ins Tor gebracht hat: Lieber Carsten, das war gut! – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte meine Wortmeldung fast zurückgezogen. Ich bedanke mich sehr für den Dank – im Namen des gesamten Senats, aber auch der Kräfte, die Sie vorher genannt haben. Frau Steiner, Sie haben die schöne Formulierung verwendet: Das rettet uns in Bremen den – –. Das Wort ist nicht bürgermeisterfähig.
(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: „Den Arsch“ hat sie gesagt! Das war auch nicht parlamentarisch! – Abg. Röwekamp [CDU]: Das Wort war auch nicht parlamentarisch!)
Das ist in der Tat so, das haben Sie völlig richtig aus gesprochen. Das ist aber die Aufgabe, die sich Senat und Koalition vorgenommen haben und erfüllen. Wir werden weiter daran arbeiten, das zu machen. Ihre Unterstützung nehmen wir sehr gern an.
Ich möchte auf zwei, drei Punkte der Debatte einge hen, die für die nächsten Wochen und den Gesam terfolg wichtig sind. Herr Abgeordneter Röwekamp hat richtigerweise gesagt, dass die Tinte erst noch trocknen muss. Dazu möchte ich gern ausführen.
Der erste Punkt ist ein Blick zurück, da hier von vielen gesagt worden ist, was ich teile und wofür ich mich ebenfalls eingesetzt habe, dass uns eine richtige Altschuldenregelung sehr geholfen hätte. Das ist richtig. Trotzdem will ich auf die Dimension hinweisen. Wir haben immer darüber gesprochen, dass Altschulden für Gesamtdeutschland in Höhe von 10 Milliarden Euro abgenommen würden. Das hat sich aus dem von mir vorhin benannten Gesamtvolumen des Solidaritätszuschlags von 20 Milliarden Euro abgeleitet: 50 Prozent für den Bund, 50 Prozent für die Länder. 20 Milliarden Euro hätten – wir waren da immer optimistisch – für Bremen vielleicht 5 Milliarden Euro Schulden bedeutet. Von den 21 Milliarden Euro 5 Milliarden Euro genommen – damit wären wir bei 16 Milliarden Euro gewesen.
Ich hatte heute schon die Gelegenheit, in einem In terview im „Weser-Kurier“ kurz vorzurechnen, was das, was wir geschafft haben, bedeutet. Bei einem durchschnittlichen Zinssatz von drei Prozent, Herr Röwekamp hat ihn benannt, bedeuten 400 Millionen Euro eine Abnahme der Zinslast nicht für fünf, son dern zwölf Milliarden Euro. Das ist ein guter Erfolg, auch wenn wir die Schulden nicht deshalb genom men haben, nicht dass jemand meint, ich hätte das übersehen, natürlich nicht! Aber ökonomisch und haushaltsmäßig wirksam sind nun einmal die Kosten für die Schulden, und das sind die Zinsen. Dort ist die Wirkung größer.
Jetzt darf ich zwei wichtige Missverständnisse anspre chen, die ich in Ihrer Rede, Herr Röwekamp, gehört habe. Das eine ist fatal und gefährlich, das andere wäre vor allem von Bedeutung, wenn Sie jemals Finanzsenator in Bremen werden wollten.
Die Vorstellung, dass der Bund in einem zukünfti gen Finanzausgleich alles übernimmt – so ist es hier formuliert worden –, ist ein sehr großer Irrtum. Den horizontalen Finanzausgleich haben wir weiter. Nur, was an Solidarität der Länder besteht, liegt nicht mehr bei über 70 Prozent, sondern bei etwa zwei Dritteln, bei 65 Prozent. 65 Prozent des Gesamtvolumens machen weiter die Länder. Der Bund macht nur eine größere Spitze, aber er macht nicht alles. Wir sind weiter auf die Solidarität aller Länder angewiesen und wollen sie uns auch verdienen.
Das Risiko der Beklagung ist gesunken, aber wir sind nach wie vor in dieser Gemeinschaft. Das ist wichtig für das Gesamtverständnis.
Übrigens – das hat, glaube ich, der Abgeordnete Rupp angesprochen –: Das Geld, das der Bund jetzt mehr aufwendet, die Umsatzsteueranteile, die Umsatzsteuer zahlen die Menschen nicht, damit sie automatisch dem Bund gehören, sondern das ist eine Aufteilung. Das Aufkommen gehört erst einmal der gesamten Republik und all unseren Ebenen. Die Aufteilung ist verschoben worden. Der Bund hat uns nichts geschenkt, sondern wir haben dafür gesorgt, dass das Gemeinwesen in Deutschland funktioniert, meine Damen und Herren!
