Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte kurz die Position des Senats darstellen. Die Debatte war hier deshalb besonders interessant, weil wir zwei extreme Positionen von den beiden Oppositionsparteien gehört haben: auf der einen Seite die Position, die sich auch in dem Antrag niederschlägt: erstens, generelles Verbot von Leiharbeit auf Bundesebene, zweitens, Verbot jeder Form der Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen des Konzerns Bremen, und drittens, genereller Ausschluss der Leiharbeit bei der Wirtschaftsförderung. Auf der anderen Seite steht die Position, die Herr Kau hier vorgetragen hat! Die Position habe ich so verstanden, dass man im Prinzip gar nichts machen muss. Es bleibt bei den Tarifvertragsparteien, einen Änderungsbedarf gibt es nicht. Ich glaube, dass beide Positionen deutlich falsch sind.
Herr Kau, es gibt einen ganz offenkundigen Missbrauch bei der Leiharbeit, der darin besteht, dass die Leiharbeit viel zu lange durchgeführt wird. Wir haben zum Teil Leiharbeitsverhältnisse, die neun oder zehn Jahre in dem gleichen Betrieb andauern. Ein weiterer Punkt ist, dass die Leiharbeit auch genutzt wird, um den Lohn zu senken.
Sie wird deutlich schlechter bezahlt als die Arbeit der Stammbelegschaft, und das sind zwei ganz handgreif
liche Missbräuche, wenn sie sich über lange Zeit hinziehen, die beseitigt werden müssen. Daher gibt es einen deutlichen Handlungsbedarf, und deshalb will ich sagen, was der Senat an diesen drei Punkten macht.
Erster Punkt! Der Senat hat am letzten Dienstag die Mitantragstellung zu einer Bundesratsinitiative beschlossen, und diese Initiative hat folgende Kernpunkte. Erstens, die Änderung des Arbeitnehmerüberlastungsgesetz, nämlich gleiche Bezahlung für Leiharbeiter und Stammbelegschaften! Herr Kau, dazu muss ich noch einmal sagen, im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz steht natürlich der Grundsatz der Entgeltgleichheit, aber, wie Herr Reinken es hier vorgetragen hat, es gibt die Ausnahme, man kann durch Tarifverträge davon abweichen,
(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Das hat Herr Kau auch gesagt, Sie müssen nur ein- mal richtig zuhören! Was Sie erzählen, ist ein Weihnachtsmärchen!)
und dort ist massiv abgewichen worden, und das hat dazu geführt, dass wir in breiten Feldern eben nicht funktionierende Tarifvertragsparteien auf Arbeitnehmerseite haben. Das Gleiche haben wir im Bereich des Mindestlohns. Dies zeigt ganz eindeutig, dass wir hier im Bereich des Arbeitsrechts einen Regelungsbedarf haben,
und zwar sowohl was die Arbeitnehmerüberlassung betrifft als auch den Mindestlohn. Die Tarifvertragsparteien allein bringen es nicht.
Der zweite Punkt! Im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz soll es eine zeitlich feste Begrenzung geben, der Klebeeffekt hat nicht ausgereicht. Man muss zeitlich Grenzen setzen, Leiharbeit darf zum Beispiel nicht über zwei Jahre hinausgehen.
Dritter Punkt! Die Vertragslaufzeit, das Synchronisationsverbot muss wieder eingeführt werden, dass also die Vertragslaufzeit genau auf die konkrete Beschäftigung bei einem Unternehmen begrenzt wird, das überträgt das Risiko auf den Leiharbeitnehmer, das Risiko, das eigentlich die Leiharbeitsfirma tragen muss. Das Synchronisationsverbot soll also wieder eingeführt werden. Die Konzernleihe muss verboten werden, und die Mitbestimmung bei der Leiharbeit muss gestärkt werden, das brauchen wir als Änderung im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, um den Missbrauch von Leiharbeit einzuschränken. Das ist eine sehr differenzierte Haltung, diese werden wir am 3. Mai 2013 im Bundesrat aus Bremer Sicht als Mitantragsteller vertreten.
Vierter Punkt! Auch in der bremischen Verwaltung macht es keinen Sinn, Leiharbeit völlig auszuschließen. Es gibt extreme Situationen, in denen wir auch im Konzern Bremen Leiharbeit benötigen, aber ich habe mich noch einmal genau im Finanzressort umgehört, unter welchen einschränkenden Voraussetzungen wir denn überhaupt mit Leiharbeit umgehen sollen. Dort ist mir gesagt worden, unter drei Voraussetzungen: erstens, nur im extremen Ausnahmefall, zweitens, immer begrenzt auf sechs Monate, und drittens, strikt unter dem Grundsatz von Equal Pay.
Das sind genau die differenzierten Punkte, die wir brauchen, kein generelles Verbot, sondern dort wo man es braucht.
Im Gesundheitsbereich benötigen wir zum Teil Leiharbeit. Es gibt Arbeitsspitzen, die wir nicht anders abdecken können, zum Teil auch mit einer sehr hohen Vergütung. Dort brauchen wir Leiharbeit in einem gewissen, ganz engen Rahmen.
Fünfter Punkt! Ich glaube, die Wirtschaftsdeputation hat eine sehr kluge Entscheidung getroffen. Sie hat im Kern gesagt, die Arbeitsplätze, die mit Leiharbeitern besetzt sind, werden aus den Förderquoten herausgenommen. Es gibt kein generelles Verbot von Wirtschaftsförderung, das wäre schlecht, dann würden wir das Kind mit dem Bade ausschütten. Die Arbeitsplätze, die mit Leiharbeitern besetzt sind, werden aus der Förderung herausgenommen, die werden bei den Quoten nicht mitgerechnet, und auch das ist eine sehr differenzierte und kluge Haltung.
