Claudia Bernhard

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Last Statements

Sehr geehrte
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich will keinen Hehl daraus machen, dass ich mich in fast allen Punkten der Kritik von SPD und Bündnis 90/Die Grünen an dem Antrag der CDU anschließe. Ich sehe nicht ein, weshalb man sich auf die Kranken häuser fokussieren soll, und den Begriff Patientinnen zu verwenden, halte ich auch für falsch.
Der Kollege Brumma hat gerade erwähnt, dass uns
die Haushaltsverhandlungen davon abhalten, dem Antrag der CDU zuzustimmen. Das ist ein Argument, das ich nicht teile, und das ist wahrscheinlich auch nachvollziehbar. Es ist richtig, dass wir die Investiti onen brauchen. Das sehe ich auch so, insbesondere weil die Geburtshilfe ja nicht unbedingt nach der DRG-Liste besonders viele Einnahmen generiert, das muss man sich auch immer klar machen. Selbstver ständlich schließe ich mich dem Punkt im Antrag der CDU an, mit dem die Erhöhungen der Fallpauschalen gefordert wird. Ich erwarte aber eigentlich eine di rektere Verbindung zu Bundesgesundheitsminister Gröhe, damit von dort entsprechende Aktivitäten ausgehen.
Ich möchte noch einmal ganz gern sagen, was mir
an dem Antrag von Rot-Grün sympathisch ist, er nimmt nämlich von vornherein Bezug darauf, dass die Frauen die Wahlfreiheit brauchen.
Das halte ich vor dem Hintergrund der Entwicklung der Anzahl der durchgeführten Kaiserschnitte – die meines Erachtens leider viel zu sehr gestiegen ist – für geboten. Ich sehe im Augenblick bei dieser Entwicklung nicht, dass sie zurückgeht, sodass wir uns natürlich entsprechend verhalten müssen. Ich finde die Unterstützung der Hebammen sehr wichtig.
Abgesehen davon, dass wir immer einen Versiche rungsfonds für Hebammen gefordert haben, ist die
Erlösrate, die die Existenzgrundlage der Hebammen sichern soll, mehr als schlecht.
Das ist wirklich bedauerlich. Diese Geburtenraten gehen ja auch stark zurück, wir haben kaum noch welche.
Ich finde es auch wichtig zu sagen – das kommt
hier leider nicht vor, ich hätte das erwähnt –, dass es von Hebammen geführte Kreißsäle geben sollte. Sie sind relativ selten in der Bundesrepublik, meines Wissens gibt es derzeit wohl 15 hebammengeleitete Kreißsäle. In Bremen ist kein hebammengeführter Kreißsaal vorhanden, und das halte ich für falsch. Unter dem Label der Wahlfreiheit ist es natürlich eine fantastische Möglichkeit zu sagen, ich befinde mich zwar in einer Krankenhausumgebung, ich habe aber trotzdem die Möglichkeit, ausschließlich mit der Hebamme meines Vertrauens die gesamte Schwan gerschaft, den Geburtsprozess und die Nachsorge zu bewältigen. Das ist eine sehr gute Möglichkeit, und ich finde, es ist ein Defizit, dass das in Bremen nicht möglich ist.
Die Zusammenarbeit mit Niedersachsen ist als
weiterer Punkt zu nennen. Dieses Thema betrifft nicht nur die Geburtshilfe, sondern auch viele andere Bereiche der Versorgung in den Krankenhäusern. Ich persönlich glaube, dass es da nicht so richtig positiv aussieht, deshalb müssen wir intensiv verhandeln. Bislang kann ich nicht feststellen, dass irgendwo im niedersächsischen Haushalt ein Geldsäckchen mit der Aufschrift bremische Krankenhäuser steht. Des wegen sollte man sich meiner Meinung nach keinen Illusionen hingeben, denn es wird nicht besonders schnell gehen, und die Höhe der Beteiligung ist auch noch ungewiss.
Mit Sicherheit haben sich zum einen aufgrund der
jetzigen Regierungskoalition die Voraussetzungen verbessert. Zum anderen glaube ich aber nicht, dass sich die Verhandlungen mit Niedersachsen viel rosiger gestalten, als wir es sonst gewohnt sind. Ich glaube, Bremen muss sich sehr anstrengen, seine Investitionen entsprechend finanziert zu bekommen und einen Anteil zu realisieren.
Ich wünsche mir jedenfalls, dass wir uns auf gar
keinen Fall einschüchtern lassen beziehungsweise zurückweichen. Das gilt nicht nur für den Gesund heitsbereich, sondern auch für die Situation im Bil dungsbereich. Es sieht lange nicht so positiv aus, wie es jetzt aufgrund der Gespräche den Anschein haben mag, und ich denke, wir brauchen hier noch
eine gewisse Beharrlichkeit, um uns durchzusetzen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte aus Sicht der Linksfraktion noch einige Bemerkungen anschließen, nachdem ich jetzt die Erfahrung von vier Jahren Bürgerschaft hinter mich gebracht habe.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich aus einer, sagen wir einmal, sehr feministischen Politik sozialisiert worden bin. Als die Grünen in den Neunzigerjahren das Wort „Geschlechterdemokratie“ erfunden haben, habe ich ehrlich gesagt, das Ganze sehr skeptisch gesehen.
Ich komme aus der klassischen Welt der Frauenförderung, dass die Patriarchatskritik noch einmal in ganz anderer Weise unsere Gesellschaft determiniert als gemeinhin immer zugegeben wird. Gut, mein Aufenthalt in der Bürgerschaft hat mich eines Besseren belehrt, und ich musste feststellen, dass diese Verwaltung, diese Gesellschaft sich auf ganz anderen
Ebenen befindet als der Diskurs in den Zusammenhängen, in denen ich sozusagen „groß geworden bin“.
Die Widerstände sind extrem groß, und ich muss sagen, das, was gemeinhin unter „Gender-Mainstreaming“ verhandelt wird, ist eine andere Geschichte als das, was uns in den Achtzigerjahren oder auch schon vorher, auf die Straße getrieben hat. Ich möchte einen Aspekt hierzu anführen. Das sind die Armutsentwicklung und die Frauenarmut, mit der wir uns in Bremen auseinandersetzen müssen und das auch perspektivisch tun werden. Dies strukturiert dieses Land in einer Weise, die ich, ehrlich gesagt, bedenklich finde und wogegen wir dringend gegensteuern müssten. Das sind durchaus Fragen, die nicht nur mit Geld zu tun haben.
Es geht darum, diese Prioritätenlisten umzuschreiben, und diese Prioritätenlisten müssen auch von der Verwaltung und der Politik umgeschrieben werden. Das habe ich an vielen Stellen versucht, immer wieder hereinzutragen, gerade, wenn wir über Wirtschaftsförderung, über Wohnungspolitik, über Sozialpolitik und über Kinderbetreuung nachdenken. Die Liste ist wirklich lang. Es ist falsch, von Anfang an zu denken, dass dies nicht in irgendeiner Weise geschlechterdeterminiert wäre.
Was ich interessant finde, ist zum Beispiel die Auseinandersetzung um das Bundesgleichstellungsgesetz. Es geht nicht nur darum, dass die 30-ProzentQuote eingeführt wurde, die ich persönlich und auch meine Fraktion viel zu niedrig halte – das eint uns mit den Grünen, dazu gab es entsprechende Änderungsanträge –, sondern auch darum, dass sich auf Bundesebene die Perspektive ein wenig zu verschieben scheint, indem man sagt: Wir werden jetzt „Diskriminierung“ durch „Benachteiligung“ ersetzen. Das ist auch ein Terminus in dieser Gesetzesvorlage.
Auch in diesem Bundesgleichstellungsgesetz ist jetzt mehr von Förderung der Beschäftigten als von dem, wie Politik eigentlich nach außen wirken soll, die Rede. Hierbei steckt die Tücke im Detail, und ich befürchte, dass wir dabei auch immer mit Rückschlägen zu rechnen haben. Wir haben manchmal das Gefühl: drei Schritte vor und dann vielleicht wieder dreieinhalb zurück.
