Protocol of the Session on May 12, 2011

Bremisches Gesetz zur Errichtung und Führung eines Korruptionsregisters (Bremisches Korrup- tionsregistergesetz – BremKorG)

Mitteilung des Senats vom 18. Januar 2011 (Drucksache 17/1614) 2. Lesung

s o w i e

Bremisches Korruptionsregistergesetz

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 17. Februar 2011 (Drucksache 17/1661)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzesantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 17/937, in ihrer 53. Sitzung am 28. Oktober 2009 in erster Lesung beschlossen und zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für Inneres überwiesen. Der Senat hat hierzu mit der Drucksachen-Nummer 17/1614 den Bericht dieser Deputation überreicht.

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Trächtigkeitszeit eines Nashorns beträgt 540 Tage. Vergleichbar lange hat es mit der Werdung dieses Gesetzes zur zweiten Lesung gedauert.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ich habe ge- dacht, er kommt jetzt persönlich an! – Hei- terkeit)

Dickhäuter leben länger. Rechnet man die Zeit vom Beginn unserer Balz um unseren Koalitionspartner im Oktober 2007 dazu, hat es zum Elternglück nun mehr dreieinhalb Jahre gedauert. Üblicherweise wünscht man zur Geburt Gesundheit und ein langes Leben. Ich glaube, dieses Gesetz sollte kein langes Leben haben. Dieses Gesetz ist ein Landesgesetz, das in all seiner Unvollkommenheit nur für das Land Bremen gilt und nur hier Korruption erschwert. Es muss möglichst schnell durch ein bundesweites Korruptionsregistergesetz abgelöst werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich will nur noch ganz kurz zusammenfassen! Eigentlich sind sich auch alle in den Beratungen einig gewesen. Warum brauchen wir Maßnahmen zur Korruption? Korruption schadet dem Wettbewerb und

schadet deshalb auch Arbeitsplätzen und rechtstreuen Unternehmen. Korruption schädigt den Staat, weil materielle Ressourcen unnütz vergeudet werden, sie schädigt damit auch unsere Gesellschaft. Sie schädigt Vertrauen in ein transparentes, offenes und faires Verfahren, damit schädigt sie am Ende des Tages auch die Demokratie.

Was liegt also näher, als korrupte Unternehmen von öffentlicher Auftragsvergabe auszuschließen? Solche Firmen müssen auch ein finanzielles Risiko dafür tragen, wenn sie korrupt handeln, sie müssen damit rechnen, dass man ihnen öffentliche Aufträge entzieht. Das einzig geeignete Instrument hierfür ist ein Korruptionsregister. Leider hat Schwarz-Gelb das auf Bundesebene immer wieder verhindert. Ich bin der festen Überzeugung, wir brauchen schwarze Listen für schwarze Schafe, zunächst in Bremen und hoffentlich bald im Bund.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Lassen Sie mich abschließend sagen: Dieses Gesetz ist, bei aller Diskussion, die wir darüber geführt haben, so etwas wie meine kaiserliche Werft. Als ich in meiner Fraktion innenpolitischer Sprecher geworden bin, war das der erste Gesetzentwurf, den ich aufgelegt habe. Ich bin stolz und habe viel über Demokratie gelernt. Manchmal dauert es lange, aber am Ende wird alles gut, und wir haben jetzt ein ganz hervorragendes Gesetz. Ich danke allen, die daran mitgewirkt haben, und ich danke allen, die sich am Ende haben überzeugen lassen. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Korruption beeinträchtigt immer wieder in erheblichem Maße das politische, wirtschaftliche und soziale Leben, sie schwächt das Vertrauen der Bevölkerung in die Funktionsfähigkeit des Staats und in die Lauterkeit seiner Repräsentanten. Nur durch eine effektive Bekämpfung in diesem Bereich lässt sich dieses Vertrauen zurückgewinnen. Korruption schadet nicht nur dem Vertrauen, sondern auch ganz real den kleinen und mittleren Betrieben, die sich fairem Wettbewerb stellen.

Heute beschließen wir in zweiter Lesung ein ergänzendes Instrument, das Korruptionsregistergesetz, zu den Maßnahmen, die die Freie Hansestadt Bremen bereits ergriffen hat. Dazu gehört unter anderem eine gut funktionierende und arbeitende zentrale ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Antikorruptionsstelle. Mein Kollege Herr Tschöpe hat soeben richtigerweise darauf hingewiesen, dass es sowohl vor als auch nach der Einbringung weiterer intensiver Beratungen bedurfte. Ich finde, diese Zeit darf man sich bei einem solchen Gesetz auch nehmen, denn am Ende ist aus Sicht der grünen Fraktion und auch aus Sicht der SPD ein gutes Gesetz herausgekommen, das wir heute gemeinsam beschließen wollen. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Tschöpe, wir sind ganz begeistert, dass Ihr erster Antrag hier nach über dreieinhalb Jahren am Ende tatsächlich dann heute zum Abschluss gebracht werden kann.

