Protocol of the Session on April 18, 2013

(Beifall bei der LINKEN)

Noch ein Letztes! Wenn wir uns damit auseinandersetzen – Herr Reinken hat gesagt, es war mit Illusionen verbunden, was wir damals gemacht haben –, dann muss man auch sagen, die Leiharbeit war ein Fehlinstrument. Wir haben die Leiharbeit abzuwickeln, und wir müssen uns darüber Gedanken machen, wie dies so passiert, dass sie nicht wieder an verschiedenen Stellen auftaucht. Diese Verantwortung – das sage ich ganz ernsthaft – trägt die politische Seite auf jeden Fall mit, denn wenn ich mir ansehe, was vor zehn Jahren über die Hartz-Gesetze verbrochen worden ist, dann haben wir noch eine Menge zu tun, um die Löcher wieder einigermaßen zu schließen. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Willmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Doch noch eine zweite Runde! Herr Kau, ich habe, glaube ich, in der letzten Sitzung der Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen zu Ihnen gesagt: Nicht alles, was Arbeit schafft, ist sozial. Dies gilt für uns und auch in der Koalition definitiv nicht. Sie bringen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

hier wieder den Ansatz, dass alles, was Arbeit schafft, sozial ist.

(Abg. K a u [CDU]: Das habe ich gar nicht gesagt!)

Welchen Bären wollen Sie uns hier eigentlich aufbinden? Sie haben gesagt, in der Zeitarbeit finden sich ausschließlich oder fast nur die Geringqualifizierten, weil sie ansonsten am Arbeitsmarkt keine Chance haben!

(Abg. K a u [CDU]: Das habe ich gar nicht gemeint!)

Das ist doch eine Mär, deren Gegenteil längst bewiesen ist!

Schauen Sie in den Bericht der Arbeitnehmerkammer! Im Bericht heißt es, dass in der Wissenschaft bei den Hochqualifizierten erst die Leiharbeit kommt, und wenn es dann mehr wird, dann sind es Werkverträge. Hochqualifizierte Wissenschaftler, die wichtig für unseren Standort hier in Bremen sind, retten sich vermehrt über Werkverträge und sind damit unterbezahlt. Diese Menschen sind chancenlos, aus ihrer Arbeit heraus Möglichkeiten zu entwickeln. Das verstehe ich einfach nicht. Wir müssen doch zu fairen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt kommen! Arbeit darf doch nicht arm machen! Dabei spielt die Qualifikation keine Rolle. Die Qualifikation ist der Einstieg, aber sie darf nicht dazu führen, dass man arm wird.

Viele Beschäftigte arbeiten in der Leiharbeit und sind ohne Perspektive auf eine Festanstellung. Bereits die Hälfte der Neuverträge ist im Anschluss befristet, das ist inzwischen allgemein anerkannt.

Noch immer verdienen Frauen in Deutschland im Durchschnitt 22 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, unter anderem auch deshalb, weil Berufe, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten, oft nicht ihren Anforderungen entsprechend entlohnt werden und gar nicht mehr Vollzeit, sondern eine Aneinanderreihung von Minijobs sind, die mit kleinsten Stundenkontingenten ausgestattet sind und eine solche Flexibilität erfordern, die keine Frau, die auch noch Erziehung ableisten will, erbringen kann. Das muss man doch zur Kenntnis nehmen!

Eines der zentralen Instrumente ist meiner Meinung nach nicht das generelle Verbot der Leiharbeit, Frau Bernhard, sondern die Einführung eines Mindestlohns auf Bundesebene. Dann kommt es eben nicht mehr zu Verhältnissen, dass Menschen in der Leiharbeit für sechs Euro pro Stunde arbeiten, obwohl es längst branchenbezogene Tarifverträge gibt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dies geht auch an die Adresse rechts hier im Haus! Die Forderung nach branchenbezogenen Tarifverträ

gen in der Leiharbeit führt doch zu katastrophalen Brüchen innerhalb der Gesellschaft, das müssen auch Sie und vor allem die Bundesregierung erkennen!