Dieser Kampf wird uns weiter begleiten. Ich hoffe, dass wir es schaffen werden, gerade weil Bremen emanzipativ und fortschrittlich relativ gut war, dem etwas entgegenzusetzen. Ich persönlich bin leider davon überzeugt, dass das Patriarchat den Kapitalismus überdauern wird, wenn es in dem Tempo weitergeht. – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Antwort des Senats auf die Anfrage zur Standortsicherung der swb umzirkelt mit vielen Worten den grundsätzlichen Befund. Wir sitzen da arbeitsmarktpolitisch doch mehr oder weniger auf einer Zeitbombe, zumindest – sagen wir einmal – auf vielen ungelösten Fragen.
Eine interessante Frage ist, in welchen Stufen welche Bedeutung hervorgehoben wird. Bis Ende des Jahres 2019 – mein Vorredner hat es erwähnt – gilt noch das Erhaltungsverbot. Danach ist die Verpflichtung der EWE, die swb einschließlich der Mitarbeiter vollständig am Standort zu erhalten, aufgehoben. Dann gibt es das Aushöhlungsverbot, das geht bis zum Jahr 2024 und das, wonach das Anlagevermögen nicht ersatzlos übertragen werden darf, endet auch. Bis zum Jahr 2038 ist es dann auch mit der Marke vorbei bzw. kann es vorbei sein.
Das heißt, in vier Jahren kann der Übergang der swb an die EWE Arbeitsplätze kosten. Die EWE hatte es schon einmal vorzeitig angestrebt unter Verweis auf einen Finanzierungsvorbehalt der vertraglichen Regelung. Man muss also nach dem Jahr 2019 durchaus damit rechnen, dass etwas Ähnliches verfolgt wird. In zehn Jahren sind alle Bestandsgarantien vollständig hinfällig. Das betrifft über 2 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der swb.
Bremen und Bremerhaven haben sich Ende des Jahres 2014 mit 25 Prozent bei der Netzgesellschaft der swb beteiligt.
Das ist ein erster Einstieg und bringt beiden Kommunen einen gewissen Einfluss, zumindest auf die 700 Arbeitsplätze bei den Netzgesellschaften. Der Einfluss auf den Erhalt der anderen Arbeitsplätze bei der swb ist dagegen gering. Auch der runde Tisch zu Versorgungssperren, der in der Antwort erwähnt wird, wird wahrscheinlich wenig zur Sicherung der Arbeitsplätze beitragen. es ist schon die Frage, ob es bei den Versorgungssperren hinreichende Auswirkungen haben wird.
Alles in allem gilt daher, der Erhalt dieser Arbeitsplätze hängt in zunehmendem Maße ausschließlich von unternehmerischen Entscheidungen der EWE ab, der die swb mehrheitlich gehören. Es ist ja so, und ich weise insofern auch entsprechend darauf hin, das Eigentum ist im Kapitalismus nun einmal ein hohes Gut und ein starkes Recht, es geht ja so leicht nichts darüber. Das gilt auch für die swb. Wer wirksam darüber mitentscheiden will, muss bei den Arbeitsplätzen bei der swb letztendlich eine substanzielle Beteiligung anstreben, und zwar wirklich eine substanzielle Beteiligung und nicht nur eine Minderheitsbeteiligung. Alles andere wird, glaube ich, einen Einfluss nicht entsprechend ausbauen können.
Diese Fragen diskutieren übrigens aktuell viele Kommunen, sie übernehmen nämlich wieder Netze und bemühen sich um eine Rekommunalisierung der
Versorger. Zwischen 2005 und 2012 sind bundesweit 72 Stadtwerke neu gegründet worden. Die HansBöckler-Stiftung spricht bereits von einer Renaissance der Stadtwerke. Die neuen Stadtwerke konzentrieren sich übrigens zumeist auf spezielle Bereiche wie erneuerbare Energien – in dem Zusammenhang ist überhaupt interessant, welche Art von Energien wir auch landespolitisch überhaupt weiter verfolgen – und treten damit als Anbieter auch vornehmlich in Kommunen, die ihre Netze rekommunalisiert haben. Das gilt für Hamburg, Berlin, Stuttgart und auch eine ganze Reihe anderer Städte.
Die Staatsräte AG hat in ihrem Zwischenbericht vom Mai 2011 zur Rekommunalisierung der Netze mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Gestaltungsmöglichkeiten durch eine Rekommunalisierung der Netze begrenzt sind und erst stärker genutzt werden können, wenn damit auch der Aufbau von Stadtwerken verbunden wäre. Damit würde man sich allerdings natürlich auch in eine direkte Konkurrenz zur swb begeben. Unter dem Strich ergibt sich aus vielen Überlegungen und auch aus der Antwort des Senats auf die Große Anfrage, wer als Kommune energiepolitisch mitgestalten will, muss auch als Kommune Einfluss auf die Arbeitsplätze bei der Energieversorgung haben und auch wieder auf kommunale Stadtwerke zugehen.
Für Bremen bietet sich eine Dreifach-Strategie an: schrittweise Übernahme der Netze zum Aufbau eigener Stadtwerke im Bereich dezentraler und erneuerbarer Energieversorgung und schrittweiser – und das wäre auch eine Überlegung – Einstieg bei der swb selbst. Das wird nicht von heute auf morgen gehen, das ist mir auch klar.
Es ist immer wieder angemerkt worden, dass Bremen aus dem Stand weder die Netze noch die Energieversorgung ohne Weiteres zu 100 Prozent übernehmen kann, nicht zuletzt deshalb, weil der betreffende öffentliche Sachverstand auch nicht mehr vorhanden ist, das Problem hatten wir ja schon an anderer Stelle hinreichend diskutiert. Nur ohne eigenen Sachverstand, ohne eigenes Personal, ohne eigenes Eigentum die Arbeitsplätze der swb sichern zu wollen heißt unter dem Strich, dass man eventuell große Sprünge mit einem leeren Beutel machen will, was, wie wir wissen nicht, besonders gut funktioniert.
Deswegen würden ich und meine Fraktion dafür plädieren, dass wir insbesondere darüber nachdenken, wie wir diese schrittweisen Überlegungen in die Tat umsetzen, auch grundsätzlich, um die energiepolitische Diskussion in Bremen entscheidend mitbestimmen zu können. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Unsere Große Anfrage „zum Sozialwohnungsbau und zu den Miethöhen“ fokussiert auf den Zusammenhang, in welchen Regionen sich die Miethöhen in Zukunft befinden werden, wenn wir dieses Wohnungsbauprogramm durchführen.
Die Frage ist schlichtweg: Ist das perspektivisch wirklich auch preiswerter Wohnraum? Diese Frage mag erst einmal seltsam erscheinen, aber ich finde, aufgrund der Antworten ist es durchaus eine Überlegung wert, mit welchen Miethöhen wir es hier zu tun haben.
Logischerweise steigen die Mieten für Sozialwohnungen weniger schnell an, als für Wohnungen auf dem freien Markt. Es bleibt also nicht bei einem Quadratmeterpreis von beispielsweise 6,50 Euro.
Nach drei Jahren darf die Miete erstmals um 10 Prozent erhöht werden, danach alle drei Jahre um bis zu 7,5 Prozent. Das heißt, wir liegen auch nach zehn Jahren bei ungefähr 24 Prozent. Das bedeutet, zehn Jahre nach Fertigstellung haben wir einen Quadratmeterpreis von 8 Euro. Das ist auch so in der Antwort eingeräumt worden. Dieser Preis liegt damit weit über der Mietobergrenze, die heute bei den Kosten der Unterkunft maximal anerkannt wird. Das sollte man sich vor dem Hintergrund der Kosten für Zwei- bis Dreipersonenhaushalte anschauen, weil dort die Grenzen für die Kosten der Unterkunft abgesenkt wurden.
Bei den Dreipersonenhaushalten liegt die aktuelle Mietobergrenze daher faktisch bei 6,76 Euro, da ist jetzt schon wenig Luft und es wird die derzeitige Mietobergrenze mit der ersten Mieterhöhung bereits nach drei Jahren überschritten.