Das, was wir an positiven Wirkungen der Leiharbeit haben, das wird erhalten, der Missbrauch wird ausgeschlossen. Daher ist die Position des Senats, die Wahrheit liegt sehr abgewogen in der Mitte positioniert, und beide Extrempositionen sind deutlich falsch und müssen bekämpft werden. – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/825 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktionen der Grünen und der SPD legen Ihnen heute einen Antrag vor, mit dem wir die Anzahl der Menschen in Abschiebungshaft im Land Bremen und ihre dortige Verweildauer noch einmal deutlich verringern wollen. Wir nutzen damit den Rahmen voll und ganz aus, den uns der Bundesgesetzgeber zugesteht. Ich sage auch deutlich, im Kern geht es uns Grünen darum, den Abschiebegewahrsam so gut wie überflüssig zu machen. Aus Sicht der Grünen im Bund und in den Ländern ist die sogenannte Abschiebungshaft eben kein geeignetes Instrument und steht den Zielen grüner Flüchtlings- und Einwanderungspolitik entgegen. Sie gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.
Wir bitten den Senator heute konkret darum, die Kriterien, die zur Einweisung in die Abschiebungshaft führen, noch einmal zu überarbeiten. Der Kreis der Personen, die im Grundsatz von einer Ingewahrsamnahme ausgeschlossen sind, ist bereits seit Längerem Praxis. Der Kreis derjenigen, die nicht in den Abschiebungsgewahrsam dürfen, soll nun noch einmal erweitert werden. Wie in der Justiz bereits üblich, fordern wir auch, dass das Prinzip der Haftvermeidung Anwendung findet. Die Ausländerbehörden müssen nun vor der Haftanordnung zuerst mildere Mittel, wie Meldepflichten oder Kautionen, anwenden.
Die Höchstdauer der Haft ist im Bund auf maximal 18 Monate festgelegt. In Bremen soll sie maximal vier Wochen betragen, bei einer erstmaligen Inhaftierung sogar nur zwei Wochen. Schlussendlich fordern wir, auch ein Qualitätsmanagement einzuführen, wie es in weiten Teilen der Verwaltung und in der privaten Wirtschaft bereits üblich ist.
Ich habe ganz bewusst diejenigen Menschen ausgeklammert, die nach einer verbüßten Straftat aus Deutschland abgeschoben werden sollen. Wir Grünen halten eine Vermischung dieser beiden Personengruppen für fatal.
Deswegen ist auch unserer Ansatz, die Planung für eine Abschiebung bereits während der Strafhaft zu beginnen und damit sicherzustellen, dass diese Abschiebung dann direkt aus der Strafhaft erfolgt, der richtige Weg.
Es wird auch heute Menschen geben, denen diese Schritte nicht ausreichen. Ich habe eingangs erwähnt, dass wir Grüne ein klares Ziel vor Augen haben, aber hierfür auch Mehrheiten benötigen. Eine Mehrheit für die komplette Abschaffung der Abschiebungshaft gibt es derzeit im Bund nicht. Trotzdem ist dieser Beschluss hier heute ein Erfolg. Er setzt die humanitäre Flüchtlingspolitik Bremens fort, er steht in einer Linie mit dem Agieren von SPD und Grünen hier im Land Bremen, und er unterstützt unseren Innensenator bei dessen Einsatz für ein vernünftiges Aufenthaltsrecht in unserem Land.
Ein Blick in die Vergangenheit hilft, wenn es um eine Einschätzung der künftigen Lage geht. Im Jahr 2002 legte der damalige Innensenator, Kuno Böse von der CDU, der Deputation für Inneres einen Erlass vor, der vorsah, ich zitiere: „Die Fesselung schwangerer Abschiebehäftlinge ist nur durch Anlegung von Handfesseln zulässig.“ Immerhin, nur! Das Innenressort von Herrn Böse ordnete im Jahr 2002 auch die Inhaftierung eines Fünfzehnjährigen an, dessen Eltern sich der Abschiebung durch Untertauchen entziehen wollten. Er nahm also quasi dieses Kind in Geiselhaft. Wir könnten gemeinsam sicherlich noch einige weitere Beispiele aus der Vergangenheit finden, auch die Inhaftierung eines indischen Staatsbürgers, der monatelang mit einem Herzfehler einsaß, ist keine Ruhmestat. Hier hat aber der Innensenator, nämlich Herr Mäurer, richtig gehandelt, indem er die verantwortlichen Mitarbeiter der Ausländerbehörde zur Rechenschaft zog.
In Bremen wurde durch die Nutzung des Ermessensspielraums per Erlass aus dem Jahr 2009 die Anzahl der Personen in Abschiebungshaft kontinuierlich gesenkt. Ziel muss aber sein, die Abschiebungshaft abzuschaffen, zumindest aber Alternativen dafür zu schaffen. Das wollen wir heute in Bremen angehen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Kollege Herr Fecker hat schon viel Richtiges gesagt, und deshalb kann ich mich relativ kurz fassen.
In Bremen konnte die Anzahl der Menschen, die in Abschiebungshaft genommen wurden, sehr deutlich reduziert werden. Im vergangenen Jahr befanden sich insgesamt 32 Menschen in Bremen in Abschiebungshaft, und die durchschnittliche Haftdauer lag bei 10,4 Tagen. Diese Zahlen sind gut und richtig, denn Menschen in Haft zu nehmen, um ihre Ausreise aus Deutschland zu organisieren, darf, wenn überhaupt, nur das allerletzte Mittel sein.