Das Thema Werkverträge ist angesprochen worden. Die Durchsetzung von Equal-Pay-Regelungen in sehr vielen Branchen führt dazu, dass die Betriebe auf Werkverträge umsteigen. Den Leiharbeitern, die gestern noch als Leiharbeiter beschäftigt waren, beziehungsweise den Unternehmen, die sie verliehen haben, wird gesagt: Das wird uns jetzt aber unter Equal-Pay-Gesichtspunkten zu teuer, Sie können morgen dieselbe Aufgabe bei uns erfüllen, aber bitte nur mit einem Werkvertrag. Das ist die Realität in einigen Branchen und Bereichen, und da nützt ein Verbot der Leiharbeit, der Arbeitnehmerüberlassung gar nichts.
Die Befristungen sind weiterhin möglich, auch als Kettenverträge. Warum nehme ich dann nicht einen befristeten Kettenvertrag und sage, ich verzichte auf den Leiharbeiter? Auch das ist möglich.
Der Minijob wird weiterexistieren als Instrument zur Verdrängung fester Beschäftigung. Insofern gibt es dringenden Reformbedarf, dessen wir uns annehmen müssen.
Die plakative und generelle Forderung nach einem Verbot der Leiharbeit teilen wir überhaupt nicht. Sie bringt uns gar nichts, und wir müssen sie auch viel differenzierter betrachten. Was ist mit dem Konzernverleih? Natürlich ist es nicht zulässig, und es kann auch nicht akzeptiert werden, dass Unternehmen eigene Verleihfirmen gründen, um sich über den Drehtüreffekt, der zum Teil eingeschränkt worden ist, selbst die Beschäftigten zu leihen. Was ist aber mit der konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung, mit der wir in der Bremer Automobilindustrie vor wenigen Jahren die Beschäftigung von Tausend Arbeitnehmern bei Daimler gesichert haben?
Das war ein konzerninterner Verleih, der vernünftig war. Was ist mit dem Gesamthafenbetriebsverein? Was ist mit branchenübergreifenden Beschäftigungspools, die zum Beispiel in einigen Bereichen auch von den
Wir sind dafür, dass wieder klare Regeln eingeführt werden. Equal Pay, Equal Treatment, das Synchronisationsverbot, eine Höchstüberlassungsdauer, mehr Mitbestimmung und die Kontrolle der Verleiher sind die wichtigen Punkte, die wir angehen müssen.
Zum letzten Punkt: Was machen wir in Bremen? Herr Willmann hat es schon richtig gesagt, wir haben mit Ihren Stimmen in der Deputation eine Bremer Regelung dazu beschlossen!
Herr Rupp, ich habe in der Deputation Ihren fehlenden Diskussionsbeitrag so verstanden, dass Sie unserem Bremer Weg, der besser ist als der Thüringer Weg, zustimmen! Dann können Sie doch jetzt, vier Wochen später, nicht sagen, wir wollen das alles ganz anders! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal freue ich mich, dass ich in der Bremischen Bürgerschaft zurück bin und mit Ihnen debattieren darf!
Leiharbeit ist ein arbeitsmarktpolitisches Thema, das man mit Besonnenheit angehen muss, und es ist nur ein Instrument, um die Flexibilität am Arbeitsmarkt zu erhalten. Wer, so wie ich, seit über 25 Jahren im Firmenkundengeschäft tätig ist, weiß, wie betriebswirtschaftliche Zyklen, volkswirtschaftliche Zyklen, Abschwünge und Aufschwünge funktionieren. Wir haben mehr als eine Insolvenzwelle miterlebt, und ich sage Ihnen: Unternehmen sind kleine, pflegebedürftige Pflanzen, und wir können erst einmal allen Unternehmern im Land dankbar sein, die sich aufmachen, Wirtschaftskraft zu erzeugen, Mehrwerte zu produzieren und Menschen in Arbeit zu bringen!
Die Unternehmen in unserem Land sind die einzigen, die Wirtschaftskraft erzeugen, von denen wir Löhne empfangen und von denen Sie Steuern erheben und anschließend verteilen können. Ich kenne keine andere Quelle in der Gesellschaft, im Staat und im Gemeinwesen als die Unternehmen, die eine Wertschöpfung erzielen, deren Verteilung wir hier alle vornehmen.