Ich möchte mir jetzt ungern eine Situation vorstellen, dass in drei Jahren Menschen, die in eine solche Wohnung gezogen sind, vom Jobcenter einen Brief be
kommen, in dem dann steht: Ihre Wohnung ist zu teuer, bitte ziehen Sie um beziehungsweise sorgen Sie für eine Mietsenkung! – Was das heißt, können wir uns in etwa vorstellen, darüber haben wir schon häufiger debattiert.
Es geht aber nicht nur um Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger, von denen kommt wahrscheinlich sowieso nur ein kleinerer Teil in diese neuen Sozialwohnungen. Es geht auch um Erwerbstätige und Familien mit eher geringem Einkommen. Da muss man sagen, wenn man in zehn Jahren für 75 Quadratmeter zirka 600 Euro Kaltmiete plus der wahrscheinlich nicht zu unterschätzenden Nebenkosten zahlen muss, ist das nicht gerade wenig, das ist für Bremer Verhältnisse jedenfalls nicht preiswert.
Wir haben auch nach den Laufzeiten gefragt, wie lang eigentlich die Bindungen sind, das heißt, nach 20 Jahren, so ist es einheitlich geregelt, ist es keine Sozialwohnung mehr, dann endet quasi die soziale Zwischennutzung. Dann sind das ganz normale Wohnungen mit letztendlich ganz normalen Preissteigerungen.
Interessant ist auch die Quote bei den neuen Bauprojekten. Wo die 25-Prozent-Quote angewendet wird, wird sie auch eingehalten. Lobenswerterweise gibt es, das hoffe ich, auch weiterhin keine Schlupflöcher, das ist gut. Die Quote gilt aber eben nur da, wo man letztendlich auch den Zugriff hat. Bei Neubauprojekten, die nicht auf kommunalem Grund entstehen, gilt sie selbstverständlich nicht. Deshalb sind 25 Prozent in der Realität keine 25 Prozent. Von den Wohnungen, die im Jahr 2014 neu genehmigt wurden, waren deshalb nicht 25 Prozent Sozialwohnungen, sondern eben nur 14 Prozent. Obwohl über 1 700 Wohnungen neu genehmigt wurden, waren darunter eben nur 250 Sozialwohnungen.
Somit komme ich immer wieder zu demselben Schluss, den wir hier auch schon häufiger vorgetragen haben: Dieses Wohnraumförderungsprogramm wird nichts daran ändern, dass wir Jahr um Jahr weniger Sozialwohnungen haben. Die Förderung des Neubaus reicht nicht aus.
Das ist eine Tatsache, die mir auch schon langsam, aber sicher ein großes Maß an Redundanz abverlangt, aber trotzdem ist es wichtig, das immer wieder festzustellen.
Ein praktisches Beispiel, auch darauf habe ich schon einmal hingewiesen, sind die GAGFAH-Bestände in Oslebshausen. Wie ich gerade gesehen habe, wird dazu von der SPD auch die Frage gestellt, wie da die Perspektive ist. Das habe ich gerade erst in den Parlamentsvorlagen nachgelesen, das halte ich für einen lobenswerten Vorstoß, weil man sich darum letztendlich kümmern muss. Zurzeit kostet dort der Quadratmeter, glaube ich, 3,50 Euro, und ab dem Jahr
2016 wird es spannend, was mit den Mieterinnen und Mietern dort passieren wird.
Das Wohnungsbauprogramm, das möchte ich hier noch einmal betonen, ist letztendlich, auch das sage ich immer wieder, ein guter Schritt und richtig. Es ist nur an allen Ecken und Enden zu wenig. Ohne mindestens aufzuhalten, dass die Belegbindungsquote täglich oder sogar fast stündlich sinkt, haben wir weiterhin ein riesiges Problem in Bremen. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, gerade in den schwierigen Stadtteilen haben wir dieses Problem massiv, und wir kommen nicht umhin, uns damit auseinanderzusetzen und den kommunalen Wohnungsbau an dieser Stelle auch wieder auszubauen. Das wird nicht allein durch Neubau funktionieren können, und da hoffe ich, dass wir in Zukunft andere Fortschritte machen. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben gemeinsam erkannt – diesbezüglich knüpfe ich an die Ausführungen meines Kollegen Pohlmann an –, dass es diesen Fehler gegeben hat. Wir haben gemeinsam erkannt, dass es zu wenig kommunalen Wohnungsbesitz gibt. Das ist festgestellt worden, und aufgrund dieser Feststellung haben wir auch dieses Wohnungsbauprogramm – schön.
Jetzt hat die Stadt Bremen aber wenig eigene Mittel. Wie machen wir jetzt am besten ein Programm, das relativ breit daherkommt und es uns am wenigsten kostet? Das ist die Grundlage und die Ausgangssituation. Das, was momentan gemacht worden ist, halte ich nicht für falsch – das habe ich nie behauptet – und finde es immer noch völlig in Ordnung und vollkommen zutreffend, dass wir es tun.
Jetzt kommen wir aber zu diesem Punkt, an dem sich unsere Wege wahrscheinlich scheiden, weil: „auch Neubau“ sagte gerade Kollege Pohlmann. Wir machen nur dieses Wohnungsbauprogramm. Mir geht es um die Belegbindungen und mir geht es darum, dass wir in den Stadtteilen Wohnungsbestände haben, die unwürdig sind. Wir haben darauf keinen Einfluss. Es reicht aktuell hinten und vorn nicht aus.
Die Realitätsferne von Herrn Werner ist beeindruckend, weil er ununterbrochen erzählt, dass doch alles prima wäre, es gebe doch überhaupt gar keinen Wohnungsengpass,
und ich kann mir hier immer anhören, was alles passiert. Außerdem behauptet er doch tatsächlich, wir bräuchten einen Bedarf für Sozialwohnungen, als müssten wir danach mit der Lupe suchen.
Gehen Sie doch einmal zu dem Bündnis „Menschenrecht auf Wohnen“ und schauen sich das an!
Des Weiteren frage ich mich ernsthaft, wie 24 Prozent in zehn Jahren in die Nähe der Inflationsrate zu bringen sind. Ich finde, der Fehler beim Nachrechnen liegt wirklich nicht auf meiner Seite,
und Vorlagen lese ich, sonst würde ich nämlich diese dezidierten Fragen nicht stellen können.
Wir befassen uns mit den Zahlen und rechnen nach, und ich möchte ganz einfach den Fokus darauf rich
ten, dass dieser Sozialwohnungsbau, den wir jetzt tatsächlich betreiben, nicht automatisch die HartzIV-Empfänger betrifft und wir schon in absehbarer Zeit, perspektivisch in weniger als zehn Jahren, diesbezüglich Probleme haben werden. Es geht mir einzig und allein darum, dass wir diese Verhältnisse klar vor Augen haben, ihnen nicht ununterbrochen ausweichen und uns einbilden, die Welt dort draußen sei schön, und die Überseestadt wird auch noch einmal mit einer hellblauen Schablone versehen. Das, finde ich, geht nicht!
Wenn wir aus den Fehlern wirklich lernen wollen, und zwar umfassend lernen wollen, dann werden wir andere Schritte unternehmen müssen, als dieses Wohnungsbauprogramm momentan beinhaltet, nicht mehr und nicht weniger, denn wenn Sie mit den Menschen reden und sich mit dem auseinandersetzen, was ihnen letztendlich fehlt, dann ist der Markt nicht dort, wo es bezahlbaren Wohnraum gibt. Das betrifft auch Familien mit wenig Einkommen, dass betrifft grundsätzlich Menschen, die letztendlich die höheren Mieten nicht zahlen können. Das müssen wir ändern! – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich ist es richtig, dass die Bundesmittel sich gegenüber dem bisherigen Stand fast verdoppeln werden. Das ist auch sehr gut, denn es gab eine eklatante Absenkung, und wir hatten ja diskutiert, wie schlimm das eigentlich war und welche negativen Auswirkungen das hatte, das ist alles zutreffend. Die
Freude wird allerdings immer etwas dadurch getrübt, dass diese Mittel nicht so abfließen, wie sie abfließen könnten. Das muss angesichts der äußerst knappen Situation in den Stadtteilen schon sehr zu denken geben.