Zum Thema Korruption! Wir stimmen dem zu, was Herr Fecker soeben gesagt hat, dass Korruption sozialschädlich ist, dass sie gerade jetzt bei Unternehmen, die mit staatlichen Aufträgen bedacht werden sollen, diskriminiert werden muss. Das steht für uns außer Frage. Allerdings reicht uns das Gesetz, das Sie hier vorlegen – und das haben wir schon in der ersten Lesung hier debattiert und auch in der Innendeputation entsprechend dargestellt –, nicht aus. Wir – das hat Herr Tschöpe zwar auch gesagt, auch an der Stelle würden wir einverstanden sein – suchen eine bundesweite Lösung. Es kann nicht sein, dass das Gesetz hier schon an der Landesgrenze nach Niedersachsen seine Gültigkeit verliert.

Wir sind insofern mit der Vorlage des Gesetzes nicht einverstanden, was diesen Punkt angeht. Wir sind des Weiteren nicht einverstanden, dass Sie beispielsweise die Unschuldsvermutung, auf die Sie sonst so viel Wert legen, hier mit Füßen treten, indem Sie die Verfahren schon zum Ausschluss benutzen wollen, die noch gar nicht rechtskräftig abgeschlossen sind. Das ist für uns ein Unding. Daher können wir diesem Gesetz nicht zustimmen.

Zu guter Letzt können wir dieses Gesetz auch nicht mitmachen, weil es, wenn wir uns die Hamburger Erfahrungen mit einem vergleichbaren Gesetz bis zum Jahr 2006 ansehen, eine ganze Reihe von Verfahren gegeben hat, die aufgrund dieses Gesetzes auf den Weg gebracht worden sind. Nur in einem einzigen Fall – das ist mein Kenntnisstand – hat die Behörde in Hamburg bei dem Ausschluss eines Unternehmens Recht bekommen. In allen anderen Verfahren hat die Behörde verloren.

An der Stelle ist einmal deutlich zu sagen: Wir schaffen damit einen zusätzlichen Bürokratismus, zusätzliche Gerichtsverfahren mit sehr viel Aufwand und ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Kosten und haben am Ende nicht den Erfolg, den Sie sich hier vorstellen. Im Übrigen haben Sie in Ihr Gesetz viele Tatbestände aus dem Strafgesetzbuch aufgenommen, die mindestens im engeren Sinne mit der Korruption gar nichts zu tun haben. Bei Korruption sind wir mit Ihnen auf einer Linie,

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Nur machen wollen Sie nichts!)

wir wollen sie auch verfolgt haben, aber nicht, indem Sie das halbe Gesetzbuch dort niederschreiben und viele Tatbestände darin verewigen. Im Übrigen können wir mit der Unschuldsvermutung, die Sie hier aushebeln, nicht leben. Wir werden das Gesetz daher wie schon in der ersten Lesung ablehnen. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Korruption darf sich nicht lohnen, darf sich erst recht nicht in Bremen und Bremerhaven lohnen. Wir müssen dafür sorgen, dass das Risiko, dabei entdeckt und bestraft zu werden, so groß wie nur irgendwie möglich ist. Dazu trägt die Vorlage des Gesetzes hier aus unserer Sicht durchaus bei. Genaue Zahlen zur Korruption, dem zweitältesten Gewerbe der Welt, sind zwar nur schwer zu ermitteln, aber das Bundeskriminalamt, BKA, hat in seinem Lageplan „Korruption 2009“ Zahlen und Fakten zusammengetragen, die doch ein gewisses Bild geben. Das BKA kommt zu dem Ergebnis, dass der Schwerpunkt der polizeilich bekannt gewordenen Fälle der Korruption, wie schon in vielen Jahren zuvor auch in dem Jahr 2009, vor allem die allgemeine öffentliche Verwaltung betrifft. Hierbei fallen 51 Prozent der sogenannten Nehmer auf Amtsträger. Der Lageplan nennt auch Zahlen, und 78 Millionen Euro wurden im Jahr 2009 als monetärer Gesamtwert der Korruptionszahlungen gemeldet. Ein erschreckend hoher Betrag, wie ich finde. Ich halte diesen Betrag für eine eindrucksvolle Zahl, und zudem muss auch berücksichtigt werden, dass es darüber hinaus natürlich noch ein hohes Dunkelfeld gibt, dessen Größe wir nicht beziffern können. Wir als Liberale – das will ich ausdrücklich sagen – begrüßen deshalb jede Initiative, die dem Ziel der Korruptionsbekämpfung dient, und haben auch versucht, dieses Vorhaben hier zu begleiten und zu unterstützen. Wir dürfen in dem Zusammenhang auch nicht vergessen, welchen immateriellen Schaden Korruption verursacht. So entstehen, wenn die Bürgerinnen und Bürger ihr Vertrauen in die Amtsträger und ihre Entscheidungen verlieren, erhebliche immaterielle Schäden. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Korruption und Wirtschaftskriminalität schädigen in hohem Maße die gesamte Gesellschaft. Wenige Täter schädigen viele Opfer und bereichern sich auf deren Kosten. Weiterhin sind auch Schäden bei mittelständischen Unternehmen zu befürchten, die aus Korruptionstatbeständen oftmals auch Schäden erleiden.