Das zweite Missverständnis halte ich für erheblich gefährlicher und schwieriger, den Hinweis darauf, dass wir die 400 Millionen Euro – klugerweise, so argumentiert Herr Röwekamp – für die Tilgung ein setzen sollten. Ich bitte darum, dass wir diesen Sprung nicht so einfach machen. Es gibt in der Tat Vorschläge des Bundesfinanzministeriums, der Bundesregierung und der Bundestagsfraktionen, auch der sozialdemo kratischen, die wollten, dass das im Beschluss steht. Eine solche Bindung ist nicht verabredet worden. Das heißt nicht, dass andere sie jetzt nicht wieder hineinschieben.
Wir müssen aber aufpassen, dass nicht damit ange fangen wird. Ich bedanke mich für die Unterstützung, die Sie benannt haben; aber sie ist schwierig, wenn Sie als blöde Politik vorschlagen, was der Bundes finanzminister, was große Teile der Bundesebene wollen: uns zu verpflichten, dass wir alles tilgen.
Das ist eine Selbstverpflichtung. Wenn ich oder Ka roline Linnert mit der Adresse von Ihnen in Berlin loslaufen, wird man uns die Verhandlung schwerer
machen. Deshalb bitte ich darum, dass wir diesen Punkt realistisch sehen und uns nicht frühzeitig bin den, sondern die richtigen Voraussetzungen schaffen. Frau Steiner, Herr Rupp und die Redner der Koalition haben richtigerweise unterstrichen, dass wir unsere Finanzkraft, unsere Steuerkraft, unsere Investitionen stärken müssen, meine Damen und Herren! Das müssen wir im Auge behalten.
Mir ist klar, dass Herr Röwekamp das auch will. Sie haben gesagt, Sie wollen den Einspareffekt bei den Zinsen, zwölf Millionen Euro, investieren. Ich glaube nur, dass das leider eine Tröpfchenstrategie und keine wirkliche Angelegenheit ist, um uns zu helfen. Ich darf zwei Zahlen nennen. Wir investieren heute aus weislich des Haushaltsplans 450 oder 460 Millionen Euro jährlich. Darauf kämen zwölf Millionen Euro.
Kumulativ, pro Jahr, jedes Jahr mehr – damit haben Sie Recht. Aber um die Dimension einzuschätzen, will ich nicht auf Zukunftsgestaltung, sondern nur auf den Reparaturbedarf hinweisen, mit Zahlen, die die Kre ditanstalt für Wiederaufbau jedes Jahr veröffentlicht und gerade jüngst wieder veröffentlicht hat. Danach liegt die Investitionslücke in Deutschland bei circa 130 Milliarden Euro. Das ist ein ziemlicher Hammer. Bremen liegt immer bei einem Prozent. Wenn wir das im Dreisatz rechnen, erhalten wir eine Lücke, einen Sanierungsbedarf, auch von öffentlicher Infrastruktur, in Höhe von 1,3 Milliarden Euro. zwölf Millionen Euro sind deshalb eine Tröpfchenstrategie, weil Sie dann hundert Jahre brauchen, um die Lücke zu stopfen.
Deshalb bin ich dafür: Lassen Sie uns ernsthaft alles dafür tun, dass wir uns nicht binden und nicht binden lassen! Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage, dass die Vorschläge, die in der Ministerpräsi dentenkonferenz gescheitert sind, im Bundesfinanz ministerium auf den Kopierer gelegt wurden und jetzt in die Referentenentwürfe einfließen. Wir haben da viel Arbeit vor uns.
Ich lehne mich nicht zurück. Die Tinte ist noch nicht trocken. Ich wiederhole die Bitte des Fraktionsvorsit zenden der SPD, Björn Tschöpe, zusammenzustehen. Lassen Sie uns alle zusammenstehen und wirklich dafür sorgen, dass wir über Investitionen, über die Möglichkeiten, zu gestalten, etwas für unser Land tun und seine Selbstständigkeit nicht nur sichern, sondern auch erhalten und ausgestalten! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Regie rungserklärung des Senats zum Thema Bund-LänderFinanzbeziehungen Kenntnis.