Der Senat geht bislang auch davon aus, dass genau das passieren wird, so heißt es ja in der Vorlage der Baudeputation vom April 2014: Rechnerisch könnte die Erhöhung der Mittel für das Projekt „Soziale Stadt“ dazu führen, dass der Stadtgemeinde Bremen bereits im Haushalt 2014/2015 bis zu 500 000 Euro mehr an Kofinanzierung zu Verfügung gestellt werden müssten, aber damit rechnet man gar nicht. In der Praxis, heißt es, sei von sehr viel geringeren Auswirkungen auszugehen. Im Antrag der Koalition wird darauf hingewiesen, dass das bislang auch mehrfach der Fall gewesen sei, dass also Geld nicht ausgeschöpft wurde.
Wir finden das bedenklich, und wir finden auch, dass wir uns einmal darüber unterhalten müssen, warum das überhaupt so ist. Ich gehe davon aus, dass es hier durchaus ein gemeinsames Interesse gibt, aber wenn ich mir jetzt Ihren Antrag ansehe, wird dort ganz viel vernetzt, es wird von von Urbanität gesprochen, Lernen vor Ort bräuchten wir am besten in jedem Stadtteil, das sei sehr gut gewesen, und wir bräuchten noch viel mehr der Akteure an den Tischen. Das klingt oberflächlich erst einmal ganz schön, aber wenn ich mir ansehe, woran es momentan krankt, dann sind die Abstimmungsprozesse jetzt schon nicht besonders gut, und gerade diese Zusammenarbeit funktioniert entsprechend.
Wenn ich mir überlege, dass bestimmte Projekte sich über vier, fünf, sechs, sieben Jahre hingezogen haben und inzwischen viel teurer geworden sind, sodass man dann wieder durch neue Abstimmungsprozesse gehen würde – –. Das Verfahren mit der Zuwendungsstelle für den Bereich Bautechnik beim Finanzressort ist ja durchaus nicht einfach, und das hat nichts damit zu tun, dass wir jetzt möglichst noch das Gesundheits- und das Sportressort oder andere mit an den Tisch holen, sondern dass wir die internen Verwaltungsprozesse, bei denen es jetzt überall schon hakt, überhaupt nicht im Griff haben. Ich finde, das sollte man sich eher einmal ansehen. Das hat nichts damit zu tun, dass man sich hier mit den Problematiken nicht auseinandersetzen will, aber mein Eindruck ist, dass das, woran es hier eigentlich krankt, überhaupt nicht in der Realitätswelt dieses Antrags angekommen ist. Wenn Sie sich mit dem entsprechenden Quartiersmanagement in den Stadtteilen auseinandersetzen, wird dieses Thema ja auch benannt, das ist ja kein Geheimnis.
Zum anderen müssen wir davon ausgehen, dass die Kofinanzierung ohne Wenn und Aber zur Verfügung gestellt werden muss, da haben wir keinen Dissens. Dann frage ich mich, warum das nicht genauso mit aufgenommen werden kann! An dem Punkt kann ich das nicht nachvollziehen, denn – darüber
sind wir uns auch im Klaren – das wird überhaupt erst von den Jahren 2016, 2017, 2018 an in größerem Maße zu Buche schlagen, weil das ja ein Stufensystem ist.
Ja, aber ich meine, wenn Sie jetzt schon finden, wir könnten gar nicht zusagen, ob diese Kofinanzierung – –.
Wie soll man denn Projekte planen, die über einen längeren Zeitraum funktionieren sollen? Dann wäre das ja letztendlich momentan komplett zum Stillstand verurteilt! Außerdem möchte ich noch auf den anderen Punkt eingehen, den wir wohnungspolitisch immer wieder für schwierig halten.
Nein, ich würde gern meinen zweiten Punkt noch zu Ende bringen!
Insofern wäre es mir wichtig, diese Schwierigkeit der Kooperationslosigkeit, oder sagen wir einmal, die diesbezüglichen Defizite in den Stadtteilen – –. Das haben ja nicht wir erfunden, das haben Sie ja in Ihrem eigenen Gutachten angeführt, das zitieren Sie ja auch hier, und wenn man sich das ansieht, gibt es kaum einen Stadtteil, bei dem nicht gesagt wird, es gebe ein Problem, man komme nicht mit den Wohnungseigentümern überein, dort komme man nicht dazu, was man gern hätte; ob es Concierges sind, oder die Sanierungskosten, ob es die Zusammenarbeit mit anderen Stadtteilprojekten ist, da gibt es eine endlose Folge von Problemen, und das wird festgestellt.
Nichts anderes bedeutet das hier.
Das müssen wir bedenken, es ist einfach bitter, dass ununterbrochen so getan wird, als könnte man mit den privaten Anlegern beziehungsweise Investoren genauso Perspektiven entwickeln wie mit der GEWOBA.
Deswegen sind uns diese beiden Punkte wichtig, und man kann hier nicht ununterbrochen so tun, als würden wir einmal eben Lernen vor Ort machen und
das allen überstülpen, sondern wir müssen auch beachten – und das wäre mein letzter Punkt –, was die Stadtteile selbst wollen. Da ist ja bislang von dem Projekt Lernen vor Ort –
das ist jetzt vorbei, das ist ausgelaufen! – gar nichts angekommen. Die schauen mich doch fragend an, nach dem Motto: Ja, das haben die in Gröpelingen für die Bildung getan, und was ist hier bei uns? Wir wurden bislang noch nicht einmal theoretisch einbezogen. Ich finde, da sollte man anfangen.
Dann verstehe ich überhaupt gar nicht mehr, warum Sie dann so etwas wie das Arbeitsressort nicht mit in Ihre Liste aufnehmen. Das sind doch ganz wichtige Mittel und strategische Fragen, die für die Quartiersentwicklung auch eine große Rolle spielen. Das kommt aber hier in Ihrer Liste derer, die Sie noch mit einbeziehen wollten, gar nicht vor. Warum?
Insofern werden wir diesen Antrag ablehnen. – Danke!
Sehr geehr
ter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Sanktionen sind der harte, hässliche Kern des Hartz IV-Systems. Die Menschen, die Hartz IV beziehen, sind die größte geschlossene Gruppe, die von Armut betroffen ist. Diese Menschen, mit deren Situation wir alle hier im Saal wahrscheinlich herzlich wenig zu tun haben, sind eine Gruppe, die sich sehr schlecht zur Wehr setzen kann. Sie verfügen über wenige Ressourcen insgesamt, aber auch um entsprechen des Rechtssystem für sich zur Verfügung zu stellen.
Dieser Gruppe sind in den Monaten Juli 2013 bis
Juni 2014, so die Antwort des Senats, insgesamt 2,3 Millionen Euro durch Sanktionen weggenommen worden. Das ist aus meiner Sicht eine relativ kon servative Berechnung, ich werde darauf noch einmal zurückkommen. Es ist die größte armutsfördernde und -verschärfende Maßnahme, die im Land Bremen läuft.
Man muss betonen, ohne dass das irgendeinen
Sinn bezüglich Arbeitsfördermaßnahmen gehabt hätte! Es führt in keiner Weise dazu, es wird wohl niemand behaupten können, dass man damit aus dem Hartz IV-System herauskommt.
In den Jahren 2009 bis 2013 gab es eine leichte
Abnahme der Zahl der Hartz IV-Empfänger in Bre
merhaven, in der Stadt Bremen hat sich die Zahl überhaupt nicht verändert. Die Zahl der Sanktionen hat sich in dem Zeitraum aber verdoppelt. Zuletzt wurden über 13 000 Sanktionen im Jahr neu aus gesprochen. Jeder und jede zehnte erwerbstätige Hartz IV-Empfänger und -Empfängerin war von mindestens einer Sanktion betroffen. Die Zahl der Sanktionen steigt kontinuierlich, und es ist bislang kein Ende abzusehen, ich werde später vielleicht noch einmal auf den Punkt der Sanktionsquote in den entsprechenden Jobcentern eingehen.