Auf der anderen Seite müssen geeignete rechtliche Maßnahmen gefunden werden. Wir wollen das als Liberale gern mit auf den Weg bringen. Auch wir sind der Meinung, dass es sinnvoll ist, dass solche Regelungen nicht an Ländergrenzen haltmachen, sondern dass es auf Bundesebene geschieht, dafür werden wir uns auch gern einsetzen. Wir sind der Auffassung gewesen, dass der Vorschlag, der in der ersten Lesung hier unterbreitet worden ist, eine Reihe von Mängeln hatte. Sie haben das nachgebessert. Ich bin ausdrücklich dankbar dafür, dass Sie als Koalition die Bedenken, die wir damals hier auch vorgebracht haben, offenbar auch ausräumen konnten.

Ich halte das für geeignet, was jetzt vorgeschlagen worden ist, insbesondere die seinerzeit in Paragraf 3 vorgesehene Regelung, Unternehmen und Personen mit einer rechtskräftigen Verurteilung ins Korruptionsregister aufzunehmen. Das ist schon angesprochen worden, das ist natürlich eher schwierig. Da sich aber die Koalition hier offenbar noch einmal gesondert mit dem Thema beschäftigt hat, werden wir heute diesem wichtigen Thema zustimmen. Wir glauben, dass es wichtig ist, dass wir bei der Korruptionsbekämpfung einen Schritt vorankommen.

Ein weiterer Aspekt erscheint uns wesentlich und sollte auch Erwähnung finden: Wir mahnen eine schnelle Bearbeitung von Korruptionsfällen an, denn nur dann kann Korruption wirklich sinnvoll bekämpft werden, wenn die Strafe dann auch wirklich zeitnah auf dem Fuße folgt. Das gilt für den Bereich der Korruptionsbekämpfung ganz besonders, und dafür ist natürlich ein Korruptionsregister, wie wir es heute einrichten wollen, eine wichtige Grundlage. Es gehört aber ein hinreichender Apparat bei den Ermittlungsbehörden dazu, der personell und technisch gut ausgestattet ist, damit effektive Arbeit geleistet werden kann. Meine Damen und Herren, wir stimmen der Vorlage zu. – Vielen herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben vernommen, dass es ein langer Weg gewesen ist, in dem viele mitgespielt haben. Die Innendeputation hat sich sehr ausführlich damit beschäftigt, die Rolle des Vaters war bereits besetzt gewesen, uns blieb da nur noch die Rolle der Mutter. Ich glaube, wir haben auch unter diesem Verfahren gelitten, das haben Mütter so an sich, bei diesen Vätern.

(Heiterkeit bei der SPD)

Am Ende haben wir es aber einvernehmlich geschafft, und ich glaube, dass dieses Gesetz heute auch eine Mehrheit in diesem Haus finden wird. Es ist aber nicht der letzte Akt, denn Sie werden heute beschließen, dass die Zuständigkeiten noch nicht geregelt werden, sondern dieses Gesetz sagt, dass der Senat nun durch Rechtsverordnung die zuständige Behörde bestimmen soll, die dann dieses Register führt.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das war doch ganz einfach, oder?)

Wir könnten uns jetzt natürlich noch einmal überlegen, dass wir uns im Senat nicht einigen, und damit würde das Ganze der Diskontinuität erst einmal zum Opfer fallen. Ich versichere Ihnen aber, dass wir uns bereits verständigt haben, und ich kann sagen, dass sich die Kollegin Finanzsenatorin freundlicherweise im Senat bereit erklärt hat, diese Aufgabe zu übernehmen. Wir danken ihr dafür.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich versichere Ihnen, dass wir in dieser Legislaturperiode mit dem Erlass dieser Verordnung dieses Thema mit Würde abschließen werden. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)