25 Prozent der Beschäftigten in Deutschland sind inzwischen atypisch beschäftigt, fast dreimal so viele Frauen wie Männer, das sind 7,8 Millionen Menschen, die entweder mit kleinen Teilzeitjobs, mit Leiharbeit, mit befristeter Beschäftigung, mit Minijobs oder mit Werkverträgen über die Runden kommen müssen. Natürlich sind nicht alle diese Jobs problematisch, weil der eine oder andere es auch gar nicht anders will, aber jeder braucht doch die Sicherheit, dass er einen Mindestverdienst hat, mit dem er auch fest kalkulieren und leben kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zum Schluss zu Ihrem Antrag, Frau Bernhard, die Leiharbeit abzuschaffen! Irgendwo auf meinem Zettel stand im Übrigen als spontane Reaktion auf Ihren Antrag „Arbeit verbieten“, aber das führt an dieser Stelle sicherlich zu weit, auch wenn der eine oder andere Gefallen daran findet. Ihr Antrag fordert ganz zentral in der Überschrift: Leiharbeit verbieten! In dem dritten Punkt Ihres Antrags fordern Sie uns dazu auf, in den Förderbestimmungen eine Leiharbeitsquote einzuführen, mit der Betriebe gefördert werden oder nicht. Ja, was denn nun? Wenn Sie Leiharbeit verbieten wollen, und dazu fordern Sie den Senat in Punkt 1 auf, dann bedarf es auch keiner weiteren Regelung in der Wirtschaftsförderung oder sonstigen Dingen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Reinken.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zwei, drei Bemerkungen vielleicht noch zur Diskussion! Erstens, dass man die Arbeitnehmerüberlassung, die Leiharbeit, in den Mittelpunkt stellt, ist völlig richtig. Das ist, glaube ich, von niemandem, der jetzt hier diskutiert hat, infrage gestellt worden. Wir haben dort Reform- und Änderungsbedarf. Wir allerdings sagen, Frau Bernhard, völlig klar, auch im Rahmen einer Paketlösung würde bei uns das Verbot der Leiharbeit nicht dazu gehören, da sind wir ganz klar anderer Meinung. Im Übrigen gibt es auch keine mir bekannte größere Gewerkschaft, die das Verbot der Leiharbeit fordert. Da sind wir also durchaus mit den Gewerkschaften auf einer Linie.

Zweite Bemerkung! Wir haben in der Tat gute Zeitarbeit. Es gibt Zeitarbeit, die gut ist, dafür stehe ich auch als Sozialdemokrat. Ich sage Ihnen nur Folgendes: Überall dort, wo die Zeitarbeit gut ist, ist sie trotz unzureichender gesetzlicher Rahmenbedingungen

durch die Stärke der Betriebsräte und Gewerkschaften geregelt worden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn Sie einmal in die Statistik schauen, dann werden Sie feststellen, dass, obwohl Bremen eine Hochburg der Zeitarbeit ist, die Entlohnung in der Zeitarbeit in Bremen leicht über dem Bundesdurchschnitt liegt. (Abg. R u p p [DIE LINKE]: Nein!)