Die meisten Menschen denken ja, wenn man
arbeitslos ist und entsprechende Maßnahmen nicht wahrnimmt, verschiedene Dinge nicht beibringt oder sich nicht entsprechend kooperativ zeigt, dann wird man mit einer Sanktion bedacht. Das ist aber gar nicht der Fall! Mehr als drei Viertel aller Sank tionen gehen auf sogenannte Meldeversäumnisse zurück. Das heißt also, jeder, der einen Termin nicht wahrnimmt beziehungsweise sich nicht rechtzeitig zurückmeldet und dafür keinen akzeptablen Grund vorlegen kann, bekommt dafür eine Sanktion.
Das ist eine Form von Obrigkeitsstaat, die bei den
Betroffenen Wut, Ohnmacht, Hass, Depressionen und blanke Verzweiflung hervorruft. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, das passiert im staatli chen Auftrag.
Die wesentliche Funktion des Sanktionssystems
ist es, den Bezug von Hartz-IV-Leistungen so uner träglich wie möglich zu machen. Die einzige arbeits marktpolitische Folge – bestenfalls – ist, dass wir immer mehr Aufstockerinnen und Aufstocker haben. Mehr als jeder vierte in Hartz-IV-Bezug Stehende ist inzwischen nebenbei erwerbstätig. Es gibt inzwischen auch zahlreiche Menschen, die den Hartz-IV-Bezug abbrechen, weil sie es schlichtweg nicht ertragen.
Was mich in diesem Zusammenhang besonders
erschüttert, ist – ich möchte an dieser Stelle Ihre Aufmerksamkeit auf die Senatsantwort auf Frage 21 lenken –, dass der Senat dieses Sanktionssystem in vollem Umfang auch für die Jugendberufsagen tur vorsieht. Der Senat versucht nicht einmal, mit dem Jobcenter eine Regelung zu finden, damit die Sanktionsfreiheit für Jugendliche zugesichert wer den kann. Da wurde den Abgeordneten zum Teil systematisch etwas Falsches erzählt. Laut Protokoll der Bildungsdeputation vom Dezember 2014 sagte beispielsweise der Staatsrat, dass Hamburg hier als gutes Beispiel gelten könne, wenn es darum gehe, für diese Gruppe Sanktionsfreiheit zu ermöglichen. Faktisch passiert überhaupt nichts in diese Richtung. Das wird in der Senatsantwort letztlich bestätigt.
Herr Westkamp hat die Sanktionen im Armut
sausschuss verteidigt – mit einer, ehrlich gesagt, merkwürdigen Argumentation. Die Kolleginnen und Kollegen im Jobcenter seien mit Herzblut dabei. Aber wenn zum zweiten, dritten oder vierten Mal jemand nicht erscheine, dann könnten sie gar nicht
anders als eine Sanktion zu verhängen. Das ist eine Art von Argumentation, die ich nicht nachvollzie hen kann. Im Klartext heißt das, wir müssten doch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Jobcenter verstehen, da sie schikanieren müssten.
Ich möchte an dieser Stelle eines klarziehen: Mir
geht es in keiner Weise um individuelle Schuldzu weisungen. Mir geht es darum, dass wir insgesamt über dieses System der Sanktionen als strukturelles Problem nachdenken müssen. Wir produzieren durch diese Sanktionen Armut! Das Jobcenter bekämpft sie nicht, sondern trägt dazu, dass sich Armut ver schlimmert.
Ich bin gespannt, ob der Armutsausschuss es wagen
wird, irgendeine Maßnahme zur Armutsbekämp fung in der Größenordnung von 2 Millionen Euro vorzuschlagen. Es wäre schön, wenn er wenigstens vorschlagen würde, diese Art von Armutsförderung zu bekämpfen, die vor unseren Augen stattfindet. Denen, die es am nötigsten haben, mehr als 2 Mil lionen Euro wegzunehmen, ist ein Vorgehen, das wir in keiner Weise unterstützen können – Danke!
Sehr geehrter
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erstens: Kollege Reinken, wenn ich Ihnen zuhöre, klappen sich bei mir die Fußnägel hoch.
Wenn Sie auch nur minimales Interesse daran
hätten, Sanktionen infrage zu stellen, dann müssten Sie mir die Frage beantworten, wo das in den letzten Jahren geblieben ist.
Es hat nie Anläufe gegeben, insbesondere nicht
von der SPD, das Sanktionssystem in irgendeiner Weise infrage zu stellen.
Zweitens: Wenn das große Problem, das Ihnen auf
der Seele liegt, die Langzeitarbeitslosigkeit ist, dann frage ich mich, warum so wenig dagegen unternom men wird. Wenn in Bremen Zahlen gestiegen sind, dann es die Sanktionszahlen, aber in keiner Weise die Zahlen zur Integration in den Arbeitsmarkt. Das muss man sich angesichts der vorliegenden Zahlen vor Augen halten.
Wenn es immer heißt, die Sanktionsquote bei
uns sei im Bundesdurchschnitt sehr niedrig, dann frage ich mich, was das für eine Argumentation ist. Das ist doch eine Argumentation nach dem Motto „Woanders ist es noch schlimmer!“ Sollen wir uns dafür auf die Schultern klopfen?
Wenn wir die Sanktionen pro Einwohner in den
Blick nehmen, stellen wir fest, dass wir hier mit meilenweitem Abstand an der Spitze liegen. Das ist natürlich auch der Tatsache geschuldet, dass es hier so viele Betroffene gibt. Ich kann es Ihnen gern noch einmal vorrechnen. Die Senatsantwort ist insoweit auch falsch. Man braucht, um das festzustellen, nur die Zahlenangaben in der Senatsantwort zugrunde zu legen. 6 551 Menschen waren seit 2009 jährlich von mindestens einer Sanktion betroffen. Der durch schnittliche monatliche Kürzungsbetrag pro Sanktion betrug 98,10 Euro. Wenn ich es nur auf zwei Monate hochrechne, bin ich schon bei 2,6 Millionen Euro. Die genannte Zahl wird also bei weitem überschritten.
Ich möchte noch etwas sagen zu den Rechtsver
einfachungen, über die diskutiert wird. Auf Bundes ebene setzt sich die SPD-Fraktion in keiner Weise für Rechtsvereinfachungen ein, die einen Sanktionsabbau bezüglich der Jugendlichen ermöglichen würden. Auf der Tagesordnung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe steht dieser Punkt inzwischen ganz weit hinten; er wurde x-mal vertagt. Es sieht nicht danach aus, dass die Rechtsvereinfachungen realisiert werden.
Wenn wir hier schon davon reden, dass es richtig
wäre, einmal grundsätzlich über Sanktionen nach zudenken, dann möchte ich den Senat gern in die Verantwortung ziehen. Das ist aber schon der zweite Aspekt. Der erste ist das Jobcenter, das mit seiner Struktur als Institution eine menschenverachten de Politik, die beispiellos ist, an den Tag legt. Das wird vom Senat gedeckt! Was ich überhaupt nicht begreifen kann: Obwohl der Senat 50 Prozent der
Mitglieder der Trägerversammlung stellt und obwohl sehr deutlich geworden ist, dass der positive Effekt dieser Sanktionen gleich null ist – im Gegenteil, wir verzeichnen einen negative Effekt -, wehrt sich niemand dagegen. Wollen wir trotz alledem wirklich eine Jugendberufsagentur, die in die Hände des Jobcenters gelegt wird?
Ich frage mich ernsthaft, wie Sie mit dem Prinzip
des Zwangs, der Sanktionsandrohung, sozusagen der Streichung des Existenzminimums, eine positive Kooperation mit den Menschen erreichen wollen. In dem Fall ist es auch vollkommen egal, ob es Ju gendliche oder Erwachsene betrifft. Der von Ihnen verfolge Ansatz ist hanebüchen.
Was in der Argumentation von Frau Grönert, aber
auch in der von Herrn Reinken durchscheint, ist ein geradezu widerliches, menschenverachtendes Bild, das Sie haben. Widerlich, wirklich! Der kleinste Teil der Betroffenen möchte sich in irgendeiner Weise – –.
Ja, die Sprache!
Was heißt hier „Ihre Sprache“? Ich benenne hier Wahrheiten. Das ist Fakt.