Das Leiharbeitsverbot, Frau Bernhard, hatten wir ja schon, es ist eine alte Geschichte. Das Verbot der Leiharbeit wurde im Jahr 1967 vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben wegen eines Verstoßes gegen das Grundrecht auf freie Berufswahl, und in diese Zeiten wollen wir, glaube ich, nicht mehr zurück. Dass es Verstöße gibt, lässt sich in keiner Weise leugnen, und sie sind hier sehr gut dargestellt worden. Da muss man vor allem mehr Verantwortung der Unternehmen gegen diese perfiden Auswüchse, die Herr Willmann geschildert hat, einfordern. Das halte ich für richtig. Es kann nicht sein, dass Menschen auf diese Art und Weise ausgebeutet werden; da sind auch wir der gleichen Meinung. Diesen Verstößen muss von der Bundesagentur für Arbeit nachgegangen werden. Es ist eine Aufgabe der Tarifparteien, aber es ist nicht die Aufgabe der Politik, in die Tarifautonomie einzugreifen.
Der Klebeeffekt wurde ja von Herrn Reinken dargestellt und ist in der Tat geringer als erhofft, aber – was Sie verschwiegen haben – wenn man einen längeren Zeitraum von zwei Jahren beobachtet, finden rund 44,6 Prozent der Zeitarbeiter einen Job außerhalb der Zeitarbeitsbranche. Das heißt, wenn eine gewisse Einarbeitung erfolgt ist und man ein bisschen Geduld mitbringt, dann gibt es schon die Möglichkeit, aus diesen Beschäftigungsverhältnissen in reguläre Arbeit zu wechseln.
Wenn man das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln befragt, haben 80 Prozent der Unternehmen die Zeitarbeitskräfte in der Regel dazu genutzt, um kurzfristig ihre Kapazitäten zu erweitern, und zwar als Flexibilitätspuffer, wie Sie es auch dargestellt haben, um dafür zu sorgen, dass Stammbelegschaften nicht zu früh abgebaut werden. Für circa zwei Drittel der befragten Unternehmen sind nicht die Kosteneinsparungen der Grund für den Einsatz von Zeitarbeitsfirmen.
Die Leiharbeit hat ja auch ganz erhebliche Vorteile in der Flexibilisierung. Ich erinnere daran, dass wir in diesem Land vier Millionen Arbeitslose hatten. Inzwischen sind Menschen in Arbeit gekommen, die
bisher von Arbeitslosenhilfe und anderen Hilfsinstrumenten leben mussten. Ich bin dankbar, dass wir unter der jetzigen Regierung zumindest außerhalb Bremens inzwischen eine Arbeitslosenquote haben, die ich für begrüßenswert halte.
Die Leiharbeit ist auch nicht gleichzusetzen mit prekärer Beschäftigung, die wir nicht leugnen wollen. Es gibt sie, aber sie passt nicht zu der Zeitarbeitsthematik. Zeitarbeitnehmer haben in der Regel ein festes Einkommen und Tariflöhne, drei Viertel von ihnen sogar nach DGB-Tarifverträgen! In der Regel gibt es in der Zeitarbeitsbranche auch eine Lohnuntergrenze. Es gibt sogar Zeitarbeitsfirmen mit sehr hoch qualifizierten und gut bezahlten Tätigkeiten. Spezialisten in diesen Bereichen können teilweise bis zu 80 000 Euro im Jahr verdienen.
Man muss auch bedenken, dass viele Langzeitarbeitslose durch diese Arbeitsform einen Einstieg in den Arbeitsmarkt gefunden haben. 65 Prozent der neu eingestellten Zeitarbeitnehmer waren zuvor ohne Beschäftigung, und 30 Prozent haben überhaupt keinen Berufsabschluss. Das sind Menschen, die, wenn es die Zeitarbeit nicht gäbe, überhaupt keinen Einstieg in den Arbeitsmarkt fänden.
Wir unterstützen auch den Grundsatz von Equal Pay. Das ist die richtige Initiative, aber das alles sind Themen der Tarifautonomie, die nicht in die Parlamente gehören. Das sind Themen, die die Tarifvertragsparteien, die Gewerkschaften und die Arbeitgebervertreter, im Land zu regeln haben, und ich halte den Grundsatz der Tarifautonomie für besonders wichtig.
Was hat nun zum beschriebenen Anstieg der Zeitarbeit geführt? Das liegt doch nicht nur an dem Instrument Zeitarbeit, sondern die Nachfrage nach Arbeitskräften ist gestiegen. Wir haben einen ganz erheblichen Aufschwung hinter uns. Wenn die Steuereinnahmen bei Frau Bürgermeisterin Linnert wie in den letzten Jahren sprudeln, dann ist dies doch auf einen wirtschaftlichen Aufschwung, auf die Senkung der Arbeitslosigkeit und dementsprechend auch auf die Nachfrage von Zeitarbeitskräften zurückzuführen.