Doch! Die Entlohnung der Leiharbeit liegt leicht über dem Durchschnitt in der Bundesrepublik. Das liegt daran, dass wir in Bremen Tausende von Menschen in Zeitarbeit hatten oder auch noch haben – ich weiß nicht genau, wie die Zahlen jetzt sind –, die auf der Basis der Equal-Pay-Regelungen, die die Gewerkschaften bei Airbus, bei Mercedes, bei Arcelor durchgesetzt haben, vom ersten Tag an oder nach wenigen Wochen dasselbe Geld bekommen. Das treibt natürlich, wenn man das auf die Gesamtsumme der Zeitarbeiter in einer begrenzten Region rechnet, den Durchschnitt nach oben. Das verändert natürlich – da haben Sie völlig recht! – nicht die Bedingungen in den Bereichen, in denen die Entlohnung der Leiharbeit schlecht ist, aber es zeigt, es gibt Möglichkeiten, die Zeitarbeit so zu regeln, dass am Ende dasselbe Geld herauskommt. Das war im Übrigen gerade bei den betroffenen Betrieben der Grund dafür, dass sie gesagt haben, das wird uns zu teuer, da nehmen wir doch lieber allmählich das Instrument Werkvertrag, wenn die Zeitarbeit so teuer geregelt wird, völlig klar. Dritter Komplex, zu dem ich etwas sagen möchte! Herr Kau, ich finde es erst einmal sehr schön, dass Sie einen Teil der kritischen Anmerkungen zur Fehlentwicklung der Zeitarbeit aufnehmen. Wir können uns jetzt aber nicht „einen schlanken Fuß machen“ und sagen, alles, was zu regeln ist, haben die Tarifvertragsparteien zu regeln, das stimmt nämlich nicht. Wir haben den Equal-Pay-Grundsatz als europäischen Grundsatz, und wir haben ihn in Deutschland zum Glück übernehmen müssen, aber wir haben den Tarifvorbehalt, der zulässt, dass Equal Pay auch unterlaufen wird. Das ist eine gesetzliche Regelung, und wir werden uns darüber unterhalten müssen, ob diese gesetzliche Regelung, so wie sie ausgestaltet ist, richtig funktioniert oder ob sie angesichts der in Europa einmaligen Existenz von christlichen Gewerkschaften, mit denen man Flächentarifverträge unterlaufen kann, noch haltbar ist.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Nächste Bemerkung! Die Bundesregierung hat im Jahr 2011 richtigerweise die sogenannte Drehtürklau

sel eingeführt. Sie ist für uns nicht scharf genug, weil sie den Drehtüreffekt nicht wirklich eingrenzt. Auch da hat die Politik, nicht die Tarifvertragsparteien, gesagt, was gemacht werden muss, und das war richtig. Wir würden es uns zwar anders wünschen, aber es war vom Grundsatz her richtig. Ich sage Ihnen auch noch einmal zu dem Aspekt „sich einen schlanken Fuß machen“ Folgendes: Es gab eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen zum Thema Drehtüreffekt in der Leiharbeit; dazu sagt die Bundesregierung, die Bundesagentur für Arbeit hat im Jahr 2012 circa 14 Prozent von 20 000 Inhabern einer Verleiherlaubnis geprüft, der Anteil der Mischbetriebe, die sowohl verleihen als auch Werkverträge abschließen, wird nicht erfasst. Ich bin der Meinung, wenn man eine der Bundesregierung unterstehende Institution so ausstattet, dass sie nur 14 Prozent der Betriebe überprüft, dann ist das eben auch die Verantwortung der Politik, dass diese Kontrollinstrumente nicht wahrgenommen werden. Da hat die Politik eine hohe Verantwortung, dafür die Voraussetzungen zu schaffen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir können uns auch nicht „einen schlanken Fuß machen“ und sagen, wir regeln hier den Rahmen, und was dann in der Wirklichkeit geschieht, regeln die Tarifvertragsparteien. Wenn in der Antwort der Bundesregierung auf die Frage, ob auch wirklich der Drehtüreffekt, nämlich erst entlassen und dann bei dem konzerneigenen Unternehmen über Leiharbeit wieder eingestellt zu werden – nach denselben Entgeltbedingungen ist es ja möglich –, eingehalten wird, gesagt wird, es liegt in der Verantwortung der einzelnen Leiharbeitnehmerin oder des einzelnen Leiharbeitnehmers, dann ist das lebensfremd. Wenn da geschrieben wird, diesbezüglich führt die Bundesagentur für Arbeit keine Prüfungen durch, dann ist das ein Skandal, weil es lebensfremd ist, die Verantwortung dafür, ob eine gesetzliche Regelung eingehalten wird, ausschließlich dem Schwächeren, nämlich dem Arbeitnehmer, zuzuweisen. Auch da muss die Politik eingreifen! Die Prüfgegenstände der Bundesagentur für Arbeit sind unter anderem Gleichstellungsgrundsatz bei der Anwendung von Tarifverträgen, Mindestlöhne, Eingruppierung und so weiter. Die letzte Bemerkung dazu: Die Anzahl der Prüfungen liegen auch in der politischen Verantwortung. Wir hatten im Jahr 2004 einen Kontrolleur auf 5 000 Leiharbeiter, heute haben wir einen Kontrolleur auf 8 800 Leiharbeiter. Ein Kontrolleur kontrolliert 156 Verleihbetriebe im Jahr 2004 und jetzt 186 Verleihbetriebe. Auch hier hat die Politik die Verantwortung einzugreifen, das können wir nicht den Tarifvertragsparteien zuschieben. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kau.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, IAB, liegt der Verdienst in der Zeitarbeit im Durchschnitt 20 bis 25 Prozent unter dem der Stammbelegschaft und nicht, wie es hier von den LINKEN behauptet wird, 50 Prozent. Für die gleiche Arbeit dürfen Zeitarbeiter gemäß dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht schlechter bezahlt werden als die Stammbelegschaft, es gibt allerdings eine Ausnahme, und zwar ist ein Abweichen von diesem Grundsatz dann möglich, wenn für die Zeitarbeiter ein gültiger Tarifvertrag besteht.