Ja, das ist so.
In dem Moment, in dem ich mitbekommen habe,
in was für einem Drangsal sich die Einzelnen be finden – –.
Ja, ich spreche über Kollegen. Ich möchte nicht, dass die Kollegen mit einem solchen Menschenbild nach draußen treten und den Eindruck vermitteln, ein großer Teil der Betroffenen lege sich in die Hän gematte und sei nicht kooperativ; das sind nur sehr kleine Minderheiten.
Ich möchte nicht, dass dieser Vorwurf, sozusagen
als Generalverdacht, allen untergejubelt wird. Von diesem Vorwurf distanziere ich mich entschieden. Es wäre gut, wenn Sie das auch täten.
Wenn Ihnen das tatsächlich ein Anliegen wäre, würden Sie sich in ganz anderer Weise dahinter klemmen.
Wir haben hier in eine Armutsquote, die exorbitant
hoch ist. Das ist das Problem. Wir sollten kreativ darüber nachdenken, wie wir mit den Menschen, nicht gegen sie, die Armut abbauen können.
Sehr geehr
ter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es behauptet glücklicherweise niemand mehr, dass die Lage auf dem Wohnungsmarkt in Bremen nicht angespannt sei. Das soziale Wohnraumförderungs programm des Senats ist ein wichtiger Baustein in dieser Strategie, das ist überhaupt keine Frage. Das Programm reicht aber nicht aus, um die Probleme zu lösen. Es wurde schon angesprochen, Tatsache ist, dass 2 000 bis 3 000 Flüchtlinge pro Jahr nach Bremen kommen, auch sie werden bezahlbare Wohnungen brauchen. Ich finde die Idee, für Flüchtlinge ein ei genes Programm aufzulegen, durchaus interessant und erwägenswert.
Der zweite Punkt ist der Anstieg der Obdachlosen,
auch das wurde hier entsprechend erwähnt, es ist nicht so, dass wir an der Flanke nicht eine Fülle von Problemen hätten. Die ursprünglichen Prognosen gehen davon aus, dass Bremen jährlich 1 400 Woh nungen braucht. Unter den sozialen Wohnungsbau fallen jährlich circa 350 Wohnungen beziehungsweise die berühmten 25 Prozent, die in diesem Programm angelegt sind. Bei den Anmeldungen der Förderung wird diese Zahl auch aktuell erreicht, wobei aber natürlich immer noch nicht genügend Wohnungen zur Verfügung stehen.
Gleichzeitig ist es leider so, dass die Zahl der So
zialwohnungen nicht steigt, sondern dass sie täglich weniger werden, das heißt, aus der Sozialbindung fallen immer mehr Wohnungen heraus. Bis zum Jahr 2025 werden es nur noch 2 700 Wohnungen sein, im Jahr 2014 hatten wir einmal 9 000 Wohnungen. Das Programm kommt aktuell nicht dagegen an.
Es hat mich etwas irritiert zu hören, dass in Bre
merhaven darüber nachgedacht wird, Wohnraum abzureißen, um die Mietpreise zu stabilisieren. Ich weiß nicht, ob das tatsächlich wahr ist und umgesetzt werden soll, aber ich finde, es wäre eine merkwür dige Idee,
während wir gleichzeitig in Bremen darüber nach denken, Flüchtlinge in Turnhallen unterzubringen. Selbstverständlich kann man die Menschen nicht einfach von einem zum anderen Ort exportieren, das geht nicht so einfach, aber das parallel zu machen, das ist schon etwas merkwürdig.
Angesichts des Aussterbens der Sozialbindun
gen steht natürlich nach wie vor der Ankauf von Belegbindungen im Raum. Die Rechnung, die hier in der Antwort aufgestellt wurde, überzeugt mich allerdings nicht. Nach dem Förderprogramm gibt es für neu gebaute Sozialwohnungen bis zu 60 000 Euro und einen Zinsabschlag von vier Prozent für die ersten zehn Jahre, von zwei Prozent für die nächsten zehn Jahre, das sind insgesamt 36 000 Euro. Das ist genauso viel, wie für eine angekaufte Belegbindung veranschlagt wird.
Die Kosten, die für den Ankauf einer Belegbindung
veranschlagt werden, scheinen mir aber deutlich zu hoch zu sein. Man kauft doch keine Belegbindung, wenn der Quadratmeterpreis bei etwa 9 Euro liegt. Man macht das doch eher, wenn er unter 6,50 Euro liegt. Es geht hier doch schließlich um eine einkom mensschwache Gruppe, da müsste doch ein Zuschuss von 1 Euro pro Quadratmeter als Anreiz für den Vermieter faktisch reichen. Dann liegt man mit etwa 50 000 Euro insgesamt für 20 Jahre deutlich unter den Kosten. Eine angekaufte Belegbindung kostet dann faktisch vielleicht 1 000 Euro pro Wohnung pro Jahr. Ich finde, das ist eine durchaus legitime Rechnung.
Man darf auch die beiden Instrumente nicht ge
geneinander ausspielen, sie sollten faktisch beide greifen können.
Ich möchte hier noch einmal auf ein Beispiel ein
gehen. Die Deutsche Annington hat gerade die Bestände der GAGFAH übernommen. Wir haben dazu eine Kleine Anfrage eingebracht. Im Stadtteil Oslebshausen hat sie damit praktisch die Wohnanlage Wohlers Eichen mit 254 Wohnungen übernommen, und das sind alles Sozialwohnungen. Im Augenblick ist dort ein Mietpreis von circa 3,50 Euro pro Quadrat meter zu zahlen. Die Sozialbindung läuft Ende 2015 aus, und dann frage ich mich schon, was denn im Januar 2016 passiert. Die Mieten werden womöglich dramatisch steigen, es wird zu einer Verdrängung von Mietern kommen. Man muss an dieser Stelle überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, ein Instrument zur Verfügung zu haben, um die Sozialbindung ver längern zu können. Der Wohnungsbau ist in diesem
Fall nicht für die Mieter von Nutzen, sondern sie brauchen letztendlich die Gewährleistung, dass sie relativ kostengünstig dort weiterhin wohnen können. Das schafft zwar keinen zusätzlichen Wohnraum, das ist richtig, aber es würde dafür sorgen, dass die Menschen, die faktisch dort wohnen, in ihrem Wohnraum bleiben können. Ich finde, das sollten wir im Auge behalten, weil sonst die Situation zusätzlich verschärft wird. – Danke schön!
Sehr geehr
ter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beantragen hier, dass die Jobcenter Bremen und Bremerhaven den Zustand wiederherstellen, dass Menschen ihren zuständigen Mitarbeiter oder ihre Mitarbeiterin wieder direkt anrufen können, also sich nicht nur im Callcenter melden können. Für den Antrag ist die Überweisung in die Deputation vereinbart, das finde ich auch ganz gut.
Ich glaube, das Thema ist nicht einfach in fünf
Minuten zu Ende zu diskutieren. Es wäre allerdings schön, wenn wir es nicht nur in die Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, sondern auch in die Deputation für Soziales, Kinder und Jugend über weisen könnten, denn es geht ja auch maßgeblich um die Betroffenen selbst.
Seit dem Jahr 2010 ist eine Reihe von Jobcen
tern bundesweit dazu übergegangen, Callcenter zu beauftragen. Man kann also nicht mehr direkt bei seinem Sachbearbeiter oder seiner Sachbearbeiterin anrufen, sondern man muss es über das Callcenter tun. Dort wird der Anruf aufgenommen, und es wird zugesagt, dass sich innerhalb von 48 Stunden jemand meldet beziehungsweise zurückruft. Es gibt bundesweit 424 Jobcenter, davon greifen 155 auf die Callcenter zurück. Das ist der Stand vom März 2014. Das ist in Bremen und Bremerhaven auch der Fall, es
gab dazu eine Kleine Anfrage der LINKEN-Fraktion im Bundestag, und es gibt auch einen Bericht der Innenrevision der Bundesagentur für Arbeit vom April 2013.