In Bremen ist der Anteil besonders hoch, weil wir eine besondere Dichte von Personaldienstleistern haben und als Insel innerhalb von Niedersachsen ein Ballungsraum sind, der diese Zeitarbeit einfach notwendig gemacht hat. Ich bleibe dabei: Es ist nicht die Aufgabe der Politik, sondern der Tarifparteien, Höchstquoten für Zeitarbeiter in bestimmten Unternehmen zu beschließen, zu vereinbaren und auch zu regeln, dass solche Kräfte nur mit der Zustimmung der Betriebsräte beschäftigt werden können.
Amazon ist ein Sonderfall. Wenn ich es richtig weiß, bemühen wir uns gerade um Amazon. Ich glaube, es ist sehr wertvoll, wenn Amazon als Arbeitgeber nach Bremen kommt, weil eine ganz erhebliche Investition getätigt und auch eine ganz erhebliche Anzahl von Arbeitsplätzen geschaffen werden soll. Wenn dort aber Missbrauch herrscht, ist es die Aufgabe der bundesweiten Kontrollen der Bundesagentur für Arbeit, diesem nachzugehen. Missbrauch ist meines Erachtens zu verurteilen.
Zum Thema Wirtschaftsförderung möchte ich Ihnen noch einmal einen kleinen Einblick geben. Ich habe hier die Zahlen der Bremer Wirtschaftsförderung.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Willmann meinte, wir sollten die Leiharbeit auf das zurückführen, was sie eigentlich noch nie war. Sie war letztendlich nie eine Perspektive, die in irgendeiner Weise das umgesetzt hat, was wir gern gehabt hätten.
Zum Thema Paketlösung: Selbstverständlich brauchen wir eine Paketlösung! Wir sagen hier doch auch nicht, wenn wir die soziale Spaltung in dieser Stadt bekämpfen wollen, dann gehen wir hier nur mit Paketlösungen an das Mikrofon, sondern wir beginnen dann natürlich auch, uns über Bildung, Arbeitsplätze und Jugend- und Kinderförderung zu unterhalten. Insofern ist es doch nicht unredlich, die Leiharbeit bei der zentralen Bedeutung, die sie hat, hier einmal in den Mittelpunkt zu rücken.
Mir geht es um einen ganz wesentlichen Punkt: Die faire Leiharbeit! Das, was man letztendlich darunter versteht, nämlich zu sagen, wir haben so etwas wie gute Leiharbeit, führt auch dazu zu sagen, sie wird akzeptiert. Sie ist letztendlich eine akzeptable Form auf diesem Arbeitsmarkt, und das halten wir für problematisch. Bei dem Wildwuchs, mit dem wir es aktuell zu tun haben, ist es geradezu sträflich, sich nicht damit auseinanderzusetzen und zu sagen, wir wollen es eindämmen beziehungsweise abschaffen. Das muss das Ziel der ganzen Veranstaltung sein!
Ich bin mir darüber im Klaren, dass das durchaus ein weites Feld ist. Arbeitgeber finden immer wieder einen Weg, um zu sagen: Wenn mir das verboten wird, dann taucht es eben woanders wieder auf. Letztendlich sind das die Werkverträge. Das heißt ja nicht, dass ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
man sich um die Werkverträge nicht auch entsprechend kümmern muss, um ihnen Einhalt zu gebieten. Ich verstehe aber nicht, warum wir nicht darüber reden können, wie es zu vermeiden ist, dass es so etwas wie einen strategischen Leiharbeitseinsatz gibt, der ja tatsächlich als Arbeitsmarktinstrument der Arbeitgeberseite erhebliche Nachteile für die Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat. Das verstehe ich nicht.
Ich möchte auch sagen, dass ich mit der Variante, wie sie in Thüringen vorgeschlagen wird, beileibe nicht zufrieden bin. Es ist tatsächlich nur ein Schritt zu sagen, wir haben hier eine Quote angepeilt, und wir wollen diese Quote auch durchaus restriktiver durchsetzen. Wenn wir Hintertüren schaffen, die einen Unternehmensbereiche bekommen eine Förderung, und in anderen Unternehmensbereichen ist dann wieder die Leiharbeit zu finden, dann ist es so ähnlich wie mit dem sozialen Wohnungsbau, wo es Hintertüren gibt und man sagt, in Ordnung, hier gibt es die schönen Wohnungen, die 25 Prozent halte ich ein, aber den sozialen Anteil setze ich woanders hin. Das ist spiegelbildlich das, was wir ja hier mit unserem Landesinvestitionsprogramm machen. Ich finde, das muss man schon sehr kritisch betrachten.