Laut des Bundesverbands der Zeitarbeit besteht für 75 Prozent der Zeitarbeitsverhältnisse eine tarifvertragliche Regelung. Sie dürfen auch nicht vergessen, Herr Reinken, Ende 2012 haben sich gerade die Tarifpartner der Zeitarbeitsbranche, nämlich die zuständigen DGB-Gewerkschaften sowie der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen und der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister, auf Branchenzuschläge zu den Tariflöhnen geeinigt. Diese Regelung ist nun seit November in Kraft, wir müssen einmal abwarten, wie sie wirkt. Zeitarbeitnehmer, die länger als sechs Wochen im Kundenunternehmen eingesetzt werden, bekommen demnach, abhängig von der Überlassungsdauer und der jeweiligen Branche, einen Bonus auf das Gehalt, und zwar staffelt sich das hier nach einer Tabelle des Instituts der deutschen Wirtschaft – IW – Köln von 5 bis 15 Prozent für sechs Wochen bis zu 50 Prozent Aufschläge für neun Monate.

Ich will noch einmal auf einen besonderen Aspekt Ihrer Art und Weise zurückgehen, wie Sie den Arbeitsmarkt überregulieren und wie Sie Ihre Instrumente, Bürgschaftsbank, WFB, Bremer Aufbau-Bank, mit Bürokratisierung belegen. Wenn man sich die Wirtschaftsförderung hier in Bremen ansieht, ist sie meines Erachtens schon reichlich überfrachtet, und gerade kleine Unternehmen und Existenzgründer, für die die Förderung eigentlich gedacht ist, können darauf gut verzichten.

Wenn man sich einmal die Zahlen der Wirtschaftsförderung Bremen und der Bremer Aufbau-Bank für das Jahr 2012 ansieht, Herr Böhrnsen – aus dem Jahr habe ich bisher die Zahlen der ersten neun Monate –, dann liegen fast alle Zahlen dieses Förderinstruments unter dem Vorjahr und unter den Planzahlen. Man muss sich einmal ein paar dieser Zahlen auf der Zunge zergehen lassen. Wir hatten im Vorjahr 312 beschiedene Anträge und im Jahr 2012 nur 133. Die bewilligten Fördermittel sind von 7,8 Millionen Euro auf 2,1 Millionen Euro gesunken. Die Projektvolumina sind von 55 auf 18, neue Arbeitsplätze von 365 auf 115, gesicherte Arbeitsplätze von 1 073 auf 475 und Existenzgründungen von 26 im Vorjahr auf null gesunken. Wenn das die Art und Weise der Wirt

schaftsförderung ist, dann sollten Sie sich besser einen neuen Wirtschaftsförderer suchen. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Reinken, hätten wir dem Antrag, dass die Wirtschaftsförderung nur Projekte ohne Leiharbeit fördert, nicht zugestimmt, hätten Sie uns genau das vorgeworfen, nämlich dass wir selbst das nicht gemacht haben. Es ist natürlich ein alter Trick, dass man immer genau das vorwirft und dass genau das falsch ist, was die Opposition gemacht hat. Ich sage Ihnen jedoch eines, für jeden Schritt, der diese Form von Beschäftigung reduziert, ihr Ausweiten eindämmt, sie wieder zurückführt zu normalen Arbeitsplätzen, sind wir dankbar, weil wir wissen, dass es grundsätzlich immer noch so ist, wie es auch hier gesagt wurde, es gibt so etwas wie gute Leiharbeit, und wir schaffen es, ein bisschen sozusagen die bösen Auswüchse zu begrenzen, aber im Kern ist Leiharbeit eine vernünftige Sache.