Die Frage der telefonischen Erreichbarkeit hat
eine pragmatische, aber auch eine psychologische Seite. Die pragmatische Seite ist, wie erreicht man es am besten, dass sich Behördenmitarbeiter und -mit arbeiterinnen und Betroffene telefonisch erreichen können? Das Callcenter gewährt diese Erreichbarkeit, hat aber keine Ahnung vom konkreten Fall. In der Regel erhalten die Betroffenen keinen Beleg darüber, dass sie angerufen haben, zum Beispiel wenn sie ei nen Termin absagen müssen. Es gibt Fälle, in denen Menschen kurzfristig erkranken oder aus anderen Gründen verhindert sind, sich möglicherweise nicht vorstellen können, die Übermittlung aber zu spät erfolgt. Möglicherweise bekommen Sie dann eine Sanktion. Die Chancen stehen gut, dass diese wieder aufgehoben wird, aber man weiß nicht, inwieweit das tatsächlich eins zu eins dokumentiert wird. Dann kommt es schon darauf an, ob jemand es gewohnt ist, Widerspruch einzulegen und sich um diesen Fall zu kümmern et cetera.
Ich finde dann aber auch noch einmal die psycho
logische Seite wichtiger. Die Betroffenen müssen ja auf den Rückruf warten, sie müssen ein bis zwei Tage in der Nähe des Telefons bleiben, sie machen sich Sorgen und es gibt nach wie vor natürlich auch einen gewissen Druck. Sie sind zwar nicht dazu ver pflichtet, niemand weiß genau was passiert, wenn sie diesen Rückruf verpassen, aber die ganze Zeit eben tatsächlich auch insofern umgekehrt eine gewisse Bereitschaft an den Tag zu legen, zur Verfügung zu stehen, ist nicht ganz einfach. Die meisten rufen ja durchaus mit einem dringenden Anliegen an, entweder ist das Geld nicht da oder man sollte zu einem Termin kommen, den man nicht wahrnehmen kann, und so weiter. Wenn man sich am Telefon in der Warteschleife befindet, geht es einem meistens schon nicht so richtig gut, denn es ist ja kaum ein erfreulicher Anlass, mit dem man sich dort beschäftigt.
Deswegen hat auch das Verwaltungsgericht Leip
zig in einem Urteil vom Januar 2013 unterstrichen, es ist Ausdruck modernen, staatlichen Selbstver ständnisses, die telefonische Erreichbarkeit in beide Richtungen unmittelbar sicherzustellen, und zwar auch in sogenannten Massenverfahren und auch gerade in Bereichen, wo es um die soziale Existenz gehen kann. Der Rest ist eine Frage der Organisa tion, etwa wieweit Telefonzeiten erforderlich sind. Hier wird ausdrücklich anerkannt, dass es einen Unterschied macht, ob man irgendwo eine Auskunft haben möchte oder ob es um soziale Existenzfragen geht, und im Hartz IV-Bezug geht es in der Regel immer um soziale Existenzfragen.
Das Callcenter-System verstärkt bei den Betroffe
nen noch mehr den Eindruck, einem anonymen, über mächtigen Apparat gegenüberzustehen. Sie können
sich auf die Weitergabe ihres Anliegens nur verlassen. Hier geht es auch – ich hatte es schon erwähnt – um Ängste, aber auch darum ernst genommen zu werden und um Kommunikation auf Augenhöhe. „Rufen Sie uns nicht an, wir rufen Sie an!“ ist heutzutage durchaus auch ein Codewort dafür, dass man eher in Ruhe gelassen werden möchte. Ich finde, diese Botschaft ist mit Sicherheit nicht so gemeint, aber sie kann durchaus so interpretiert werden.
Meine Auffassung ist ganz klar, es hat eine ganz
schlechte Wirkung, wenn man in der Kommunikation zwischen Sozialleistungen und Callcentern so etwas wie ein anonymes Callcenter dazwischenschaltet. Ich finde, das ist keine moderne Staatlichkeit, und ich fände es gut, wenn wir das noch einmal überdenken könnten. – Danke!
Ich habe zwei
Dinge, die ich anzumerken habe. Das Erste ist, ich habe den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nie in irgendeiner Weise eine schlechte Arbeit unterstellt. Meine Kritik bezog sich einzig und allein auf die Institution, und auf dieser Ebene habe ich strukturell auch argumentiert. Das Zweite ist – es ist völlig richtig, was Sie erwähnt haben –, dass 20,5 Stellen gerade nicht besetzt sind. Es gibt eine hohe Fluktuation, das heißt, der Arbeitsplatz im Jobcenter gehört nicht zu dem beliebtesten. Das heißt, die Arbeitssituationen dort sind nicht immer optimal, sondern müssten auch dringend überdacht werden. Ich finde, das wäre auch im Sinne der Beschäftigten dort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir debattieren heute über das Wohnungsaufsichtsgesetz. Ich kann es gleich vorwegnehmen: Aus unserer Sicht ist das ein wesentlicher, richtiger und absolut unterstützenswerter Schritt.
Die Wohnungsaufsicht ist eine Pflicht des Staates. Das ergibt sich schon aus dem Grundsatz, dass Wohnen ein Menschenrecht ist. Mehrere Bundesländer haben dieses Gesetz bereits eingeführt, andere denken darüber nach, es zu tun. Anlässe gibt es zuhauf. Die Neuwieder Straße wurde schon erwähnt, ist aber nur ein Beispiel. Es gibt auch die „Grohner Düne“ und das Schweizer Viertel. Wir haben die großen Wohnungsbaugesellschaften, die flapsig „Heuschrecken“ genannt werden. Aber es gibt auch kleine private Vermieter, die durchaus ihre Wohnungen verfallen lassen und dadurch absolute unwürdige Wohnbedingungen heraufbeschwören. Ich möchte auch, meine Vorrednerin durchaus unterstützend, die Leiharbeiter erwähnen, die praktisch zusammengepfercht werden. Zwar werden exorbitante Mieten verlangt, aber mit „Wohnen“ kann das nicht mehr tituliert werden.
Das Gesetz klärt vor allen Dingen – das halte ich für wesentlich –, dass ein Vermieter finanziell belangt werden kann, zum einen für die Kosten, die für die Beschaffung von Ersatzwohnraum anfallen, zum anderen über Bußgelder. Es geht letztlich nicht darum, die Leute auf die Straße zu setzen, sondern es geht darum, dass qualitativ adäquater, anständiger Wohnraum zur Verfügung steht.
Ich möchte jetzt aufgrund der Kürze der Zeit nur auf den zweiten Punkt unseres Änderungsantrags eingehen. Wenn man den vorliegenden Gesetzentwurf mit den entsprechenden Gesetzen anderer Bundesländer vergleicht, fällt natürlich auf, dass die Zweckentfremdung von Wohnraum – der zweite Passus in unserem Änderungsantrag – herausgefallen ist. Diesen Passus würden wir aber gern aufnehmen. Darauf bezieht sich schwerpunktmäßig unser Änderungsantrag. Die Koalition hat in ihrem Gesetzentwurf, der dem Wohnungsaufsichtsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen sehr ähnlich ist, genau diesen Punkt weggelassen.
Das Wohnungsaufsichtsgesetz stellt übrigens keinen neuen Wohnraum zur Verfügung. Eine Entwicklung in diese Richtung würde aber durch die Möglichkeit, gegen Zweckentfremdung vorzugehen, eintreten. Zweckentfremdung heißt letztlich, dass Wohnraum dem Wohnungsmarkt entzogen wird. Er wird nicht genutzt, aus welchen Gründen auch immer, seien es Spekulationszwecke, die Nutzung als Ferienwohnung oder eine gewerbliche Nutzung. Wir sollten für die Gemeinde zumindest die Möglichkeit verankern, per Satzung das Problem der Zweckentfremdung anzugehen. Das heißt nicht, dass wir übermorgen loslaufen und uns auf alle Ferienwohnungen stürzen sollen, sondern die Gemeinde soll schauen, in welchen Gebieten die Zweckentfremdung von Relevanz ist.