Menschenrechte verteidigen – Einsatz für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden weltweit! Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen, der CDU, DIE LINKE und der FDP vom 26. Oktober 2016 (Drucksache19/800) Dazu Änderungsantrag der Gruppe der Allianz für Fort schritt und Aufbruch vom 4. November 2016 (Drucksache 19/820) in Verbindung damit Die Verhaftungen von oppositionellen Abgeordneten in der Türkei gefährden die Demokratie in der Türkei Antrag (Entschließung) der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU vom 9. November 2016 (Drucksache 19/829) sowie Die Verhaftungen von oppositionellen Abgeordneten in der Türkei sind unvereinbar mit der Demokratie Antrag (Entschließung) der Fraktionen DIE LINKE und der FDP vom 9. November 2016 (Drucksache 19/830)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den USA sind 1 400 Menschen hingerichtet worden, seitdem der Supreme Court 1977 die Todesstrafe wieder zugelassen hat. Am 1. Januar 2016 lebten nach Angaben von Amnesty Internati onal 2 943 zum Tode verurteilte Menschen allein in den Todeszellen der USA. Gerade das Beispiel der Vereinigten Staaten, die immerhin Mitglied des „In ternationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte“ sind, zeigt, wie wichtig es ist, dass wir uns weiterhin für die Abschaffung der Todesstrafe en gagieren und unsere Position auch mit der heutigen Debatte deutlich machen.
Die Freie Hansestadt Bremen hat eine lange Tradition in der weltweiten Förderung des Engagements für die Menschenrechte und im Kampf gegen die Todes strafe. Seit 28 Jahren zeichnen wir Mitstreiterinnen und Mitstreiter wie den Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela und die Menschenrechtlerin Ami natou Haidar mit dem Bremer Solidaritätspreis aus,
Gerade auch deshalb macht es uns fassungslos, wenn wir im aktuellen Jahresreport der Menschenrechts organisation Amnesty International von der höchsten Zahl vertriebener und flüchtender Menschen seit dem Zweiten Weltkrieg lesen. Wenn 68 Jahre nach der Unterzeichnung der UN-Menschenrechtscharta noch immer von Folter und Misshandlungen in drei Vierteln der untersuchten Ländern berichtet wird und in zwei Dritteln der beschriebenen Staaten kei ne Presse- und Meinungsfreiheit herrscht, denn wir wissen: Es gibt noch viel zu tun!
Vermehrt gilt die bedenkliche Situation auch für Länder, zu denen unsere beiden Städte eine teils lange Beziehung pflegen, sei es mit der Türkei und der Bremischen Partnerstadt Izmir, sei es mit China und dem Partner der Stadt Bremen Dalian oder mit Russland und der Bremerhavener Partnerstadt Ka liningrad.
Besorgt blicken wir in diesen Tagen insbesondere in die syrischen und irakischen Kriegsgebiete, in de nen vor allem die zivile Bevölkerung zwischen dem kriminellen Islamischen Staat, um Unabhängigkeit kämpfenden Rebellen, der Armee Assads und den Luftangriffen internationaler Großmächte aufgerie ben wird. Immer wieder erreichen uns Berichte über Kriegsverbrechen, bis hin zu massenhaft vollstreckten Todesstrafen, einem aus unserer Sicht unvertretba ren, grausamen und entwürdigenden Akt der Folter!
Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen weltwei ten Entwicklung dürfen wir in unserem Engagement nicht nachlassen. Stattdessen müssen und werden wir unsere vielfältigen Kontakte nutzen, um uns in Gesprächen mit unseren Partnern und auf allen nationalen und internationalen politischen Ebenen weiterhin mit Nachdruck für die Wahrung der Men schenrechte, die Umsetzung der internationalen Menschenrechtsabkommen und die Abschaffung der Todesstrafe einzusetzen.
Zur Situation in der Türkei, die man, glaube ich, in diesen Tagen nicht unbeachtet lassen kann, will ich Ihnen nur sagen, dass auch wir die Entwicklung dort für rechtsstaatlich äußerst bedenklich halten. Dass frei gewählte Abgeordnete des türkischen Parlaments verhaftet wurden, muss nicht nur Parlamentarierinnen und Parlamentarier erschüttern. Die massenhafte Verhaftung von Journalistinnen und Journalisten schränkt die Pressefreiheit in einem nicht hinnehm baren Maße ein.