Ich will aber noch einmal erwähnen: Ja, es ist natürlich falsch, ein Unternehmen zu fördern, das Leiharbeit erschaffen will. Ich finde es genauso falsch, ein Unternehmen mit Wirtschaftsförderung zu bedenken, das 30 bis 50 Prozent Leiharbeit hat und jetzt zehn neue Arbeitsplätze schafft. Eine Kombination aus der Thüringer und der Bremer Regelung wäre meines Erachtens ideal, und ich werbe dafür, noch einmal darüber nachzudenken.

Wir haben den Antrag auch noch aus dem Grund gestellt, weil unseres Erachtens ein Unternehmen, das jetzt schon regelmäßig 30, 40 Prozent Leiharbeit hat, dann Wirtschaftsförderung bekommen kann, wenn es verspricht, dass es 10 oder 50 feste Arbeitsplätze schafft. Auch das finden wir fragwürdig. Wir brauchen eine Kombination aus beidem.

Ich erlebe seit 25 Jahren in einem Bereich, in dem, als ich angefangen habe, im Wesentlichen tarifvertragliche feste Beschäftigung, gute Bezahlung, auf Lebenszeit angelegte Arbeitsplätze herrschten, eine Situation, in der die Unternehmen, wenn es ihnen nicht besonders gut ging, trotzdem versucht haben, die Stammbelegschaft zu halten, und wenn es ihnen gut ging, haben sie auch ein paar Reserven angelegt für die Zeit, in der es einmal nicht so gut lief. Sie wussten, was sie an ihren Stammbelegschaften haben.

Diese Situation ändert sich zurzeit jeden Tag ein bisschen mehr. Es wird ausgelagert, es wird Leiharbeit vertreten, es gibt eine ganze Menge Maßnahmen, die dazu führen, dass immer weniger Menschen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

aus ihrer Arbeit eine Lebensperspektive entwickeln können, und das ist ein Aspekt, der mir ganz besonders wichtig ist. Ja, man kann unter Umständen dafür sorgen, dass sie gut bezahlt werden, das ist auch wichtig, aber letztendlich ist die Frage, wie lange man eigentlich irgendwo arbeitet, einerseits eine Frage der Bezahlung, aber andererseits auch eine Frage der Lebensperspektive. Wenn man gewahr wird, dass man nur sechs Wochen oder ein Vierteljahr da ist, dann wieder woanders hin muss oder einmal ein halbes Jahr gar keine Arbeit hat, schafft das keine Lebensperspektive. Eine Lebensperspektive durch Arbeit begreife ich als Menschenrecht, und weil es ein Recht ist, finde ich, muss man diese Form von Leiharbeit verbieten, weil sie anders nicht beseitigt werden kann. Meiner Meinung nach ist eine Arbeit, die keine Lebensperspektive schafft – und dafür hat Leiharbeit alle Indizien –, einfach moderne Sklaverei, und Sklaverei ist meines Erachtens verboten. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Professor Stauch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte kurz die Position des Senats darstellen. Die Debatte war hier deshalb besonders interessant, weil wir zwei extreme Positionen von den beiden Oppositionsparteien gehört haben: auf der einen Seite die Position, die sich auch in dem Antrag niederschlägt: erstens, generelles Verbot von Leiharbeit auf Bundesebene, zweitens, Verbot jeder Form der Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen des Konzerns Bremen, und drittens, genereller Ausschluss der Leiharbeit bei der Wirtschaftsförderung. Auf der anderen Seite steht die Position, die Herr Kau hier vorgetragen hat! Die Position habe ich so verstanden, dass man im Prinzip gar nichts machen muss. Es bleibt bei den Tarifvertragsparteien, einen Änderungsbedarf gibt es nicht. Ich glaube, dass beide Positionen deutlich falsch sind.