Wenn Sie sich Portale wie „airbnb“ et cetera ansehen, stellen Sie fest, dass es in Bremen eine ganze
Menge Ferienwohnungen gibt. Es ist nicht so, dass dieser Punkt bei uns keine Rolle spielen würde. Bremen ist eine Großstadt, die Attraktivität auch über Ferienwohnungen herstellt. In der Überseestadt oder im Blockland ist das für uns weniger relevant. Aber im Viertel und in der Neustadt, wo händeringend günstiger Wohnraum gesucht wird, dessen Bereitstellung also besonders notwendig ist, spielt diese Zweckentfremdung durchaus eine Rolle. Deswegen sind wir der Meinung, dass wir zumindest die beschriebene Möglichkeit in einem solchen Gesetz verankern sollten.
München beispielsweise hat eine Zweckentfremdungssatzung. Interessanterweise hat Bayern, das von der CSU regiert wird, im Jahre 2004 das dortige Wohnungsaufsichtsgesetz abgeschafft. Aber die Kommune München hat entsprechende Möglichkeiten sehr vielschichtig auf allen möglichen Ebenen wieder installiert. Das ist eine gute Regelung, die beispielsweise auch die gemischte Nutzung – für Wohnen und Arbeiten – aufgreift.
Aus den genannten Gründen sagen wir, dass der Passus zur Zweckentfremdung ein wesentliches Element des Gesetzes sein müsste. Wir finden es außerordentlich bedauerlich, dass er nicht verankert werden soll. Wir bestehen darauf, dass eine entsprechende Regelung auch in unser Gesetz aufgenommen wird, und hoffen, dass Sie unserem Antrag zustimmen werden. Wir hatten schon im Jahr 2013 eine Kleine Anfrage zur Zweckentfremdung gestellt. Es stellte sich heraus, dass der Senat nicht die blasseste Ahnung hat, in welcher Weise dieses Problem bei uns eine Rolle spielt beziehungsweise in welchem Umfang es überhaupt passiert. Dieser Zusammenhang wird hier überhaupt nicht reflektiert. Das ist der falsche Ansatz, weil dadurch verhindert wird, dass wir an dieser Stelle entsprechend agieren können. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir – respektive Sie – haben schon in der letzten Bürgerschaft ausführlich über die Situation der Frauen im Lande Bremen gesprochen. Wir haben reflektiert, dass es damit nicht gerade rosig aussieht. Ich weiß, dass es einerseits – das sage ich auch aus meiner persönlichen Situation heraus – um Selbstverständlichkeiten geht, über die zu diskutieren eigentlich nicht notwendig sein sollte. Auf der anderen Seite weiß ich, dass noch ein dickes Brett zu bohren ist.
Noch einmal kurz zu den Zahlen! In Bremen sind in etwa gleich viele Männer wie Frauen erwerbstätig, von den Bremerinnen sind es fast 63 Prozent. Aber wenn wir uns die Zahlen genauer anschauen, erkennen wir, dass davon wiederum nur 46 Prozent, also nur fast die Hälfte, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze innehaben, die andere Hälfte nicht.
Es sollte ein selbstverständliches Ziel der Wirtschaftsförderung sein, dass Frauen mindestens so viel
von ihr haben wie Männer. Die Ausrichtung ist nicht nur ungerecht für Frauen, sondern auch, wenn ich das sagen darf, wenn wir uns die Migrationsanteile ansehen, sieht es nicht viel besser aus. Das heißt, die Wirtschaftsförderung benachteiligt diejenigen Beschäftigten, die ökonomisch ohnehin schon schlechter gestellt sind und am Arbeitsmarkt größere Probleme haben. Das ist unter sozialpolitischen, migrationspolitischen und eben gerade auch gleichstellungspolitischen Gesichtspunkten ausgesprochen unbefriedigend. Diese Verzerrung ist aber auch arbeitsmarktpolitisch unvernünftig.
Das produzierende Gewerbe, das am meisten von der Wirtschaftsförderung profitiert, baut kontinuierlich Arbeitsplätze ab. In den Jahren 2008 bis 2012 sind dort mehr als 1 000 Arbeitsplätze verschwunden. Dafür sind im Bereich der wirtschaftlichen Dienstleistungen circa 6 000, im Gesundheits- und Sozialwesen 2 000 und auch in der Erziehung und im Unterricht Arbeitsplätze entstanden. Ausgerechnet die Bereiche, die unter Beschäftigungsgesichtspunkten eine dynamische Entwicklung aufweisen, sind aber von der Wirtschaftsförderung des Landes ausgenommen. Das widerspricht eigentlich jeder volkswirtschaftlichen Vernunft.
Warum ist das so? Die Wirtschaftsförderung hier stammt aus drei Quellen, zum ersten aus den Bundesmitteln im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftsförderung, zum zweiten aus EUMitteln, also aus dem EFRE, und zum dritten aus Landesmitteln. Für die Bundesmittel, die sogenannten GRW-Mittel, ist die Beschränkung auf die Exportbranchen zwingend vorgeschrieben.
Es gibt eine Positivliste, das ist allgemein bekannt, das ist Teil der Exportbasistheorie, über deren Kritik man jetzt lange reden könnte, das wäre durchaus auch noch einmal eine Fragestellung. Die Notwendigkeit aber, warum wir das bei den EU- und bei den Landesmitteln machen, erschließt sich mir nicht. Hier hätte man andere Gestaltungsmöglichkeiten, die wahrgenommen werden sollten.
Die Wirtschaftsförderung des Landes nimmt einfach die Förderrichtlinien des Bundes und stülpt sie den anderen quasi mit über. Dafür gibt es keine Notwendigkeit, und ich bin der Meinung, dass man das ändern sollte.
Im Strukturkonzept 2020 wird vollmundig von den Kriterien für gute Arbeit gesprochen. Dort ist es immer wieder ein Bestandteil, wie wichtig es ist, Frauen entsprechend gleichberechtigt daran zu beteiligen. Ich habe das in diesem Strukturkonzept an verschiedensten Stellen gefunden, allerdings schlägt es sich
nicht in unserer Wirtschaftsförderung nieder, denn hier haben wir eine hausgemachte Männerorientierung, die sich wie ein roter Faden durch genau diese Art von Politik zieht. Beim neuen EFRE-Programm hat Bremen bei den möglichen thematischen Ziele genau die Bereiche ausgesondert, die auch in der GRW-Förderung vernachlässigt werden: Gesundheitswesen, Sozialunternehmen und Investitionen in die Abfallwirtschaft. Es wäre sehr clever gewesen, wenn man sie darin gelassen hätte, das ist aber nicht passiert. Städtische Mobilität, lokale Beschäftigungsinitiativen der Nachbarschaften und die Entwicklung von IT-Produkten, das hat man alles gestrichen, um auch das EFRE-Programm mit derselben Einseitigkeit wie die GRW-Förderung zu konstruieren.
Ich möchte zum Schluss noch sagen, und ich werde in der zweiten Runde noch einmal vertieft darauf eingehen, dass unser Antrag faktisch sehr defensiv ist. Mir geht es darum, über dieses Landesinvestitionsprogramm nachzudenken und einmal die Grundfesten dieser Konzeptionierung infrage zu stellen. Diese Debatte ist hier längst überfällig. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angesichts des zuletzt gehörten Beitrags muss ich sagen: Es wundert mich nicht mehr, warum die CDU keine moderne Großstadtpartei in Bremen wird. Für mich ist sehr nachvollziehbar, warum Ihnen das schwerfällt.
Hier wird der Gender Pay Gap zur Leitkultur. Alles, was Sie vorgeschlagen haben, bewegt sich im Mikrobereich. Ich möchte es positiv aufnehmen, dass zumindest von rot-grüner Seite ein gewisser Bedarf konstatiert wird, auf den wir eingehen müssen. Das finde ich richtig. Andererseits müssen wir uns nochmals die Definition von Wirtschaftspolitik ansehen. Ich habe hier schon öfter eingeklagt, dass die Wirtschaftspolitik eine andere werden muss. Wir haben in Bremen eine Armutsentwicklung. Wir beklagen hier Kinderarmut, deren Ursache in erster Linie Frauenarmut ist. Der Gender Pay Gap liegt bei 26 Prozent!